Kontraktlogistikdienstleister in Supply Chains von Industrie- und Handelsunternehmen

Beweggründe, Strategien, Aufgabenbereiche


Diplomarbeit, 2007

137 Seiten, Note: 2,1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

III. Abbildungsverzeichnis

IV. Tabellenverzeichnis

1. Einführung in die Thematik
1.1. Problemstellung
1.2. Aufbau der Arbeit

2. Outsourcing von Logistikleistungen
2.1 Grundlagen der Logistik
2.1.1. Der Logistikbegriff
2.1.2. Entwicklungsphasen der Logistik
2.1.3. Aktuelle Trends in der Logistik
2.2. Outsourcing
2.2.1. Der Outsourcingbegriff
2.2.2. Ziele und Vorteile des Outsourcings
2.2.3. Problemfelder beim Outsourcing
2.3. Logistikdienstleistungen
2.3.1. Der Dienstleistungsbegriff
2.3.2. Begriff und Entwicklung der Logistikdienstleistung
2.3.3. Anbieterprofile in der Logistik-Dienstleistungswirtschaft
2.3.3.1. Transportunternehmer und Spediteure
2.3.3.2. Third Party Logistics Provider
2.3.3.3. Fourth Party und Lead Logistics Provider
2.4. Zusammenfassung

3. Supply Chain Management
3.1. Grundlagen des Supply Chain Managements
3.1.1. Die Supply Chain
3.1.2. Begriff und Entwicklung des Supply Chain Managements
3.1.3. Ziele und Potenziale des Supply Chain Managements
3.2. Supply Chain Exzellenz
3.3. Ebenen des Supply Chain Managements
3.3.1. Supply Chain Design
3.3.2. Supply Chain Planning
3.3.3. Supply Chain Execution
3.3.4. Querschnittsaufgaben
3.4. Zusammenfassung

4. Der Einsatz von Kontraktlogistikern in Supply Chains
4.1. Die Outsourcing-Entscheidung
4.1.1. Beweggründe für die Fremdvergabe von Logistikleistungen
4.1.2. Entscheidung gegen die Fremdvergabe logistischer Aufgaben
4.2. Anforderungen an Kontraktlogistiker
4.2.1. Anforderungen und Auswahlkriterien aus Sicht der Verlader
4.2.2. Anforderungen und Auswahlkriterien aus Sicht der Dienstleister
4.3. Angebot und Nachfrage von Logistikdienstleistungen
4.3.1. Outgesourcte Leistungsbereiche durch die Verlader
4.3.2. Angebotsspektrum der Kontraktlogistiker
4.3.3. Zukünftige Entwicklung von Angebot und Nachfrage
4.4. Erfolgsfaktoren für Kontraktlogistiker
4.4.1. Strategische Erfolgsfaktoren
4.4.2. Operative Erfolgsfaktoren
4.4.3. Zufriedenheit und erzielte Erfolge aus Sicht der Verlader
4.4.4. Verbesserungspotenziale
4.5. Strategische Ausrichtung von Kontraktlogistikern
4.5.1. Bestimmung von strategischen Geschäftsfeldern
4.5.2. Wettbewerbsstrategien für Kontraktlogistiker
4.5.2.1. Kostenführerschaft
4.5.2.2. Differenzierung
4.5.2.3. Spezialisierung
4.6. Marketingmaßnahmen für Kontraktlogistiker
4.7. Fehlerquellen in Kontraktlogistikprojekten

5. Der Praxistest: Vier deutsche Kontraktlogistiker im Vergleich
5.1. Unternehmensauswahl und -vorstellung
5.2. Aussagen zum Aufgabenfeld Kontraktlogistik
5.3. Aussagen zu den Value Added Services
5.4. Aussagen zur IT-Kompetenz
5.5. Aussagen zum Projektmanagement
5.6. Zusammenfassung

6. Schlussbetrachtung

V. Literaturverzeichnis

II. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

III. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1-1: Idealtypischer Verlauf der Logistikentwicklung nach Weber

Abbildung 2-1: Abgrenzung von Logistikdienstleistern

Abbildung 3-1: Beispielhafte Darstellung einer Supply Chain als Netzwerkstruktur

Abbildung 3-2: Aufgabenbereiche und Zeithorizonte im Supply Chain Management

Abbildung 4-1: Gründe für das Logistik-Outsourcing

Abbildung 4-2: Auswahlkriterien für Logistikdienstleister

Abbildung 4-3: Auswahlkriterien aus Dienstleister- und Verladersicht im Vergleich

Abbildung 4-4: Angebotsspektrum und Ø Umsatzanteile der Logistikdienstleister

Abbildung 4-5: Wachstumschancen für Kontraktlogistiker

Abbildung 4-6: Zukünftige Outsourcing-Bereiche aus Verladersicht

Abbildung 4-7: Zufriedenheit der Verlader mit ihren Kontraktlogistikpartnern

Abbildung 4-8: Erfolge durch Outsourcing auf Verladerseite

Abbildung 4-9: Verbesserungsbedarf bei den Kontraktlogistikern aus Verladersicht

Abbildung 4-10: Mögliche Gründe für das Scheitern von Kontraktlogistikprojekten aus Verladersicht

IV. Tabellenverzeichnis

Tabelle 2-1: Vorteile und Problemfelder beim Outsourcing

Tabelle 4-1: Motive industrieller Verlader fürs Logistik-Outsourcing

Tabelle 4-2: Gegenargumente der Non-User

Tabelle 4-3: Outgesourcte Leistungsbereiche

Tabelle 4-4: Aufbau einer Ausschreibungsunterlage

Tabelle 5-1: Eckdaten der untersuchten Unternehmen

Tabelle 5-2: Leistungsumfang und Herausforderungen in der Kontraktlogistik

Tabelle 5-3 Angebot an logistischen und nicht-logistischen Zusatzleistungen

Tabelle 5-4 Aussagen zur IT-Kompetenz

Tabelle 5-5 Aussagen zum Projektmanagement

1. Einführung in die Thematik

1.1. Problemstellung

Unternehmen aus Industrie und Handel agieren in einem dynamischen, sich laufend ändernden Umfeld. Die anhaltende Globalisierung hat neue Konkurrenten auf den Plan gerufen und der Wettbewerb verschärft sich immer weiter. Um wettbewerbsfähig zu bleiben agieren Unternehmen nicht mehr nur mit Blick auf sich selbst und den eigenen Erfolg. In dem Bestreben, effizient zu wirtschaften und Prozesse zu optimieren, konzentrieren sich Hersteller und Händler wieder zunehmend auf ihre Kernkompetenzen. Sie kooperieren im Produktions- oder Leistungserstellungsprozess und der Auftragsabwicklung mit einer Vielzahl von Lieferanten und Sublieferanten, weiterverarbeitenden Unternehmen und Dienstleistern.[1] In diesem Zusammenhang hat sich der Begriff des Supply Chain Managements als Instrument zur Koordination und Steuerung der umfangreichen Beziehungsgeflechte etabliert.

Treiber dieser Entwicklung sind vor allem technologische Innovationen und neue Informations- und Kommunikationssysteme. Sie tragen dazu bei, Abläufe zu optimieren und die unternehmensinterne wie auch die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit zu vereinfachen. Aber sie sorgen auch für eine Beschleunigung der Geschäftsprozesse.[2] Gleichzeitig haben sich Verkäufermärkte zu Käufermärkten gewandelt, geprägt durch eine stärkere Serviceorientierung und ein erhöhtes Kostenbewusstsein der Kunden.[3] Eine zunehmende Individualisierung der Nachfrage führt zu wachsender Produktvielfalt. Stärker denn je sind sowohl die Unternehmen als auch ganze Supply Chains gezwungen, sich Wettbewerbsvorteile gegenüber ihren Konkurrenten zu verschaffen und Kunden langfristig an sich zu binden.

Vor diesem Hintergrund hat sich in den letzten Jahrzehnten auch der Stellenwert der Logistik innerhalb der Unternehmen gewandelt. Die Informations- und Güterströme, die sie zu bewältigen hat, nehmen kontinuierlich zu. Experten sprechen ihr inzwischen eine entscheidende Bedeutung bei der Erfüllung der Kundenwünsche und damit einen großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg zu.[4] Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb gehen Unternehmen dazu über, Teilbereiche oder sogar die komplette Logistik an externe Dienstleister fremdzuvergeben, die dann Teil ihrer Supply Chain werden. Industrie und Handel nutzen scheinbar vor allem dann die Möglichkeit zum Zukauf logistischer Dienstleistungen, wenn sie eine Chance sehen, sich über eine entsprechende Qualität dieser Leistungen von der Konkurrenz zu differenzieren, gleichzeitig aber die eigenen Kompetenzen eher gering einschätzen.[5]

Die Ansprüche der Industrie- und Handelsunternehmen an logistische Dienstleister sind sehr unterschiedlich, was durch Unternehmensgröße, Branchenzugehörigkeit und vor allem auch durch die Anforderungen ihrer eigenen Kunden bedingt sein kann. In der Konsequenz lassen sich am Markt für Logistikdienstleistungen unterschiedlich ausgerichtete und spezialisierte Anbieter mit zum Teil sehr unterschiedlichen Leistungsspektren beobachten. Ein daraus resultierender spezifischer Teilmarkt und Hauptbetrachtungsgegenstand dieser Arbeit ist der Markt für Kontraktlogistikdienstleistungen. Dessen Teilbereiche der industriellen und der Konsumgüterkontraktlogistik sind die Marktsegmente mit dem größten Umsatzvolumen im Logistikbereich und gelten daher als besonders attraktiv.[6]

Diese Arbeit unternimmt den Versuch, eine Verknüpfung zwischen den beiden großen Themenblöcken Supply Chain Management und Kontraktlogistik herzustellen. Es soll aufgezeigt werden, welche Rolle diese besondere Form der Logistikdienstleistungen im Rahmen des Supply Chain Managements für Industrie- und Handelsunternehmen spielt.

Um ihre Erfolgspotenziale zu verdeutlichen, wird der Einsatz der Third Party Logistics Provider in Supply Chains von zwei Standpunkten aus untersucht. Zum einen soll die Frage geklärt werden, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Ambitionen Kontraktlogistiker in den Supply Chains der Industrie- und Handelsunternehmen überhaupt zum Einsatz kommen. Hier geht es um die Einschätzung der Kontraktlogistik aus Verladerseite. Zum anderen werden mögliche Strategien und Marketingmaßnahmen für die Dienstleister aufgezeigt, mit denen sie den Anforderungen der Industrie- und Handelsunternehmen gerecht werden können.

