Kreditrationierung: mikro- und makroökonomische Aspekte


Seminararbeit, 2006

32 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Gliederung

Abkürzungsverzeichnis

Symbolverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Verzeichnis der Anhänge

1 Einleitung

2 Mikroökonomische Aspekte der Kreditrationierung
2.1 Begriff der Kreditrationierung
2.2 Formen der Kreditrationierung
2.3 Erklärungsansätze für Kreditrationierung
2.3.1 Ansatz von Jaffee/Russell (1976)
2.3.2 Ansatz von Stiglitz/Weiss (1981)
2.3.3 Weitere Erklärungsansätze

3 Makroökonomische Aspekte der Kreditrationierung
3.1 Transmission monetärer Impulse über den Kreditkanal
3.2 Überblick über empirische Studien
3.2.1 Zur empirischen Relevanz der Kreditrationierung
3.2.2 Zur empirischen Relevanz des Kreditkanals

4 Fazit

Anhang I

Anhang II

Anhang III

Anhang IV

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Symbolverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Verzeichnis der Anhänge

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Eine mikroökonomische Fundierung makroökonomischer Theoriezusammenhänge [...] erscheint [...] als ein unverzichtbares Element für ein Verständnis der Funktionsweise der Finanz- und Kreditmärkte im Allgemeinen und des Geldangebotsprozesses im Besonderen.“[1] Im Rahmen dieser Arbeit wird die Kreditrationierung als Gleichgewichtsphänomen betrachtet. Das Ziel ist, mögliche Rationierungsfälle auf den Kreditmärkten mikroökonomisch zu erklären sowie deren Auswirkungen auf die Realwirtschaft aufzuzeigen. Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert.Im ersten Teil (Kapitel 2)werden mikroökonomische Aspekte der Kreditrationierung behandelt. Zuerst sollen Begriff und Formen der Kreditrationierung definiert werden. Danach werden informationsökonomische Erklärungsansätze für die Kreditrationierung in ihrer Grundstruktur vorgestellt. Auf das Modell von Stiglitz/Weiss (1981), das als Standardmodell zur Kreditrationierung gilt, wird ein besonderer Wert gelegt. Im zweiten Teil (Kapitel 3) werden makroökonomische Aspekte der Kreditrationierung im Rahmen des kredittheoretischen Transmissionsmechanismus behandelt. Hier soll gezeigt werden, welche Rolle unvollkommene Kreditmärkte in monetärer Transmission spielen. Anhand empirischer Studien werden theoretische Befunde zur Existenz der Kreditrationierung sowie des Kreditkanals überprüft. Abschließend kommt Fazit.

2 Mikroökonomische Aspekte der Kreditrationierung

2.1 Begriff der Kreditrationierung

Unter einer dauerhafter (Gleichgewichts-)Kreditrationierung wird ein Zustand „einer Überschussnachfrage nach Krediten bei einem Kreditzinssatz, der unterhalb des walrasianischen Gleichgewichtszinssatzes liegt“, verstanden.[2] Der Ausgleich von Angebot und Nachfrage erfolgt hier nicht über den Preismechanismus, sondern durch die Mengenbeschränkung. Es gibt zwei Typen von Kreditrationierung: Kreditgrößen rationierung (Typ I) und Kreditmengen rationierung (Typ II). Bei der Kreditgrößenrationierung erhält ein Kreditnachfrager zum gegebenen Zinssatz ein geringeres Kreditvolumen, als er wünscht. Bei der Kreditmengenrationierung werden einzelne Kreditnachfrager trotz der Bereitschaft, den Marktzinssatz zu zahlen, überhaupt nicht berücksichtigt.[3] Eine temporäre (Ungleichgewichts-)Kreditrationierung tritt „während des Anpassungsprozesses vom Ausgangsgleichgewicht zu einem neuen Gleichgewicht auf, sofern der walrasianische Preisbildungsprozess funktioniert.“[4] Innerhalb dieses Zeitraums können beide Typen von Kreditrationierung eintreten. Nach dem Einstellen des neuen Gleichgewichts spielt temporäre Kreditrationierung keine Rolle mehr.[5] Die Abbildung A1 im Anhang I stellt die Arten der Kreditrationierung dar. Im Folgenden wird von einer dauerhaften Kreditrationierung ausgegangen.

