Chinas Weg in die Moderne


Hausarbeit, 2005

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Gliederung

1. Einleitung

2. Die Moderne – Perspektiven und Annäherungen
2.1. Ein Blick auf die europäische Ideengeschichte
2.2. Stimmen aus der modernen Philosophie und Sozialwissenschaft
2.3. Neue Formen von Modernität

3. China und Europa – Ein Blick auf die gemeinsame Vergangenheit
3.1. Chinas Umgang mit Fremden
3.2. Das Bild Chinas im Westen

4. China im 20.Jahrhundert
4.1. Der Weg zur VR China
4.2. Der Wille zur Modernisierung
4.3. Wirtschaftsmacht ohne Demokratie, Moderne ohne Freiheit?

5. Zitierte Literatur

1. Einleitung

Kein Land hat in den letzten Jahrzehnten so viel von sich reden gemacht wie die Volksrepublik China. Als sozialistisches Land ist China auf dem Weg zur Weltmacht, die zu einer ernsthaften Konkurrenz der Vereinigten Staaten werden könnte. Jahr für Jahr verzeichnet China Wachstumsraten, von denen man im Westen nur träumen kann.

Doch Moderne bedeutet nicht nur wirtschaftliche Liberalisierung, sondern auch Freiheit in anderen Bereichen des täglichen Lebens. Im ersten Abschnitt meiner Arbeit befasse ich mich daher mit dem Verständnis der Moderne. Über die Entstehung und Entwicklung der Moderne komme ich am Ende des ersten Kapitels auf neue Ansätze zur Idee der globalen Moderne zu sprechen.
Um Chinas Position im heutigen Kontext und den individuellen Aufstieg zur Wirtschafts- und Wissensmacht besser einordnen zu können möchte ich in meinem zweiten Kapitel einen Blick in die Vergangenheit werfen. Schon seit einigen Jahrhunderten bestehen Kontakte zwischen Europa und Asien. Inwieweit hat China uns und wir China schon damals beeinflusst? Dieser Frage werde ich im zweiten Abschnitt nachgehen.

Der dritte Abschnitt ist Chinas jüngerer bis jüngster Vergangenheit gewidmet.

