Rechenschwäche in der Grundschule. Symptome, Ursachen und Fördermöglichkeiten einer Teilleistungsschwäche


Seminararbeit, 2005

21 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung: Warum eine Arbeit über Rechenschwäche?

2 Was ist „Rechenschwäche“?
2.1 Viele Namen eine Bedeutung
2.2 „Probleme in Mathe hat doch jeder“
2.3 Definition der Rechenschwäche

3 Woran erkenne ich ein rechenschwaches Kind?
3.1 Viele Ursachen für ein Problem
3.1.1 Gibt es DIE Ursache?
3.1.2 psychische, soziale und emotionale Ursachen
3.1.2.1 Kampf um die Hausaufgaben
3.1.2.2 Familiensituation
3.1.2.3 Unselbstständigkeit, Unsicherheit oder Ängstlichkeit
3.1.3 organische und neurologische Ursachen
3.1.3.1 Minimale Cerebrale Dysfunktion (MCD)
3.1.3.2 Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom (ADS)
3.1.3.3 Lebensmittelallergie
3.1.3.4 Wahrnehmungs-, Körper- und Raumorientierungsstörungen
3.1.4 schulisch-didaktische Ursachen
3.1.4.1 Zeitnot
3.1.4.2 mangelhafter mathematischer Aufbau
3.1.4.3 Unterricht
3.1.4.4 viele HelferInnen und Methoden
3.1.4.5 Nachhilfe ohne Abklärung

4 Hilfen für das rechenschwache Kind
4.1 Wie helfe ich als Lehrer dem betroffenen Schüler?
4.1.1 Allgemeine Hinweise
4.1.2 Im Unterricht
4.1.3 In der „Freizeit“
4.2 Was geschieht bei einer Rechenschwäche-Therapie?

Quellenverzeichnis

1 Einleitung: Warum eine Arbeit über Rechenschwäche?

Ein Besuch in der öffentlichen Bibliothek machte mich stutzig. Während es mehrere Regale gefüllt mit Literatur über Lese-Rechtschreib-Schwäche gibt, musste ich insgesamt drei Zweigstellen aufsuchen um schließlich zwei Ratgeber für Eltern und Lehrer zu bekommen, die sich mit der Rechenschwäche oder auch Dyskalkulie auseinandersetzen. Von diesen beiden Büchern befasst sich auch nur eines ausschließlich mit Rechenschwäche. Das andere ist eher dazu gedacht, Eltern über den Schulalltag in der Grundschule aufzuklären und sie auch mit möglichen Problemen zu konfrontieren, beziehungsweise sie darüber aufzuklären.

Aber auch in der Bibliothek der Universität bekam ich keinen viel besseren Eindruck. Die Menge der Bücher über LRS war bedeutend höher, als jene über Dyskalkulie.

Man könnte schnell auf die Idee kommen, dass Rechenschwäche entweder kaum verbreitet ist – und damit weniger wichtig in der Erforschung, oder dass dringender Aufklärungsbedarf besteht und die Schwäche bisher eher ignoriert wurde.

In meiner Arbeit möchte ich einerseits beschreiben, warum die Rechenschwäche so oft unentdeckt bleibt, aber auch, woran man sie erkennen kann, wie man in der Grundschule Kindern hilft, mit ihr umzugehen und wie Probleme frühzeitig bekämpft werden können.

2 Was ist „Rechenschwäche“?

2.1 Viele Namen eine Bedeutung

Bereits in der Einleitung tauchten zwei verschiedene Begriffe auf, die eigentlich den gleichen Sachverhalten zu umschreiben versuchen. Andere Begriffe könnten auch noch sein: Arithmasthenie, Mathematikschwäche, Akalkulie, Rechenstörung oder auch einfach nur Rechenprobleme. Die Liste könnte man problemlos noch eine Weile fortsetzen, denn es gibt ungefähr 40 verschiedene Begriffe, die am Ende alle das gleiche meinen.

Vor allem am letzten Begriff lässt sich leicht erkennen, dass man eine „richtige“ Rechenschwäche nicht ohne Probleme von den „normalen“ Schwierigkeiten im Rechenunterricht abgrenzen kann.

Aber es lässt sich auch eine Gemeinsamkeit bei all den Begriffen erkennen. Jede Bezeichnung geht davon aus, dass die Probleme sich nur auf das Schulfach Mathematik beschränken und bis auf das Wort Mathematikschwäche gehen alle anderen Namen davon aus, dass sich die Probleme speziell auf das Gebiet der Arithmetik, also das Rechnen mit Zahlen, beschränken.

