Europarechtliche Vorgaben hinsichtlich der Altersdiskriminierung


Seminararbeit, 2007

35 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einführung

B. Entwicklung des Instituts des Schutzes vor Altersdiskriminierung im europäischen Recht
I. Die U.S.-amerikanische Antidiskriminierungsgesetzgebung
II. Einfluss auf einzelne europäische Staaten
III. Der Diskriminierungsschutz im europäischen Gemeinschaftsrecht
1. Erstes Auftreten des Schutzes älterer Menschen
2. Der Vertrag von Amsterdam
3. Charta der Grundrechte der EU
4. Die Richtlinie 2000/78/EG
a) Geltungsbereich
i) Räumlicher Geltungsbereich
ii) Persönlicher Geltungsbereich
iii) Sachlicher Geltungsbereich
iv) Ausnahmen
v) Fazit
b) Das Diskriminierungsverbot wegen des Alters
c) Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot
i) Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art 4 Abs. 1
ii) Rechtfertigungsgründe i.S.d. Art. 6
iii) Positive Maßnahmen gemäß Art. 7 Abs. 1
iv) Fazit
d) Rechtsfolgen
i) Die Sanktionen des Art. 17
ii) Die Beweislastregelung des Art. 10 Abs. 1
iii) Weitere Regelungen des Rechtsschutzes
iv) Fazit
e) Resümee
5. Fazit

C. Auswirkungen auf das deutsche Recht
I. Handlungs- und Anpassungsbedarf durch europäisches Recht
1. § 75 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz
2. § 27 Abs. 1 Sprecherausschussgesetz
3. § 14 Abs. 3 TzBfG
4. Das AltTZG
5. § 1 Abs. 3 KSchG, §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 2 KSchG
6. Sonstige Regelungen
II. Die Rechtsprechung des EuGH und ihre Konsequenzen
1. Der Hintergrund
2. Das Urteil des EuGH
3. Europarechtliche Tragweite
4. Konsequenzen für das deutsche Recht

D. Die Umsetzungsmaßnahmen des deutschen Gesetzgebers
I. Das AGG
II. Weitere Änderungen

E. Ausblick

Literaturverzeichnis:

Annuß , Georg: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz im Arbeitsrecht, BB 2006, 1629-1636

Baer , Susanne: Recht gegen Fremdenfeindlichkeit und andere Ausgrenzungen - Notwendigkeit und Grenzen eines Gesetzes gegen Diskriminierung, ZRP 2001, 500-504

dies.: „Ende der Privatautonomie“ oder grundrechtlich fundierte Rechtsetzung? – Die deutsche Debatte um das Antidiskriminierungsrecht, ZRP 2002, 290-294

Baltes , Paul B.: Gerontologie, Die ZEIT, Nr. 32/1984, abrufbar im Internet unter: http://www.baltes-paul.de/Baltes_Gerontol_84.pdf (zit.: Baltes, Gerontologie)

ders.: Der Generationenkrieg kann ohne mich stattfinden. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 110 (2004), S. 39, abrufbar im Internet unter: http://www.baltes-paul.de/Generationenkrieg.pdf (zit.: Baltes, Generationenkrieg)

ders.: Zukunft ist Alter, Vortrag gehalten am 24. April 2005 in Zürich, Schauspielhaus, abrufbar im Internet unter: http://www.baspo.admin.ch/internet/baspo/de/home/ausbildung00/ausbildung00c/ausbildungen00c1/zusammengefasster.Par.0001.DownloadFile.tmp/vortrag_baltes_240405.pdf (zit.: Baltes, Zukunft ist Alter)

Bauer , Jobst-Hubertus: Europäische Antidiskriminierungsrichtlinien und ihr Einfluss auf das deutsche Arbeitsrecht, NJW 2001, 2672-2677

ders.: Sachgrundlose Altersbefristung nach den „Hartz-Gesetzen“, NZA 2003, 30-32

ders. / Thüsing, Gregor / Schunder, Achim: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Antidiskriminierungsrichtlinien, NZA 2005, 32-36

ders.: Ein Stück aus dem Tollhaus: Altersbefristung und der EuGH, NZA 2005, 800-803

ders. / Arnold, Christian: Auf „Junk“ folgt „Mangold“ – Europarecht verdrängt deutsches Arbeitsrecht, NJW 2006, 6-12

ders. / Thüsing, Gregor / Schunder, Achim: Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – Alter Wein in neuen Schläuchen?, NZA 2006, 774-778

ders. / Evers, Malte: Schadensersatz und Entschädigung bei Diskriminierung – Ein Fass ohne Boden?, NZA 2006, 893-898

