Was genau ist ein Erlebnis? Antworten der Emotionspsychologie für Erlebnismanager


Studienarbeit, 2007

35 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

I Einleitung

II Erlebnisse und Emotionspsychologie im Erlebnismanagement
1. Erlebnisdefinition
2. Erlebnisökonomie
3. Erlebnistheorie
4. Erlebnis-Setting
4.1 Wahrnehmung und Atmosphäre
4.2 Inszenierung

III Schluss
1. Zusammenfassung und Folgerungen
2. Ausblick – Süchtig nach Vergnügen

IV Quellenverzeichnis

I Einleitung

In unserer Gesellschaft ist seit Anbeginn der Menschheit ein interessantes Phänomen zu beobachten. Sobald zwei oder mehr Menschen zusammenfinden, tauschen sie Erfahrungen aus. So werden bei zwanglosen Unterhaltungen zum Beispiel im Freundes- oder Kollegenkreis oftmals die Geschehnisse der jüngeren Vergangenheit besprochen.

Erst kürzlich unterhielt sich der Verfasser mit einer befreundeten Studentin, die einem Shakira-Konzert beiwohnte. Sie war begeistert und sprach von einem überwältigenden Erlebnis.

Ein Mitbewohner indes erzählte einmal von seinen frühmorgendlichen Angelerlebnissen und bezeichnete das als etwas, was man unbedingt einmal erleben müsse.

Wieder ein anderer Bekannter schwärmte von der Fahrt im neuen BMW.

Obwohl alle diese Gesprächsthemen sehr unterschiedlich sind und komplett verschiedene Dinge behandeln, haben sie doch eines gemeinsam. Immer wieder taucht ein Begriff auf: Erlebnis. Jede der Personen sprach von einem Erlebnis.

Doch was genau ist ein Erlebnis? Wie kann man es beschreiben? Wie lässt sich Erlebnis definieren?

Genau diese Fragen soll die folgende Arbeit klären.

Doch nicht nur in privaten Gesprächen fällt der Begriff Erlebnis. In unserer heutigen vergnügungs- und informationssüchtigen Gesellschaft wird jedes Produkt zum Erlebnis hochstilisiert. Die Marketingindustrie überschwemmt die Verbraucher regelrecht mit einem Dauer-Tsunami von Erlebnissen. Wer keines hat, lebt ein langweiliges und banales Leben.

Täglich hört man von gewissen Getränkeherstellern, die einem das Erfrischungserlebnis überhaupt versprechen. In anderen Werbespots werden zum Beispiel eine einfache Bartrasur zum Rasurerlebnis oder simples Einkaufen zum Einkaufserlebnis in den Zwickau Arkaden.

Doch nirgendwo ist die Werbung reicher an Erlebnisversprechungen als in der Unterhaltungs- und Tourismusbranche. Hotels, Ferienanlagen, Themenparks, Badelandschaften und natürlich auch Kreuzfahrtschiffe haben den Selbstanspruch „Erlebniswelten“ zu sein. Dem liegt der Gedanke zu Grunde, dass wirtschaftlicher Erfolg sich vor allem auf loyale Kunden, so genannten „Repeaters“ stützt. Eine langfristige Beziehung zwischen Anbietern und Verbrauchern kann jedoch in Zeiten des Überangebotes nur geschafft werden, wenn den Kunden etwas Besonderes geboten wird, wenn zusätzlich zu dem verkauften Kernprodukt das Gefühl einer außergewöhnlichen und positiven Erfahrung vermittelt werden kann.

Diese erlebte Erfahrung ist demzufolge ein wesentlicher Faktor für den Erfolg eines Unternehmens und entsprechend muss es das Ziel von Managern sein, das Erlebnis zu ihren Gunsten zu beeinflussen. Folglich stellt sich die Frage, in wie weit die Psychologie, in diesem Fall die Emotionspsychologie, Erlebnismanagern helfen kann, damit die tatsächlich erlebten Geschehnisse einen nachhaltigen und positiven Eindruck hinterlassen und somit zu einem Erlebnis werden.

Deshalb untersucht diese Arbeit unter Hilfe von Literaturrecherche das Erlebnis aus emotionspsychologischer Sicht und sucht im weiteren Verlauf entsprechende Antworten für Erlebnismanager bezüglich der ‚richtigen’ Erlebnisgestaltung. Entsprechend des Studienganges Cruise Industry Management liegt der Fokus der Untersuchung vorwiegend im Bereich des Tourismus.