1.2. Aufbau der Arbeit

Um die Grundlagen für die Auseinandersetzung mit diesem Thema zu schaffen, definiert Kapitel 2 zunächst wesentliche Begriffe des Logistik-Outsourcings. Es wird erläutert, was unter Logistik und Dienstleistungen im Allgemeinen und folglich unter Logistikdienstleistungen im Speziellen zu verstehen ist. Daneben wird auf den Begriff des Outsourcings näher eingegangen. Abschließend werden die verschiedenen Erscheinungsformen von Logistikdienstleistern vorgestellt, um das Konzept des Third Party Logistics Provider (kurz 3PL) von dem des Fourth Party Logistics Provider (kurz 4PL) und des Lead Logistics Provider (kurz LLP) abzugrenzen.

Kapitel 3 stellt das Konzept des Supply Chain Managements vor. Nach einer kurzen Begriffserläuterung werden die Ziele und Potenziale sowie wichtige Voraussetzungen für eine erfolgreiche Umsetzung dieses innovativen Managementkonzepts vorgestellt. Im Anschluss werden Aufgabenbereiche des Supply Chain Managements und deren Zeithorizonte anhand des SCM-Aufgabenmodells erläutert.

Kapitel 4 bildet das Hauptkapitel dieser Arbeit und untersucht den europäischen Markt für Kontraktlogistikdienstleistungen. Am Ende dieses Kapitels soll der Leser einen Überblick über die aktuelle Situation der 3PL haben: Warum und für welche Aufgaben werden sie eingesetzt, wie werden sie ausgewählt und wie können sie ihre Partnerschaften langfristig erfolgreich festigen? Anhand ausgewählter Studienergebnisse wird zunächst aufgezeigt, welche Gründe Industrie- und Handelsunternehmen zu einer Entscheidung für oder gegen die Fremdvergabe von Logistikleistungen bewegen. Ebenfalls unter Berufung auf Studienergebnisse werden im Anschluss Anforderungskriterien für die Auswahl eines konkreten Dienstleisters aus Verlader- und Dienstleistersicht sowie tatsächlich ausgelagerte Aufgabenbereiche diskutiert. Daraus werden strategische und operative Erfolgsfaktoren für Kontraktlogistikpartnerschaften abgeleitet, wobei ebenfalls die Sichtweise von Kontraktgebern und -nehmern betrachtet wird. Aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen sollen dann verschiedene Wettbewerbsstrategien für die Third Party Logistics Provider erarbeitet werden, mit denen sie sich am Markt etablieren können. Im Anschluss werden dienstleistungsspezifische Marketingmaßnahmen zur Unterstützung der Wettbewerbsstrategien vorgestellt. Zum Abschluss des Kapitels wird auf häufige Fehlerquellen eingegangen, denen das Scheitern von Outsourcing-Projekten im Logistikbereich angelastet wird.

Kapitel 5 gibt der Arbeit durch eine Analyse des Internetauftritts von vier ausgewählten deutschen Kontraktlogistikunternehmen einen aktuellen Praxisbezug. Die Homepages der Firmen DACHSER, FIEGE, Geis und Schenker werden im Hinblick auf ihr Verständnis von der Kontraktlogistik, ihr Leistungsangebot an Value Added Services, ihre IT-Kompetenzen und ihre Aussagen zu einem professionellen Projektmanagement untersucht und verglichen. Auf diese Weise soll der Leser einen Überblick darüber erhalten, inwieweit die im vorherigen Kapitel ausgewerteten Studienergebnisse auf die Unternehmenspraxis dieser vier Dienstleister zutreffen.

Kapitel 6 liefert eine Schlussbetrachtung des Themengebietes Kontraktlogistik und fasst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit zusammen.

2. Outsourcing von Logistikleistungen

2.1 Grundlagen der Logistik

2.1.1. Der Logistikbegriff

Das heutige Logistikverständnis weist große Unterschiede auf. Das verwundert nicht, wenn man bedenkt, dass die Logistik als betriebswirtschaftliche Teildisziplin aus der Praxis heraus entstanden ist und sich unabhängig von theoretischen Regelwerken und Definitionen durch die Lösung praktischer Probleme weiterentwickelt hat.[7]

Bei der Vielzahl von Definitionen lassen sich zwei grundsätzliche Richtungen unterscheiden.[8] Vertreter der ersten Gruppe verbinden mit dem Logistikbegriff reine Transferaktivitäten unter dem Gesichtspunkt der Effizienz. Das äußert sich in den sog. vier „r´s“: „ Die Logistik hat dafür zu sorgen, dass ein Empfangspunkt gemäß seines Bedarfs von einem Lieferpunkt mit dem r ichtigen Produkt (in Menge und Sorte), im r ichtigen Zustand, zur r ichtigen Zeit, am r ichtigen Ort zu den dafür minimalen Kosten versorgt wird.“[9] In den Aufgabenbereich der Logistik fallen die klassischen TUL-Aktivitäten Transportieren, Umschlagen, Lagern sowie deren Planung, Steuerung und Kontrolle, so dass sie stark operativ geprägt ist.[10] Anhänger der zweiten Definitionsrichtung legen ihren Fokus auf die Flussorientierung und messen der Logistik eine strategische Bedeutung bei. Die Logistik wird zur Führungskonzeption und ihr Aufgabenbereich erstreckt sich über die reinen TUL-Aktivitäten hinaus auf das gesamte Unternehmen bzw. ganze Wertschöpfungsketten.[11] Stellvertretend schreiben Weber/Kummer: „Das Ziel der Logistik besteht darin, das Leistungssystem des Unternehmens flussorientiert auszugestalten. Um das Ziel zu erreichen nimmt die Logistik eine Koordinationsfunktion im Führungssystem wahr. Sie umfasst die Strukturgestaltung aller Führungsteilsysteme, die zwischen diesen bestehenden Abhängigkeiten sowie die führungsteilsysteminterne Koordination.“[12]

Keiner der Erklärungsansätze ist falsch. Beide finden im Unternehmensalltag Anwendung. Inhaltliche Differenzen weisen beide Auffassungen hinsichtlich der Reichweite der Logistik im Unternehmen und des konkreten Aufgabenbereiches auf. Jedoch streiten die Vertreter der zweiten Gruppe die Überbrückung von Raum-Zeit-Disparitäten als eine Grundfunktion der Logistik nicht ab. Vielmehr stellt ihre Sichtweise eine Erweiterung der ersten Definition und eine Ausweitung des Aufgabenbereiches der Logistik dar.

2.1.2. Entwicklungsphasen der Logistik

Seinen Ursprung hat der Logistikbegriff im militärischen Sprachgebrauch, wo er bereits im 9. Jh. n. Chr. im Zusammenhang mit der Ausstattung des Heeres das erste Mal auftauchte.[13] Erst nach dem zweiten Weltkrieg im Zuge der Umstellung von Kriegs- auf Friedenswirtschaft fand der Begriff auch in anderen Wirtschaftsbereichen Verwendung. Erste klare betriebswirtschaftliche Definitionen ergaben sich zu Beginn der 1970er Jahre. Auslöser für den Bedeutungszuwachs der Logistik war insbesondere der im Konsumgüterbereich zu beobachtende Wandel vom Verkäufer- zum Käufermarkt, der neue Herausforderungen bei der Gestaltung von Material- und Warenflüssen mit sich brachte. Seitdem vollzog sich die Weiterentwicklung des Logistikbegriffs über mehrere Stufen. Entsprechende Stufenmodelle, die sich in großen Teilen ähneln, liefern sowohl Baumgarten[14] als auch Weber.[15] Abbildung 1-1 stellt das Modell in Anlehnung an Weber dar, das im Folgenden näher erläutert wird.

In ihrer frühesten betriebswirtschaftlichen Definition beschäftigt sich die Logistik mit den klassischen TUL- Prozessen: Transportieren, Umschlagen, Lagern. Der Fokus liegt dabei alleine auf material- und warenflussbezogenen Aktivitäten und entspricht damit einer rein funktionsorientierten Denkweise, bei der die einzelnen Funktionen getrennt voneinander betrachtet werden und ihre separate Optimierung angestrebt wird. Mit dem Auftreten dieses Logistikverständnisses sind neue Unternehmensbereiche wie Beschaffung, Produktion und Distribution entstanden, die die TUL-Funktionen bündeln und erhebliche Verbesserungspotenziale und Vorteile z.B. in Form von Größendegressionseffekten bieten.[16]

In den 1980er Jahren entwickelte sich erstmals ein Verständnis der Logistik als Querschnittsfunktion, bei der die Koordination von Güter- und Materialflüssen zwischen ihren Herkunftsorten (Quellen) und ihren Zielorten (Senken) im Mittelpunkt steht. Bisher wurden Interdependenzen zwischen Beschaffung, Produktion und Distribution vernachlässigt. Sind die Verbesserungspotenziale bei einer losgelösten Betrachtung und Optimierung der Funktionsbereiche jedoch ausgeschöpft, so rückt eine Abstimmung eben dieser in der Hoffnung auf Identifikation und Ausnutzung von Synergieeffekten und somit Kostensenkungen in den Fokus der Unternehmen.[17] Mit der Erkenntnis, dass eine gut strukturierte und kontrollierte Unternehmenslogistik zu mehr Flexibilität und einem höheren Servicegrad sowie Kostenvorteilen führen kann, tritt in dieser Phase der Logistikentwicklung erstmals auch eine strategische Komponente auf und macht damit eine zunehmende Differenzierung gegenüber der Konkurrenz möglich.[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1-1: Idealtypischer Verlauf der Logistikentwicklung nach Weber (Quelle: Engelbrecht 2003, S. 53.)

Eine fortschreitende Dynamisierung der Märkte, kürzere Innovationszyklen und steigende Kundenansprüche erhöhen den Wettbewerbsdruck seit Beginn der 1990er Jahre weiter. Das führte zur Bildung einer dritten Entwicklungsstufe, in der die Logistik einen grundlegenden Bedeutungswandel erfährt. In dieser Phase werden sich Unternehmen bewusst, dass die Optimierungsbestrebungen innerhalb bestehender und bis dahin starrer Unternehmensstrukturen nicht mehr ausreichen. Vielmehr müssen diese entsprechend den komplexeren logistischen Anforderungen neu ausgerichtet werden, um weitere Kostensenkungen sowie Leistungssteigerungen zu erreichen.[19] Die Flussorientierung zieht sich nun durch das gesamte Unternehmen und bleibt nicht mehr auf die einzelnen Funktionsbereiche beschränkt. Damit wird die Logistik in dieser Phase zu einer Führungsfunktion und nicht mehr nur die TUL-Aktivitäten, sondern sämtliche Aufgaben, die für Optimierung der Waren- und Informationsflüsse durch das Unternehmen eine Rolle spielen, rücken in ihr Blickfeld.[20]

Das für die dritte Phase kennzeichnende Streben nach ganzheitlicher Optimierung von unternehmensinternen Prozessketten führt häufig zu sog. „Insellösungen“: Die ganzheitliche Sichtweise beschränkt sich auf das eigene Unternehmen. Zwar werden die externen Schnittstellen zu Kunden und Lieferanten in die Planung einbezogen, jedoch ist nur die Maximierung des eigenen Gesamtnutzens von Interesse. Das kann innerhalb von Wertschöpfungsketten zu Nachteilen für andere Akteure führen und damit Ineffizienzen und Leistungseinbußen für das Gesamtsystem hervorrufen.[21] Daher unterscheidet man die Flussorientierung innerhalb der Unternehmen von einer weiteren Entwicklungsstufe der Logistik: der unternehmensübergreifenden Flussorientierung bzw. dem Supply Chain Management (SCM). Die Führungsfunktion der Logistik bleibt erhalten, aber ihr Bezugsrahmen reicht nun über die Unternehmensgrenzen hinaus und das Prinzip der Flussorientierung erstreckt sich auf alle Mitglieder einer Wertschöpfungskette. Hintergrund eines solchen Logistikverständnisses sind weiter wachsende Anforderungen im Hinblick auf Effektivität und Effizienz. Sind die unternehmensinternen Verbesserungspotenziale im Rahmen der dritten Entwicklungsstufe ausgeschöpft, so müssen die Unternehmen versuchen, auch solche Potenziale zu erschließen, die sich nur im Zusammenwirken mit anderen Unternehmen erzielen lassen.[22] Es gilt, ein Gesamtoptimum innerhalb der Supply Chain zu erreichen und somit auch die Beteiligten zu berücksichtigen, zu denen es keine direkten Schnittstellen gibt.