Diller , Martin / Krieger, Steffen / Arnold, Christian: Kündigungsschutzgesetz plus Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – Sind Arbeitnehmer in Zukunft doppelt vor Kündigungen geschützt?, NZA 2006, 887-892

ders.: BB-Forum: „AGG-Hopping“ – und was man dagegen tun kann!, BB 2006, 1968-1970

Fenske , Antje: Das Verbot der Altersdiskriminierung im U.S.-amerikanischen Arbeitsrecht, Münsterische Beiträge zur Rechtswissenschaft, Band 118, Berlin 1998 (zit.: Fenske, Altersdiskriminierung)

Grobys , Marcel: Die Beweislast im Anti-Diskriminierungsprozess, NZA 2006, 898-904

ders.: Organisationsmaßnahmen des Arbeitgebers nach dem neuen Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, NJW 2006, 2950-2953

Hahn , Oliver: Auswirkungen der europäischen Regelungen zur Altersdiskriminierung im deutschen Arbeitsrecht – Mit rechtsvergleichenden Hinweisen zum U.S.-amerikanischen Recht, Baden-Baden 2006 (zit.: Hahn, Altersdiskriminierung)

Löwisch , Manfred: Kündigen unter dem AGG, BB 2006, 2189-2191

Preis , Ulrich: Verbot der Altersdiskriminierung als Gemeinschaftsgrundrecht – Der Fall „Mangold“ und die Folgen, NZA 2006, 401-410

Richardi , Reinhard: Neues und Altes – Ein Ariadnefaden durch das Labyrinth des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes, NZA 2006, 881-887

Schiek , Dagmar: Gleichbehandlungsrichtlinie der EU – Umsetzung im deutschen Arbeitsrecht, NZA 2004, 873-884

Schmidt , Marlene / Senne, Daniela: Das gemeinschaftsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung und seine Bedeutung für das deutsche Arbeitsrecht, RdA 2002, 80-89

Schwab , Dieter: Schranken der Vertragsfreiheit durch die Antidiskriminierungsrichtlinien und ihre Umsetzung in Deutschland, DNotZ 2006, 649-678

Thüsing , Gregor: Die Entwicklung des US-amerikanischen Arbeitsrechts in den Jahren 1999 und 2000, NZA 2001, 939-946

ders.: Handlungsbedarf im Diskriminierungsrecht - Die Umsetzungserfordernisse auf Grund der Richtlinien 2000/78/EG und 2000/43/EG, NZA 2001, 1061-1064

ders. / Lambrich, Thomas: Das Fragerecht des Arbeitgebers – aktuelle Probleme zu einem klassischen Thema, BB 2002, 1146-1153

ders.: Europarechtlicher Gleichbehandlungsgrundsatz als Bindung des Arbeitgebers?, ZIP 2005, 2149-2151

Waas , Bernd: Die Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer als Herausforderung für den arbeitsrechtlichen Gesetzgeber, ZRP 2006, 118-121

Waltermann , Raimund: Verbot der Altersdiskriminierung – Richtlinie und Umsetzung, NZA 2005, 1265-1270

Wiedemann , Herbert / Thüsing, Gregor: Der Schutz älterer Arbeitnehmer durch die Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG, NZA 2002, 1234-1242

Willemsen , Heinz-Josef / Schweibert, Ulrike: Schutz der Beschäftigten im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz, NJW 2006, 2583-2592

Abkürzungsverzeichnis:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einführung