II Erlebnisse und Emotionspsychologie im Erlebnismanagement

1. Erlebnisdefinition

Für die Definition des Begriffes „Erlebnis“ gibt es keinen allgemein gültigen Standard. Vor allem muss man unterscheiden nach dem jeweiligem Umfeld, in dem „Erlebnis“ definiert werden soll.

Allgemein wird das Erlebnis definiert als Ereignis im Leben eines Menschen, das sich vom Alltag des Erlebenden so sehr differenziert, dass es ihm lange in Erinnerung bleibt. Erlebnisse können jedoch in verschiedene Gruppen aufgeteilt werden. So gibt es zum Beispiel aufregende Erlebnisse, unter anderem Reisen oder Abenteuer, befriedigende Erlebnisse, zum Beispiel Sex oder eine angenehme Feier, und traumatisierende Erlebnisse, wenn man beispielsweise Opfer eines Verbrechens wurde. (vgl. Leon Tsvasman 2006, S. 99)

Wie aus den verschiedenen Erlebnisschilderungen in der Einleitung ersichtlich, gibt es nicht nur unterschiedliche Arten von Erlebnissen, sondern ein Erlebnis ist eine absolut subjektive Erfahrung. Aus der Interessendifferenz der beiden Personen wage ich zu behaupten, dass für die Person welche von dem Shakira-Konzert schwärmte, ein nächtlicher Angelausflug hochgradig langweilig und uninteressant erscheinen würde, also nicht als Erlebnis empfunden werden würde. Ebenso ist für einen Cuxhavener Fischer, der jeden Morgen zum Fischen aufs Meer raus fährt, seine alltägliche Arbeit kein Erlebnis, wohingegen es für besagte Person aus Bayern mit Angel- beziehungsweise Fischfangpassion als etwas Besonderes empfunden werden würde.

Weiterhin mag das erwähnte Shakira-Konzert von der Besucherin als besonderes Erlebnis verbucht werden. Die begleitenden Personen der Musikerin, zum Beispiel die Tourbusfahrer, werden es jedoch mit Sicherheit sehr gegensätzlich beurteilen, da es für sie Alltag ist.

Nach Tsvasman nehmen wir auch nur an Ereignissen aktiv teil, wenn wir sie erleben. Also kann ein bewusstes Erlebnis nur dann zu Stande kommen, wenn ein Ereignis unsere individuelle Aufmerksamkeit und eine Gedächtnisleistung erfordert, wenn wir uns über das Ereignis Gedanken machen und dabei etwas empfinden, wenn wir geistig interagieren. (vgl. Leon Tsvasman 2006, S. 99)

Doch was genau heißt es zu erleben? Wie wird aus einem Ereignis ein Erlebnis?

Erleben ist „das Innewerden von Körperzuständen und der Umwelt im Bereich des Empfindens und Bewusstseins. Das Erleben umfasst […] die Aktualisierung von Erlebnisinhalten und verschiedene auf das Ich bzw. Selbst bezogene Gliederungen dieses Erlebens (persönliche Konstruktionen, Ordnungsversuche und Interpretationen, Befindlichkeit und Umwelterleben).“ (http://www.medpsych.uni-freiburg.de/OL/glossar/body_erleben.html)

Das heißt, dass unsere Wahrnehmungen und Empfindungen erst durch individuelle Reflexion zu bleibenden Erfahrungen werden.

Aus diesem Grund kann man als Manager nicht einfach ein Erlebnis schaffen. Es muss inszeniert werden. Und ein Erlebnis zu inszenieren „heißt im Kern, eine Atmosphäre zu schaffen, in der Erlebnisse begünstigt werden.“ (Prof. Dr. H. Müller 2006, htr-Kolumne ‚Standpunkt’)

In der Emotionspsychologie, die eine bedeutende Rolle bei der Beantwortung der Frage nach der optimalen Inszenierung eines Ereignisses spielt, wird das „Erlebnis“ vor allem aus der Sicht des Individuums betrachtet. Deshalb wird es auch ausschließlich als „Teil oder Komponente einer Emotion“ (Roland Scheurer 2003, S. 14) verstanden.