Baumgarten geht in seinem Modell noch einen Schritt weiter als Weber und fügt eine fünfte Entwicklungsstufe an, in der die Logistik nicht nur über Unternehmens-, sondern auch über regionale und Ländergrenzen hinweg tätig wird und Wertschöpfungsketten zu globalen Netzwerken integriert.[23] Ein solches Logistikverständnis trat erstmals Ende der 1990er Jahre auf.

Eine unternehmensübergreifende Flussorientierung ist an gewisse Voraussetzungen gebunden. Dazu zählen eine hoch entwickelte Informations- und Kommunikationstechnologie (IuK-Technologie) und vor allem eine grundlegende Bereitschaft der Betroffenen zum offenen Informationsaustausch. Hierin ist die Ursache zu sehen, warum viele Unternehmen bis heute die vierte oder fünfte Phase nicht erreicht haben, sondern sich noch auf der dritten, häufig auch erst auf der zweiten Entwicklungsstufe befinden. Sie sind in ihrer organisatorischen und technologischen Entwicklung noch nicht weit genug vorangeschritten. Manche arbeiten auch überhaupt nicht auf das Erreichen der dritten oder vierten Stufe hin. Ob ein entsprechendes Logistikverständnis und seine Umsetzung erstrebenswert sind, hängt insbesondere von den internen und externen Rahmenbedingungen ab, denen ein Unternehmen ausgesetzt ist.[24] Das ist auch der Grund, warum beide in Abschnitt 2.1.1. beschriebenen Auffassungen über die Aufgabenbereiche der Logistik eine Existenzberechtigung haben.

2.1.3. Aktuelle Trends in der Logistik

Die in einem Unternehmen vorherrschende Auffassung von der Logistik und ihre weitere Entwicklung werden durch diverse Einflussfaktoren geprägt. Dabei hat nicht jedes Kriterium für alle Unternehmen den gleichen Stellenwert. Ihre Auswirkung kann von bestimmten regionalen oder branchenspezifischen Gegebenheiten abhängen. Einige Einflussgrößen sind jedoch von besonderer Bedeutung. Kein Unternehmen, egal welcher Branche es angehört, kann sich diesen entziehen, wenn es in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und aktuelle wie potenzielle Kunden zufriedenstellen will. Solche richtungsweisenden Trends beeinflussen auch die Rolle der Logistikdienstleister nachhaltig. Denn die Unternehmen müssen entscheiden, ob sie den neuen Einflussfaktoren und den daraus resultierenden steigenden Anforderungen alleine gerecht werden können, oder ob sie dazu auf die Hilfe Dritter zurückgreifen sollten. Die wichtigsten aktuellen Trends werden im Folgenden kurz vorgestellt: Kundenintegration, E-Business und die Bildung globaler Netzwerke.[25]

Insbesondere in Unternehmen, die sich bereits auf den in Abschnitt 2.1.2. genannten Entwicklungsstufen vier oder fünf befinden, werden sämtliche Wertschöpfungsprozesse an den Bedürfnissen der Endkunden ausgerichtet. Um diese langfristig zu befriedigen und wettbewerbsfähig zu bleiben, spielen Serviceorientierung, hohe Lieferbereitschaft, Verkürzung von Durchlaufzeiten, hohes Qualitätsbewusstsein und Flexibilität bei der Erfüllung von Kundenwünschen eine große Rolle.[26] In der Konsequenz bedeutet dies einen Übergang vom Push- zum Pull-Prinzip: Produkte werden in erhöhtem Maße kundenindividuell und weniger auf Lager gefertigt, so dass sich eine kundengetriebene und vor allem kundenintegrierende Gestaltung der Abläufe in den Unternehmen und entlang der Wertschöpfungskette ergibt. Mehr Individualität bedeutet mehr Variantenvielfalt und die wiederum zieht eine verstärkte Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen und folglich einen höheren Grad an vernetzter Zusammenarbeit nach sich.[27]

Durch die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen entstehen logistische Netzwerke. In diesen können die Vorteile kleiner und flexibler Unternehmen mit denen von ressourcenreichen Großunternehmen verbunden werden. Zum einen haben die Unternehmen die enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden als Chance erkannt, ihre Marktposition dauerhaft zu verbessern und abzusichern. Jedes Unternehmen kann seine Strukturen verschlanken und sich auf seine Kernkompetenzen konzentrieren. Das macht es leichter, der zunehmenden Individualisierung von Kundenwünschen und der wachsenden Dynamik durch immer kürzere Produktlebenszyklen gerecht zu werden. Bei einer verschlankten Organisationsstruktur kann schneller auf Änderungen am Markt reagiert werden. Auf der anderen Seite führt eine Verringerung der Fertigungstiefe neben wachsender Flexibilität aber auch dazu, dass ein Unternehmen alleine nur selten alle notwendigen Ressourcen aufweist, um komplexe Produkte und Leistungen alleine zu erstellen und anzubieten. Ein Unternehmensnetzwerk dagegen verfügt über zahlreiche Ressourcen, die situationsbedingt beliebig kombiniert werden können.[28]

Während der Trend zur Netzwerkbildung anhält, verlieren geographische Grenzen an Bedeutung. Räumlich getrennte Produktions- und Entwicklungsstandorte sind keine Seltenheit. Dabei erstreckt sich die räumliche Trennung nicht nur über Ländergrenzen hinweg, sondern oft auch über mehrere Kontinente. Die Überbrückung dieser räumlichen Distanzen stellt die Unternehmen vor neue logistische Herausforderungen.[29] Eine dieser Herausforderungen liegt im E-Business, dass die Überwindung geographischer Grenzen erleichtert. E-Business bezeichnet „ die elektronische Unterstützung sämtlicher ökonomischer Wertschöpfungsaktivitäten[30] auf Grundlage moderner IuK-Systeme und stellt eine wichtige Voraussetzung dar, um im Logistikbereich wettbewerbsfähig zu bleiben. Jüngste Logistikkonzepte können ohne Einsatz entsprechender Technologien gar nicht umgesetzt werden, da Informationen über Material- und Warenflüsse möglichst zeitnah und lückenlos zur Verfügung stehen müssen.[31] Entsprechend sind die Unternehmen bereit, in diesen Bereich zu investieren: Im Jahr 2000 haben Industrieunternehmen bereits 4,3% ihres Budgets für den Auf- und Ausbau entsprechender Systeme verwendet und prognostizierten, dass sich dieser Anteil bis 2005 auf 5,3% erhöhen wird.[32] Durch Nutzung des Internets haben Unternehmen im Bereich B2B (Business to Business) die Möglichkeit, sich schnell und unkompliziert über potenzielle Geschäftspartner zu informieren (E-Information) und mit ihnen im Bedarfsfall Kontakt aufzunehmen (E-Messaging). Gleichzeitig stellt das Internet eine geeignete Plattform dar, um die zum Teil stark heterogenen Einzelsysteme der beteiligten Unternehmen in Netzwerken auf einfache aber effiziente Weise miteinander zu verknüpfen. Durch diese informatorische Verknüpfung bieten sich weitaus mehr Möglichkeiten als bisher genannt. Insbesondere durch E-Procurement, der elektronischen Abwicklung kompletter Beschaffungsprozesse, werden Kosten und Zeit gespart. Im Bereich B2C (Business to Customer) trägt das Internet zu einer stärkern Integration der Endkunden bei. Sie haben beim interaktiven Einkauf (E-Shopping) mehr Gestaltungs- und Wahlmöglichkeiten, da sie schnell und auf übersichtliche Weise Informationen über Anbieter und Produkte sammeln und sich diese nach individuellen Wünschen zusammenzustellen können.[33] Die direkte Bestellung von Waren durch den Endkunden über das Internet hat erhebliche Auswirkungen auf die zeitlichen Anforderungen an die Logistik und die von den Akteuren erwartete Flexibilität.[34]

2.2. Outsourcing

2.2.1. Der Outsourcingbegriff

Das Wort Outsourcing ist ein Kunstwort, zusammengesetzt aus den Bestandteilen „outside“ (außen, außerhalb), „resource“ (Produktions-/Betriebsmittel oder auch Quelle) und „using“ (nutzen, benutzen).[35] Frei übersetzt kann man also von der Nutzung außerhalb eines Unternehmens liegender Ressourcen sprechen. Ursprünglich bezeichnete Outsourcing die Fremdvergabe von DV-Aktivitäten an externe Dienstleister.[36] Inzwischen lässt sich dieser Begriff jedoch in allen betrieblichen Teilbereichen anwenden, in denen eine strategische Entscheidung darüber getroffen werden muss, ob bisher selbst erbrachte Leistungen außerhalb des Unternehmens unter Zuhilfenahme Dritter besser, d.h. effizienter und/oder effektiver, erstellt werden können.[37]

Stellt ein Unternehmen Überlegungen zum Outsourcing an, dann beschäftigt es sich mit der Optimierung seiner Fertigungstiefe oder der Leistungstiefe. Der Begriff der Leistungstiefe ist weitergehender als der der Fertigungstiefe und für Diskussionen im Bereich Logistikdienstleistungen angebrachter. Während sich die Fertigungstiefe auf den reinen Produktionsprozess und damit ausschließlich auf direkt wertschöpfende Tätigkeiten bezieht, umfasst die Leistungstiefe sämtliche Aktivitäten, die notwendig sind, um eine geforderte Leistung für den Abnehmer bereitstellen zu können. Dazu gehören auch administrative und dispositive Tätigkeiten, die nur indirekt zur Wertschöpfung beitragen.[38]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2-1: Vorteile und Problemfelder beim Outsourcing (eigene Darstellung)

2.2.2. Ziele und Vorteile des Outsourcings

Mit der Auslagerung bestimmter Leistungsbereiche verfolgen Unternehmen konkrete Ziele. Die Auslöser für die Outsourcing-Entscheidung können dabei situationsbedingt sehr unterschiedlich sein. Tabelle 2-1 gibt einen Überblick über qualitative und quantitative Vorteile bzw. Zielsetzungen des Outsourcings, die im Folgenden kurz erläutert werden.