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die europarechtlichen Vorgaben bezüglich der Altersdiskriminierung darzustellen, sowie einen Ausblick auf deren Auswirkung auf das deutsche Arbeitsrecht bis heute[1] zu geben. Hierzu erhält der Leser einen Überblick über die Entwicklung des Instituts des Schutzes vor Altersdiskriminierung im europäischen Recht, sowie dessen maßgebliche Beeinflussung durch die U.S.-amerikanische Antidiskriminierungsgesetzgebung (B.). Dieser erste Schwerpunkt der Arbeit gliedert sich in die kurze Darstellung der U.S.-amerikanischen Antidiskriminierungsgesetzgebung (B.I.), der Verbote der Altersdiskriminierung in europäischen Staaten (B.II.), sowie beider Niederschlag auf das europäische Gemeinschaftsrecht (B.III.). Daran schließt sich die Darstellung der Auswirkungen dieser Verankerung des Schutzes vor Altersdiskriminierung in Europa auf das deutsche Recht an (C.). In diesem zweiten Schwerpunkt wird sowohl der entstandene Handlungsbedarf des deutschen Gesetzgebers durch europäisches Recht (C.I.), als auch durch die Rechtsprechung des EuGH (C.II.) beleuchtet. Die Arbeit schließt mit einer kurzen Vorstellung der durch den deutschen Gesetzgeber zur Umsetzung der europäischen Vorgaben getroffenen Maßnahmen, die ihren Höhepunkt mit dem Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006 gefunden haben (D.), sowie einem Ausblick auf die zu erwartenden Konsequenzen der dargestellten Entwicklungen auf die deutsche Rechtsprechung (E.).

Vorab soll aber noch ein geschwinder Blick auf den Begriff des „Alters“ selbst geworfen werden. So umfasst „Alter“ nach Baltes ein riesiges inhaltliches Spektrum und „Altern“ ist zugleich ein biologisch-körperliches,

psychisches, geistiges, soziales und gesellschaftliches Phänomen[2]. Hierbei ist für unseren Themenkreis insbesondere die Feststellung von Bedeutung, dass die Variabilität zwischen Alten viel zu groß für altersfixierte Standardlösungen ist[3]. Übertragen auf den Arbeitsmarkt bedeutet dies, dass es stets einer individuellen Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers[4] bedürfen wird um ein sachgerechtes Ergebnis zu erzielen. Dies ist auch Ziel des Verbotes der Altersdiskriminierung, es will diese individuelle Betrachtung erzwingen, indem es eine generelle Aburteilung von Personen, die bestimmte Altersgrenzen noch nicht bzw. bereits überschritten haben, bzgl. bestimmter Leistungsmerkmale unterbindet[5]. Das Unter- bzw. Überschreiten deutet bereits an, dass eine Benachteiligung nicht nur wegen des hohen Alters, sondern auch wegen des jugendlichen Alters möglich ist, wobei hier und in Folge unter „Alter“ das Lebensalter des Menschen zu verstehen ist[6].

B. Entwicklung des Instituts des Schutzes vor Altersdiskriminierung im europäischen Recht

I. Die U.S.-amerikanische Antidiskriminierungsgesetzgebung

In den Vereinigten Staaten von Amerika entstand in den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts eine umfangreiche Antidiskriminierungsgesetzgebung[7], die ihren Höhepunkt mit der Verabschiedung des „Title VII des Civil Rights Act“ im Jahre 1964 fand. Dieser enthielt jedoch noch kein Diskriminierungsverbot wegen des Merkmals Alter. Das Alter fand seine Aufnahme in den Kreis der Diskriminierungsmerkmale jedoch mit der Verabschiedung des „Age Discrimination in Employment Act“ (ADEA[8] ) im Dezember 1967, der daraufhin am 12.06.1968 in Kraft getreten ist. Ziel des ADEA ist es individuelle Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer zu garantieren, wozu der verbreiteten Vorstellung, dass ältere Arbeitnehmer generell über eine geringere Leistungsfähigkeit verfügen, eine Absage erteilt wird. Um dieses hehre Ziel zu erreichen enthält der ADEA umfangreiche Verbote bzgl. der Entscheidungsabhängigkeit vom Alter bei Begründung und Beendigung eines Arbeitsverhältnisses, aber auch für Maßnahmen und Auswahlentscheidungen während dessen Bestehens[9]. Der Anwendungsbereich des ADEA ist eröffnet, sobald von einem Arbeitgeber mehr als 20 Personen beschäftigt werden[10]. Nach der letzten Änderung, die 1986 die obere Altersgrenze von 65 Jahren (seit 1978 70 Jahren) abgeschafft hat, schützt der ADEA nun alle Arbeitnehmer ab 40 Jahren.

