Gründung des Kirchenstaates durch die Pippinische Schenkung

Oder: Zusammenarbeit von Königtum und Kirche - Gegenseitige Unterstützung aus der Not heraus?


Hausarbeit, 2007

14 Seiten, Note: 2,3


Leseprobe


Inhaltsangabe:

1. Einleitung
1.1. Fragestellung
1.2. Forschungsstand und Quellenlage

2. Die Lage im Frankenreich Mitte des achten Jahrhunderts
2.1. Lage der Kirche um 750
2.2 Die politische Lage im Frankenreich um 750
2.3 Der Weg der Königserhebung Pippin des Jüngeren 751

3. Kirche und König – erste Verbindungen politischer Natur

4. Die Pippinische Schenkung

5. Abschlussbetrachtung

Quellenverzeichnis:

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

1.1. Fragestellung

Die Besitztümer des heutigen Kirchenstaates (Stato della Città del Vaticano) sind bedeutend kleiner als die ihm im Mittelalter zugesprochenen Umfänge. Spätestens mit der so genannten „Konstantinischen Schenkung“ schuf Konstantin der Große die Basis für kirchliches Vermögen und kirchlichen Besitz. Kaiser Konstantin habe darin dem römischen Bischof den Vorrang über alle anderen Kirchen, d.h. über die Patriarchate von Konstantinopel, Antiochia, Alexandria und Jerusalem, verliehen. Zudem erhielt der Papst die kaiserlichen Abzeichen und Vorrechte: „das Diadem, das Frygium, den Purpurmantel, die Purpurtunica, die kaiserlichen Zepter und den kompletten feierlichen Aufzug kaiserlicher Hoheit“.[1] Schließlich wurde ihm auch die Herrschaft über ganz Italien und den gesamten Westen überlassen. Kaiser Konstantin verlegte seinen Regierungssitz von Rom nach Konstantinopel, denn „es zieme sich nicht, dass ein irdischer Kaiser dort herrsche, wo vor dem himmlichen Kaiser der priesterliche Vorrang und das Haupt der christlichen Religion begründet worden seien.“.[2] Die Konstantinische Schenkung rechtfertigte somit den Anspruch der katholischen Kirche auf Ländereien und die Weisungsbefugnis über alle anderen Kirchen und verlieh dem Papst einen Rang, der dem Kaiserlichen vergleichbar war.

Obwohl die Konstantinische Schenkung als Fälschung betrachtet werden kann, lieferte sie die rechtliche Basis für die Pippinische Schenkung, die wiederum bedeutend für die Entstehung des „Kirchenstaates“ gewesen sein soll: In der Literatur wird die Pippinische Schenkung sogar als Begründung des Kirchenstaates gesehen.[3][4][5]

Bei genauerer Betrachtung lässt sich konstatieren, dass sich sowohl die römische Kirche als auch König Pippin III. – erstmals ein König aus dem Geschlecht der Karolinger – in einer besonderen (Krisen-) Situation befanden. Dies gibt den Anlass zu der hier untersuchten Frage, ob die Entstehung des „neuen Kirchenstaates“ explizit geplant war oder auch die Umstände der gegenseitigen Bedürftigkeit und daraus resultierender Unterstützung von Kirche und Königtum dazu führten, dass die Kirche die Chance ihrer Souveränitätsausbildung sinnvoll zu nutzen wusste und sich die Pippinische Schenkung als unterstützendes Moment demnach dazu anbot, den Besitz und die Eigenständigkeit der Kirche auszubauen.

Hierzu werde ich zuerst einen Anriss über die Lage der römischen Kirche um 750 geben und, sowie für die Fragestellung relevant, die Lage des Frankenreiches um 750 darstellen. Anschließend werde ich als politisch herausragendes Moment den Weg der Königserhebung Pippins III. 751 näher betrachten und erste Verknüpfungspunkte zwischen Kirche und König näher beleuchten. Im Anschluss erläutere ich dann die Pippinische Schenkung und werde in meiner Abschlussbetrachtung auf die eingangs gestellte Frage eingehen, welche Bedeutung und welchen Einfluss die Pippinische Schenkung hinsichtlich der Gründung des Kirchenstaates hatte.

1.2. Forschungsstand und Quellenlage

Die Literatur zu den oben beschriebenen zu untersuchenden Themengebiete ist sehr weit reichend und mannigfach. Es lässt sich feststellen, dass sich die Verfasser häufig aufeinander beziehen. Die Quellenlage ist unterschiedlich: Teilweise gibt es nur durch Aufzeichnungen über die „Verträge“ Beweise für die Echtheit, z.B. bei der Pippinischen Schenkung[6], teilweise liegen die Quellen jedoch auch vor, z.B. „Bericht über die Erneuerung des Vertrages von Quierzy 774“[7].

