Die Auswirkungen des Malleus Maleficarum auf das Spätmittelalter


Seminararbeit, 2005

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Verfasserproblem

3. Spezifische Eigenheiten des Malleus Maleficarum
3.1 Frauenfeindlichkeit im Malleus
3.2 Das Malefizium
3.3 Weltliche Gerichtsbarkeit

4. Erste Zweifel am Malleus: Der Hexenhammer von Nürnberg

5. Die Bedeutung des Buchdrucks für die Rezeption des Malleus

6. Schlusswort

7. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die folgende Seminararbeit wird sich mit den Auswirkungen des Hexenhammers von Heinrich Kramer auf das Spätmittelalter beschäftigen.

Um zu einer berechtigten Beurteilung des Werkes zu gelangen, werden die spezifischen Eigenschaften des Malles gegenüber früheren Werken gegen Ketzerei analysiert. Warum gelangte der Malleus zu so großer Bedeutung im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit, obwohl bereits früher ähnliche Schriften erschienen waren?

Zu Beginn der Arbeit soll auf das Verfasserproblem des Hexenhammers eingegangen werden, um danach mit der Frage anzuschließen, warum ausgerechnet Frauen im Malleus als besonders anfällig für den Einfluss des Teufels dargestellt werden, was schon durch den Titel „Malleus Malefic a rum deutlich wird. Nach der Darstellung und Analyse des Frauenbildes im Malleus, werden weitere Spezifika des Malleus betrachtet. Es soll erklärt werden, wie sich der frühere Ketzerprozess, der bis zur Erscheinung des Malleus in Hinsicht auf die Bekämpfung von Häresien durch die Kirche existierte, zum Hexenprozess entwickelt hat, in dem weniger das häretische Moment als vielmehr die praktische Zauberei im Vordergrund der Erklärung steht. Zum Schluss wird im Rahmen der Eigenheiten des Malleus auf den Einfluss bzw. die Einflussnahme der weltlichen Gerichtsbarkeit auf den Hexenprozess eingegangen, um auch Traditionen und Veränderungen innerhalb des Kirchenrechts zu beleuchten.

Bis zu dieser Stelle der Arbeit wird der eigentliche Inhalt des Malleus und dessen Kapiteleinteilung bewusst nicht näher in Augenschein genommen, da stärkere Akzente zu Beginn auf die Besonderheiten dieses Werkes gelegt werden sollen. Der Inhalt wird kurz umrissen, wenn auf den „Nürnberger Hexenhammer“ von Heinrich Kramer eingegangen wird, da dieser sich eng anlehnt an den Hexenhammer von 1487, der in dieser Arbeit analysiert wird. Auf den Nürnberger Hexenhammer wird Bezug genommen, da er sich als gute Möglichkeit darstellt, zu zeigen, wie der Hexenhammer von 1487 schon zu Lebzeiten des Inquisitors auf Widerstand gestoßen ist und wie überzeugt Heinrich Kramer von seinen Vorstellungen war, dass er gar ein zweites ähnliches Werk schrieb, mit dem Versuch, auch die stärksten Zweifler von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen.

Nach dieser Erläuterung soll zum Schluss der Arbeit der Einfluss des Buchdrucks auf die Rezeption des Malleus dargestellt werden.

2. Das Verfasserproblem

Zu Beginn dieses Kapitels stellt sich die Frage, warum ausgerechnet auf das Verfasserproblem des Malleus Maleficarum eingegangen wird. Scheint es doch auf den ersten Blick, dass dieser analytische Ansatzpunkt mit den in der Einleitung genannten Untersuchungsschwerpunkten kaum in einer Beziehung steht, so wird bei einer genaueren Betrachtung das Gegenteil deutlich. Während eine Beteiligung Heinrich Kramers an dem zugrunde liegenden Werk belegt ist, sind Zweifel an der Mitarbeit seines Ordensbruders Jakob Sprenger durchaus berechtigt. Beschäftigt man sich nun eingehend mit dem Problem der Autorenschaft in Bezug auf das Verhältnis zwischen Kramer und Sprenger, lassen sich zum einen erste Rückschlüsse auf Kramers Mentalität und Charakter ziehen, der auch noch an anderen Stellen von Bedeutung sein wird, und zum anderen auf den womöglich tatsächlichen Beitrag Sprengers am Malleus.