Der ADEA gewährt dem Arbeitgeber jedoch in bestimmten Fällen die Inanspruchnahme von Ausnahmen bzgl. des Gleichheitsgrundsatzes. In gebotener Kürze sind dies:

- Fälle in denen zur ordnungsgemäßen Erfüllung zwingende Anforderungen an das Alter gestellt sind[11].
- Fälle in denen vernünftige Gründe, die sich nicht auf das Alter selbst stützen, eine Differenzierung begründen[12].
- Auslandseinsätze in denen durch den ADEA gegen lokales Recht verstoßen würde[13].
- Senioritätsprogramme die redlicher Natur sind und nicht der Gesetzesumgehung dienen[14].
- Senioritätsprogramme für einen freiwilligen frühen Ruhestand[15].
- Maßregelungen aus guten Gründen[16].

Neben diesen gesetzlichen Ausnahmen kann der Arbeitnehmer gemäß § 626 (f) ADEA auch freiwillig und wissentlich[17] auf den Schutz des ADEA verzichten[18].

Die Konsequenzen eines Verstoßes gegen das Gleichberechtigungsgebot des ADEA lassen sich § 626 (b) ADEA entnehmen, der der Rechtsprechung vielfältige Möglichkeiten gewährt. So wird neben der Zuerkennung von Schadensersatz für den unmittelbar durch die Diskriminierung entstandenen Schaden[19] (mitunter auch in doppelter Höhe bei vorsätzlichem Handeln[20] ), auch eine Verurteilung zur Einstellung, Wiedereinstellung oder auch Beförderung des diskriminierten Arbeitnehmers[21] ermöglicht.

Dieser erste kurze Überblick über den ADEA lässt noch die Frage bezüglich der möglichen sanktionierten Diskriminierungsformen offen, zudem drängt sich angesichts der umfangreichen und teilweise doch recht offen bzw. interpretationsfähig formulierten Ausnahmen die Frage nach der Beweislast geradezu auf. Auf diese beiden Themenkreise soll jedoch aus praktischen Gründen und zu Vermeidung von Wiederholungen erst im Rahmen der Betrachtung der europäischen Gesetzgebung (B.III.) näher eingegangen werden.

II. Einfluss auf einzelne europäische Staaten

Maßgeblich durch den U.S.-amerikanischen ADEA inspiriert[22] befasste sich der Gesetzgeber in Irland bereits 1998 mit dem Thema Altersdiskriminierung. Diese Bestrebungen führten zu dem am 18.10.1999 in Kraft getretenen „Employment Equality Act, 1998“ (EEA[23] ), einer detaillierten Kodifikation der Gleichberechtigungsgrundsätze im Berufsleben. In Irland hat sich das Verbot der Altersdiskriminierung somit bereits in der Gesetzgebung niedergeschlagen, bevor sich der europäische Gesetzgeber zu einer solchen Regelung durchgerungen hatte.

Die irische Kodifikation verdient auch unter dem Gesichtspunkt besondere Beachtung, dass auch sie offensichtlich den europäischen Gesetzgeber beim Entwurf der eigenen Regelung inspiriert hat[24].

Daneben ist auch noch die Verankerung des Schutzes vor Benachteiligungen wegen des Alters in Finnland erwähnenswert[25]. Dessen Verfassung zählt in Art 6 I auch das Alter als verbotenes Diskriminierungsmerkmal auf.

Weitere Schutzvorschriften bzgl. des Alters bzw. Verbote der Altersdiskriminierung finden sich zum einen auf der Ebene von Verfassungsrecht[26], aber auch auf der Ebene einfachen Rechts. So findet sich neben einzelnen Regelungen im spanischen, belgischen und deutschen Arbeitsecht[27], im schwedischen Antidiskriminierungsgesetz noch eine weitere Kodifikation des Diskriminierungsschutzes[28].