2.2 Formen der Kreditrationierung

Die Kreditrationierung kann sich in folgenden Formen niederschlagen:

- Kreditrationierung aufgrund administrativer Maßnahmen: Die Obergrenze für den von den Banken verlangten Kreditzinssatz und des Kreditvolumens (Kreditplafondierung), die unterhalb des markträumenden Kreditzinsniveaus liegt, wird gesetzlich vorgeschrieben.[6]

- Rationierung aufgrund unterschiedlicher Einschätzung: Einige Individuen werden den Kredit zu den aus ihrer Sicht angemessenen Konditionen nicht aufnehmen können, da sie von den Kreditgebern als nicht kreditwürdig eingeschätzt werden.[7] Die Kreditaufnahme zu dem von dem Kreditgeber angebotenen Zinssatz würde ihre Konkurswahrscheinlichkeit erhöhen.[8]

- Zinssatzrationierung (Preisrationierung): Bei einem gegebenen Zinssatz wird dem Kreditnehmer ein aus seiner Sicht geringeres Kreditvolumen angeboten. Für einen größeren Kredit muss er einen höheren Zinssatz zahlen.[9]

- Kreditrationierung durch Ausschluss einer Risikoklasse („redlining“): Wenn der Kreditgeber bei der Kreditvergabe keinen erforderlichen Mindestertrag[10] erzielen kann, wird er die Kreditvergabe an die bestimmte Risikoklasse von Kreditnehmern verweigern.[11]

- Reine Kreditrationierung: Einige potenzielle Kreditnehmer werden bei einem gegebenen Kreditzinssatz bedient, während die anderen identischen Kreditnehmer abgewiesen werden, obwohl sie bereit sind, diesen Zinssatz zu zahlen.[12]

2.3 Erklärungsansätze für Kreditrationierung

2.3.1 Ansatz von Jaffee/Russell (1976)

Jaffee/Russell (1976) entwickelten ein Modell, das die Auswirkungen asymmetrischer Informationsverteilung als Kombination von Moral Hazard und adverser Selektion auf den Kreditmarkt untersucht. Ihr Modell beschäftigt sich mit der Rolle der Bankrottkosten und Konsumentenkredite. Jaffee/Russell (1976) gehen von gewinnmaximierenden Banken und nutzenmaximierenden Kreditnehmer aus. Die Kreditrationierung kommt folgendermaßen zustande: Es herrscht Sicherheit über die Zahlungsströme der Kreditnehmer. Die Kreditnehmer fragen Konsumentenkredite nach. Sie unterscheiden sich in ehrliche und unehrliche. Unehrliche Kreditnehmer verweigern die Rückzahlung des Kredites, wenn die dadurch entstehenden kreditnehmersabhängigen Konkurskosten niedriger als der Rückzahlungsbetrag zuzüglich Zinsen sind. Der Kreditgeber kann zwischen beiden Typen nicht unterscheiden.[13] Da sich der Ertrag der Kreditgeber als Differenz zwischen dem erwarteten Rückzahlungsbetrag inklusiv Zinszahlungen und der Refinanzierungskosten ergibt, erhöht die Rückzahlungsunwilligkeit der unehrlichen Schuldner das Kreditausfallrisiko der Bank.[14] Der Kreditgeber wird folglich dieses Risiko durch eine zusätzliche Risikoprämie abgelten. Das resultiert sich in höheren Kreditkosten.[15] Solange dem Kreditgeber nicht gelingt, den Kreditnehmer „an die Rückzahlung des Kredites zu binden, setzt der Kreditgeber das Instrument der Rationierung zur Durchsetzung seiner Interessen ein.“[16] Dadurch sinken die Risikoprämie und das Kreditausfallrisiko.

