Veränderungen der Standortbewertung der Kernstädte in Deutschland

Reurbanisierung?


Seminararbeit, 2007

22 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Gibt es Hinweise auf eine veränderte Standortbewertung (Reurbanisierung)?
2.1 Statistische Hinweise?
2.1.1 Verstädterung
2.1.2 Bevölkerungsentwicklung
2.1.3 Beschäftigtenentwicklung
2.1.4 Wanderungsentwicklung
2.1.5 Fazit
2.2 Sichtbare Hinweise

3. Gründe für die veränderte Bewertung von Kernstadt und Umland
3.1 Veränderungen der Wirtschaftsstruktur
3.2 Veränderungen der Bevölkerungs- und Sozialstruktur
3.3 Stadterneuerungsmaßnahmen
3.4 Fazit

4. Ausblick

5. Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Abgrenzung der BBR – Stadtregionen

Abb. 2: Anhaltender Verstädterungsprozess – Stadtregionen 1996 und

im Vergleich

Abb. 3: Bevölkerungsentwicklung in Stadtregionen 1997 bis 2004

Abb. 4: Kleinräumige Bevölkerungsentwicklung in wachsenden/ schrumpfenden

Kernstädten 1993 bis 2004

Abb. 5: Beschäftigtenentwicklung in Stadtregionen 1997 bis 2004

Abb. 6: Beschäftigtenentwicklung in Stadtregionen mit wachsender/schrumpfender

Kernstadt 1997 bis 2004

Abb. 7: Wanderungssaldo 1997 bis 2004

Abb. 8: Stadt-Umland-Wanderungssaldo der Kernstädte 1993 bis 2004

Abb. 9: Erwerbstätige nach Wirtschaftsbereichen

Abb. 10: Dynamik der Arbeitsplatzentwicklung

Abb. 11: Haushaltsgrößen 1950 und 2004.

Abb. 12: Stadtentwicklungspotenziale des demographischen Wandels

1. Einleitung

Die Kernstadt-Umland Beziehungen waren in den letzten Jahrzehnten vor allem durch Suburbanisierung gekennzeichnet, also durch die "Zunahme des Umlandanteils bzw. Abnahme des Kernstadtanteils der Bevölkerung und Beschäftigung in städtischen Räumen bei gleichzeitiger Veränderung der Siedlungs-, der Wirtschafts-, der Bevölkerungs- und der Sozialstruktur in Kernstadt und Umland" (GAEBE 2004: 63). Auf Grund von verstärkten Agglomerationsnachteilen in der Stadt zog und zieht es sowohl Bevölkerung, Gewerbe, als auch Einzelhandelsunternehmen weiterhin ins Umland und auf die „Grüne Wiese“. In jüngster Zeit mehren sich allerdings Thesen zu einer "Renaissance der Städte" als Wohn- und Geschäftsstandort. Im Folgenden soll nun der Frage nachgegangen werden, inwiefern es Hinweise auf eine solche veränderte Standortbewertung der Kernstädte gibt und wenn ja warum.

2. Gibt es Hinweise auf eine veränderte Standortbewertung (Reurbanisierung)?

Der Kernstadt als Wohnstandort haftete in der Vergangenheit stets ein gewisses Negativimage an. Neben der verstärkten Verdrängung des Wohnens durch tertiäre Nutzungen verloren die verbliebenen innenstadtnahen Wohngebiete oftmals rapide an Ansehen. Durch die Suburbanisierung zogen die ökonomisch potenteren Haushalte ins Umland, zurück blieben vor allem sozial schwache Gruppen wie Arme, Arbeitslose, Ausländer und Auszubildende, die auf Grund ihrer finanziellen und gesellschaftlichen Position in der Wahl ihres Wohnstandortes nicht sehr mobil sind. Dies führte nicht selten zu sozialen Konflikten und weiterer Abgrenzung. Die Innenstadt als Wohnstandort für die gehobene Mittelschicht schien ausgedient zu haben. Setzt sich diese Suburbanisierungs- und Entmischungswelle der letzten Jahrzehnte weiter fort, oder erfährt die Kernstadt in der jüngsten Zeit einen positiven Imagewandel? Ob es tatsächlich Hinweise auf eine veränderte Bewertung der Kernstadt gibt, soll im Folgenden erörtert werden.