III. Der Diskriminierungsschutz im europäischen Gemeinschaftsrecht

Nachdem nun bereits mit der Vorstellung der Grundstruktur des ADEA, sowie dem dargebotenen Überblick über die bisherige Berücksichtigung des Schutzes vor Altersdiskriminierung in den europäischen Rechtssystemen der Grundstein beleuchtet wurde, soll nun die weitere Entwicklung auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene dargestellt werden und den Blick auf die heutige Konstruktion des Schutzes vor Altersdiskriminierung im europäischen Recht eröffnen.

1. Erstes Auftreten des Schutzes älterer Menschen

Erstmalig tritt der Schutz älterer Menschen im Jahre 1989 auf der Ebene des europäischen Rechts auf, als er Eingang in die Nr. 23 und 24 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte findet. Allerdings ist der hierdurch gewährleistete Schutz noch von begrenztem Umfang, da er doch lediglich einen angemessenen Lebensstandard, sowie hilfsweise Fürsorge im Rentenalter verspricht[29]. Dennoch lässt dieses erste Inerscheinungtreten bereits die weitere Entwicklung des jungen Verbots der Altersdiskriminierung anklingen.

2. Der Vertrag von Amsterdam

Erst acht Jahre später wendet sich der europäische Gesetzgeber ausdrücklich gegen eine Benachteiligung wegen des Alters, indem er das Merkmal Alter, durch den Amsterdamer Vertrag vom 02.10.1997[30], Eingang in den Art. 13 des EG-Vertrages[31] finden lässt. Art. 13 EG[32] erlaubte es dem Rat nun im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten einstimmig geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen wegen des Alters (und weiterer Merkmale) zu bekämpfen. Aufgrund des Erfordernisses der Einstimmigkeit wurde der Bestimmung jedoch zunächst keine größere Bedeutung für die Praxis zuerkannt, im weiteren Verlauf sollte sich dies jedoch als Irrtum erweisen, da schon im Oktober 1999 zwei Richtlinien[33] auf Basis des Art. 13 EG vom Rat angenommen wurden[34].

3. Charta der Grundrechte der EU

Auch in Art. 21 der am 07.12.2000 vom Europäischen Rat feierlich in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Europäischen Union[35] fand das Verbot der Diskriminierung wegen des Merkmals Alter Eingang[36].

4. Die Richtlinie 2000/78/EG

Den entscheidenden Schritt zum Schutze vor Altersdiskriminierung in der Europäischen Gemeinschaft stellt jedoch die Richtlinie 2000/78/EG[37] vom 27.11.2000 dar. Aus diesem Grunde soll sie nun Objekt einer eingehenderen Betrachtung sein[38].

a) Geltungsbereich
i) Räumlicher Geltungsbereich

Nach einem entsprechenden Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses findet die Richtlinie auch auf die nicht der EU angehörenden Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraums Anwendung, somit werden zusätzlich auch Island, Lichtenstein und Norwegen erfasst[39].

ii) Persönlicher Geltungsbereich

Wie sich dem Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG[40] entnehmen lässt gilt sie für alle Personen und zwar sowohl im privaten, als auch im öffentlichen Bereich. Durch den weit reichenden Begriff der „Person“ werden durch die Richtlinie nicht nur Arbeitnehmer aus beiden Bereichen, sondern zudem auch öffentlich-rechtliche Dienstverhältnisse, mithin Beamte, Richter und Soldaten erfasst.[41]

iii) Sachlicher Geltungsbereich

Wie bereits der Name der Richtlinie anklingen lässt beschränkt sich der sachliche Geltungsbereich auf Beschäftigung und Beruf[42]. Eine genaue Definition hierzu erfolgt in den Art. 3 Abs. 1 lit. a-d:

- So werden die Bedingungen für den Zugang zu unselbständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit[43] erfasst. Hierbei werden auch Einstellungsbedingungen und Auswahlkriterien inkludiert, zudem kommt es nicht auf das Tätigkeitsfeld oder die berufliche Position an[44]. Der berufliche Aufstieg wird ebenfalls erfasst. Wichtiges Merkmal für die Qualifizierung einer Tätigkeit als Erwerbstätigkeit ist der Erhalt einer Gegenleistung durch den Erwerbstätigen, wodurch reine Dienstverpflichtungen aus dem Geltungsbereich ausscheiden.
- Es muss der Zugang zu der Berufsberatung in allen Formen und auf allen Ebenen, sowie zu Berufsausbildung, beruflicher Weiterbildung und Umschulung, einschließlich der praktischen Berufserfahrung, gewährleistet werden[45].
- Erfasst werden auch die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen, sowie dem Arbeitsentgelt[46]. Der hier verwendete Begriff „Arbeitsbedingungen“ erfasst aufgrund seiner Weite nicht nur die im Arbeitsvertrag enthaltenen bzw. vom Arbeitgeber angewendeten Bedingungen, sondern auch alle sonstigen Leistungen die mit dem Arbeitsverhältnis in engem Zusammenhang stehen[47].

[...]


[1] Die Arbeit umfasst die Entwicklungen in Gesetzgebung und Rechtsprechung bis zum November 2006.

[2] Baltes, Zukunft ist Alter, S. 1.

[3] Baltes, Zukunft ist Alter, S. 4; vgl. Baltes, Gerontologie, S. 4; Baltes, Generationenkrieg; vgl. Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234 (1234), für die „Alter“ ein relativer Begriff ist.

[4] Dies gilt selbstverständlich auch für Arbeitnehmerinnen, in der Folge wird jedoch aus Praktikabilitätsgründen zumeist die maskuline Form verwand.

[5] Vgl. Waas, ZRP 2006, 118 (118),dazu, dass die körperliche Leistungsfähigkeit in unserer Gesellschaft an Bedeutung verliert.

[6] Vgl. Schwab, DNotZ 2006, 649 (655); Waas, ZRP 2006, 118 (119).

[7] Vgl. zu diesem Themenkomplex m.w.N. Hahn, Altersdiskriminierung, S. 66.

[8] 29 U.S.C. §§ 621 – 634; im Internet abrufbar unter: http://www.eeoc.gov/policy/adea.html.

[9] Einen umfassenden Katalog von verbotenen Verhaltensweisen enthält § 623 ADEA; siehe auch Hahn, Altersdiskriminierung, S. 67; eine ausführliche Darstellung findet sich bei Fenske, Altersdiskriminierung, S. 50 ff.

[10] Vgl. hierzu die Definition des Begriffes „employer“ in § 630 (b) S. 1 ADEA der in Kombination mit der Mindestanzahl auch eine Mindestbeschäftigungsdauer der Arbeitnehmer aufstellt.

[11] § 623 (f) (1) Alt. 1 ADEA: “age is a bona fide occupational qualification”.

[12] § 623 (f) (1) Alt. 2 ADEA: „reasonable factors other than age“.

[13] § 623 (f) (1) Alt. 3 ADEA: „violate the laws of the country in which such workplace is located”.

[14] § 623 (f) (2) (A) ADEA: „bona fide seniority system”; besondere Anforderungen an die Beitragsstruktur solcher Versicherungen stellt § 623 (f) (2) (A) (i) ADEA.

[15] § 623 (f) (2) (A) (ii) ADEA: “voluntary early retirement incentive plan”.

[16] § 623 (f) (3) ADEA: „discipline an individual for good cause“.

[17] § 626 (f) (1): „unless the waiver is knowing and voluntary”.

[18] Vgl. Hahn, Altersdiskriminierung, S. 69, der darauf hinweist, dass dies im Regelfall gegen Zahlung einer Abfindung geschieht.

[19] § 626 (b) S. 3, Hs. 1 ADEA: „result of a violation”.

[20] § 626 (b) S. 3, Hs. 2 ADEA: „liquidated damages shall be payable only in cases of willful violations“.

[21] § 626 (b) S. 4 ADEA: „including without limitation judgments compelling employment, reinstatement or promotion“.

[22] Vgl. Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234 (1236).

[23] Der Gesetzestext kann unter: http://www.bailii.org/ie/legis/num_act/1998/zza21y1998.1.html im Internet abgerufen werden.