Im Verlauf meiner Arbeit, werde ich noch versuchen eine möglichst konkrete Definition zu finden, welche dann auch die Möglichkeit bietet, die Rechenschwäche von anderen – komplexeren – Lernstörungen abzugrenzen.

2.2 „Probleme in Mathe hat doch jeder“

Fast jeder Mensch erlebt im Verlauf seiner Schulkarriere Phasen in denen er das Gefühl hat, dass seine Zeit im Fach Mathematik jetzt abgelaufen ist. So sehr man es auch versucht, der (meist neue) Sachverhalt will einem partout nicht in den Kopf. Haben dann jetzt alle irgendwann eine Rechenschwäche gehabt?

Genau hier liegt das Problem, warum die Rechenschwäche so oft unerkannt bleibt, oder heruntergespielt wird. Bereits die Definition aus dem Duden zeigt, dass die Probleme bei der Rechenschwäche ein wenig komplexer sind. Dyskalkulie ist demzufolge ein „Lernversagen im Rechnen bei besserem Intelligenz- u. übrigem Leistungsniveau.“ (Dudenverlag 2003, S. 250) In einem Artikel der Sächsischen Zeitung vom 01.02.2003 konnte man als Abschluss eines Interviews mit Professor Neumärker von der Berliner Charité lesen: „Eine Rechenschwäche liegt dann vor, wenn kein Verständnis für grundlegende mathematische Einsichten vorhanden ist.“ (Slotta 2003)

2.3 Definition der Rechenschwäche

„Nach Lorenz (1993) sind ca. 6 % der Schülerinnen und Schüler extrem rechenschwach und ca. 15 % förderungsbedürftig. Nach Klauer (1992) gibt es sogar mehr rechenschwache als lese-rechtschreib-schwache Kinder. Auch nach neueren Auskünften der Schulen nimmt die Rechenstörung rapide zu, was zum Teil auch auf ein erhöhtes Wissen um die Problematik zurückzuführen ist.“ (Schwarz 1999, S. 9) Die aktuellen Schätzungen liegen bei ca. 20 % aller Kinder eines Jahrganges.

Die Rechenschwäche ist eine Teilleistungsstörung, welche mit standardisierten Tests diagnostiziert werden muss. In den Tests werden vor allem typische Fehler nachgewiesen. Bereits vor dem Test wird aber abgeklärt, ob der Schüler tatsächlich über ein normales bis hohes Intelligenz- und Leistungsniveau verfügt und wie lange die Probleme schon existieren. Das einfachste Kriterium um eine Rechenschwäche von einfachen Problemen in Mathe abzugrenzen ist nämlich der Zeitraum, den die Probleme beanspruchen. Sind die meisten Schwierigkeit im Mathematikunterricht nach ca. ein bis zwei Monaten überwunden, so muss ein Schüler seit mindestens sechs Monaten anhaltende und massive Schwierigkeiten im Rechnen haben, um als rechenschwach diagnostiziert zu werden.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO umschreibt die Rechenschwäche wie folgt: „Diese Störung beinhaltet eine umschriebene Beeinträchtigung von Rechenfertigkeiten, die nicht allein durch eine allgemeine Intelligenzminderung oder eine eindeutig unangemessene Beschulung erklärbar ist. Das Defizit betrifft die Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion, Multiplikation und Division, weniger die höheren mathematischen Fertigkeiten, die für Algebra, Trigonometrie, Geometrie und Differential- sowie Integralrechnung benötigt werden.“ (Schwarz 1999, S. 20) Im Pschyrembel – einem klinischen Wörterbuch – ist folgende Definition des Begriffes Arithmasthenie zu finden: „Schwierigkeiten beim Ausführen einfacher Rechenoperationen bei normaler Gesamtintelligenz (Teilleistungsschwäche) infolge [einer] Störung der visuellen Anschauung und räumlichen Wahrnehmung; durch speziellen Förderunterricht positiv zu beeinflussen“ (Gruyter 2001, S. 113)

Klar sollte aber sein, dass Probleme im elementaren Rechenbereich auch Probleme in der höheren Mathematik nach sich ziehen, da zum Beispiel Operationen wie Addition oder Division auch Teile der Differentialrechnung sind.

Ich halte es darüber hinaus für wichtig, dass – anders als bei anderen Teilleistungsstörungen – die Rechenschwäche weitaus mehr Mädchen als Jungen betrifft. Leider konnte ich keinen genauen Zahlen finden um diese Aussage zu unterstreichen.