Durch die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen soll die Wettbewerbsfähigkeit des outsourcenden Unternehmens gestärkt werden. Von einer Kernkompetenz spricht man, wenn diese einen überdurchschnittlichen Beitrag zum Kundennutzen leistet und für Wettbewerber schwer zu imitieren ist. Gleichzeitig sollte sie im eigenen Unternehmen aber auf neue Produkte und Dienstleistungen anwendbar sein.[39] Durch eine solche Konzentration wird dem strukturellen Problem der Überkomplexität Abhilfe geleistet und vorhandene Kräfte werden besser gebündelt. Die Fremdvergabe peripherer Aufgabenbereiche sorgt für eine Entlastung der eigenen Mitarbeiter, die sich so stärker auf die Wahrnehmung von Aufgaben mit strategischer Bedeutung konzentrieren können.[40] Eine Zusammenarbeit mit externen Dienstleistern kann für den Outsourcing-Kunden zudem eine Erhöhung der strategischen Flexibilität beim Eintritt in neue Märkte bedeuten. Häufig haben die Dienstleister diese Märkte bereits erschlossen und sich Wettbewerbsvorteile erarbeitet. Insbesondere für kleinere Unternehmen ist der Zugang zum Know-how spezialisierter Dritter wertvoll, da sie selten über ausreichend finanzielle Möglichkeiten verfügen, um für sämtliche Problemstellungen eigene Experten zu beschäftigen. Über das Outsourcing erhalten sie Zugang zu den neuesten Techniken und spezialisiertem Know-how, so dass gezielte Problemlösungen ohne Aufwendung zusätzlicher Mittel möglich sind.[41] Das steigert die Leistungsfähigkeit und führt i.d.R. zu einem verbesserten Service, so dass die Zufriedenheit der Kunden erhöht wird. Durch entsprechende vertragliche Regelungen kann das auslagernde Unternehmen außerdem Geschäftsrisiken bezüglich Qualität und Einhaltung von Fristen sowie daraus resultierende Haftungsprobleme auf den Dienstleister abwälzen.[42]

Aus monetärer Sicht spielt vor allem die Senkung der Ausgaben für die Leistungserstellung eine Rolle. Ein Dienstleister erstellt bzw. erbringt häufig für mehrere Kunden gleichzeitig identische Produkte und Dienstleistungen und erzielt dadurch größere Volumina als ein Unternehmen, das nur den eigenen Bedarf decken muss. So kann er von Erfahrungszuwächsen und Fixkostendegressionen sowie Einsparungen auf der Beschaffungsseite profitieren, die ein Outsourcing-Kunde alleine nicht erzielen könnte.[43] Das erhöht die Zufriedenheit des Endkunden, da diesem durch die Fremdvergabe nicht nur ein besserer Service, sondern auch ein verbessertes Preis-Leistungs-Verhältnis geboten werden kann.[44] Ein zweites monetäres Ziel liegt in der Variabilisierung von Fixkosten. Durch das Outsourcing bestimmter Unternehmensbereiche können kapitalbindende Vermögensgegenstände verkauft bzw. weitere Kapitalbindungen durch zusätzliche Investitionen vermieden werden.[45] Bisherige Fixkosten für Personal und Betriebsmittel fallen jetzt nur noch bei der tatsächlichen Inanspruchnahme von Leistungen an und werden damit in variable Kosten verwandelt. Das Risiko unnötiger Kosten aufgrund unausgelasteter Kapazitäten bei Nachfragerückgängen überträgt sich auf den Dienstleister.[46]

2.2.3. Problemfelder beim Outsourcing

Unter qualitativen Gesichtspunkten stellt die Abhängigkeit vom externen Dienstleister beim Outsourcing ein großes Problem dar. Gerät der Dienstleister in wirtschaftliche Schwierigkeiten, so wirkt sich dies auch auf die Geschäftsprozesse des outsourcenden Unternehmens negativ aus, die dann ins Stocken geraten können.[47] Hinzu kommt, dass ein einmal abgeschlossener Outsourcing-Vertrag auf bestimmte Zeit irreversibel ist. Ein Wechsel zu anderen Dienstleistern mit besserem Leistungsangebot oder günstigeren Konditionen ist dadurch zumindest kurzfristig unmöglich.[48] Ein erhebliches Sicherheitsrisiko sehen viele outsourcenden Unternehmen in der Tatsache, dass ein externer Anbieter Zugriff auf Teile der eigenen Datenbestände hat, gleichzeitig aber nicht nur für das eigene Unternehmen, sondern auch für Mitbewerber aus der gleichen Branche tätig ist. Es besteht die Gefahr, dass unternehmenskritische Informationen und geheimes Know-how bewusst oder unbewusst der Konkurrenz zugänglich gemacht werden.[49] Obwohl die Outsourcing-Entscheidung im Sinne einer Erhöhung der Kundenzufriedenheit und damit einer Stärkung der eigenen Wettbewerbsfähigkeit getroffen wird, kann eine mangelnde Kommunikation zwischen dem outsourcenden Unternehmen und dem Dienstleister schnell zu Leistungs- und Qualitätsdefiziten führen. Dieses Problem ergibt sich insbesondere bei kulturellen und sprachlichen Differenzen. Statt dem Kunden die erhofften Vorteile zu bieten kommt es z.B. zu Lieferverzögerungen oder Problemen bei der Zahlungsabwicklung.[50] Eine weitere Gefahr besteht beim Outsourcing bestimmter Betriebsbereiche im Know-how-Verlust. Bereits vorhandenes eigenes Know-hows wird nicht mehr genutzt und auch nicht aufgefrischt oder weiterentwickelt, da der Dienstleister sämtliche anfallenden Aufgaben übernimmt. Aufgrund der häufig sehr langen Laufzeit von Outsourcing-Verträgen lässt sich vorhandenes Wissen nicht über den gesamten Zeitraum aufrechterhalten, so dass es sich schwierig gestaltet, nach Auslaufen eines Vertrages die Aufgaben wieder selber zu übernehmen.[51] Daneben ergeben sich häufig personelle Probleme. Es muss eine Lösung für das vorher im eigenen Unternehmen mit den ausgelagerten Aufgaben betraute Personal gefunden werden. Hier stellt sich die Frage, ob es in anderen Unternehmensbereichen eingesetzt oder vom Dienstleister übernommen werden kann. Lässt sich keine Einigung mit den Mitarbeitern erzielen drohen Auseinandersetzungen mit dem Betriebsrat oder gar dem Arbeitsgericht, deren Folge finanzielle Aufwendungen für Abfindungen oder ähnliches sein können.[52]

Als wesentlicher Treiber für Outsourcing-Entscheidungen stellt der Kostenfaktor gleichzeitig ein hohes Risiko dar. Beim Outsourcing können Ausgaben anfallen, die ein Unternehmen vorher nicht einkalkuliert hat und die angestrebte Einsparungen bei den Produktionskosten zu kompensieren drohen. Diese unerwarteten Aufwendungen können Einmalkosten sein, die sich aus einer notwendigen Umstrukturierung der verbleibenden Unternehmensbereiche ergeben. Auch die bereits benannten personellen Probleme können solche Kosten verursachen.[53] Neben den Einmalkosten fallen i.d.R. Transaktionskosten an. Bereits durch die Suche nach einem geeigneten Dienstleister und den Vertragsabschluss entstehen Ausgaben, die nicht selten falsch eingeschätzt und vernachlässigt werden. Gleiches gilt für Änderungskosten, die entstehen, wenn nach Aufnahme der Outsourcing-Beziehung noch Vertragsanpassungen nötig sind.[54]

2.3. Logistikdienstleistungen

2.3.1. Der Dienstleistungsbegriff

Aus betriebswirtschaftlicher Sicht bilden Dienstleistungen zusammen mit den Arbeitsleistungen und Rechten die Gruppe der immateriellen Wirtschaftsgüter und sind von den materiellen Sachgütern abzugrenzen.[55] Diese Abgrenzung kann anhand einiger Merkmale vorgenommen werden, die für Dienstleistungen charakteristisch sind:

- Immaterialität
- mangelnde Lagerfähigkeit
- mangelnde/eingeschränkte Transportfähigkeit
- Integration eines externen Faktors.

Der Begriff der Immaterialität zielt darauf ab, dass die zur Erbringung einer Dienstleistung notwendigen Einsatzfaktoren im Gegensatz zu den Produktionsfaktoren bei Erstellung von Sachleistungen physisch nicht wahrnehmbar sind. Gleiches gilt für das Leistungsergebnis als Resultat einer Dienstleistung. Eine Qualitätsprüfung oder ein Vergleich mit ähnlichen Leistungen sind daher für den Kunden vor dem Kauf nur schwer möglich. Umso wichtiger ist es für Dienstleistungsunternehmen, sich ein positives Image zu verschaffen und dem Kunden über Hilfsmittel wie dem Internet oder Kundenzeitschriften wichtige Informationen über das Leistungsangebot zu vermitteln.[56]

Aus der Immaterialität der Dienstleistungen resultiert ihre mangelnde Lager- und Transportfähigkeit. Erstellung und Verbrauch des Leistungsergebnisses fallen zeitlich zusammen (uno actu-Prinzip).[57] Eine Bevorratung von Leistungen für Zeiten erhöhter Nachfrage ist daher nicht möglich, was es wiederum den Unternehmen schwerer macht, jederzeit eine uneingeschränkte Leistungsbereitschaft zu gewähren.

