Wirklichkeit und Seheindruck

Vergleich dreier Werke von Claude Monet und Paul Cézanne


Hausarbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung

2.0 Paul Cézanne, „Weg in Pontoise“

3.0 Paul Cézanne, „Der rote Felsen“

4.0 Vergleichende Diskussion der beiden Bilder Cézannes

5.0 Claude Monet, „Pfad durch die Mohnblumen, Ile Saint- Martin“

6.0 Vergleichende Diskussion der drei Bilder
6.1 Das Verhältnis zur Natur

7.0 Literaturverzeichnis

1.0 Einleitung

Dieser Arbeit liegen zwei Werke Paul Cézannes und eines von Claude Monet zum Vergleich vor. Es handelt sich um „Weg in Pointoise“ und „Der rote Felsen“ von Cézanne und „Pfad durch die Mohnblumen, Ile Saint- Martin“ von Monet. Während Monet unbestritten der impressionistischen Gruppe der zeitgenössischen Maler angehörte, ist diese Zugehörigkeit bei Cézanne nicht klar. Mich interessiert in erster Linie, worin die Unterschiede in der Malweise und Komposition der drei Gemälde liegen, wobei ich insbesondere herausstellen werde, inwiefern Wirklichkeit und Seheindruck eine Rolle für die Maler spielt und wie sie mit diesen beiden Komponenten umgehen.

Ich werde mit der Besprechung des Gemäldes aus dem Frühwerk Cézannes beginnen, anschließend das Bild aus der späten Periode ansprechen und die beiden vergleichend diskutieren. Darauf folgend werde ich Monets Werk miteinbeziehen und in Bezug zu den erarbeiteten Aspekten von Cézannes Arbeit setzen.

2.0 Paul Cézanne, „Weg in Pontoise“

1875-77, Öl auf Leinwand, 58 x 71 cm

Moskau, Puschkin- Museum für bildende Künste

In diesem früheren Werk Cézannes ist ein Blick auf eine Ortschaft zu sehen. Im Vordergrund führt eine Straße den Betrachter ins Bild ein und leitet den Blick von vorn links nach rechts an einem breiten Grünstreifen vorbei. Die Straße beschreibt eine leichte Rechtskurve. Ihr Verlauf ist auf der rechten Bildhälfte nicht mehr zu erkennen, da zwischen Grün und Straße mehrere Bäume stehen, die die Sicht auf den Straßenverlauf verdecken und das Bild vertikal strukturieren. Zu ihrer linken Seite ist die Straße von einer Mauer gesäumt. Sie scheint einen Hang abzustützen, an dessen Flanke Häuser dargestellt sind. Sie stehen höher als der Betrachterstandpunkt und drängen sich dicht an den Hang. Links von ihnen ist wiederum eine Baumgruppe mit dichtem Buschwerk zu sehen. Der Himmel ist bewegt gemalt und mit dichten Wolken überzogen.

Die Farbigkeit variiert in verschiedenen Grüntönen, die von sattem Grasgrün im Vordergrund zu dunklem stumpfen Moosgrün in der Darstellung des Buschwerks reichen. Der Weg bildet einen hell sandgelb leuchtenden Streifen, dessen Farbigkeit sich besonders in dem am weitesten links stehenden Haus wiederholt. Auch der Himmel weist außer Grau, Weiß und Grün sandfarbenen Flecken auf, besonders in der linken oberen Bildecke. Er ist bewölkt und taucht die Szenerie in ein mattes Licht. Insgesamt ist die Farbigkeit des Bildes ohne Komplementärkontraste eher verhalten.

Die Wiese im Vordergrund ist ein flächig gemalter Farbstreifen in Grasgrün. Es sind nur wenig andere Farbtöne zu erkennen; es gibt keine Schatten. Am rechten unteren Bildrand setzt sich ein brauner, mit grünen verwischten Flecken durchsetzter Streifen von dem darüber liegenden Grün ab und vermittelt durch seine Dreiecksform den Eindruck eines Hanges, auf dessen Kuppe sich die Wiese befindet. Die angrenzende Straße ist mit keiner Konturlinie von der Wiese abgegrenzt. Hier stoßen große Farbflächen aneinander und unscharfe Grenzlinien lösen den starren Flächeneindruck auf. Die untere linke Ecke erweckt durch die kleine Erweiterung der gelben Farbfläche nach rechts den Eindruck, die Straße beschreibe eine Kurve, was dem Bild ein weiteres dynamisches Moment verleiht. Die Mauer, die sich neben der Straße erhebt, ist etwas dunkler als die Straße. Die verschiedenen Farben sind verwischt nebeneinander gesetzt; die Krone der Mauer ist dunkler als der Rest. Am Hang oberhalb der Mauer befindet sich eine Häusergruppe aus fünf Gebäuden und eine parallelogrammförmige Fläche, vermutlich ein Acker. Diese geometrische Form wiederholt sich in der Form der Dächer. Deren Farbigkeit reicht von orange bis dunkelgrau, auf dem sich an dem untersten Gebäude das Grün der Bäume fortsetzt. Die Farbe ist pastos aufgetragen. In dicken, cremigen, vielfarbigen Farbschichten wird ihre besondere Stofflichkeit hervorgehoben und in Kontrast zu den sie einschließenden Bäumen gesetzt.

Die Bäume, die am Straßenrand stehen, reichen bis ins obere Bildviertel, wobei am linken Bildrand und im rechten Bilddrittel die Kronen höherer Bäume vom oberen Bildrand abgeschnitten werden. Durch die zwei hohen Baumgruppen gewinnt das Bild sein Gleichgewicht, was durch die dunkleren Flächen an der linken Baumgruppe unten und an der rechten oben noch verstärkt wird.