[24] Vgl. Schmidt/Senne, RdA 2002, 80 (81), die darauf hinweisen, dass die Rechtfertigungsgründe aus § 34 Abs. 3-7 EEA, 1998 denen der europäischen Richtlinie 2000/78/EG ähneln.

[25] Vgl. Hahn, Altersdiskriminierung, S. 53, der Finnland als vorbildlich bezeichnet.; Preis, NZA 2006, 401 (406).

[26] Vgl Hahn, Altersdiskriminierung, S. 53, der Art. 8 II der Bundesverfassung der schweizerischen Eidgenossenschaft nennt.; Preis, NZA 2006, 401 (406), der auf einen entsprechenden Ansatz in Art. 59 der portugiesischen Verfassung hinweist.

[27] Vgl hierzu zum Teil m.w.N. Hahn, Altersdiskriminierung, S. 53; Schmidt/Senne, RdA 2002, 80 (81).

[28] Vgl. Thüsing, NZA 2001, 939 (943).

[29] Vgl. Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234 (1234).

[30] In Kraft getreten am 01.05.1999.

[31] Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft.

[32] Durch den Vertrag von Amsterdam wurden der EU-Vertrag und der EG-Vertrag umnummeriert, die Bezeichnung folgt der Zitierweise des EuGH gem. Pressemitteilung des Gerichtshofs Nr. 57/99 vom 30.07.1999.

[33] Neben der noch eingehend zu behandelnden Richtlinie 2000/78/EG handelt es sich dabei um die Richtlinie 2000/43/EG, ABl. 2000, L 180/22.

[34] Vgl. Schmidt/Senne, RdA 2002, 80 (81), die auch die gelegentliche Vermutung eines Zusammenhangs zwischen der schnellen Konsensfindung und dem Wahlerfolg der österreichischen FPÖ im Oktober 1999 erwähnen.

[35] Charta der Grundrechte der Europäischen Union vom 07.12.2000, ABl. EG 2000, C 364/1.

[36] Vgl. Wiedemann/Thüsing, NZA 2002, 1234 (1234); Schmidt/Senne, RdA 2002, 80 (81); Preis, NZA 2006, 401 (407), der darauf hinweist, dass die Charta vom Europäischen Rat „begrüßt“, aber nicht formell verabschiedet wurde.

[37] Richtlinie 2000/78/EG des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. 2000, L 303/18; hierzu auch Bauer, NJW 2001, 2672; Thüsing, NZA 2001, 1061 (1061).

[38] Gegenstand dieser Arbeit ist der Themenkomplex Altersdiskriminierung, daher werden im Folgenden nur die diesbezüglich relevanten allgemeinen und speziellen Regelungen der Richtlinie behandelt.

[39] Siehe KOM (1999) 565 endgültig, S. 16.

[40] Im Abschnitt B.III.4. sind Artikel ohne Gesetzeskennzeichnung im Folgenden solche der Richtlinie 2000/78/EG, ABl. 2000, L 303/18.

[41] Vgl. Thüsing, NZA 2001, 1061 (1064).

[42] Vgl. Waltermann, NZA 2005, 1265 (1266).

[43] Art. 3 Abs. 1 lit. a der Richtlinie 2000/78/EG.

[44] Vgl. Waltermann, NZA 2005, 1265 (1268).

[45] Art. 3 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2000/78/EG.

[46] Art. 3 Abs. 1 lit. c der Richtlinie 2000/78/EG.

[47] Vgl. m.w.N. Schmidt/Senne, RdA 2002, 80 (82).

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Details

Titel
Europarechtliche Vorgaben hinsichtlich der Altersdiskriminierung
Hochschule
FernUniversität Hagen
Veranstaltung
Bachelorseminar – Aktuelle Entwicklungen im Europäischen Arbeitsrecht
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
35
Katalognummer
V77497
ISBN (eBook)
9783638872263
ISBN (Buch)
9783638872287
Dateigröße
531 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Europarechtliche, Vorgaben, Altersdiskriminierung, Bachelorseminar, Aktuelle, Entwicklungen, Europäischen, Arbeitsrecht
Arbeit zitieren
Michael P. Wurst, LL.B. (Autor:in), 2007, Europarechtliche Vorgaben hinsichtlich der Altersdiskriminierung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77497

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