2.1 Statistische Hinweise?

Um die Frage nach einer statistisch belegbaren Reurbanisierung zu beantworten interessieren natürlich die Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung und im besonderen Maße die Wanderungsbewegungen, als Indikatoren für Standortattraktivität, sowohl in den Kernstädten, als auch im Umland etwa der letzten 10 bis 15 Jahre. Anhand dessen lässt sich feststellen, ob und in welchen Teilräumen Veränderungen eingetreten sind.

In dieser statistischen Betrachtung sollen zunächst Bevölkerungs-, Beschäftigungs- und Wanderungsentwicklungen für ganz Deutschland betrachtet werden. Um begründete Aussagen für ganz Deutschland treffen zu können bedarf es verlässlicher und umfassender Daten, daher beziehen sich die folgenden Ausführungen auf die Ergebnisse der laufenden Raum- und Stadtbeobachtung des Bundesministeriums für Bauwesen und Raumordnung (BBR) aus dem Jahr 2006. Basis dieser Statistiken sind die BBR - Stadtregionen (vgl. Abb. 1) mit folgender Abgrenzung zwischen Kern- und Umlandbereichen: „Hier wird zwischen dem Kerngebiet einer Agglomeration und der mit ihm verflochtenen, ringförmigen Außenzone unterschieden, wobei Kerngebiet und Außenzone jeweils eine weitere innere Differenzierung aufweisen nach Kernstadt und Ergänzungsgebiet sowie engerem und weiterem Pendlerverflechtungsraum“ (BBR 2006: 18). Als Kernstädte gelten hier Metropolkerne mit mehr als 500.000 Einwohnern sowie Großstädte mit über 100.000 Einwohnern. Zum engeren Umland zählt zum einen das Ergänzungsgebiet zur Kernstadt, welches die Bereiche mit einer Tagesbevölkerungsdichte (Einwohner und Einpendler, ohne Auspendler) von über 500 Personen pro km², umfasst und wo außerdem ein Einpendlerüberschuss vorliegt oder mindestens die Hälfte der Auspendler in die Kernstadt pendelt. Zum anderen zählt auch der engere Pendlerverflechtungsraum noch zum direkten Umland. Hier pendeln mindestens 50% der Auspendler in die Kerngebiete. Pendeln zwischen 25% und 50% in die Kerngebiete spricht man vom weiteren Pendlerverflechtungsraum, bzw. auch vom weiteren Umland. Alle anderen Gebiete zählen nicht mehr zu Stadtregionen und sind daher für die Veränderungen der Kernstadt – Umland Beziehungen nicht sehr relevant.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Abgrenzung der BBR – Stadtregionen. Quelle: BBR 2006.

Anhand dieser Abgrenzungen soll zunächst die Verstädterung in Deutschland allgemein, dann die Beschäftigten- und Bevölkerungsentwicklung und abschließend die Wanderungs-entwicklungen jeweils der letzten zehn Jahre dargestellt werden. Auf Grundlage dieser Daten soll erläutert werden ob und wenn ja inwiefern sich hieraus Tendenzen zu einer Reurbanisierung ablesen lassen.