2. Die Lage im Frankenreich Mitte des achten Jahrhunderts

2.1. Lage der Kirche um 750

Um 730 gehörte Rom noch zum byzantinischen Reich und somit war der Papst vom Kaiser in Konstantinopel abhängig. Die Lage war für die Päpste zwischen den mächtigen und unberechenbaren Langobardenfürsten schwierig. Das Verhältnis zwischen Papst und byzantinischen Kaiser war gespannt, da sich Kaiser und Papst nicht einig wurden hinsichtlich der Bilderfrage (hierbei ging es um die Frage nach dem „richtigen“ Gebrauch von Ikonen).[8] Der Papst löste sich u.a. durch die Konstantinische Schenkung vom byzantinischen Kaiser und nach der konstatinischen Wende zum Ende des 6. Jahrhunderts entwickelte sich die römische Kirche zum größten Grundbesitzer Italiens.[9] Die kaiserlichen Schenkungen spielten dabei eine große Rolle. Die geschenkten Besitztümer lagen in der Umgebung Roms, Süditalien, Sizilien, Norditalien, Gallien, Korsika, Sardinien und Nordafrika, Dalmatien und Illyrien. Die Einnahmen aus den päpstlichen Gütern trugen den päpstlichen Haushalt, unterstützten bedürftige Klöster und Kirchen, aber auch die einheimische Bevölkerung.[10] Die Ländereien waren größtenteils verpachtet, später dann direkt verwaltet. Die Civitates (vergleichbar mit einem heutigen Regierungsbezirk) verloren zunehmend an Selbstverwaltungsmacht und in Folge dessen nahm der Einfluss der übergeordneten Instanz in Form des römischen Bischofs zu.[11] Die Schwächung der byzantinischen Verwaltung ließ den Papst in die „weltliche Politik“ hineinwachsen, so dass dieser sich selbst u.a. um Getreideversorgung, Bautenerhalt und später auch militärische Organisation kümmern musste und der Dukat von Rom in Folge dessen im 8. Jahrhundert „weltlich“ unabhängig war.[12][13] Da jedoch der militärische Schutz vom Papst nicht selbst gewährt werden konnte und Byzanz keine Hilfe mehr gewähren mochte, entwickelte sich ein zunehmendes Interesse am „aufstrebenden Frankenreich“.[14]

2.2 Die politische Lage im Frankenreich um 750

Der Merowinger Chlodwig I. (Reg. 481/482 – 511) gründete das fränkische Großreich. Um 500 wurde Chlodwig getauft und es folgte die Annahme des Christentums in der katholischen Form. Die Könige kamen bis 751 aus der merowingischen Dynastie. Währenddessen erhielten die Hausmeier, seit 623 durch Pippin den Älteren besetzt und als Stammesvater der Karolinger gilt, immer mehr die wahre politische und materielle Vormachtsstellung. Im 7. Jahrhundert erfolgte dann die eigentliche Regentschaft der Hausmeier anstelle des Königs. Es wird von den merowingischen „Schattenkönige“ als Marionetten der Hausmeier gesprochen.[15] Pippin der Mittlere, Hausmeier von 687 – 714, führte eine pazifistische Politik ein: Der Adel wurde nicht mehr unterdrückt, es wurden diplomatische Heiratsverbindungen eingeführt und über kirchliche Ämterbesetzungen, Klosterstiftungen- & Schenkungen nahmen die Karolingischen Hausmeier zunehmend Einfluss auf die Kirche.[16]

Schon 739 übertrug Papst Gregor III. Karl Martell den Titel des römischen Konsuls, nachdem dieser 732 gegen die Araber erfolgreich gekämpft hatte. Karl Martell verstärke weiter mit seiner Politik die „Fränkisierung des Episkopats“ seit dem 7. Jahrhundert. Es bestand „eine staatsrechtliche Beziehung zwischen dem päpstlichen Rom und dem fränkischen Helfer.“[17] Darauf hin folgte die politisch einschneidende Zeit seiner beiden Söhne Karlmann und Pippin als gemeinsam amtierende Hausmeier von 741 bis 747: Karlmann wurde Hausmeier in Austrien, Alemannien und Thüringen, Pippin in Neustrien, Burgund und in der Provence.[18] Die beiden Brüder schlugen vor 741/742 einen Aufstand ihres Halbbruders Grifo nieder, der auf Kosten seiner Brüder mit einem eigenen Anteil des Erbes ausgestattet wurde, seine eigenen Ansprüche dadurch jedoch nicht umsetzen konnte.[19] Grifo wurde in Laon umzingelt und auf dem Chèvremont bei Lüttich gefangen gesetzt.[20][21] Da ihre Macht offenbar nicht gefestigt schien, setzten Karlmann und Pippin 743 erneut einen merowingischen König, Childerich III., ein, um so ihrem Amt als Hausmeier eine königliche Legitimierung zu geben. Die Besetzung durch Childerich III. als letzter König aus der merowingischen Dynastie war laut Schieffer schon Teil des Plans der beiden Brüder und Hausmeier Karlmann und Pippin.[22]