3 Woran erkenne ich ein rechenschwaches Kind?

Symptome für eine Rechenschwäche können genauso vielfältig sein, wie die Kinder, die von ihr betroffen sind. Ist das eine Kind eher unauffällig und ruhig, so kann schon das nächste der Klassenkasper oder ein kleiner Familientyrann sein. Besonders gehäuft treten allerdings folgende Merkmale auf:

- Kinder mit Rechenschwäche wirken oft unaufmerksam und unkonzentriert.
- Bei dem rechenschwachen Kind treten weitaus häufiger als bei anderen Kindern oder im Fach Mathematik häufiger als in anderen Fächern Schusselfehler auf.
- Das Kind hat eine erkennbare Angst vor dem Fach Mathematik und allem was mit Mathematik zu tun haben könnte.
- Selbst bei Rechenarten, welche vom Kind erfasst wurden tritt immer wieder der Fehler auf, dass Einer und Zehner vertauscht werden. Das kann schnell dazu führen, dass 17+12=92 ist, denn das Kind liest bei der 92 eine 29. Es liest von links nach rechts, wie es im Deutschunterricht gelernt wird und nicht von rechts nach links, wie es im Mathematikunterricht notwendig wäre.
- Einfachste Grundaufgaben werden vom Schüler immer wieder an den Fingern abgezählt, obwohl inzwischen schon in weitaus größeren Zahlenräumen gerechnet wird.
- Rechenoperationen wie Addition und Subtraktion oder Multiplikation und Division werden auffällig häufig vertauscht.
- Bei Stellenübergängen treten immer wieder Schwierigkeiten auf. Dementsprechend werden die meisten Kinder erkannt, wenn in der Grundschule der Zehner-, Hunderter- oder Tausenderübergang erlernt werden soll.
- Ergebnisse bei Sachaufgaben liegen total daneben, weil das Kind nur einen großen Haufen von Zahlen sieht und keine Möglichkeit hat, sie in irgendein logisches System einzuordnen. Anweisungen wie „Rechne zusammen“ oder „Verringere“ haben für das Kind keinen Zusammenhang mit den Rechenoperationen Addition und Subtraktion. Besonders schwierig wird es dann bei Aufgaben in denen sich zum Beispiel folgender Wortlaut finden lässt: Karin kauft 5 Netze mit jeweils 7 Apfelsinen. Wie viele Apfelsinen hat sie gekauft? Das Kind sieht hier nur die Zahlen 5 und 7 und wird versuchen sie in irgendein Verhältnis zueinander zu stellen. Die Chancen, dass es die beiden Ziffern als Faktoren einer Multiplikationsaufgabe erkennt, sind entsprechend gering und doch weitaus mehr an Glück als an Können gebunden. Würde man dem Kind verraten, dass es 5 x 7 rechnen muss, so stiegen immerhin schon die Chancen auf ein richtiges Ergebnis, aber es besteht immer noch die Gefahr, dass zum Beispiel die Stellen wieder vertauscht würden. Erhält also ein Lehrer – ohne den Gedankengang des Schülers zu kennen – das Ergebnis 21 als Lösung auf die gestellte Sachaufgabe muss er eigentlich davon ausgehen, dass Kind sich einfach nur eine Zahl ausgedacht hat. In Wirklichkeit hat es addiert und dann die Stellen vertauscht. Nur die wenigsten Lehrer werden sich allerdings die Mühe machen solche Gedankengänge auszuprobieren bei der alltäglichen Kontrolle von Leistungstests der Schüler.

[...]

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Rechenschwäche in der Grundschule. Symptome, Ursachen und Fördermöglichkeiten einer Teilleistungsschwäche
Hochschule
Universität Leipzig  (Institut für Grundschulpädagogik)
Veranstaltung
Erarbeiten der Zahlen in der Grundschule
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
21
Katalognummer
V78010
ISBN (eBook)
9783638835374
ISBN (Buch)
9783638835497
Dateigröße
439 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Rechenschwäche, Grundschule, Symptome, Ursachen, Fördermöglichkeiten, Teilleistungsschwäche, Erarbeiten, Zahlen, Grundschule
Arbeit zitieren
Frauke Just (Autor:in), 2005, Rechenschwäche in der Grundschule. Symptome, Ursachen und Fördermöglichkeiten einer Teilleistungsschwäche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78010

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Rechenschwäche in der Grundschule. Symptome, Ursachen und Fördermöglichkeiten einer Teilleistungsschwäche



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden