Inhaltsanalyse zur öffentlichen Aufgabe der Presse


Hausarbeit, 2007

27 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


1. Einleitung

Schon im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland wird in Artikel fünf jedem das Recht zugeschrieben, „seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten“ (Art. 5 Abs. 1 GG). Weiterhin wird „die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film“ (Art. 5 Abs. 2 GG) gewährleistet. Der Presse wird also eine grundlegende öffentliche Aufgabe auferlegt. Laut dem Bundesverfassungsgericht zählen zu den Aufgaben, die ständige Diskussion in Gang zu halten, Informationen zu beschaffen, selbst dazu Stellung beziehen und somit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung wirken. Die jeweiligen Argumente sollen sich in Rede und Gegenrede klären, deutliche Konturen gewinnen, und es somit dem Bürger erleichtern, Urteile und Entscheidungen zu treffen (Ricker, 1983, S. 11).

Das Bundesverfassungsgericht sieht die Wahrnehmung der öffentlichen Aufgabe als eine Leistung der Gesamtpresse an. Von Interesse ist hierbei, ob alle Zeitungen ihre Aufgabe in gleichem Maße wahrnehmen. Hierzu ist ein Vergleich zweier Zeitungen notwendig. Als effizienteste empirische Methode gilt in diesem Fall die Inhaltsanalyse. Die Durchführung dieser soll in der vorliegenden Arbeit dokumentiert werden. Als Orientierung soll dabei der Forschungsablauf der Inhaltsanalyse dienen. Zunächst müssen dafür die Grundlagen der Inhaltsanalyse als empirische Methode betrachtet werden. Daran schließt sich die Planungsphase an, wo die Problemstellung definiert wird, und die daraus abgeleitete Forschungsfrage sowie die Hypothesen mittels der systematischen Dimension analysiert und definiert werden. Den Hauptteil nimmt die Entwicklungsphase ein mit der theoriegeleiteten und empiriegeleiteten Kategorienbildung. In der Testphase soll schließlich das ausdifferenzierte Kategoriensystem entwickelt werden, welches mit dem abschließenden Reliabilitätstest auf Verlässlichkeit und Funktionalität überprüft wird. Die Phasen der Auswertung und Interpretation können aufgrund von Zeit- und Ressourcenmangel nur auf theoretischer Basis erläutert werden (Früh, 1998, S. 91).

2. Die Methode der Inhaltsanalyse

Laut Werner Früh handelt es sich bei der Inhaltsanalyse um eine empirische Methode zur systematischen, intersubjektiv nachvollziehbaren Beschreibung inhaltlicher und formaler Merkmale von Mitteilungen (häufig mit dem Ziel einer darauf gestützten interpretativen Inferenz) (Früh, 1998, S. 25). „Systematisch“ weißt dabei auf die klar strukturierte Vorgehensweise hin, die bei einer erfolgreichen Inhaltsanalyse notwendig ist. „Intersubjektiv nachvollziehbar“ drückt aus, dass auch andere mit Hilfe des Protokolls auf die gleichen Ergebnisse kommen. Zwischen qualitativer und quantitativer Inhaltsanalyse wird nicht unterschieden, da bei der Lösung der jeweiligen Forschungsfrage sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte einfließen sollen. Weiterhin kann man aus quantitativen Merkmalen auch qualitative Schlüsse ziehen (Früh, 1998, S. 225).

3. Die Planungsphase

Am Anfang der Inhaltsanalyse muss zunächst das Untersuchungsziel bestimmt werden, das heißt was mit Hilfe dieser empirischen Methode überprüft werden soll (Früh, 1998, S. 125).

Ausgangspunkt der Inhaltsanalyse war das Spiegelurteil des Bundesverfassungsgerichts, welches die öffentliche Aufgabe der Presse thematisiert. Dabei entstand die Frage, wie die jeweiligen Medien diese Aufgabe wahrnehmen, und ob manche Zeitungen im Vergleich zu anderen ihre Funktion weniger gut erfüllen. Aus dieser Überlegung leitete sich die Forschungsfrage der Inhaltsanalyse ab.