Dementsprechend muss bei der Betrachtung des Erlebnisses innerhalb des Erlebnismanagements die Komponente des Gefühls stärker in den Vordergrund gerückt werden. Eine entsprechende Definition für den Erlebnisbegriff gibt Scheurer folgendermaßen: „Erlebnisse sind bewusst oder unbewusst wahrgenommene, subjektbestimmte, unwillkürliche innere Gefühle, welche erst durch Reflexion und Verarbeitung zu Erfahrungen werden.“ (Roland Scheurer 2003, S. 14)

Die Erfahrung, die für die Zielperson das endgültige Resultat dieses Prozesses darstellt, ist der wirtschaftlich bedeutende Faktor. Sie ist es, die von Unternehmen verkauft werden will und die einen Kunden zum Wiederholungskunden transformiert, insofern sie positiv ist.

Um jedoch die Bildung einer bleibenden Erfahrung zu erreichen, ist die emotionale Verarbeitung der empfunden Gefühle, der Erlebnisse, notwendig. Sie sind es, die von der Erlebnisinszenierung beeinflusst werden können und über den Wert der Erfahrung entscheiden. Die Schwierigkeit bei der Beeinflussung von Gefühlen besteht jedoch darin, dass sie „nur dem Individuum zugängliche, ‚innere’ Ereignisse sind“ (Roland Scheurer 2003, S. 90, zitiert nach Schmidt-Atzert 1996, S. 86) und dementsprechend schwierig zu erkennen beziehungsweise zu beeinflussen sind. Dies kann nur ermöglicht werden indem Anbieter möglichst günstige äußere Rahmenbedingungen zu schaffen suchen um positive Erlebnisse zu ermöglichen.

Die vielfältigen Formen von Erlebnissen lassen sich aus emotionspsychologischer Sicht in 2 Dimensionen abbilden: Valenz und Erregung. (vgl. Roland Scheurer 2003, S. 15/92/93). Dabei stellen Lust und Erregung die positiven Extreme von Erlebnissen dar, Unlust und Nichterregung/Ruhe dagegen die negativen Extreme (Abb. 1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassend ist nun bekannt, dass Ereignisse, die als auslösende Reize fungieren, erst durch die persönliche Verarbeitung des Erlebenden zur Erfahrung werden. Erlebnismanager können diesen Prozess, das eigentliche Erlebnis, jedoch durch die Schaffung von Ereignissen (externe Reize/Auslöser) sowie eine entsprechend geeignete Inszenierung in einem spezifischen Setting beeinflussen. Dazu ist es nötig, allen Zwischenschritten von der Produktion des Ereignisses bis zur bleibenden Erfahrung Aufmerksamkeit zu schenken.

Um das zu tun, ist es allerdings notwendig die Erlebnisökonomie in unserer Gesellschaft zu begreifen.

2. Erlebnisökonomie

Seit dem Beginn der industriellen Revolution im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts und der damit verbundenen rapiden Produktionssteigerung hat die Güterknappheit vor allem in Europa und Nordamerika mit einigen Unterbrechungen, bedingt durch Kriege, Revolutionen etc., stetig abgenommen. In der heutigen Zeit herrscht in den so genannten Industriestaaten ein Überschuss an Konsumgütern, oder wie Horst W. Opaschowski die Entwicklung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beschrieb: „Erst kam die Fresswelle, dann die Konsumwelle und dann der Luxus. Und nun frage ich mich: Was kann ich jetzt noch mit mir machen“ (Hansruedi Müller/Roland Scheurer 2004, S. 2, zitiert nach Horst W. Opaschewski 1998). Es stellt kein Problem mehr dar, die Bedürfnisse der Menschen zu stillen, die somit nach neuen qualitativen Unterscheidungsmerkmalen suchen und diese auch im „Erlebnishunger“ gefunden haben. Der Erlebniswert einer Dienstleistung oder eines Produktes ist heute oftmals das entscheidende Element, vor allen Dingen in der Unterhaltungsindustrie und im Tourismus.

Da sich nach dem Marktgesetz Anbieter bei Überangebot den Wünschen der Konsumenten anpassen müssen, habe diese in den letzten Jahren versucht, ihre Produkte und Dienstleitungen erlebnisreich anzubieten. Die Schaffung von Erlebnissen soll als Wettbewerbsvorteil dienen. Dadurch entstand ein Erlebnismarkt, auf dem Kunden entweder mit Geld oder Aufmerksamkeit Erlebnisse erwerben. Eine solche Dienstleistung kann nur dann als Erlebnisangebot bezeichnet werden, wenn sie dem Erlebnisnutzen dient. (vgl. G. Schulze 1993, S. 417)

Durch die Entstehung des Erlebnismarktes entwickelte sich eine Erlebnisökonomie als Nachfolgerin der Dienstleistungswirtschaft (vgl. J. Pine/J. Gilmore 1999), wobei die Erlebnisökonomie auch als Teil der Dienstleistungsgesellschaft verstanden werden kann, da ein gewolltes Erlebnis im vereinfachten Sinne nur die Auswirkung eines gezielten, durch eine Dienstleistung hervorgerufenen, externen Reizes ist.