2.3.2 Ansatz von Stiglitz/Weiss (1981)

Das Modell von Stiglitz/Weiss (1981) gilt als Grundmodell zur Kreditrationierung, in dem die Existenz der Kreditrationierung auf Moral Hazard und adverse Selektion Effekte zurückgeführt wird. Der Kreditzinssatz erfüllt hier die Anreiz- und Auslesefunktionen. Zentrale Annahmen des Modells sind: (1) Es gibt eine Vielzahl von risikoneutralen Banken und Kreditnehmern, die ihren Gewinn maximieren (die Banken durch die Festlegung des Kreditzinssatzes und die Kreditnehmer durch die Wahl der Projekte). (2) Es liegt Informationsasymmetrie in Form von Moral Hazard und Adverse Selektion vor.[17]

Bevor auf die Effekte von Moral Hazard und Adverse Selektion eingegangen wird, soll der Nettoertrag von Kreditgeber und Kreditnehmer (siehe Abbildung A2 im Anhang II) definiert werden. Der Nettoertrag des Kreditnehmers ist eine Differenz zwischen dem Projekterlös und dem Rückzahlungsbetrag zuzüglich vereinbarter Zinsen. Die Nettoertragskurve des Kreditnehmers verläuft konkav. Fällt der Ertrag des Kreditnehmers (R) kleiner als vereinbarten Rückzahlungsbetrag (B∙(1+r)) aus, geht der gesamte Ertrag an den Kreditgeber. Aufgrund beschränkter Haftung ist der Nettoertrag des Kreditnehmers im Insolvenzfall null. Der erwartete Ertrag des Kreditnehmers steigt im Projektrisiko: je höher das Projektrisiko, desto höher sind die Projekterträge und somit der Nettoertrag des Kreditnehmers (siehe Gleichung (1)).

Π (R, r) = max (R-(1+r)∙B; 0) (1)

Die Nettoertragskurve des Kreditgebers ist konkav.Der Ertrag der Bank stellt eine Differenz zwischen dem Rückzahlungsbetrag zuzüglich Zinsen (B∙(1+r)) und der Refinanzierungskosten dar. Die Ertragserwartung der Bank hängt von der Rückzahlungswahrscheinlichkeit ab. D. h., dass der Ertrag der Bank im Projektrisiko sinkt: Je höher das Projektrisiko des Kreditnehmers, desto höher ist das Kreditausfallrisiko und somit niedriger der Ertrag der Bank. Im Erfolgsfall erhält die Bank den vereinbarten Rückzahlungsbetrag inklusiv Zinsen. Im Insolvenzfall des Kreditnehmers bekommt sie einen niedrigeren Ertrag R (siehe Gleichung (2)):[18]

Ρ (R, r) = min (B∙(1+r); R) (2)

Im Folgenden wird der Fall adverser Selektion betrachtet. Hier wird unterstellt, dass der Zinsanstieg auf den erwarteten Ertrag einer Bank negativ auswirkt, indem der erwartete Ertrag der Bank mit steigendem Zins sinkt. In diesem Fall kennen die Banken nur aggregierte Wahrscheinlichkeitsverteilung der Projekterträge für alle Kreditnehmer. Sie können somit die Kreditnehmergruppen („sichere“ und „riskante“) nach dem Ertragsdurchschnitt ihrer Investitionsprojekte bilden. Die „sicheren“ Kreditnehmer nehmen den Kredit zum Zinssatz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, die „riskanten“ Kreditnehmer zum Zinssatz [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] auf, wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] ist. Wenn der Zinssatz über [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] steigt, dann ändert sich die Zusammensetzung des Kreditnehmerspools, indem nur „riskante“ Kreditnehmer Kredite nachfragen. Der erwartete Ertrag der Bank geht bei dem Zinssatz [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] sprunghaft zurück (siehe Abbildung A3 im Anhang II). Dieser Kreditzinssatz kann folglich als bankoptimaler Zinssatz interpretiert werden. Somit wiesen Stiglitz/Weiss (1981) nach, dass der negative Effekt adverser Selektion den positiven direkten Effekt (die im Zins steigenden Bankerträge) übersteigen kann.[19]

Der Moral Hazard Effekt liegt vor, wenn mit zunehmendem Zinssatz für die Kreditnehmer den Anreiz steigt, riskantere Projekte durchzuführen . Durch direkte Überwachung des Kreditnehmers kann das Moral Hazard-Problem reduziert werden. Wegen Monitoring-Kosten kann es aber vollständig nicht beseitigt werden. Erst durch indirekte Kontrollmechanismen wie Festlegung der Kreditkonditionen kann das Verhalten der Kreditnehmer beeinflusst werden.[20] Stiglitz/Weiss (1981) gehen von risikoneutralen Kreditnehmern, die mehrere, unterschiedlich riskante Projekte zur Auswahl haben, aus: „Riskantes“ Projekt A mit der Rendite [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und Erfolgswahrscheinlichkeit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und „Sicheres“ Projekt B mit [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten, wobei [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten ist. Die sicheren Projekte haben einen höheren erwarteten Ertrag als die riskanten. Die Bank kann aber nicht beobachten, welches Projekt gewählt wird. Der Kreditnehmer ist zwischen Projekten A und B indifferent, wenn