3.1 Das Spiegelurteil

Anstoß für das Spiegelurteil war ein Artikel der 1962 im Magazin „Der Spiegel“ erschienen ist und die militärische Situation in der Bundesrepublik und der NATO erläuterte. Der Verleger des Spiegels, Rudolf Augstein wurde darauf hin wegen Verdacht auf Landesverrat inhaftiert. „Der Spiegel“ erhob daraufhin Verfassungsbeschwerde, die vom Bundesverfassungsgericht abgelehnt wurde (Schöpf, 1983, S. 7 ff). 1966 wurde dann allerdings das Spiegelurteil vom Bundesverfassungsgericht verfasst, in dem es die öffentliche Aufgabe der Presse darlegt. In einem Auszug aus dem Urteil heißt es: „Soll der Bürger politische Entscheidungen treffen, muss er umfassend informiert sein, aber auch die Meinungen kennen und gegeneinander abwägen können, die andere sich gebildet haben. Die Presse hält diese ständige Diskussion in Gang; sie beschafft die Informationen, nimmt selbst dazu Stellung und wirkt damit als orientierende Kraft in der öffentlichen Auseinandersetzung.“

Folglich ist es für eine Demokratie unerlässlich, dass die Medien, speziell die Presse, eine öffentliche Aufgabe erfüllen. Diese setzt sich laut Bundesverfassungsgericht aus drei Aspekten zusammen: Der Förderung des öffentlichen Kommunikations- und Meinungsbildungsprozesses, der Erleichterung der Meinungsbildung, die Vermittlungsfunktion zwischen den Bürgern und den Trägern staatlicher Zuständigkeit sowie der Kontrollfunktion gegenüber dem Staat und seinen ausführenden Organen.

In den folgenden Ausführungen beschränken wir uns allerdings auf die Aufgaben der umfassenden Information und der Meinungsvielfalt, da diese laut dem Bundesverfassungsgericht zu den grundlegendsten Elementen der öffentlichen Aufgabe gehören.

3.2 Welche Zeitungen werden analysiert?

Relevant für unser Forschungsinteresse sind vor allem zwei Aspekte der öffentlichen Aufgabe der Presse: die der umfassenden Information sowie der Meinungsvielfalt. Da die öffentliche Aufgabe, wie bereits eingangs erwähnt, nur von der Gesamtpresse wahrgenommen werden kann, trifft das folglich auch auf ihre Teilaspekte zu. Um also die Einzelleistung des Mediums bezüglich ihrer umfassenden Information und Meinungsvielfalt bewerten zu können, ist ein Vergleich zweier Medien notwendig. In unserem Fall suchten wir zwei weitverbreitete deutsche Tageszeitungen, der wir in ihrer Art und Weise der Berichterstattung möglichst große Unterschiede unterstellen. Unsere Wahl fiel dabei auf die BILD-Zeitung, als Vertreter der Boulevardpresse, und auf die Süddeutsche Zeitung, einer Qualitätszeitung. Beide gehören zu den auflagenstärksten Zeitungen Deutschlands und sind überregional, also einer breiten Leserschaft zugänglich. Demzufolge können sie auch einen Großteil der Bevölkerung in ihrer politischen Meinungs- und Willensbildung beeinflussen, wie es das Bundesverfassungsgericht der Presse zuschreibt.

3.3 Forschungsfrage

Bei der Forschungsfrage handelt es sich um eine Problemstellung, die in einer Frage formuliert ist (Früh, 1998, S. 73).

Beide gewählten Zeitungen gehören zu den auflagenstärksten Tageszeitungen Deutschlands und haben somit Einfluss auf die öffentliche Meinungsbildung, was für unsere Forschungsfrage relevant ist. Angenommen wurde, dass die BILD-Zeitung im Vergleich zur Süddeutschen Zeitung weniger umfassend berichtet und weniger Meinungsvielfalt widerspiegelt.

Aus dieser Annahme leitete sich folgende Forschungsfrage ab:

„Bietet die BILD-Zeitung im Vergleich zur Süddeutschen Zeitung hinsichtlich ihrer politischen Berichterstattung weniger umfassende Informationen und spiegelt sie weniger Meinungen wider, so dass der Bürger politische Entscheidungen treffen kann?“

3.4 Stichprobe und Untersuchungszeitraum

Da die Grundgesamtheit einer Erhebung oder Analyse meist zu komplex ist, um analysiert werden zu können, werden Stichproben gezogen. Diese sollen ein möglichst detailgetreues Abbild der Realität darstellen und somit Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit ermöglichen. Auch für unsere Forschungsfrage war es nicht möglich, alle erschienen Ausgaben der BILD-Zeitung sowie der Süddeutschen Zeitung zu analysieren. Deshalb musste auch hier auf Stichproben zurückgegriffen werden, um relevante Merkmale feststellen zu können. Allerdings muss hinzugefügt werden, dass es aufgrund von Zeit- und Ressourcenmangel nicht möglich war, eine repräsentative Stichprobe zu ziehen. Wir mussten uns deshalb auf die willkürliche Auswahl von zwölf Ausgaben beschränken.