Ein besonderes Merkmal des Leistungserstellungsprozesses ist die unmittelbare Einbeziehung des Kunden. Er wird zum integralen Bestandteil und damit zum Co-Produzenten. Die Erbringung einer Dienstleistung ohne Mitwirken des Kunden ist kaum möglich und so stellt eine unproblematische Interaktion zwischen Anbieter und Nachfrager einen wesentlichen Erfolgsfaktor für Dienstleistungsunternehmen dar.[58]

Dienstleistungen lassen sich in Primär- und Sekundärdienstleistungen unterteilen. Primäre Dienstleistungen, auch als originär bezeichnet, sind selbstständige Absatzobjekte. Sie werden unabhängig von materiellen Gütern angeboten. Sekundärleistungen dagegen sind Bestandteil eines Angebotsbündels, dessen Schwerpunkt entweder auf der Dienstleistung selber (dominante Dienstleistung) oder auf der Sachleistung liegen kann, die von einem Serviceangebot begleitet wird (dominante Sachleistung).[59] Sekundärleistungen können weiter unterschieden werden in konsumtive Leistungen, die von Privatpersonen in Anspruch genommen werden, und investive Serviceangebote im Geschäftsbereich, die als Wiedereinsatzfaktoren in den Produktionsprozess eingehen.[60]

2.3.2. Begriff und Entwicklung der Logistikdienstleistung

Logistikdienstleistungen werden von Unternehmen der Logistikbranche für Unternehmen aus Industrie und Handel angeboten und gehören somit zu den investiven Dienstleistungen. Logistik und Transport zählen zu den ersten Wirtschaftsbereichen, in denen diese Form der immateriellen Wirtschaftsgüter in Erscheinung trat.[61] Analog zur Entwicklung des Logistikbegriffs geht das Leistungsangebot der auch als Logistics Service Provider bezeichneten Unternehmen heute weit über die ursprünglichen Basisfunktionen Transport, Umschlag, Lagerung hinaus. Zunehmender Wettbewerbsdruck führt zu einer erhöhten Ousourcing-Bereitschaft bei Industrie und Handel. In der Folge werden logistische Dienstleistungen immer komplexer, zusätzliche Serviceleistungen werden angeboten und es kommt zu einem wachsenden Ressourcenbedarf seitens der Dienstleister. Durch die je nach Branchenzugehörigkeit und Betriebsgröße unterschiedlichen Bedürfnisse der Outsourcing-Kunden haben sich verschiedenartig spezialisierte Dienstleister am Markt etabliert.[62] Sie tragen wesentlich zur Sicherung der logistischen Qualität und damit zum Unternehmenserfolg bei. Neben den klassischen TUL-Funktionen können sich ihre Aktivitäten von der Auftragsabwicklung und Disposition über die Kundenbetreuung auch nach der eigentlichen Abwicklung (After Sales Service) und administrative Dienstleistungen (z.B. die Schadensfallbearbeitung) bis hin zur unternehmensübergreifenden Planung und Steuerung ganzer Wertschöpfungsketten erstrecken.[63]

2.3.3. Anbieterprofile in der Logistik-Dienstleistungswirtschaft

Bei Diskussionen um die Logistikdienstleistungswirtschaft findet der Leser in der Literatur zahlreiche, zum Teil eng verwandte Termini, ohne deren klare Abgrenzung es schnell zu Verständnisproblemen kommt. Abbildung 2-1 stellt die wichtigsten Anbieterprofile dar, die im Folgenden näher erläutert werden sollen. Dabei wird auch der Begriff der Kontraktlogistik für den weiteren Verlauf dieser Arbeit definiert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2-1: Abgrenzung von Logistikdienstleistern (Quelle: in Anlehnung an Baumgarten, Zadek 2002, S. 4.)

2.3.3.1. Transportunternehmer und Spediteure

Transportunternehmer sind Einzeldienstleister. Sie bieten Transportdienstleistungen für eine Vielzahl von Kunden an, mit denen sie immer nur kurz, nämlich für die Dauer eines Auftrages, in geschäftliche Beziehungen treten. Die Kundenbindung ist folglich sehr gering. Häufig haben sich diese Dienstleister auf den Transport bestimmter Güter bzw. auf bestimmte Branchen spezialisiert. Für die Ausführung ihrer Aufträge verfügen sie über einen eigenen Fuhrpark. Neben Transportunternehmen zählen auch Umschlagsdienstleister, z.B. Hafenbetriebe, und Lagereibetriebe zur Gruppe der Einzeldienstleister.[64]

Das Einsatzgebiet von Transportunternehmen ist geographisch beschränkt. Sie sind in den meisten Fällen nur regional oder national tätig. Der Aufbau europäischer oder weltweiter Netzwerke ist für sie aufgrund ihrer Betriebsgröße und des verhältnismäßig geringen Umsatzes nicht möglich. Stattdessen werden sie häufig durch andere Dienstleister in Netzwerke integriert, in denen sie für Sammel- oder Verteilverkehre eingesetzt werden, also den Vor- oder Nachlauf der Transportketten übernehmen.[65]

Spediteure sind solche Verbunddienstleister, die mehrere Einzeldienstleistungen für ihre Kunden zu einer Gesamtleistung bündeln. Zur Auftragserfüllung koppeln sie ihre eigenen Kapazitäten mit denen anderer Unternehmen. Sie agieren im Gegensatz zu den reinen Transportunternehmen in einem eigenständig oder durch Kooperation aufgebauten Netzwerk und setzen für die Wahrnehmung operativer Aufgaben die Einzeldienstleister ein.[66] Der Preiswettbewerb unter den Speditionsunternehmen ist hart. Ein bestmögliche Auslastung der Kapazitäten in ihrem Netzwerk hat oberste Priorität, damit trotz der geringen Gewinnmargen der Unternehmenserfolg sichergestellt werden kann. Hauptaufgaben der Spediteure sind die effiziente Bündelung von Güterströmen und die Organisation intermodaler Verkehre. Längst werden diese aber durch Standardleistungen wie die Erstellung von Zoll- und Frachtdokumenten und elektronische Kennzeichnung der Waren ergänzt.[67]

2.3.3.2. Third Party Logistics Provider

Für den anglo-amerikanischen Begriff des Third Party Logistics Provider existieren zahlreiche Übersetzungen und Definitionen, von denen keine eine Allgemeingültigkeit besitzt. Im deutschen Sprachgebrauch bezeichnet man den 3PL auch als Kontraktlogistiker oder Systemdienstleister.[68] Alle drei Begriffe werden in dieser Arbeit synonym verwendet.

Das Projekt PROTRANS, ein Gemeinschaftsprojekt des Bereichs Logistik der Technischen Universität Berlin in Kooperation mit weiteren europäischen Forschungsgruppen und Unternehmen, definiert Third Party Logistics als a ctivities carried out by an external company on behalf of a shipper and consisting of at least the provision of management of multiple logistics services. These activities are offered in an integrated way, not on a stand-alone basis. The cooperation between the shipper and the external company is an intended continuous relationship.”[69] Diese Definition beinhaltet wichtige Kernelemente des 3PL-Geschäftes. Ein Kontrakt bezeichnet einen Rahmenvertrag, der eine langfristig angelegte Beziehung zwischen Verlader und logistischem Dienstleister regelt. Langfristig meint in diesem Fall eine Vertragsdauer von mindestens einem Jahr, meistens sogar mehr als drei Jahre. Kontraktlogistik bedeutet zudem, dass der Dienstleister nicht nur einzelne und voneinander isolierte Aufgaben wie Transport oder Umschlag wahrnimmt. Ein 3PL bietet komplexe Bündel von Aktivitäten an, die individuell auf den jeweiligen Kunden zugeschnitten sind.[70] Folglich gehören die sog. KEP-Dienstleister (Kurier-, Express- und Paketdienstleister), die im anglo-amerikanischen Sprachgebrauch häufig ebenfalls unter dem Begriff 3PL subsumiert werden, nicht zum hier betrachteten Geschäftsfeld der Kontraktlogistik. Die Langfristigkeit der Geschäftsbeziehungen und die gezielte Ausrichtung der Leistungen an den Bedürfnissen der outsourcenden Unternehmen impliziert, dass ein 3PL i.d.R. nur wenige Kunden hat und im Gegensatz zum Einzeldienstleister nicht für einen breiten Massenmarkt tätig wird. Dafür erhält der Dienstleister bei Abschluss eines solchen Kontraktes weitgehende Gestaltungsfreiheiten für bestimmte Teile der Wertschöpfungskette, in denen er eigenverantwortlich handeln und entscheiden kann.[71] Die Steuerung ganzer Supply Chains obliegt ihm jedoch nicht.

Das mögliche Leistungsspektrum eines 3PL ist sehr vielfältig. Auch ein Systemdienstleister übernimmt die operativen und wenig komplexen TUL-Aktivitäten, aber sein Leistungsportfolio geht darüber hinaus. Zu den zusätzlichen Leistungen, den sog. Value Added Services, zählen die den klassischen TUL-Funktionen vorausgehenden oder daran anschließenden Tätigkeiten wie Auftragsannahme, Verpackung, Etikettierung sowie komplexere Montagearbeiten, Abwicklung des Zahlungsverkehrs oder Kundenbetreuung und After Sales Services.[72] Der Kontraktlogistiker übernimmt aber auch höherwertige logistische Dienstleistungen, was das wichtigste Unterscheidungsmerkmal gegenüber den Einzeldienstleistern und Spediteuren darstellt. Hierzu zählen das Management kompletter Logistikbereiche wie der Distributions- und der Beschaffungslogistik oder der Aufbau und Betrieb von logistischen IuK-Systemen.[73]

Der 3PL bedient sich bei der Ausführung seiner logistischen Aufgaben eigener Assets. Er verfügt sowohl über materielle Ressourcen, z.B. einen eigenen Fuhrpark und eigene Lager- und Umschlagsflächen, als auch über immaterielle Ressourcen in Form von IuK-Systemen. Daneben nutzt er zur Leistungserstellung eigene Humanressourcen, d.h. die Kenntnisse und Fähigkeiten seiner eigenen Mitarbeiter.[74] Wie jedes Dienstleistungsunternehmen steht auch der 3PL dadurch vor dem Problem, dass er auch in Zeiten hoher Nachfrage immer eine ausreichende Leistungsfähigkeit garantieren muss. Daher kann er bei Bedarf, ähnlich wie der Spediteur, seine eigenen Betriebsmittel mit denen anderer logistischer Dienstleister koppeln und diese unterstützend in seine Aufgabenerfüllung einbinden.

Im weiteren Verlauf dieser Arbeit sollen unter Kontraktlogistikern solche Unternehmen verstanden werden, die im Rahmen langfristiger, individuell gestalteter Dienstleistungsverträge und unter Einsatz eigener Betriebsmittel ein Paket an unterschiedlich komplexen logistischen Aufgaben für outsourcende Industrie- und Handelsunternehmen übernehmen, wodurch sie Teile der Wertschöpfungsketten ihrer Kunden mitgestalten können.