Karlmann ließ sich dann um 747 von Papst Zacharias in den römischen Klerus aufnehmen und Pippin war nun alleiniger Hausmeier. Pippin hatte gegenwärtig nicht nur das Amt des Hausmeiers alleine, er war im Grunde auch der eigentliche Regent im gesamten Regnum Francorum.[23][24]

[...]


[1] Horst Fuhrmann: „Constitutum Constantini“, in: Theologische Realenzyklopädie hrsg. von Gerhard Krause u.a., Band VIII, Verlag Walter de Gryter & Co., Berlin u.a. 1981, S. 196 – 206, hier S. 197

[2] Ebenda, S. 197.

[3] Erhard Meissner: Die Entwicklung des weströmischen Staates und Pippin der Jüngere, Eigenverlag, Bischberg / Oberfranken 1973, S. 48.

[4] Thomas Noble, F.X.: s.v.: „Pippinische Schenkung“, in: Lexikon des Mittelalters, hrsg. von Norbert Angermann u.a., Band 6, München u.a. 1993, S.2171.

[5] Gert Haendler: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, hrsg. von Ulrich Gäbler u.a., Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 1992, S. 48.

[6] Thomas Noble: „Pippinische Schenkung“ , S. 2171 f..

[7] Peter Classen: Politische Verträge des frühen Mittelalters, hrsg. von Arno Borst u.a., S. Stahlmann Verlag. Germering 1966, S. 44 f..

[8] Gert Haendler: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, hrsg. von Ulrich Gäbler u.a., Evangelische Verlagsanstalt 1992, 2. Auflage, S. 58.

[9] Ebenda S. 36.

[10] Walter Ullmann: Kurze Geschichte des Papsttums im Mittelalter. Verlag De Gryter & Co., London 1972, Übertragen ins Deutsche von Angelika Seifert 1978, S. 43 f..

[11] Gert Haendler: ebenda, S. 37.

[12] Vgl. Thomas Frenz: s.v.: „Kirchenstaat“, in: Theologische Realanzyklopädie, hrsg. von Krause u.a., Band 19, Berlin u.a., 1990, S. 335 – 345, hier S. 92 f..

[13] Erhard Meissner: Die Entwicklung des Kirchenstaates und Pippin der Jüngere, S.36 und S. 46

[14] Gert Haendler: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, S. 37

[15] Vgl. ebenda, S. 60

[16] Pierre Riché: Die Welt der Karolinger, 2. durchges. Auflage, Stuttgart 1999, S. 74 ff.

[17] Erhard Meissner, ebenda, S. 38

[18] Rudolf Schieffer: Die Zeit des karolingischen Großreichs 714 – 887, in: Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, 10. völlig neu bearbeitete Auflage, Hrsg.: Alfred Haverkamp u.a., Klett – Cotta Verlag, o.O. 2001, S. 24.

[19] Rudolf Schieffer: Die Karolinger, 4. überarbeitete und erweiterte Auflage, Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart u.a. 2006, S. 51.

[20] Ebenda, S.51

[21] Josef Semmler: Bonifatius, die Karolinger und „die Franken“, in: Mönchtum – Kirche – Herrschaft 750 – 1000. Hrsg. von Bauer u.a., Jan Thorbecke Verlag, Sigmaringen 1998, S. 3-49, hier S.19.

[22] Rudolf Schieffer: ebenda, S. 52.

[23] Ebenda, S. 52

[24] Gert Haendler: Die lateinische Kirche im Zeitalter der Karolinger, S. 60 f..

Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Gründung des Kirchenstaates durch die Pippinische Schenkung
Untertitel
Oder: Zusammenarbeit von Königtum und Kirche - Gegenseitige Unterstützung aus der Not heraus?
Hochschule
Universität Bremen  (Institut für Geschichte)
Veranstaltung
Klosterleben im frühmittelalterlichen Frankenreich
Note
2,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
14
Katalognummer
V77132
ISBN (eBook)
9783638825887
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Benotung wg. Formalia - ausgebessert
Schlagworte
Gründung, Kirchenstaates, Pippinische, Schenkung, Klosterleben, Frankenreich
Arbeit zitieren
Dipl. Simone Menzer (Autor:in), 2007, Gründung des Kirchenstaates durch die Pippinische Schenkung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77132

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Gründung des Kirchenstaates durch die Pippinische Schenkung



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden