Die Industrialisierung der USA - Wie die Ausstattung an Boden und Arbeit die Industrialisierung kennzeichnete


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Ausstattung mit den Produktionsfaktoren Boden und Arbeit
1.1. Boden
1.2. Arbeit

2. Neuenglands Industrialisierung
2.1. Gründe für den Beginn der Industrialisierung in dieser Region
2.2. Der Verlauf der Industrialisierung
2.3. Der arbeitssparende technische Fortschritt
2.4. Auswirkungen auf den amerikanischen Markt
2.5. Exkurs: Waltham und Lowell als Beispiele für Unternehmen der Textilindustrie

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die USA entwickelten sich in knapp hundert Jahren von einer weitgehend agrarisch geprägten Vereinigung der 13 Gründungskolonien zur größten Ökonomie der Welt und damit gleichzeitig zu einer Weltmacht. Die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg dieses Landes wurde bereits während der Industrialisierung im 19. Jahrhundert geschaffen. Der Prozess der Industrialisierung wurde dabei in den USA maßgeblich von zwei Faktoren bestimmt: Boden und Arbeit. In dieser Arbeit soll die Frage im Zentrum der Betrachtungen stehen, wie sich die natürliche Faktor-ausstattung des Landes an Boden und Arbeit (der Faktor Kapital wird nur am Rande betrachtet) auf den Verlauf der Industrialisierung ausgewirkte. Dabei wird vor allem Neuengland, als Ursprung der frühen amerikanischen Industrialisierung, im Mittelpunkt der Betrachtung stehen. Von Interesse sind hier die folgenden Fragen: Warum begann die Industrialisierung gerade in Neuengland? Wie stellt sich der Verlauf dar und durch welche Besonderheiten ist er gekennzeichnet? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich die Arbeit wie folgt gegliedert. Im ersten Kapitel wird die Faktorausstattung kurz vor und während der Industrialisierung (zwischen 1780 und 1860), getrennt nach Boden und Arbeit, nachgezeichnet, wobei schon erste Faktoren, die den Verlauf bedingt haben, herausgearbeitet werden sollen. Daran schließt sich in Kapitel zwei Neuenglands Industrialisierung an, das Gründe für die dortige Industrialisierung und den Verlauf darstellt, sowie die Einführung arbeitssparender Technologien beschreibt. Zudem sollen in aller Kürze Aus-wirkungen der Industrialisierung auf die amerikanische Ökonomie betrachtet werden. Den Schlusspunkt des zweiten Kapitels bildet ein Exkurs bei dem die neuenglischen Unternehmen Waltham und Lowell auf die Beeinflussung durch die Faktor-ausstattung hin betrachtet werden. In meiner Arbeit gehe ich besonders auf die Autoren Atack/ Passell und Walton/ Rockoff ein.