2.1.1 Verstädterung

Der Trend zur Verstädterung allgemein und anhaltender disperser Siedlungsentwicklung scheint ungebrochen. Betrachtet man die deutschen Stadtregionen nach Fläche, Bevölkerungsstand und Beschäftigtenzahl im Vergleich zwischen den Jahren 1996 und 2004 (vgl. Abb. 2), lässt sich feststellen, dass ihr Anteil insgesamt weiter zugenommen hat. Im Einzelnen erkennt man, dass eine weitere räumliche Ausdehnung der Stadtregionen, vor allem im engeren und weiteren Pendlerverflechtungsraum, stattgefunden hat. Auch der Bevölkerungsanteil innerhalb von Stadtregionen hat zugenommen, 73% der Bevölkerung lebt heute in Stadtregionen. Besonders die Ergänzungsgebiete zur Kernstadt und der engere Pendlerverflechtungsraum haben an Bevölkerung gewonnen, bei einer gleichzeitigen leichten Abnahme der Bevölkerung in der Kernstadt. In Bezug auf die Beschäftigtenentwicklung lässt sich im Prinzip das Gleiche feststellen, insgesamt eine leichte Zunahme der stadtregionalen Beschäftigungsmöglichkeiten, bei einer leichten Abnahme in der Kernstadt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Allein anhand dieser Betrachtung lassen sich also keine Tendenzen zu einer Reurbanisierung erkennen. Vielmehr wird belegt, dass der Prozess der Suburbanisierung weiter anzuhalten scheint. Die weitere Flächeninan-spruchnahme, gerade auch im weiteren Pendler-verflechtungsraum belegt, dass sich die Sub-urbanisierungswelle in immer weitere Gebiete ausbreitet. Auch die positive Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung im engeren Umland unterstützt diese Annahme.

2.1.2 Bevölkerungsentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In der Bevölkerungsentwicklung zeigt sich, dass das Umland der Kernstädte weiterhin die bedeutendste Bevölkerungszunahme zu verzei-chnen hat (vgl. Abb.3). Die größte Zunahme ist im engeren Pendler-verflechtungsraum eingetreten, mit einigem Abstand folgt die Zunahme im Ergänzungsgebiet. Der weitere Pendlerverflechtungsraum erfuhr eine leichte Zunahme, welche allerdings in den letzten Jahren wieder geringfügig rückläufig ist. Die größten Bevölkerungsverluste sind in der Kernstadt zu verzeichnen, jedoch ist seit etwa 1999/2000 wieder eine leichte Zunahme zu beobachten. Es zeigt sich also, dass die Bevölkerung sich nach wie vor ins Umland verlagert. Trotz des leichten Zuwachses in den Kernstädten seit der Jahrtausendwende sind anhand der allgemeinen Bevölkerungs-entwicklung keine deutlichen Reurbanisierungstendenzen feststellbar.

Kleinräumig betrachtet, also nur auf die Kernstädte selbst bezogen (vgl. Abb. 4), lässt sich allerdings seit etwa 2000 eine leichte Trendwende in der Bevölkerungsentwicklung beobachten. Die Innenstädte und der Innenstadtrand gewinnen, vor allem in schrumpfenden Städten, wieder an Bevölkerung. In wachsenden Städten dominiert nach wie vor der Stadtrand, aber auch hier ist ein leichter Aufwärtstrend inner-halb der Innenstädte zu beobachten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nur in Bezug auf die Kernstädte selbst lässt sich also feststellen, dass ein Wachstum, wenn vorhanden, am Stadtrand stattfindet, aber auch dass die Innenstadt und der Innenstadtrand wieder an Attraktivität gewinnen.