Die linke Baumgruppe schließt das Bild links ab. Die gerade vertikale Struktur wird durch den mittleren, s-förmig wachsenden Baum aufgelockert. Dieser Baum verweist auf die andere Baumgruppe und fügt die Gebäude durch seinen Wuchs in ihre Nische zwischen dem Grün ein.

Die rechte Baumgruppe ist ein gewaltiger Komplex aus grünen Farbtönen, die fleckenartig neben- und übereinander gesetzt sind. Einzelne Sträucher und Baumkronen sind, bis auf die höheren Bäume am Rand der Straße, nicht zu unterscheiden. Beim Pinselstrich dominiert die vertikale Richtung, von der sich zwei Stämme abheben, die zum einen dunkler und zum anderen in diagonalen Strichen gemalt sind.

Es lässt sich ein unterschiedlicher Abstraktionsgrad in der Malweise des Blattwerks erkennen. Betrachtet man die Baumkrone des einzeln stehenden Baumes rechts der Häuser und die Darstellung des Gebüschs der linken Baumgruppe ist eine angenähert realistische Malweise zu erkennen. Hier sind die einzelnen Teile des Geästs noch tupfenartig aufgesetzt, in Anlehnung an luftiges, flockig erscheinendes Blattwerk. Aber am rechten Bildrand dominiert ein fleckenartiger Duktus, der den Seheindruck des Blattwerks in Einzelelemente zerlegt. Diese sind unterschiedlich farbig und funktionieren zusammen genommen als Gesamteindruck, der durch die Vorstellungskraft des Betrachters zu Gezweig wird. Hier lässt sich die Entwicklung hin zur konstruktivistischen Periode erkennen. Cézanne beginnt, seinen Seheindruck in die Farbflecken, die „Taches“ zu zerlegen. Er beginnt, seine Objekte nicht mehr optisch und gegenständlich festzulegen, sondern erzeugt Plastizität, indem er sie farblich ausarbeitet und differenziert. Er lässt es zu diesem Zeitpunkt noch zu, dass ein Wiedererkennungsprozess des Gegenständlichen stattfindet, was er durch Konturlinien und einen schwachen Abstraktionsgrad erreicht.

Die Komposition ist klar gegliedert. Raumillusion wird durch drei klar voneinander getrennte horizontale Bereiche erzeugt, die fast graphisch die Struktur des Bildes festlegen. Die vertikal gesetzten Baumstämme und die entgegen gesetzten horizontalen Bildbereiche korrespondieren mit dem gliedernden Element der Häuser, deren architektonische Geometrie die Bildstruktur stützen und unterstreichen.

Es lässt sich bereits eine Entfremdung von den farblichen Differenzierungen der klassischen Raumillusion erkennen. Die Lichtsituation verändert sich in die Tiefe nicht; dort werden dieselben Farbtöne verwendet wie im Vordergrund.

3.0 Paul Cézanne, „Der rote Felsen“

um 1900, Öl auf Leinwand, 92x 68 cm

Paris, Musée de l’Orangerie

Cézannes Arbeit mit dem Seheindruck besteht in der Dekonstruktion des Eindrucks in Segmente. Diese setzt er dann wieder in einzelne Elemente, die „Taches“ um und setzt sie zu einem Gesamtwerk zusammen.- er rekomponiert seinen Seheindruck zu etwas Neuem. Besonders an den beiden bearbeiteten Beispielen lässt sich erklären, wie er in seinem Spätwerk im Gegensatz zum Frühwerk Wirklichkeit auffasst und sie in seine eigene malerische Bildsprache umsetzt.

Auf dem Gemälde Cézannes ist ein Waldstück in relativer Nähe zum Betrachterstandpunkt zu sehen, jedenfalls füllt es die Bildfläche beinahe vollständig aus. Am rechten oberen Bildrand ist eine große orangerote Fläche zu sehen, die sich beinahe trapezförmig in den Bildgrund hineinschiebt. Auf eine lange Distanz sich verjüngend, endet sie am unteren Drittel des rechten Bildrandes. Diese rote Fläche ist der Felsen, der dem Bild seinen Namen gibt.

Der Betrachterstandpunkt ist erhaben. Er befindet sich beinahe direkt vor dem Felsen und auf einem Weg, der sich in roten und orangen Farbtönen in den Wald hinein erstreckt. Dieser Weg scheint eine Rechtskurve zu beschreiben, die jedoch nur leicht angedeutet ist. Zu den Seiten des Weges und dahinter erhebt sich ein dichtes Dickicht von Bäumen und Sträuchern. Es scheint kein Durchkommen zu geben; nur der Weg gibt dem Betrachter die Möglichkeit, sich dem Wald anzunähern und ihn optisch zu durchdringen. Der Wald selbst besteht sowohl aus verschiedenen Grüntönen als auch aus unterschiedlich nuanciertem Gelb und Rot. Diese Farben sind mit größeren schwarzen Farbflecken durchmischt, die den Eindruck von Schatten und Löchern im Gezweig erwecken. Es lassen sich drei einzelne Bäume durch ihre andeutungsweise formulierten Stämme und Äste von dem übrigen Buschwerk unterscheiden.

[...]

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Wirklichkeit und Seheindruck
Untertitel
Vergleich dreier Werke von Claude Monet und Paul Cézanne
Hochschule
Universität Siegen
Veranstaltung
Paul Cézanne
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V77386
ISBN (eBook)
9783638819350
ISBN (Buch)
9783638820141
Dateigröße
486 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirklichkeit, Seheindruck, Paul, Cézanne
Arbeit zitieren
Susanne Decker (Autor:in), 2006, Wirklichkeit und Seheindruck, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77386

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