1. Die Ausstattung mit den Produktionsfaktoren Boden und Arbeit

1.1. Boden

Ein charakteristisches Merkmal der amerikanischen Industrialisierung war die bedeutende Rolle, die Land gespielt hat. In Amerika war Land während der Kolonialzeit und auch noch lange Zeit danach im Überfluss vorhanden. Bei den Landverordnungen in den Jahren 1785 und 1787 war eines der großen Ziele Thomas Jeffersons die Sicherung der Eigentumsrechte des Einzelnen auf Land. Dadurch wollte er die Freiheit und Ungebundenheit der Menschen erhöhen, aber vor allem einen Anreiz dazu geben, das gesamte Land nutzbar zu machen und strukturell zu verbessern. Dies ist im Allgemeinen die Begründung für das wirtschaftliche Interesse des Staates an der Besiedlung des Landes hatte und weshalb Land vom Staat zu sehr niedrigen Preisen verkauft wurde[1]. Das amerikanische Territorium vergrößerte sich auch weiterhin durch nationale Akquisitionen neuen Landes, die entweder durch Eroberung, Verträge oder Kauf getätigt wurden[2]. Die Landwirtschaft war bei weitem das Hauptbetätigungsfeld und beschäftigte etwa 85 Prozent der Arbeitskräfte. Viele Menschen im Süden und an der Siedlungsgrenze waren Farmer, in den Middle Atlantic Staaten und in Neuengland waren es weniger. Denn vor allem in Neuengland erschwerten nährstoffarme Böden und das raue Klima die landwirtschaftliche Nutzung des Bodens. Die Landwirtschaft in Neuengland wird traditionell als Subsistenzlandwirtschaft bezeichnet, da sie nicht in der Lage war einen wesentlichen absatzfähigen Überschuss zu produzieren, sondern gerade noch den Lebensstandard der Farmerfamilie aufrecht erhalten konnte[3]. Die amerikanische Wirtschaft war demnach sehr landwirtschaftlich geprägt und wies dennoch bereits um 1790 hohe durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen auf, die sogar höher waren als diejenigen in England. Durch die ausgesprochen breite Streuung des Wohlstandes konnte eine Massenkaufkraft wirksam werden und Massenmärkte konnten entstehen. Es gibt zwei Arten von Gründen für den allgemeinen hohen Lebensstandard in einer vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Gesellschaft: Zunächst ist hier der Überfluss an Land zu nennen, der ökonomisch von großer Bedeutung war. Die Besiedlung des Landes wurde von der amerikanischen Regierung, wie bereits genannt, nicht nur gefördert, sondern Land wurde Siedlungswilligen teilweise sogar kostenlos überlassen, da der Staat ein wirtschaftliches Interesse an der Besiedlung hatte. Darüber hinaus war für den Wohlstand der Amerikaner auch die Weltmarktorientierung der Landwirtschaft bedeutend, die dadurch ihre komparativen Vorteile nutzten konnte. Das Hauptanbau- und wichtigste Exportprodukt war zunächst Tabak und nach 1793 Baumwolle[4]. Für Amerikas wirtschaftliches Wachstum war außerdem das Bevölkerungswachstum eine der treibenden Kräfte. Hinter dem Bevölkerungswachstum stand eine hohe Geburtenrate, die sich ebenso durch den Zugang zu Land erklären lässt. Land war in Amerika bis auf das letzte Viertel des 19.Jahrhunderts die Haupteinnahmequelle für die meisten Menschen, da die Landwirtschaft die Quelle der Beschäftigung war und Grundstücke die Quelle für Reichtum waren. In den Stadtgebieten ließen die, im Vergleich zum Land, beengenden Wohnverhältnisse Menschen davor zurück schrecken große Familien zu gründen. Durch die Industrialisierung entstanden für Frauen neue Arbeitsmöglichkeiten außerhalb des Hauses und die Opportunitäts-kosten Kinder zu haben erhöhten sich damit. Daher sind die wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Fruchtbarkeit positiv, Fruchtbarkeit und Urbanisierung oder Industrialisierung dagegen negativ korreliert. Die Begründung hierfür ist folgende: An der sich ausdehnenden Siedlungsgrenze (wo auch immer sie sich zu einem bestimmten Zeitpunkt befand) war Land im Überfluss vorhanden und die Eintrittskosten niedrig. Um an der Siedlungsgrenze eine Farm aufzubauen, war es notwendig das Land urbar zu machen und dies erforderte über Jahre hinweg einen großen Input an Arbeit. Der Getreideanbau und die Tierzucht boten Familien-mitgliedern jeden Alters eine Vielzahl an Beschäftigungsmöglichkeiten. Die Nachfrage nach Arbeit war deshalb an der Siedlungsgrenze besonders hoch. Dies zeigte sich in den hohen Löhnen und häufigen Beschwerden über den Mangel an Arbeitskräften. Eine Möglichkeit für die Farmfamilie sich ihre Arbeitskräfte selbst zu beschaffen war möglichst viele Kinder zu haben und führte folglich zu einer Erhöhung der Geburtenrate[5]. Das Wachstum der Bevölkerung ist demzufolge als Antwort auf den Überfluss an Land und den Mangel an Arbeitskräften zu verstehen. Da Land zudem nicht teuer war, wollte fast jeder, der nach Amerika kam Landbesitzer sein. Selbst Immigranten, die in Europa teilweise Handwerker oder Arbeiter gewesen waren, wendeten sich anfangs der Landwirtschaft zu und verschlimmerten die Knappheit an Arbeitskräften[6].

1.2. Arbeit

In Amerika war Land reichlicher verfügbar als Arbeitskraft. In der Vergangenheit hatte man bereits im Import von Sklaven und weißen Kontraktarbeitern einen Lösungsweg gesucht um den Mangel an Arbeitskräften zu decken[7]. Die meisten Sklaven arbeiteten in der Landwirtschaft, jedoch waren sie nicht die einzigen, die ihre Arbeitskraft nicht dem Arbeitgeber, der den höchsten Lohn bot, zur Verfügung stellen konnten. Mitglieder der Farmfamilien, besonders ältere Söhne wurden von den Vätern mit den Versprechen auf Erbschaft an die Familienfarmen gebunden und mussten weit unter dem damaligen marktüblichen Lohnsatz arbeiten[8]. Da Arbeit in Amerika knapp war, waren Arbeitskräfte entsprechend teuer, was sich in relativ hohen Löhnen widerspiegelte. Diese waren auch aus dem Grunde hoch, weil es für die Menschen immer die Möglichkeit gab sich in den neu zu besiedelnden Gebieten als Farmer selbständig zu machen anstatt in den Städten zu arbeiten. Die amerikanische Geburtenrate war auch dadurch sehr hoch, denn die Farmen wurden vor allem mit Hilfe der Familienmitglieder bewirtschaftet.