2.1.3 Beschäftigtenentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Betrachtet man Abbildung 5, stellt man fest, dass von 1997 bis 2001/02 in allen Gebieten eine Zunahme der Beschäftigung erfolgt ist. Konjunkturell bedingt ist der Anteil der sozialversicher-ungspflichtigen Beschäftigten in den Jahren von 2002 bis 2004 in allen Bereichen zurückgegangen. Nur im direkten Umland der Kernstädte lag das Beschäftigten-niveau 2004 noch leicht über dem von 1997. Die Kernstädte selbst und das weitere Umland hatten leichte Beschäftigungsrückgänge zu verzeichnen. Auch hier bestätigt sich eher der sich fortsetzende Trend der Suburbanisierung von Bevölkerung und Arbeitsplätzen ins Umland.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Differenziert nach Regionen mit wachsender und schrumpfender Kernstadt betrachtet (vgl. Abb. 6), lassen sich allerdings deutlich positivere Entwicklungen in Regionen mit wachsender Kernstadt feststellen. Trotz eines konjunkturell bedingten Rückgangs sank das Niveau hier nie unter das Ausgangsniveau ab. Aber auch hier fällt die vorteilhafte Entwicklung vor allem zu Gunsten des Umlandes aus. Anders sieht es in Regionen mit schrum-pfender Kernstadt (meist in wirtschafts-schwachen Räumen und/oder in Ost-deutschland) aus, hier haben im Laufe der letzten Jahre alle Bereiche deutlich an Beschäftigung verloren, besonders aber die Kernstädte.

Anhand der Beschäftigtenentwicklung finden sich also auch keine konkreten Hinweise auf eine Reurbanisierung. Allerdings muss man berücksichtigen, dass in dieser Darstellung die Beschäftigtenentwicklung allgemein und nicht differenziert nach Sektoren aufgezeigt wird. Für die verschiedenen Wirtschaftssektoren gelten natürlich unterschiedliche Standortkriterien. Industrie und Gewerbe siedeln sich tendenziell eher im Umland an, wissens- und kontaktintensive Dienstleistungen eher an zentraleren Standorten. Man kann also nicht pauschal für alle Arbeitsplätze Standort- und Entwicklungsmerkmale zusammenfassen, aber im Durchschnitt lassen sich wirklich keine Reurbanisierungstendenzen erkennen (mehr dazu in Abschnitt 3.1).

2.1.4 Wanderungsentwicklung

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wanderungen sind ein wichtiger Indikator für Standortattraktivität, anhand ihrer Entwicklung lässt sich am deutlichsten feststellen ob eine Veränderung in der Bewertung von (Wohn-)Standorten stattgefunden hat. Im Wanderungssaldo von 1997 bis 2004 (vgl. Abb. 7) ist insgesamt eine starke Abnahme der Wanderungsdynamik zu Gunsten der Kernstädte festzustellen. 1997 weisen die einzelnen Wanderungs-salden noch eine recht große Spannweite auf, mit dem engeren Pendlerverflechtungsraum als deutlichem Gewinner und der Kernstadt als deutlichem Verlierer. Im weiteren Verlauf stellt sich jedoch eine gewisse Annäherung, mit nur noch minimalen Unterschieden ein. In allen Bereichen gehen die Wanderungsgewinne zurück und tendieren in Richtung Ausgeglichenheit oder leichtem Wanderungsplus, mit Ausnahme der Kernstädte. Sie verzeichnen von 1998 bis 2001 einen markanten Anstieg vom größten Verlierer hin zu einem seit 2001 durchweg positivem Saldo. Im Jahre 2003 lagen die Wanderungsgewinne sogar über dem der Ergänzungsgebiete und beinahe gleichauf mit dem engeren Pendlerverflechtungsraum. Anhand dessen können also zum ersten Mal wirkliche Reurbanisierungstendenzen vermutet werden. Die Wanderungsgewinne des Umlandes nehmen ab und die der Kernstädte steigen an.

[...]

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Veränderungen der Standortbewertung der Kernstädte in Deutschland
Untertitel
Reurbanisierung?
Hochschule
Universität Stuttgart
Veranstaltung
Hauptseminar zur Anthropogeographie
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V77991
ISBN (eBook)
9783638834957
Dateigröße
715 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Veränderungen, Standortbewertung, Kernstädte, Deutschland, Hauptseminar, Anthropogeographie
Arbeit zitieren
Carina Groß (Autor:in), 2007, Veränderungen der Standortbewertung der Kernstädte in Deutschland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77991

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