Von der Titulatur des Buches können an dieser Stelle keine Rückschlüsse auf die Autoren gezogen werden, da den frühen Ausgaben der Buchtitel fehlt, in der Nürnberger Ausgabe von 1494 war zwar der Drucker genannt, aber nicht die Namen der Autoren. Bei dem Drucker Koberger, der mit der 3. Auflage des Buches beauftragt war, ist von einem Autor die Rede, mit dem vermutlich Kramer gemeint ist, der zu diesem Zeitpunkt (1491) in Nürnberg verweilte, da er vom dortigen Rat wegen der Hexereiprobleme um Äußerung seiner Meinung gebeten wurde. Erst 1519 werden sowohl Kramer als auch Sprenger als gleichberechtigte Autoren in der Nürnberger Ausgabe des Verlegers Friedrich Peypus genannt. Beide waren zu diesem Zeitpunkt bereits tot. Von da handelte es sich bei den folgenden Ausgaben um ein stetiges Wechselbad, was die Autorenschaft betraf. „Die Frage, welcher Antheil jedem der Verfasser an dem gemeinsamen Werk zukommt, ist in der bisherigen Literatur bald zu Gunsten von Sprenger, bald zu Gunsten von Institoris entschieden worden.“[1] Wirft man allerdings einen Blick auf das Leben von Jakob Sprenger, stellt sich die Frage, warum er sich an diesem Werk hätte beteiligen sollen, zumal er mit keiner Hexeninquisition oder einem anderen Inquisitionsverfahren mit tödlichem Ausgang in Verbindung gebracht wird, obwohl er bereits 1481, also vor der Verfassung des Malleus, Inquisitor der Diözesen Mainz, Köln und Trier war.[2]

Dem gegenüber steht Heinrich Kramer, der die Ravensburger Hexenverfolgung leitete und von Papst Innozenz VIII „die berüchtigte Bulle Summis desiderantes affectibus erwirkte, in der die Notwendigkeit der Hexenverfolgung in Deutschland autorisiert, und er zum päpstlichen Beauftragten ernannt wurde.“[3] Zudem steht es außer Frage, an der Verfasserschaft Kramers zu zweifeln, da er sich selbst zu seiner Autorschaft bekannt hat, am eindrucksvollsten vermutlich während seiner Tätigkeit für den Nürnberger Rat 1491, wo er in seinem Protokoll mehrmals auf den Malleus verweist, und das Buch, das in diesem Zusammenhang entstand, frappierende Ähnlichkeit mit dem Malleus hat, sowohl inhaltlich als auch formal[4].

Während bei Kramer die Beseitigung des Hexenproblems im Vordergrund seiner Werke steht, stößt man in den Werken Jakob Sprengers auf einen anderen Sachverhalt, nämlich auf keinerlei Anzeichen für die Neigung zu Hexenverfolgungen[5]. Dieses Verhalten harmoniert folglich damit, dass Sprengers Name nie mit einer Hexeninquisition assoziiert wurde.

Wie also kam Sprenger zu der zweifelhaften Ehre, als Mitverfasser des Malleus in die Geschichte einzugehen? Für die Verbreitung des geschilderten Sachverhalts (dass auch Sprenger am Malleus beteiligt war) sorgte der „Catalogus illustrium virorum“ von Johannes Trithemius (1495), der auf das Verwirrspiel um den wahren Autor hereinfiel und Sprenger als den eigentlichen Verfasser des Malleus hinstellte[6]. Betrachtet man nun das Verhältnis zwischen den beiden Dominikanern vor und nach Erscheinen des Malleus, wird deutlich, dass Sprenger mehr oder weniger durch einen Racheakt Kramers Einzug in den Malleus gefunden hat. Nach dem Bruch des Dominikanerordens in Observanten (Sprenger) und Konventuale begann Sprenger gegen den „Wander-Inquisitor“ Institoris vorzugehen. Laut Behringer handelt es sich bei der literarischen Einspannung Sprengers in die Verfolgungskampagne gegen Hexen im Frühjahr 1487 (Diözese Brixen) bereits um eine Racheaktion Kramers, die zum endgültigen Bruch zwischen den beiden Inquisitores führte.[7] Gegen Ende des Jahres 1487 erhielt Sprenger nach seiner Wahl zum neuen Ordensprovinzial vom Ordensgeneral die Erlaubnis, gegen Kramer vorzugehen. Somit neuer „Vorgesetzter“ von Kramer, belegte er ihn wegen seines skandalösen Verhaltens in der Provinz Teutonia mit allerlei Strafen und Zensurmaßnahmen und untersagte allen nicht reformierten Konventen, Kramer aufzunehmen[8].