2. Die Moderne – Perspektiven und Annäherungen

2.1. Ein Blick auf die europäische Ideengeschichte

Die Begriffe Moderne und Modernität, die dazu dienen sollen das Selbstverständnis unserer Zeit epochal gegen die Vergangenheit abzugrenzen, gehen auf das Adjektiv oder Adverb modernus mit der Bedeutung „neu“, „neuer“ aus dem spätlateinischen zurück . Ihm gegenüber steht das Wort antiquus, das mit „alt“, „ehrwürdig“ übersetzt wird. Im Französischen bildete sich, mit Blick auf das Phänomen der Mode, der Terminus à la moderne heraus, um das Neue, das Modische vom Alten abzugrenzen. Im 17. und 18. Jahrhundert wird dieser Begriff aus dem französischen übernommen und ist auch in deutscher Sprache nachweisbar. Allerdings hat das Wort Modernität die Paradoxie an sich, dass es den Anspruch den es erhebt, nämlich das Neueste hervorzubringen, durch seine geschichtliche Wiederkehr auch schon immer dementiert hat. Im Grunde scheint der Begriff der Moderne weder für unsere Zeit geprägt worden zu sein noch geeignet um das Einmalige einer Epoche zu kennzeichnen (Krywalski 1994: 14). Um die Bedeutung des Wortes modern besser verstehen zu können nähert man sich ihm am Besten von seinen Gegensätzen. Schon im Alltag schneidet der Gebrauch des Wortes eine scharfe Trennlinie zwischen Heutigen und Gestrigen, zwischen Neu und Alt. Der Fall des gerade noch modernen in die lächerliche Rolle des Anachronismus geschieht in immer kürzeren Zeitintervallen: „Ce qui paraîtra bientôt le plus vieux, c´est ce qui d´abord aura paru le plus moderne“. (Das, was bald als das Veralteste erscheint, ist das, was zunächst als das Modernste erschienen war.) (Krywalski 1994: 14). Folglich muss der Gegensatz, zur näheren Bestimmung des Modernen, jenseits des ständigen Wechsels gesucht werden. Synchron setzt ein Wertgewinn alterungsresistenter kultureller Bestände ein. Der Begriff des Klassischen ist in dieser Hinsicht der Begriff dieser Bestände. Tatsächlich setzt sich für uns die Moderne nicht von dem ab was gestern war, sondern vom Klassischen, ewig Schönen (Lübbe 2003: 7). Der Mensch sah sich der Herausforderung gegenüber sich selbst, in einer ständig ändernden Umwelt, stets neu zu erfinden. Der allgemeine Grundkonsens dessen was dem Menschen seit Generationen in seinem Leben wichtig ist, nämlich Familie, Zuneigung, Gesundheit, Arbeit und Erfolg erlebt in der modernen Gesellschaft eine Bedeutungsverschiebung. Während der traditionelle Pol wie die Bedeutung der Familie an Gewicht verliert tritt die Selbstverwirklichung des Individuums immer mehr in den Vordergrund (Lohauß 1995: 215). Es entwickeln sich auf dem allgemeinen Grundkonsens basierend individuell differenzierte Lebensmodelle, die von gesellschaftlichen Institutionen und entsprechenden Werten geleitet sind. Möglich wurde die Selbstverwirklichung des einzelnen durch die Freisetzung der Individuen aus lebenslangen gemeinschaftlichen Bindungen, den relativen Wohlstand, umfassende Institutionalisierung der Wirtschaft und der übrigen sozialen Beziehungen (ebd.). Unter diesen Bedingungen war es erstmals in der Menschheitsgeschichte möglich frei persönliche Lebensstile zu wählen. Seit den Dichtern des jungen Deutschland und des Vormärz ist die Forderung nach der Emanzipation des einzelnen nicht mehr wegzudenken. Der Begriff der Moderne erscheint als Kampfruf gegen Tradition und Überlieferung und als Aufruf zu tagespolitischer Auseinandersetzung. Diese Bewegung brachte im 19. Jahrhundert einen neuen Berufsstand hervor, die Journalisten. Die modernen Schriftsteller forderten in ihren Schriften Fortschritt, Republik, Freiheit und Revolution der bestehenden Verhältnisse. Geschichte, Überlieferung und Tradition erschienen ihnen als Feinde einer individuellen Kultur (Krywalski 1994: 13). Durch das Loslösen von tradierten Werten und Bindungen verliert der Mensch in der modernen Welt seinen transzendenten Bezug. Das Leben in reiner Diesseitigkeit, im hier und jetzt, führt ab der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zu Kulturpessimismus, rauschhaften Lebensgenuss, ästhetisch - symbolistischer Welterfahrung, vitalistisch - materialistische Lebensdeutung, Nihilismus und Lebenssehnsucht (ebd.). Der Nihilist par exelance, Friedrich Nietzsche, sieht im Nihilismus die zu Ende gedachte Logik unserer großen Werte und Ideale. Der Nihilismus muss, nach Nietzsche, gelebt werden um den Wert dieser Werte zu erkennen und anschließend neue Werte zu schaffen zu können (Krywalski 1994: 12). Wie Nietzsche bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erkannt hatte lösten und lösen sich unsere überlieferten religiösen, ästhetischen und ethischen Werte zusehends auf. Während Liberalismus, nationalstaatliche Bewegungen, Imperialismus und Nationalitätenpolitik ihren Höhepunkt erreichten und den ideologischen Diktaturen Europas, durch den Zusammenbruch nach dem ersten Weltkrieg, Tür und Tor öffneten, trat an die Stelle der Theologie häufig nationalpatriotischer Gotteskult. Das Eindringen neuer Gestaltungsmöglichkeiten in Kunst und Literatur sowie revolutionäre Erkenntnisse in den Naturwissenschaften begründeten ein neues Weltbild und führten zu einem radikalen Zweifel an der Erkennbarkeit und Erfahrbarkeit der Wirklichkeit. Die Quantentheorie von Max Planck, das Atommodell von Niels Bohr und nicht zuletzt die spezielle und allgemeine Relativitätstheorie von Albert Einstein zeigen den scheinhaften Charakter unserer erfahrbaren Wirklichkeit. Das Leben wird zusehends als Information gedeutet. Diese Erkenntnis führte zu einer Auflösung der Einheit der Person durch die Tiefenpsychologie Siegmund Freuds (Krywalski 1994: 15). Der Mensch sieht sich einer atomisierten Welt gegenüber aus der er sich seine eigene individuelle Welt aus vielen Puzzelteilchen selbst schaffen und deuten muss. Die Herausforderung der Moderne an die moderne, zeitsouveräne Zivilisation besteht folglich aus der Freiheit zur Selbstbestimmung Sinn und Lebenssinn zu generieren (Lübbe 2003: 21). Für einen großen Teil der modernen Gesellschaft hat die Verantwortung zur eigenen Emanzipation auch eine Kehrseite. Anstatt sich selbst zu entfalten leiden viele unter psychologischen und sozialen Folgen von Selbstbestimmungsunfähigkeit (ebd.). War in früheren Zeiten der Lebensweg eines jeden Individuums im groben vorgegeben, steht der Mensch in der modernen Gesellschaft vor der „Qual der Wahl“, leidet an Desorientierung und wird sich häufig selbst zum größten Problem.