Die Inszenierung der Leistung beziehungsweise des Produktes fungiert hierbei als Vermittlung des zusätzlichen Wertes, des Erlebniswertes. Dieser ist laut Pine und Gilmore eine neue Stufe auf dem Weg jedes Produktes von der Erzeugung über die Produktion/Verarbeitung bis zum Absatz und hilft das zu verkaufende Produkt stärker von seinen Konkurrenzprodukten zu differenzieren. Gleichzeitig steigert dieser zusätzliche Wert vor allem auch den ökonomischen Wert und damit natürlich auch den Preis der verlangt werden kann. Außerdem steigert dieser Zusatzwert auch den Preis, den der Kunde zu zahlen bereit ist. Dies wird sehr gut durch die folgende Abbildung (Abb. 2) verdeutlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wenn ein Produkt, in obiger Grafik Bier, mit einem speziellen Erlebnis verbunden ist, erhöht dieser Zusatznuten den Wert des Gesamtproduktes.

Der Kunde ist gewillt mehr für ein Produkt zu zahlen, als der eigentliche Wert dieses Produktes es erfordert. Das wird hervorgerufen durch ein Gefühl mehr geboten bekommen zu haben als nur das Grundprodukt. Damit wird die Brücke zur Emotionspsychologie geschlagen. Die Wahrnahme der speziellen Umgebung in der das Produkt konsumiert wird, ruft ein Gefühl hervor, dass mehr konsumiert wurde als nur ebenjenes Gut. Das beim Kunden entstandene Gefühl ist das eigentliche Erlebnis, ausgelöst durch die Atmosphäre. Die dadurch entstandene Erfahrung führt wiederum dazu, dass der Konsument auch dafür zu zahlen bereit ist.

Damit ist der grundlegende Zusammenhang zwischen Erlebnismanagement und Emotionspsychologie verdeutlicht worden. Erlebnismanager haben die Aufgabe, das eigentliche Kernprodukt mit einem gewissen Zusatznutzen zu verbinden. Durch geschickt platzierte auslösende und beeinflussende externe Reize wird die Erfahrungsbildung des Konsumenten dahingehend beeinflusst, dass dieser bereit ist, für die Erfahrung zu zahlen.

3. Erlebnistheorie

Um Nutzen aus dem Erlebnismarkt, der Erlebnisökonomie, zu ziehen, ist es jedoch unabdingbar zu verstehen, wie genau ein Erlebnis eigentlich entsteht. Dabei spielt die Emotionspsychologie eine tragende Rolle.

Wie in der Definition des Begriffes Erlebnis bereits erwähnt, wird es nur umgangssprachlich als beeindruckendes Geschehen betrachtet. Die Emotionspsychologie betrachtet den Begriff etwas differenzierter. Laut ihr ist das Erlebnis nur ein Teil einer Emotion.

Emotion wiederum ist ein schwer zu definierender Begriff. „Bislang ist kein Konsens festzustellen, was man unter einer Emotion zu verstehen hat.“ (Schmidt-Atzert 1996, S. 18)

Es wurde jedoch weitgehend Einigung erzielt über die Zusammensetzung einer Emotion. Sie besteht aus Erlebnis, auch bezeichnet als Gefühl, Ausdruck, wie sich das Gefühl äußert, und der entsprechenden körperlichen Veränderung, in Bezug auf zum Beispiel Blutdruck oder Herzfrequenz. (vgl. Müller/Scheurer 2004, S. 5; Schmidt-Atzert 1996, S. 21)

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Ende der Leseprobe aus 35 Seiten

Details

Titel
Was genau ist ein Erlebnis? Antworten der Emotionspsychologie für Erlebnismanager
Hochschule
Hochschule Bremerhaven
Veranstaltung
Event- & Entertainmentmanagement
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
35
Katalognummer
V77310
ISBN (eBook)
9783638808248
ISBN (Buch)
9783638820561
Dateigröße
668 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Erlebnis, Event-, Entertainmentmanagement
Arbeit zitieren
Jens Kaulbars (Autor:in), 2007, Was genau ist ein Erlebnis? Antworten der Emotionspsychologie für Erlebnismanager, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77310

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