2.3.3.3. Fourth Party und Lead Logistics Provider

Der Fourth Party Logistics Provider, kurz 4PL, wird auch Systemintegrator genannt.[75] Die ursprüngliche Definition des Begriffes stammt von der Unternehmensberatung Andersen Consulting (heute Accenture): „Ein 4PL-Provider ist ein Supply Chain Manager, der die Ressourcen, Kapazitäten und Technologien seiner eigenen Organisation mit denen anderer beteiligter Dienstleister zusammenführt und managt, um dem Kunden eine vollständige Supply Chain Lösung anbieten zu können.“[76]

Die Bezeichnung 4PL weist darauf hin, dass der Systemintegrator als vierte Partei neben Versender, Empfänger und weiteren Logistik-Dienstleistern, die die Erfüllung operativer Aufgaben übernehmen, steht. Die Idee hinter dem 4PL-Konzept ist, dass ein solches Unternehmen die gesamte Planung, Steuerung und Kontrolle von Supply Chains übernehmen soll.[77] Das verlangt eine Koordination sämtlicher Waren- und Informationsflüsse entlang der Wertschöpfungsketten und ein effektives Schnittstellenmanagement zwischen allen beteiligten Unternehmen. Sein Leistungsspektrum reicht damit von der Touren- und Transportplanung über Lager-, Bestands- und Ertragsmanagement sowie Finanzdienstleistungen bis hin zur operativen, taktischen und strategischen Supply Chain Planung sowie Integration und Optimierung von IT-Systemen. Der 4PL muss jederzeit in der Lage sein, die Gesamtheit dieser Aktivitäten und nicht nur Teile davon anbieten zu können. In der Konsequenz muss er auf die Dienste anderer Logistikunternehmen zurückgreifen, deren Kernkompetenzen er zu einem für die Supply Chain optimalem Leistungspaket bündelt. Ein Unternehmen alleine ist kaum in der Lage, ein solch komplexes Bündel an Dienstleistungen alleine zu erbringen. In dieser Bündelung liegt gerade die Kernkompetenz eines Systemintegrators. Er verfügt daher über keine eigenen Assets in Form von Fuhrpark und Lagergebäuden für das operative Geschäft, sondern agiert in einem von ihm geschaffenen Dienstleister-Netzwerk.[78]

Auch die Geschäfte der 4PL sind i.d.R. durch langfristige Verträge abgesichert, was ein Merkmal der Kontraktlogistik ist. Einige Autoren neigen sogar dazu, dieses Anbieterprofil der Kontraktlogistik unterzuordnen und bei den Providern nur zwischen „asset-based“ und „non-asset-based“ zu unterscheiden.[79] In der Literatur besteht weitestgehende Einigkeit darüber, dass das Konzept des Systemintegrators in seiner Reinform bis heute nicht umgesetzt wird und es werden Zweifel laut, ob dies jemals der Fall sein wird.[80] Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Industrie und Handel die operativen Fähigkeiten und Kompetenzen leistungsfähiger 3PLs dem Non-Asset-Konzept vorziehen. Das Anbieterprofil des 4PL findet daher in dieser Arbeit keine weitere Berücksichtigung.

Durch die weitestgehende Ablehnung des reinen 4PL-Konzepts ist in der Logistik-Dienstleistungswirtschaft das noch junge Konzept des Lead Logistics Provider (LLP) entstanden. Hierunter werden 3PL-Unternehmen verstanden, die ihre operativen Fähigkeiten beibehalten und gleichzeitig versuchen, die von einem 4PL erwarteten Kompetenzen zu erwerben und ihren Kunden zusätzliche Steuerungs- und Integrationsleistungen anzubieten.[81] Aufgrund ihres geringen Alters liegen bisher kaum Erkenntnisse darüber vor, welchen Anklang diese Dienstleisterform bei den Verladern findet und wie sie sich in Zukunft entwickeln wird. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit liegt daher weiterhin auf dem Third Party Logistics Provider. Der Begriff der Kontraktlogistik bezieht sich auf Systemdienstleister und nicht auf Systemintegratoren oder Lead Logistics Provider. Aufgrund dieser Abgrenzung wird im weiteren Verlauf auch der Oberbegriff des Logistikdienstleisters synonym zum 3PL verwendet.

2.4. Zusammenfassung

In den letzten Jahrzehnten hat der Logistikbegriff einen grundlegenden Bedeutungswandel erfahren. Das Tätigkeitsfeld der Logistik erstreckt sich heute in vielen Unternehmen weit über die klassischen TUL-Funktionen hinaus. Einzelne Abteilungen und deren Aufgaben werden nicht länger isoliert betrachtet. Vielmehr streben die Unternehmen eine Nutzung von Synergieeffekten sowohl zwischen den einzelnen Betriebsbereichen als auch über die eigenen Grenzen hinaus an.

Die Veränderungen in der Logistik und ihre Auslöser beeinflussen auch die Rolle der Logistikdienstleister. Die zunehmende Aufgabenvielfalt und Komplexität sorgen dafür, dass die Konzentration auf die eigenen Kernkompetenzen an Bedeutung gewinnt. Die Kundenbedürfnisse werden immer differenzierter und anspruchsvoller, zudem tragen neue Technologien zur Beschleunigung der Geschäftsprozesse bei. Industrie und Handel nutzen das Spezialwissen der Logistikdienstleister, um den Kundenansprüchen besser gerecht zu werden. Da der Dienstleister in den Bereichen, auf die er sich spezialisiert hat, höhere Volumina erzielt als seine Outsourcing-Kunden, können diese von Degressionseffekten profitieren. Gleichzeitig lassen sich durch eine Externalisierung bestimmter Aufgabenbereiche auch die dazugehörigen Investitionen an den Dienstleister übertragen und damit Fixkosten in variable Kosten umwandeln. Dennoch müssen die outsourcenden Unternehmen ihre Entscheidungen gut durchdenken, da sie sich für eine vertraglich festgelegte Laufzeit an das ausgewählte Logistikunternehmen binden.

Bei der Auslagerung von Aufgabenbereichen stehen verschiedene Anbieterformen zur Auswahl. Möchte ein Unternehmen nur den reinen Transport von Wirtschaftsgütern fremdvergeben, dann kann ein Einzeldienstleister damit beauftragt werden. Häufig kommen Spediteure zum Einsatz, die eine Bündelung verschiedener Aufträge vornehmen und diese an die Transporteure weitergeben, so dass bessere Kapazitätsauslastungen erreicht werden. Entsprechend den Veränderungen in der Logistik übersteigt auch das Aufgabenspektrum eines Kontraktlogistikers die klassischen TUL-Funktionen. Er bietet gebündelte Aufgabenpakete an, die individuell auf seine Kunden abgestimmt werden und dabei die komplette Distribution oder Beschaffung beinhalten können. Auf diese Weise kann der 3PL Teile der Wertschöpfungskette mitgestalten, wobei er bei Bedarf wiederum andere Dienstleister einsetzt. Ein 4PL soll laut Definition die komplette Planung, Steuerung und Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette übernehmen. Er wird ausschließlich damit beauftragt, andere Logistikdienstleister einzusetzen und die Leistungen sämtlicher Unternehmen in der Supply Chain zu bündeln. Als Systemintegrator wird er dabei selber nicht operativ tätig. In seiner Reinform tritt dieser Unternehmenstyp bisher nicht Erscheinung und sein Erfolgspotenzial wird von Fachleuten angezweifelt. Denkbar ist eine Weiterentwicklung von reinen Kontraktlogistikern zu sog. LLP, die neben ihren bisherigen Aufgaben zusätzlich solche des 4PL wahrnehmen. Aber auch diese Unternehmensform muss sich erst noch am Markt etablieren.

3. Supply Chain Management

3.1. Grundlagen des Supply Chain Managements

3.1.1. Die Supply Chain

Supply Chain Management ist ein Begriff, der in der Literatur viel diskutiert wird und mangels hinreichender Definition häufig zu Verwirrungen führt. Um diesen Ausdruck besser verständlich zu machen, soll hier zunächst geklärt werden, was genau eine Supply Chain (SC) ist, um deren Management es dabei geht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3-1: Beispielhafte Darstellung einer Supply Chain als Netzwerkstruktur (Quelle: in Anlehnung an Busch, Dangelmaier 2004, S. 5.[82] )

Eine Supply Chain bezeichnet eine unternehmensübergreifende Prozesskette, die alle Unternehmen und die dort ablaufenden Prozesse umfasst, die mit der Erstellung und Lieferung von Produkten und/oder Dienstleistungen zusammenhängen.[83] Der Begriff der Supply Chain lässt sich sinngemäß als Liefer- oder Versorgungskette übersetzen. Busch/Dangelmaier bezeichnen die Supply Chain auch als unternehmensübergreifende Wertschöpfungskette und weisen darauf hin, dass in der Praxis ganze SC-Netzwerke auftreten.[84] Jedes Unternehmen ist i.d.R. Mitglied in mehreren Supply Chains. Lieferanten von Industrieunternehmen beliefern mehrere Kunden und haben ihrerseits diverse Bezugsquellen. Diese Rohstoff- oder Teilelieferanten wiederum haben verschiedene Auftraggeber. Auf diese Weise bildet sich eine Netzwerkstruktur heraus, wie Abbildung 3-1 verdeutlicht. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die Ausdrücke Supply Chain, Liefer- oder Versorgungskette und Wertschöpfungskette synonym verwendet, ebenso der Netzwerkbegriff, der hiervon nicht weiter abgegrenzt wird.

3.1.2. Begriff und Entwicklung des Supply Chain Managements

Im Abschnitt 2.1.2. wird bereits angedeutet, dass sich das Supply Chain Management ebenso wie die Logistik aus der Praxis heraus entwickelt hat. Dort wird das SCM als eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe der Logistik beschrieben. Diese Erkenntnis ist nicht falsch, aber sie reflektiert nicht die komplette Bandbreite von Rahmenbedingungen und Aufgabenbereichen, die für das SCM relevant sind. Unstrittig ist, dass die Probleme und Herausforderungen, denen sich Unternehmen durch ihre Prozessorientierung im Logistikbereich gegenüber sehen, die Hauptursache für die Entstehung dieses Konzeptes sind.[85] Mittlerweile ist das Aufgabenspektrum eines erfolgreichen Supply Chain Managements aber so umfangreich und vielfältig, dass es weit über die Logistikdimension hinausreicht. Neben den Güter- und logistischen Informationsflüssen als Betrachtungsgegenstand der Logistik beschäftigt sich das Management von Wertschöpfungsketten auch mit der Integration von Finanzflüssen, Rechten und akquisitorischen Informationen.[86]

Stellvertretend für die Vielzahl ähnlicher Beschreibungen des SCM in der Literatur soll hier die Definition von Hahn für den weiteren Verlauf der Arbeit herangezogen werden:

Unter SCM kann man die

- Planung, Steuerung und Kontrolle
- des gesamten Material- und Dienstleistungsflusses einschließlich der damit verbundenen Informations- und Geldflüsse innerhalb eines Netzwerkes von Unternehmungen und deren Bereichen verstehen,
- die im Rahmen von aufeinander folgenden Stufen der Wertschöpfungskette an der Entwicklung, Erstellung und Verwertung von Sachgütern und/oder Dienstleistungen partnerschaftlich zusammenarbeiten,
- um Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen zu erreichen.[87]

Die Geschäftsprozesse der beteiligten Unternehmen müssen so aufeinander abgestimmt werden, dass sie kosten- und zeitoptimal gestaltet sind.[88] Beim SCM steht für die Mitglieder der Wertschöpfungskette nicht mehr der eigene Nutzen, sondern eine bestmögliche Bedürfnisbefriedigung der Endkunden und daher die Nutzenmaximierung für die gesamte Supply Chain im Vordergrund. Unternehmensübergreifend optimierte Prozesse bilden eine Basis für nachhaltiges Wachstum, denn nur so lassen sich hohe Kundenzufriedenheit und damit Kundenbindung bei minimalen Kosten für die gesamte Wertschöpfungskette erzielen.[89] Die zu integrierenden Prozesse reichen dabei von der operativen Auftragsabwicklung über produkt- oder dienstleistungsbezogene Innovations- und Entwicklungsprozesse bis hin zur Ressourcenplanung mit Blick auf die gesamte Supply Chain.[90]

Die im Abschnitt 2.1.3. vorgestellten aktuellen Trends in der Logistik sind auch die wichtigsten Veränderungstreiber, die das SCM zunehmend an Bedeutung gewinnen lassen. Die geforderte Kundenintegration kommt dabei in der Ausrichtung der gesamten Supply Chain an den Bedürfnissen des Endkunden zum Ausdruck.