<p>Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten</p>

Nach der Umformung und Auflösen nach r erhält man:[21]

<p>Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten</p>

Bei sehr niedrigen Zinssätzen (r < Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten) werden die sicheren Projekte den riskanten vorgezogen, da ihre erwarteten Projekterträge größer als die der riskanten sind. Beim Zinsanstieg über den optimalen Kreditzins steigt die Attraktivität riskanter Projekte, weil ihr Erwartungswert größer als der Erwartungswert sicherer Projekte ist. Die Bank will aber sichere Projekte finanzieren, da riskante Projekte ihren erwarteten Ertrag senken.[22] Folglich wird der maximale Bankertrag bei dem Zinssatz Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten (Gleichung (4)) erzielt.

Der Zusammenhang zwischen dem Ertrag und Kreditzinssatz stellt die Abbildung A5 im Anhang II dar. Der Schnittpunkt zwischen Kreditangebot und –nachfrage (Punkt A) liegt oberhalb einem bankoptimalen Kreditzinssatz. Wie oben bereits erörtert wurde, werden die Banken die Kredite höchstens in der Höhe von K zum bankoptimalen Zinssatz vergeben. Der markträumende Kreditzinssatz sinkt somit auf einen bankoptimalen Kreditzins. Gleichzeitig wird die Kreditmenge beschränkt (Kreditrationierung). Dadurch erhöht sich Anzahl der profitablen Projekte und sinkt die Kreditausfallquote.[23] Somit wiesen Stiglitz/Weiss (1981) nach, dass sich der durch die Kreditrationierung gekennzeichnete Kreditmarkt bei asymmetrischer Informationsverteilung im Gleichgewicht befindet.

[...]


[1] Baltensperger (1987), S. 1.

[2] Neuberger (1998), S. 103.

[3] Vgl. Eckermann (1995), S. 40.

[4] Neuberger (1998), S. 103.

[5] Vgl. Eckermann (1995), S. 41.

[6] Vgl. Neuberger (1998), S. 104.

[7] Vgl. Greiber (2003), S.20.

[8] Vgl. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 848.

[9] Vgl. Neuberger (1998), S. 104.

[10] Zur Ermittlung des Bankertrages siehe Schierenbeck (2001), S. 494 ff.

[11] Vgl. Neuberger (1998), S. 104.

[12] Vgl. Jaffee/Stiglitz (1990), S. 849.

[13] Vgl. Jaffee/Russel (1976), S.651-652.

[14] Vgl. Terberger (1986), S. 134.

[15] Vgl. Greiber (2003), S. 20.

[16] Terberger (1986), S.142.

[17] Vgl. Stiglitz/Weiss (1981), S. 393-395.

[18] Vgl. Stiglitz /Weiss (1981), S. 396, 407.

[19] Vgl. Stiglitz,/Weiss (1981), S. 395-397.

[20] Vgl. Neuberger (1998), S.111.

[21] Vgl. Stiglitz/Weiss (1981), S. 402.

[22] Vgl. Clemenz (1988), S. 599-601.

[23] Vgl. Greiber (2003), S. 22.

Ende der Leseprobe aus 32 Seiten

Details

Titel
Kreditrationierung: mikro- und makroökonomische Aspekte
Hochschule
Universität Hohenheim  (Volkswirtschaftslehre)
Veranstaltung
AVWL-Seminar "Ausgewählte Probleme der Wirtschaftspolitik"
Note
2,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
32
Katalognummer
V78002
ISBN (eBook)
9783638800730
ISBN (Buch)
9783638803540
Dateigröße
981 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kreditrationierung, Aspekte, AVWL-Seminar, Ausgewählte, Probleme, Wirtschaftspolitik
Arbeit zitieren
Elena Malykhina (Autor:in), 2006, Kreditrationierung: mikro- und makroökonomische Aspekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/78002

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