2.2. Stimmen aus der modernen Philosophie und Sozialwissenschaft

In den 80iger Jahren des 20. Jahrhunderts hatten die Schriften von Jürgen Habermas einen großen Einfluss auf die moderne philosophische Diskussion. Nach Habermas ist Moderne eine fortlaufende Entwicklung, in der sich das Neue aus der Reflexion mit dem Alten ergibt. Sie ist ein Prozess der Ausdifferenzierung der Sphären Kunst, Moral und Wissenschaft (Habermas 1980: 452). Als Folge der Ausdifferenzierung ergibt sich eine Kluft im Alltagsleben zwischen Experten und Laien. Habermas sieht es als Aufgabe der Moderne diese Kluft zu überwinden indem die Weiterentwicklung der Wertsphären in die Alltagswelt integriert und dem Laien zugänglich gemacht wird (Habermas 1980: 453). Falls diese Herausforderung an die Moderne nicht bewältigt werden sollte besteht nach Habermas die Gefahr der kulturellen Verarmung. Weber bezeichnet diesen Zustand als „iron cage“, als Entzauberung des Alltagslebens in einer ernüchternden Welt von Oberflächlichkeit und Bedeutungslosigkeit (Goankar 1999: 13). Charles Taylor sieht als Ursache für den Verlust transzendentaler Bezüge und Spiritualität die Entmythisierung des Glaubens. Sobald der Mensch sich von alten Zwängen wie Religion oder sozialen Beziehungen befreit hat gewinnen Individualismus, Selbstverwirklichung und instrumentelle Vernunft an Bedeutung (Taylor 1999: 128). Vorraussetzungen beziehungsweise Vorgänger, die eine solche persönliche Entwicklung – auch als Enlightment Package bezeichnet – ermöglichen, sind die sozialen Veränderungen der Moderne (Mobilität, Industrialisierung usw.). Nach Taylor gibt es zwei Sichtweisen auf die Moderne, die „Cultural Theory“ Und die „Acultural Theory“.

[...]

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Details

Titel
Chinas Weg in die Moderne
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Ethnologie und Afrikanistik)
Veranstaltung
Postkoloniale Formen lokaler Modernität
Note
1,7
Autor
Jahr
2005
Seiten
18
Katalognummer
V77873
ISBN (eBook)
9783638833493
ISBN (Buch)
9783638833486
Dateigröße
454 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Chinas, Moderne, Postkoloniale, Formen, Modernität
Arbeit zitieren
Vanessa Hochrein (Autor:in), 2005, Chinas Weg in die Moderne, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77873

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