Das Aufkommen des E-Business ist mit verantwortlich für die zunehmende Dynamik an den Märkten, mit denen die Unternehmen konfrontiert werden. Jedoch führen isolierte Optimierungs- und Gewinnbestrebungen der SC-Mitglieder zu dem Problem, dass auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette eigene E-Marketplaces entstehen, die häufig gegensätzlich ausgerichtet sind. Durch ein exzellentes Supply Chain Management soll in diesem Bereich die Integration der einzelnen Plattformen erfolgen, um ein einheitliches Auftreten gegenüber dem Endkunden zu gewähren.[91]

Wie im vorherigen Abschnitt dargestellt, entstehen anstelle isolierter Supply Chains in der Praxis ganze Netzwerke, mit deren Management sich das SCM beschäftigt. SCM ist eine Reaktion auf die Bildung von Wertschöpfungsketten und -netzwerken, um diese besser zu koordinieren. Auch die Lieferketten und Netzwerke können sich der zunehmenden Globalisierung und dem Trend zum Global Sourcing nicht entziehen. Sie bedienen nicht nur weltweit vorhandene und regional differenzierte Kundenbedürfnisse, sondern richten auch ihre Beschaffungspolitik weltweit aus, um so weitere Kostensenkungspotenziale realisieren zu können.[92] Die Kernelemente des Supply Chain Managements bleiben auch auf globaler Ebene erhalten, jedoch werden die Wertschöpfungsketten komplexer. Ihr ganzes Ausmaß ist oft nur schwer zu erfassen und eine reibungslose Kommunikation zwischen allen Akteuren nicht immer zu gewährleisten. Eine steigende Anzahl von Unternehmen über immer mehr Wertschöpfungsstufen und weiter wachsende Entfernungen führen dazu, dass auch die Planung, Steuerung und Kontrolle der Netzwerke immer umfangreicher und anspruchsvoller wird und die Unternehmen vor neuen Herausforderungen stehen.[93]

3.1.3. Ziele und Potenziale des Supply Chain Managements

Das Primärziel des SCM nennt Hahn bereits in seiner Definition: Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen in den Unternehmen. Ineffizienzen innerhalb von Wertschöpfungsketten sollen vermieden und sämtliche Ressourcen, sowohl Rohstoffe und Materialien als auch finanzielle Mittel und Humanressourcen, optimal eingesetzt werden.[94] Das gilt insbesondere für die Komponente Zeit als wertvollsten aller Einsatzfaktoren.[95] Eine unternehmensübergreifende Optimierung sämtlicher Flüsse entlang der Supply Chain ermöglicht eine Reduzierung von Entwicklungs- und Durchlaufzeiten und führt zu besseren Planungsvoraussetzungen für Produktion und Transport. Die Akteure der Supply Chain sind dadurch verstärkt in der Lage, ihren jeweiligen Kunden - bis hin zum Endabnehmer - verbindliche Liefertermine zu nennen. Diese Fähigkeit wird auch als Available to Promise (ATP) bezeichnet.[96]

Um Zeitvorteile erreichen zu können, ist der Abbau von Informationsasymmetrien und die Schaffung von Transparenz notwendig. Das bedingt ein gewisses Maß an Vertrauen zwischen den beteiligten Unternehmen, damit sie zu einem offenen Informationsaustausch bezüglich aller für die gesamte Wertschöpfungskette relevanten Daten bereit sind. Ein ausreichender Grad an Vertrauen kann schließlich in gemeinsame Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten von Industrie und Zulieferern münden, so dass aus der Offenheit heraus auch Qualitätsvorteile entstehen.[97]

Gleichzeitig löst der Abbau von Informationsasymmetrien und Intransparenzen das zumeist größte Problem innerhalb von Wertschöpfungsketten: eine Aufschaukelung der Bestände entlang der Supply Chain ausgehend von minimalen Schwankungen in der Endkundennachfrage. Dieses Phänomen wird als Bullwhip-Effekt bezeichnet. Der Bullwhip- oder auch Peitschenschlag-Effekt beruht auf der isolierten Planung und Entscheidungsfindung der beteiligten Akteure bezüglich ihrer Nachfrageprognosen, Produktions- und Beschaffungsplanung. Jedes Unternehmen versucht den von der jeweils nächsten Stufe der Lieferkette signalisierten Bedarf zu decken und eine lokale Optimierung zu erreichen. Dabei entstehen mit zunehmender Distanz zum Endkunden immer größere Schwankungen in den Prognosen und folglich in den vorgehaltenen Beständen. Schuld daran sind unnötig hohe Sicherheitsbestände, die die Unternehmen zur Wahrung ihrer Reaktionsfähigkeit vorhalten und deren genaues Ausmaß den anderen Akteure in der Lieferkette nicht bekannt ist. Folglich ziehen sie aus den Bestellmengen ihrer Abnehmer falsche Schlüsse über die tatsächliche Endkundennachfrage, so dass ihre Prognosen für die Zukunft auf verfälschtem Datenmaterial beruhen und sie selber unnötig hohe Bestände vorhalten. Aber nicht nur unvollständige Informationen, sondern auch ein zeitlich verzögerter Informationsfluss stellen ein Problem dar. Relevantes Datenmaterial über das Nachfrageverhalten der Endkunden steht nicht allen Beteiligten zeitnah und vor allem gleichzeitig zur Verfügung. Stattdessen erfolgt die Informationsweitergabe nur Stufe für Stufe und zeitlich versetzt. Je weiter die Lieferanten in der Supply Chain vom Endkunden entfernt angesiedelt sind, umso später erfahren sie von Veränderungen in deren Nachfrageverhalten und können sich darauf einstellen. Lassen die jüngsten Informationen auf eine weiter steigende Nachfrage schließen, so ist diese inzwischen vielleicht schon rückläufig und die Lagerbestände erhöhen sich dadurch zwangsläufig.[98] Solche Verzögerungen sind von den übermittelnden Unternehmen keineswegs beabsichtigt. Sie entstehen aufgrund verschiedener Informationssysteme der einzelnen Akteure, die miteinander nicht kompatibel sind. So kommt es zu Medienbrüchen, die Informationen können nicht automatisch weitergeleitet werden und es muss auf herkömmliche und zeitaufwendigere Kommunikationsformen wie z.B. Fax oder Telefon zurückgegriffen werden.

Gelingt es den Unternehmen in der Supply Chain, das Problem des Bullwhip-Effektes zu lösen, so geht dies auch mit Kostenvorteilen einher. Eine Reduzierung der Bestände, insbesondere der Sicherheitsbestände, durch einen verbesserten Informationsfluss hat verminderte Bestandskosten zur Folge, da weniger Lagerflächen und weniger Personal und Maschinerie zu deren Instandhaltung und Verwaltung benötigt werden.

Durch konsequentes Supply Chain Management können die eingebundenen Unternehmen also Kosten-, Zeit- und Qualitätsvorteile erzielen. In der Literatur werden verschiedene Wege zur Erlangung dieser Vorteile diskutiert. Die wichtigsten und meist zitierten sind:

- Verbesserung der Kundenorientierung und bessere Kundeneinbindung
- Synchronisation von Versorgung und Bedarf und dadurch Abbau von Beständen
- Flexibilisierung und bedarfsgerechte Produktion
- globale statt lokale Sicht auf verfügbare Bestände und Ressourcen
- Erhöhung von Auskunftsbereitschaft, Lieferbereitschaft, Liefertreue und Lieferservice.[99]

Die Umsetzung dieser Maßnahmen soll langfristig für alle beteiligten Akteure einer Supply Chain zu einer Win-Win-Situation führen. Bei isolierter Betrachtung erleiden einzelne Unternehmen durch bestimmte Entscheidungen auf den ersten Blick Nachteile. Doch durch gemeinschaftliche Nutzung und Verbesserung der Fähigkeiten aller Mitglieder verhilft das Supply Chain Management der Wertschöpfungskette als Ganzes zu höheren Umsätzen und Renditen und letztlich zu einer Steigerung ihrer Wettbewerbsfähigkeit, wovon alle Beteiligten profitieren.[100]

3.2. Supply Chain Exzellenz

Die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit entlang von Wertschöpfungsketten und das Supply Chain Management als Instrument zu ihrer Koordination und Optimierung zielen auf Effizienzsteigerungen und verbesserte Befriedigung der Kundenwünsche ab. Aber nicht alle SCM-Ansätze versprechen gleichermaßen erfolgreich zu sein. Das Zusammenspiel verschiedener Faktoren ist mitverantwortlich dafür, ob es einem Unternehmen gelingt, die Potenziale des Supply Chain Managements so auszuschöpfen, dass es sich von der Konkurrenz abheben kann. In einer Studie des Council of Logistics Management (CLM) in Zusammenarbeit mit der Michigan State University wurden bereits in den Jahren 1998/99 sechs Kompetenzbereiche ermittelt, die von Spitzenunternehmen im Bereich Supply Chain Management beherrscht werden müssen.[101] Die dort aufgeführten Kompetenzen und Fähigkeiten wurden in einer langfristigen empirischen Studie der Technischen Universität (TU) Darmstadt wieder aufgegriffen und anhand prämierter Logistiklösungen auch für den europäischen Markt auf ihre Relevanz überprüft.[102]

Die zunehmende Integration der Kunden in die Unternehmensabläufe wird in Abschnitt 2.1.3. als aktueller Trend zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit beschrieben. Auch die beiden genannten Untersuchungen kommen zu dem Ergebnis, dass nur durch eine Ausrichtung aller Aktivitäten auf die sich ständig ändernden und sehr differenzierten Kundenbedürfnisse eine hohe Kundenzufriedenheit erzielt werden kann.[103] Zwar wird die Kundenorientierung von der TU Darmstadt noch als stark defizitär bezeichnet, doch auch die Unternehmen, bei denen noch erhebliches Verbesserungspotenzial zu erkennen ist, haben sie bereits als wichtigsten strategischen Wettbewerbsfaktor identifiziert. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der Flexibilität, d.h. der Fähigkeit, auf die vielfältigen und sich schnell ändernden Wünsche der Kunden zeitnah zu reagieren. Es müssen Serviceangebote entwickelt werden, die die Kundenzufriedenheit und dadurch auch die Kundenbindung erhöhen.[104] Eine Untersuchung der European Logistics Association (ELA) in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung A.T. Kearney betont zusätzlich, dass nicht nur ein schnelles Reagieren auf offensichtlich veränderte Kundenbedürfnisse wichtig ist. Vielmehr führt auch das aktive Zugehen auf die Kunden zur Befriedigung unerwarteter Bedürfnisse zum Erfolg. Auf diesem Weg können Wünsche erfüllt werden, die den Kunden bisher gar nicht bewusst waren oder die sie von alleine nicht geäußert hätten.[105] Damit hierbei Effektivität und Effizienz nicht auf der Stecke bleiben, ist eine Abstimmung der internen Abläufe erforderlich. Die einzelnen Funktionen müssen bereichsübergreifend synchronisiert und standardisiert werden. Für den externen Betrachter sollten sie sich wie ein einziger synergetischer Prozess darstellen. Das CLM nennt dieses Vorgehen interne Integration.[106] Die Ergebnisse der TU Darmstadt belegen, dass die interorganisatorische Abstimmung bei führenden Logistikunternehmen von allen untersuchten Kompetenzen mit Abstand am stärksten ausgeprägt ist.[107] Das erklärt sich durch die Ausführungen im Abschnitt 2.1.2., wonach die unternehmensweite Flussorientierung die dritte Entwicklungsstufe der Logistik darstellt. Erst wenn sich hierüber keine weiteren Verbesserungen erzielen lassen und ihre Defizite sichtbar werden, gehen die Unternehmen zum Supply Chain Management als vierte Entwicklungsstufe der Logistik über.

