Der Fisch und das Kreuz - Jona und Jesus in Kurt Hessenbergs Opus 133


Seminararbeit, 2000

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Der Fisch und das Kreuz

Einleitung

1. Gegenüberstellungen von Jona und Jesus
1.1. Jona im Neuen Testament
1.2. Die frühchristliche Theologie
1.3. Jona und Jesus in der Kunst

2.1. Bisherige Gegenüberstellungen zusammengefaßt
2.2. Parallelen zwischen Jona und Jesus im einzelnen
2.2.1. Jon 1,6
2.2.2. Jon 1,12
2.2.3. Jon 2,1
2.2.4. Jon 2,11
2.2.5. Jon 3,4 bis 6

3. Hessenbergs Psalm des Jona
3.1 Entstehungshintergrund
3.2. Parallelen und deren Umsetzung
3.2.1. Aufbau und äußere Form
3.2.2. Erste Strophe
3.2.3. Erster Refrain
3.2.4. Zweite Strophe und zweiter Refrain
3.2.5. Finale

4. Resümee

5. Bibliographie

Einleitung

In seinem Opus 133 für gemischten Chor, Gemeindegesang und Orgel von 1988 verband der Komponist Kurt Hessenberg den Psalm des Jona und den Kirchenchoral Nr. 213 Christ ist erstanden. Die Verbindung dieser beiden Themen in einem Musikstück setzt gewisse Gemeinsamkeiten voraus, die diese musikalische Verschmelzung möglich machen und auch rechtfertigen müssen.

Diese Arbeit wird sich zunächst damit beschäftigen, welcher Art diese Gemeinsamkeiten sind und wo sie außerhalb der Musik zuvor erwähnt und vielleicht schon künstlerisch verarbeitet wurden. Weiterhin wird chronologisch untersucht werden, welche Ereignisse des Buches Jona überhaupt Entsprechungen im Leben Jesu finden und erst später, inwiefern diese Parallelen in Hessenbergs Komposition wiederzufinden sind und wie sie in der Musik realisiert wurden.

1. Gegenüberstellungen von Jona und Jesus

1.1. Jona im Neuen Testament

Die wohl wichtigste Bibelstelle und erster Ansatzpunkt, zur Untersuchung von Parallelen zwischen Jona und Jesus, ist ein Ausspruch Jesu aus dem Matthäusevangelium. In Kapitel 12, Vers 40 und 41, sagt er von sich:

„Denn wie Jona drei Tage und drei Nächte im Bauch des Fisches war, so wird auch der Menschensohn drei Tage und drei Nächte im Innern der Erde sein. Die Männer von Ninive werden beim Gericht gegen diese Generation auftreten und sie verurteilen; denn sie haben sich nach der Predigt des Jona bekehrt. Hier aber ist einer, der mehr ist als Jona.“

Jesus selbst sieht in der Geschichte des Propheten eine ‘Vorschau’ auf sein Schicksal, gleichzeitig erkennt er den wesentlichen Unterschied: „Hier aber ist einer, der mehr ist als Jona“; aber in welcher Hinsicht mehr? Er ist mehr in seinem Wesen, mehr in seinem Schicksal und mehr in seinem Wirken. Er ist der Sohn Gottes, er stirbt tatsächlich, d.h. er ist nicht nur wie Jona vom Tod bedroht, sondern er bezwingt ihn, und er bewegt nicht nur die Bürger einer Stadt zur Umkehr, sondern er erlöst die ganze Menschheit von ihren Sünden durch seinen Tod am Kreuz.

Bei Lukas findet man über die bloße Aussage aus Mt 12, 40-41 hinaus die Bestätigung, daß Jona und das, was ihm widerfahren ist, das Zeichen für das Kommen des Erlösers war:

„[...] Diese Generation ist böse. Sie fordert ein Zeichen; aber es wird ihr kein anderes gegeben werden als das Zeichen des Jona. Denn wie Jona für die Einwohner von Ninive ein Zeichen war, so wird es auch der Menschensohn für diese Generation sein.“ (Lk 11,29-30)

Hier wird gezeigt, daß das Verhältnis von Jona zu den Bürgern Ninives das gleiche ist, wie das Verhältnis Jesu zu allen Menschen. Jona selbst war das Zeichen und durch ihn wurde Ninive gerettet. Jesus ist auch selbst das Zeichen und durch ihn wurden die Menschen gerettet. Das Verhältnis ist gleich, jedoch ist die Dimension des Wirkens Jesu größer, also ist er „einer, der mehr ist als Jona“ (Mt 12,41).

Über diese beiden Stellen hinaus wird Jona nur noch an sinnverwandten Stellen des NT und im Buch Tobit, wo allerdings keine typologische Deutung möglich ist, erwähnt. Jesus stellt also selbst die Analogie zwischen dem Leben Jonas und seinem eigenen her. Das Schicksal des Jona ist ein Zeichen für das, was in und durch Christus geschehen ist.