Als Untersuchungszeitraum wurde das Sommersemester 2007 der Universität Leipzig gewählt, speziell vom 01.04.2007 bis 31.07.2007. Willkürlich wurden jeweils sechs Ausgaben von einer Tageszeitung ausgewählt (02.04.2007; 11.04.2007; 08.05.2007; 25.05.2007; 11.06.2007 und 06.07.2007). Allerdings wurde darauf geachtet, dass mindestens eine Woche Abstand zwischen den gewählten Ausgaben liegt, um eventuelle Thementrends in der Berichterstattung zu vermeiden. Diese würden nämlich die Ergebnisse der Themenvielfalt eventuell verfälschen.

Da die Inhaltsanalyse in diesem Fall schon mit dem Reliabilitätstest endet, werden nicht alle zwölf Ausgaben analysiert. Für die empiriegeleitete Kategorienbildung wurde deshalb erneut eine willkürliche Stichprobe aus der Gesamtmenge gezogen. Um aber gleiche Bedingungen für Themenvielfalt und Informationsmenge der beiden Tageszeitungen garantieren zu können, wurden jeweils Ausgaben mit dem gleichen Erscheinungsdatum verglichen.

4. Entwicklungsphase

Auf die Planungsphase folgt nun die Entwicklungsphase. Hier werden mittels der dimensionalen Analyse Begriffe geklärt, die in der Forschungsfrage verwendet werden. Dabei werden zunächst die abgeleiteten Hypothesen einer dimensionalen Analyse unterworfen. Die in den Hypothesen verwendeten Begriffe werden erläutert. Falls Mängel in der Trennschärfe oder klaren Formulierung deutlich werden, können in dieser Phase des Forschungsprozesses die Hypothesen und die Forschungsfrage überprüft und vervollständigt werden.

4.1 Umfassende Information

Nun folgen die Definitionen der grundlegenden Begriffe mit Hilfe der dimensionalen Analyse. Für die Forschungsfrage ist zunächst die Klärung von umfassender Information und Meinungsvielfalt relevant, da die Klarheit der Begriffe schließlich grundlegend für die Durchführung der Inhaltsanalyse ist (Früh, 1998, S. 74).

Laut Bentele ist die Information „der objektive Inhalt von Nachrichten und medialen Informationsangeboten mit einem bestimmten Neuigkeitswert. Hierzu gehören Informationen darüber, wer was wann, wo und wie gemacht oder gesagt hat, welche Ursachen das hat und welche Folgen das haben wird“ (Bentele, 2006, S. 98). Umfassende Information oder auch Informationsvielfalt folglich gewährleistet durch die Veröffentlichung möglichst vieler verschiedener Neuigkeiten und Fakten zu einem Thema, also den Nachrichtenwerten. Aufgrund der oben genannten Definition messen wir den Informationsgehalt eines Beitrags anhand der Beantwortung der W-Fragen. Ein weiteres Kriterium für die umfassende Information ist die Länge der Beiträge, welche wir anhand der Wortzahl der zu analysierenden Beiträge vergleichen wollen.

Von dieser ersten Begriffsklärung leiten sich die ersten zwei Hypothesen der Forschungsfrage ab. Unter einer Hypothese wird eine Aussage über einen Zusammenhang zwischen zwei Merkmalen, also eine Beziehung zwischen mindestens zwei Variablen, verstanden. Eine Hypothese ist ein mit Begriffen formulierter, werturteilsfreier Satz, der empirisch falsifizierbar ist (Diekmann, 1999, S. 180ff). Die abgeleiteten Hypothesen müssen zudem empirisch überprüfbar sein (Früh, S. 73). Laut Definition gibt es also zwei Kriterien, anhand derer die Informationsvielfalt überprüft werden kann: Die Länge der Information und die Anzahl der in ihr enthaltenen Neuigkeiten. Daraus resultieren unsere ersten zwei Hypothesen:

H1: In der Süddeutschen Zeitung gibt es mehr Informationen zu den Beiträgen zu politi- schen Themen als in der BILD-Zeitung.