Zusätzlich wurde die Immigration gefördert. Die offiziellen Statistiken zeigen, dass zwischen 1820 und 1860 mehr als 5 Millionen Immigranten nach Amerika kamen, die meisten von ihnen aus Westeuropa[9]. Neben den so genannten „Druckkräften“ (push factors) wie religiöse Unterdrückung, Armut, Hungersnot und Krieg, die die Immigranten aus ihrer Heimat trieben, waren es vor allem „Zugkräfte“ (pull factors) wie billiges Siedlungsland, höhere Löhne und die Aussicht auf soziale Gleichheit und religiöse wie politische Freiheit[10], die Amerika zu einer hoffnungsvollen Alternative machten[11]. Die hohe Geburtenrate und die Immigration trugen dazu bei, dass die amerikanische Bevölkerung sehr schnell anwuchs: 1790 waren es noch 4 Millionen, 1815 8,5 Millionen und 1860 bereits 31 Millionen[12]. Obwohl die hohe Geburtenrate das rasche Bevölkerungswachstums bestimmte, hatte die Immigration auch eine bedeutende Auswirkung, insbesondere auf den Arbeitsmarkt, da bei der Welle von Immigranten besonders viele junge, ungelernte Männer dabei waren (siehe Abbildung 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Zunahme der amerikanischen Arbeiterschaft durch Zuwanderung

Quelle: Walton, Rockoff: History of the American Economy (United States, Thomson Learning, 2002) S.230

Während die Immigration zwischen 1820 und 1825 nur 3 Prozent zum Bevölkerungs-wachstum beisteuerte, waren es zwischen 1845 und 1860 zwischen 25 und 31 Prozent[13]. Das schnelle Bevölkerungswachstum in den USA kann als Antwort auf den Überfluss an Land interpretiert werden und war eine Voraussetzung für die Nutzung des Landes in einem Prozess extensiven Wachstums. Die Arbeiter für die entstehenden Fabriken im Nordosten Amerikas kamen zunächst aus dem Landwirtschaftssektor[14]. Während der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts dehnte sich der Industriesektor im Nordosten sehr schnell aus. Viele Wissenschaftler behaupten, dass diese anfängliche Phase der Industrialisierung durch die Suche nach Wegen gekennzeichnet war die Arbeitskosten zu verringern. Da die Löhne der männlichen Arbeiter ausgesprochen hoch waren, reagierte die amerikanische Textilindustrie, indem sie sich nach anderen Arbeitskräften umsah, beispielsweise jungen, unverheirateten Frauen, die auf der Farm oder in der Heimarbeit keine vergleichbar ertragreiche Arbeit fanden[15].

[...]


[1] Vgl. Walton, Rockoff (2002, S.156).

[2] Vgl. Walton, Rockoff (2002, S.157).

[3] Vgl. Atack, Passell (1994, S.32).

[4] Vgl. Buchheim (1994, S.105-107).

[5] Vgl. Atack, Passell (1994, S.216).

[6] Vgl. Walton, Rockoff (2002, S.55).

[7] Vgl. Landauer (1981, S.11).

[8] Vgl. Atack, Passell (1994, S.524/525).

[9] Vgl. Atack, Passell (1994, S.229).

[10] Vgl. Atack, Passell (1994, S.232).

[11] Vgl. Heideking (1996, S.113).

[12] Vgl. Buchheim (1994, S.106).

[13] Vgl. Walton, Rockoff (2002, S.229).

[14] Vgl. Atack, Passell (1994, S.178/179).

[15] Vgl. Goldin, Sokoloff in Temin (1994, S.742).

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Die Industrialisierung der USA - Wie die Ausstattung an Boden und Arbeit die Industrialisierung kennzeichnete
Hochschule
Universität Hohenheim  (Lehrstuhl für Wirtschafts- und Sozialgeschichte)
Veranstaltung
Wirtschaftsgeschichte Seminar
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V78012
ISBN (eBook)
9783638800051
ISBN (Buch)
9783638803571
Dateigröße
595 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Industrialisierung, Ausstattung, Boden, Arbeit, Industrialisierung, Wirtschaftsgeschichte, Seminar, USA
Arbeit zitieren
Michaela Bruckner (Autor:in), 2005, Die Industrialisierung der USA - Wie die Ausstattung an Boden und Arbeit die Industrialisierung kennzeichnete, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78012

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