1.2. Die frühchristliche Theologie

Der Prophet Jona wurde in der frühchristlichen Theologie hauptsächlich als Bußprediger gesehen, der durch seine Predigt die Bewohner von Ninive zur Umkehr bewegte und sie somit vor dem Untergang rettete; trotzdem stellte sie erste direkte Beziehungen zwischen den Ereignissen des Buches Jona und dem Leben und Sterben Jesu her.[1]

Ein Beispiel hierfür ist Justin der Märtyrer, der 165 n. Chr. in Rom starb: In seiner eigenen Bekehrungs- und Bußpredigt setzt er „- ohne besondere Betonung- im Anschluß an die Worte Jesu in Mt 12,40 die Ausspeiung des Jona als Zeichen für die Auferstehung Christi voraus, deutet es aber nicht auf die Auferstehung der Gläubigen“[2], was bedeutet, daß Justin lediglich eine Ähnlichkeit in den ‘Geschichten’ erkannte, daraus aber kein Versprechen der Erlösung an die Christenheit ableitete. Jona ist - in Justins Verständnis - nur etwas widerfahren, das an den Tod und die Auferstehung Jesu erinnert.

Ein weiteres Beispiel ist eine Schrift von Irenäus, der 177/8 n. Chr. Bischof von Lyon wurde: „Er stellt eine erste typologische Verbindung zwischen Jona und Jesus her und betont, daß der Gott des Alten und des Neuen Testaments derselbe sei:

>>Ein und derselbe Herr ist es, der mehr als der Tempel ist und mehr als Salomo und Jona den Menschen schenkt, seine Gegenwart nämlich und die Auferstehung von den Toten.<<“[3]

Der Herr schenkte Jona die Errettung vor einem vorzeitigen Tod im Bauch des Fisches, den Menschen schenkte er durch Jesus Christus die Errettung über den Tod hinaus in das ewige Leben.

Tertullian (150/5 - 222/3) allerdings sieht in der Unversehrtheit, in der Jona aus dem Bauch des Fisches errettet wird, die „Garantie für die Auferstehung der Leiber allgemein“[4], denn sowenig die Eingeweide des Fisches Jona ‘verdauen‘ konnten, kann auch die Verwesung im Sarg dem Menschen etwas anhaben.[5] Insofern ist das Schicksal des Jona eine Vorausschau, eine Anzahlung auf das, was den Menschen zur Erlösung durch Christus versprochen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Diese drei Beispiele zeigen die weite Bandbreite der Beziehung zwischen Jona und Jesus, welche die frühchristliche Theologie sah, weitere ließen sich bei Clemens von Alexandrien, Celsus oder Origines finden[6]. Sie alle sahen die Verbindung zwischen diesen beiden biblischen Charakteren zwar verschieden stark, aber jeder einzelne erkannte, daß diese weder zu übersehen noch abzustreiten ist.

1.3. Jona und Jesus in der Kunst

Die Parallelen zwischen dem Schicksal Jonas und dem Leben, Sterben und Auferstehen Jesu fanden auch in der geistlichen Kunst häufig Ausdruck. Uwe Steffen nennt in seinem Buch Die Jona-Geschichte zahlreiche Beispiele.

Im Chorherrenstift Klosterneuburg ist an einem Altar, der 1118 von dem lothringischen Goldschmied Nikolaus von Verdun gefertigt wurde, in einer Reihe aus Christus-Szenen, die Darstellung vom Meerwurf des Jona als Vorbild der Grablegung Jesu zu sehen.[7]

In der sogenannten Armenbibel, der Biblia Pauperum aus dem 13. Jahrhundert dient der Meerwurf und die Ausspeiung Jonas als Vorbild für die Grablegung und die Auferstehung Jesu. Dieses Bild ist in künstlerischen Darstellungen jedoch weitaus häufiger zu finden als die Darstellungen über die Grablegung[8], so z.B. am Hauptportal des Freiburger Münsters, wo der dem Fisch entsteigende Jona unmittelbar unter dem erhöhten Christus dargestellt ist[9]. Beispiele hierfür lassen sich auch in der mittelalterlichen Glasmalerei finden, wie in St. Kunibert in Köln, wo sich ein zwischen 1215 und 1226 gestaltetes Apsisfenster befindet, das ebenfalls Jona, der dem Fisch entsteigt, als Vorbild für den auferstandenen Christus zeigt[10].

[...]


[1] vgl. Steffen, Uwe. Die Jona-Geschichte: Ihre Auslegung und Darstellung im Judentum, Christentum und Islam. Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1994. S. 76.

[2] ebd. S. 77.

[3] ebd.

[4] ebd. S. 78.

[5] vgl. ebd.

[6] vgl. ebd. S. 78/79.

[7] vgl. ebd. S. 94.

[8] vgl. ebd.

[9] vgl. ebd. S. 95.

[10] vgl. ebd. S. 96.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Der Fisch und das Kreuz - Jona und Jesus in Kurt Hessenbergs Opus 133
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Veranstaltung
Lob ihn mit Abrahams Samen: Das AT im Kirchenlied
Note
1,3
Autor
Jahr
2000
Seiten
20
Katalognummer
V78185
ISBN (eBook)
9783638828031
ISBN (Buch)
9783638832182
Dateigröße
586 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit ist in erster Linie eine musikwissenschaftliche Untersuchung von Hossenbergs Jonapsalm aber auch eine theologische Gegenüberstellung der biblischen Figuren Jona und Jesus und ihrer Schicksale.
Schlagworte
Fisch, Kreuz, Jona, Jesus, Kurt, Hessenbergs, Opus, Abrahams, Samen, Kirchenlied, Wal
Arbeit zitieren
Christian Schlegel (Autor:in), 2000, Der Fisch und das Kreuz - Jona und Jesus in Kurt Hessenbergs Opus 133, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78185

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