H2: Über die Länge der Beiträge gewährleistet die Süddeutsche Zeitung mehr Informatio- nen als die BILD-Zeitung.

Neben der Menge an Informationen innerhalb eines Beitrages, wird laut dem Bundesverfassungsgericht durch das Wort „umfassend“ noch ein zweiter Aspekt angesprochen. Relevant für die umfassende Information ist auch die Themenvielfalt. Diese wird dadurch gewährleistet, dass möglichst viele Themenbereiche innerhalb einer Publikation veröffentlicht werden. Die Themenvielfalt bezüglich politischer Beiträge in der Süddeutschen Zeitung und der Bildzeitung kann also anhand ihrer Anzahl von politischen Themen innerhalb einer Ausgabe in Relation zu nicht politischen Themen verglichen werden. Daraus resultieren die folgenden Hypothesen:

H3: Innerhalb der Süddeutschen Zeitung wird im Verhältnis zu anderen Themen mehr über politisch relevante Themen berichtet, als in der BILD-Zeitung.

H4: Die Süddeutsche Zeitung behandelt mehr politisch relevante Themen als die BILD- Zeitung.

Zum Verständnis ist an dieser Stelle der Ausdruck politisch relevanter Themen zu klären. Grundlegend ist dafür zunächst der Politikbegriff zu klären. „Politik bezeichnet jegliche Art der Einflussnahme und Gestaltung sowie die Durchsetzung von Forderungen und Zielen, sei es im privaten oder öffentlichen Bereich“ (Schubert, 2006, S. 230). Darauf aufbauend wird unter politisch relevanten Themen politische Ereignisse im In- und Ausland verstanden, in die politische Akteure innerhalb ihres Aufgabenfeldes involviert sind. Zu politisch relevanten Themen zählen auch Ereignisse, die politische Folgen nach sich ziehen sowie Forderungen der Gesellschaft zu politischem Handeln.

Die Berichterstattung über politisch relevante Themen durch die Presse, sieht das Bundesverfassungsgericht als grundlegend für die öffentliche Meinungs- und Willensbildung an. Zur Berichterstattung zählen alle Veröffentlichungen von Meinungen und Informationen, die redaktionell bearbeitet sind.

4.2 Meinungsvielfalt

Als zweites grundlegendes Kriterium der öffentlichen Aufgabe der Presse sieht das Bundesverfassungsgericht neben der Informationsvielfalt die Meinungsvielfalt an. Eine Meinung ist zunächst „ein Behauptungsvorgang, der als ein subjektives Fürwahrhalten im Unterschied zum Wissen nicht der Forderung strenger Überprüfbarkeit unterliegt, der unmittelbar ist oder das Ergebnis einer gewissen Reflexion darstellt und von dem erwartet wird, dass er plausibel ist, ohne dass er vollständig begründbar sein muss“ (Brockhaus, 1991). Meinungsvielfalt bedeutet darauf aufbauend, ein Thema oder eine Informationseinheit von mehr als einer Seite darzustellen. Die Darstellung erfolgt in Form von Meinungen und die Vielfalt erfolgt mit einer möglichst grundsätzlichen Unterschiedlichkeit.

Meinungsvielfalt kann unter diesen Voraussetzungen an der Anzahl der Autoren gemessen werden, die sich in einer Ausgabe mit politisch relevanten Themen beschäftigt haben. Weiterhin werden Meinungsäußerungen in Form von direkten und indirekten Zitaten sowie anhand meinungsäußernder Verben in den Beiträgen zahlenmäßig erfasst. Daraus ergeben sich die letzten beiden Hypothesen.

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Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Inhaltsanalyse zur öffentlichen Aufgabe der Presse
Hochschule
Universität Leipzig  (Kommunikations- und Medienwissenschaft)
Veranstaltung
Inhaltsanalyse
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
27
Katalognummer
V77988
ISBN (eBook)
9783638829465
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Inhaltsanalyse, Aufgabe, Presse
Arbeit zitieren
Carolin Biebrach (Autor:in), 2007, Inhaltsanalyse zur öffentlichen Aufgabe der Presse, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77988

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