[...]


[1] Vgl. Baumgarten 2001, Vorwort.

[2] Vgl. Zadek 2004, S. 24.

[3] Vgl. Merkel, Heymanns 2003, S. 4.

[4] Vgl. Arndt 2005, Vorwort; Froschmayer, Göpfert 2004, S. 1.

[5] Vgl. Schäfer-Kunz, Tewald 1998, S. 1.

[6] Vgl. Darkow, Kieffer 2004, S. 32.

[7] Vgl. Wallenburg 2004, S. 38.

[8] Vgl. Göpfert 1999, S. 23, die für beide Definitionsrichtungen mehrere Vertreter anführt.

[9] Pfohl 2004, S. 12. Eine ähnliche Definition liefern z.B. Isermann 1994a; Arnold, Isermann, Kuhn u.a. 2004, S. A 1-3 und Weber, Deepen 2003, Vorwort.

[10] Vgl. Pfohl 2004. S. 12.

[11] Vgl. Göpfert 1999, S. 23.

[12] Weber, Kummer 1994, S. 21.

[13] Vgl. Baumgarten, Walter 2003, S. 1.

[14] Vgl. Baumgarten 2000, S. 4ff.

[15] Vgl. Weber, Dehler 2000 S. 48ff.

[16] Vgl. Wallenburg 2004, S. 40.

[17] Vgl. ebenda, S. 41.

[18] Vgl. Engelbrecht 2003, S. 53.

[19] Vgl. ebenda.

[20] Vgl. Weber, Dehler 2000, S. 52.

[21] Vgl. Baumgarten, Walter 2003, S. 13.

[22] Vgl. Wallenburg 2004, S. 43.

[23] Vgl. Baumgarten 2000, S. 6f.

[24] Vgl. Engelbrecht 2003, S. 54.

[25] Vgl. Lieb, Lange 2003, S. 447.

[26] Vgl. Merkel, Heymanns 2003, S. 7.

[27] Vgl. Baumgarten, Darkow, Walter 2000, S. 17f.

[28] Vgl. ebenda, S. 18ff; Baumgarten 2001a, S. 18.

[29] Vgl. Baumgarten 2001a, S. 17.

[30] Haller 2001, S. 157.

[31] Vgl. Baumgarten 2001a, S. 22.

[32] Vgl. Baumgarten, Darkow, Walter 2000, S. 20.

[33] Vgl. Baumgarten 2001a, S. 24.

[34] Vgl. Haller 2001, S. 158ff.

[35] Vgl. Koppelmann 1996a, S. 2; Hermes, Schwarz 2005, S. 15.

[36] Vgl. Piontek 2003, S. 153.

[37] Vgl. Schäfer-Kunz, Tewald 1998, S. 8, die Definitionen verschiedener Autoren anführen.

[38] Vgl. Hermes, Schwarz 2005, S. 17.

[39] Vgl. ebenda, S. 21.

[40] Vgl. Mayer, Söbbing 2004, S. 12.

[41] Vgl. Lückefeldt, Kosmol 1996, S. 41.

[42] Vgl. Hermes, Schwarz 2005, S. 21.

[43] Vgl. Koppelmann 1996, S. 4; Hermes, Schwarz 2005, S. 19f.

[44] Vgl. Piontek 2003, S. 155.

[45] Vgl. Lückefeldt, Kosmol 1996, S. 41.

[46] Vgl. Hermes, Schwarz 2005, S. 20; Lückefeldt, Kosmol 1996, S. 41.

[47] Vgl. Piontek 2003, S. 156f.

[48] Vgl. Mayer, Söbbing 2004, S. 13.

[49] Vgl. Lückefeldt, Kosmol 1996, S. 41.

[50] Vgl. Hermes, Schwarz 2005, S. 24.

[51] Vgl. Piontek 2003, S. 155f.

[52] Vgl. ebenda, S. 156.

[53] Vgl. ebenda, S. 157.

[54] Vgl. Hermes, Schwarz 2005, S. 24f.

[55] Vgl. Auerbach 2000, S. 86.

[56] Vgl. Czenskowsky 2004, S. 23f.

[57] Vgl. Auerbach 2000a, S. 100.

[58] Vgl. ebenda, S. 102.

[59] Vgl. Pepels 2000, S. 48.

[60] Vgl. Auerbach 2000, S. 91.

[61] Vgl. ebenda, S. 86.

[62] Vgl. Baumgarten, Zadek 2002, S. 1.

[63] Vgl. Tripp 2004, S. 5; Piontek 2003, S. 159.

[64] Vgl. Gericke 2003, S. 36.

[65] Vgl. Baumgarten, Zadek 2002, S. 5.

[66] Vgl. Gericke 2003, S. 36.

[67] Vgl. Baumgarten, Zadek 2002, S. 6.

[68] Vgl. ebenda, S. 7; Baumgarten, Darkow, Zadek 2004, Vorwort; Zadek 2004, S. 19; Tripp 2004, S. 8f.

[69] PROTRANS 2002, S. 7. Nähere Informationen zum Projekt PROTRANS finden sich auf der durch die TU Berlin eingerichteten Internetseite: http://www.logistik.tu-berlin.de/sulogtra+protrans/index.html.

[70] Vgl. Tripp 2004, S. 7.

[71] Vgl. Zadek 2004, S. 23; Baumgarten 2001a, S. 19.

[72] Vgl. Tripp 2004, S. 9; Zadek 2004, S. 23.

[73] Vgl. Eisenkopf 2002, S. 410.

[74] Vgl. Tripp 2004, S. 8; Eisenkopf 2002, S. 410.

[75] Vgl. Baumgarten, Zadek 2002, S. 4.

[76] Ebenda, S. 12.

[77] Vgl. Eisenkopf 2002, S. 412; Tripp 2004, S. 8; Zadek 2004, S. 24.

[78] Vgl. Baumgarten, Zadek 2002, S. 12f.

[79] Vgl. Tripp 2004, S. 8f.

[80] Vgl. ebenda, S.15; Tripp 2004, S. 8; Zadek 2004, S. 24 und S. 26; Eisenkopf 2002, S. 414f.

[81] Vgl. Froschmayer, Göpfert 2004, S. 63; Zadek 2004, S. 26f.

[82] Dort zitiert nach: Kortmann, Jörg; Lessing, Hagen: Marktstudie: Standardsoftware für Supply-Chain-Management. Paderborn: Fraunhofer-Anwendungszentrum für Logistikorientierte Betriebswirtschaft 2000.

[83] Vgl. Baumgarten, Thoms 2002, S. 20.

[84] Vgl. Busch, Dangelmaier 2004a, S. 4.

[85] Vgl. Göpfert 2004, S. 30f.

[86] Vgl. Pfohl 2000a, S. 6f.

[87] Hahn 2000, S. 12.

[88] Vgl. Scholz-Reiter, Münster, Jakobza 2001, S. 140.

[89] Vgl. Kortus-Schultes, Ferfer 2005, S. 1; Baumgarten, Thoms 2002, S. 20.

[90] Vgl. Hahn 2000, S. 14.

[91] Vgl. Baumgarten 2004a, S. 54.

[92] Vgl. Pfohl 2000a, S. 16.

[93] Vgl. Steinaecker, Kühner 2001, S. 41.

[94] Vgl. Froschmayer, Göpfert 2004, S. 43.

[95] Vgl. Baumgarten, Thoms 2002, S. 20.

[96] Vgl. Baumgarten 2004a, S. 52.

[97] Vgl. Busch, Dangelmaier 2004, S. 8; Froschmayer, Göpfert 2004, S. 43.

[98] Vgl. Kuhn, Hellingrath 2002, S. 17ff; Beckmann 2004a, S. 6ff und S. 14.

[99] Vgl. Kuhn, Hellingrath 2002, S. 10; Göpfert 2004, S. 35.

[100] Vgl. Kortus-Schultes, Ferfer 2005, S. 27; Göpfert 2004, S. 35; Beckmann 2004a, S. 4.

[101] Vgl. Pfohl 2000a, S. 32ff, übersetzt aus: Bowersox, D.J.; Closs, D.J. ; Stank, Th. P.: 21st century Logistics: Making Supply Chain Integration a Reality. Oak Brook (Il.), ohne Verlag 1999.

[102] Vgl. Pfohl, Pfohl 2002, S. 236.

[103] Vgl. ebenda, S. 235.

[104] Vgl. ebenda, S. 238; Pfohl 2000a, S. 33.

[105] Vgl. Pfohl 2000a, S. 25.

[106] Vgl. ebenda, S. 33f.

[107] Vgl. Pfohl, Pfohl 2002, S. 236f.

Ende der Leseprobe aus 137 Seiten

Details

Titel
Kontraktlogistikdienstleister in Supply Chains von Industrie- und Handelsunternehmen
Untertitel
Beweggründe, Strategien, Aufgabenbereiche
Hochschule
Universität Bremen
Note
2,1
Autor
Jahr
2007
Seiten
137
Katalognummer
V78030
ISBN (eBook)
9783638780810
ISBN (Buch)
9783656557548
Dateigröße
921 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Einsatz, Kontraktlogistikdienstleistern, Supply, Chains, Industrie-, Handelsunternehmen
Arbeit zitieren
Diplomkauffrau Antje Diedrichs (Autor:in), 2007, Kontraktlogistikdienstleister in Supply Chains von Industrie- und Handelsunternehmen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78030

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