Es ist also eindeutig erkennbar, dass zwischen Sprenger und Kramer seit 1485 eine gespannte Atmosphäre vorherrschte. Entscheidend dabei ist, dass das Zerwürfnis zwischen den beiden bereits zwei Jahre vor Erscheinen des Malleus begann, also in der Zeit, in der sie an der Abfassung des Malleus hätten arbeiten müssen. Eine so enge Zusammenarbeit, wie sie die Abfassung eines Buches erfordert, ist somit nahezu ausgeschlossen. Daher kann angenommen werden, dass Kramer lediglich den guten Namen seines Ordensbruders benutzte, um seinem Werk die nötige Autorität zu verschaffen. Zwar fand er bereits bei der Kurie und insbesondere beim Papst Unterstützung (Verleihung der Bulle Summis desiderantes affectibus), doch auf Grund bedeutender Falsifizierungen (wie z.B. das gefälschte Gutachten der Universität zu Köln) suchte er sich auch von anderen Stellen her die nötige Durchsetzungskraft für sein Werk zu verschaffen. Durch den Fall Sprenger wird zudem deutlich, dass er vor bewussten Lügen und Falschdarstellungen nicht zurückschreckte, um seine Ziele zu erreichen.

3. Spezifische Eigenheiten des Malleus Maleficarum

Der Verfasser des Malleus betont zu Beginn seines Werkes in der Apologie, dass in seinem Werk kaum neue Einsichten bezüglich des Hexenproblems beschrieben würden, sondern es sich vielmehr um eine Zusammenstellung von Werken anderer Autoren handele[9]. Dennoch sind einige spezifische Eigenheiten im Malleus erkennbar, die ihn eindeutig von der vorangegangenen Ketzerliteratur unterscheiden. Orientiert habe ich mich für diesen Ansatzpunkt an der Analyse Joseph Hansen’s, der dem Hexenhammer folgende Eigenheiten zuschreibt:

1. Nicht die ketzerische Qualität der mutmaßlichen Verbrechen wird in den Vordergrund gestellt, sondern das Maleficium, die praktische Zauberei.
2. Das Hexentreiben wird grundsätzlich auf das weibliche Geschlecht zugespitzt.
3. Der Malleus sollte dazu beitragen, den Hexenprozess aus dem Kreis der Ketzerinquisition in den Kreis der weltlichen Jurisdiktion zu befördern.[10]

Da im vorangegangenen Kapitel bereits Einblicke in die Mentalität des Institoris gewährt wurden, wird an dieser Stelle nicht die Reihenfolge Hansen’s, die sich im Übrigen auch bei Nesner wieder findet[11], eingehalten, sondern es wird mit dem Angriff des Malleus auf das weibliche Geschlecht begonnen, um danach das Maleficium und den Wandel vom Ketzer-zum Hexenprozess besser erläutern zu können.

[...]


[1] Hansen, J.: Quellen und Untersuchungen. S. 404

[2] Behringer, W.: Henrich Kramers <<Hexenhammer>>: Text und Kontext. S. 87

[3] Behringer, W.: Hexen.Glaube,Verfolgung.Vermarktung. S.42

[4] Endres, R.: Heinrich Institoris, sein Hexenhammer und der Nürnberger Rat. In: Segl, P.: Der Hexenhammer. Entstehung und Umfeld des Malleus maleficarum von 1487. S. 215

[5] Behringer, W.: Heinrich Kramers <<Hexenhammer>>: Text und Kontext. In: Schmauder, A.: Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee. S. 95

[6] Segl, P.: Heinrich Instiroris. Persönlichkeit und literarisches Werk. In: Segl, P.: Der Hexenhammer. Entstehung und Umfeld des Malleus maleficarum von 1487. S. 117; Behringer, W.: Heinrich Kramers <<Hexenhammer>>: Text und Kontext. In: Schmauder, A.: Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee. S. 96

[7] Behringer, W.: Heinrich Kramers <<Hexenhammer>>: Text und Kontext. In: Schmauder, A.: Frühe Hexenverfolgung in Ravensburg und am Bodensee. S. 96

[8] Behringer, W.: a.a.O.

[9] Nesner, H.-J.: Hexenbulle und Hexenhammer (1487). In: Schwaiger, G.: Teufelsglaube und Hexenprozesse. S. 92

[10] Hansen, J.: Quellen und Untersuchungen. S. 360

[11] Vgl. Nesner S. 97 ff.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Auswirkungen des Malleus Maleficarum auf das Spätmittelalter
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
20
Katalognummer
V77805
ISBN (eBook)
9783638828659
ISBN (Buch)
9783638831857
Dateigröße
477 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Auswirkungen, Malleus, Maleficarum, Spätmittelalter, Heinrich Kramer, Heinrich Institoris, Jakob Sprenger, Hexe, Hexen, Hexenprozesse
Arbeit zitieren
Christian Berwanger (Autor:in), 2005, Die Auswirkungen des Malleus Maleficarum auf das Spätmittelalter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77805

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