Analyse der von Copulas erzeugten Ausfallabhängigkeiten und deren Auswirkungen auf das Risikomanagement


Diplomarbeit, 2005

156 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Universität Karlsruhe (TH)
Institut für Finanzwirtschaft, Banken und Versicherungen
Lehrstuhl Financial Engineering und Derivate

Analyse der von Copulas erzeugten Ausfallabhängigkeiten
und deren Auswirkungen auf das Risikomanagement

Diplomarbeit

vorgelegt von: Philipp Koziol
vorgelegt am: 15. November 2005

 

Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis ... i
Abbildungsverzeichnis ... iv
Tabellenverzeichnis ... v

1 Einleitung ... 1

2 Literaturüberblick ... 4

2.1 Bewertungsansätze ohne Berücksichtigung von Ausfallabhängigkeit ... 4

2.2 Bewertungsansätze unter Berücksichtigung von Ausfallabhängigkeit ..6
2.2.1 Erweiterung von Strukturmodellen ... 8
2.2.2 Erweiterung von Reduktionsmodellen ... 10
2.2.3 Kreditportfoliorisiko-Modelle ... 12
2.2.4 Copula Methoden ... 13
2.2.5 Verwendung von historischen Daten ohne Ausfallmodell ... 16

3 Copula-Funktionen ... 18

3.1 Grundlagen ... 18

3.2 Simulation ... 25

3.3 Überblick und Klassifikation ... 27
3.3.1 Elliptische Copulas ... 27
3.3.2 Archimedische Copulas ... 30
3.3.3 Farlie-Gumbel-Morgenstern-Copulas ... 34

4 Konzepte zur Messung von Abhängigkeit ... 36

4.1 Lineare Korrelation ... 37
4.2 Gewünschte Eigenschaften eines globalen Abhängigkeitsmaßes ... 38
4.3 Rangkorrelation ... 39
4.4 Randabhängigkeit ... 42
4.5 Übereinstimmung ... 44
4.6 Abhängigkeitsdarstellung der ausgewählten Copulas im Detail ... 46

5 Analyse von Ausfallmodellen ... 48

5.1 Natürliche Erweiterungen der Reduktionsmodelle ... 48
5.1.1 Intensitäten als korrelierte geometrisch Brownsche Bewegungen 48
5.1.2 Intensitäten als korrelierte, quadratische Wiener-Prozesse ..53

5.2 Li-Copula-Modell für beliebige Copulas ... 56
5.2.1 Modell ... 56
5.2.2 Simulation ... 59
5.2.3 Ergebnisse ... 61

5.3 Schönbucher/Schubert-Modell ... 66
5.3.1 Modell ... 66
5.3.2 Simulation ... 73
5.3.3 Ergebnisse ... 73

5.4 Vergleich der Modelle von Li und Schönbucher/Schubert ... 84

6 Anwendungen im Risikomanagement ... 86

6.1 Bewertung einer ausfallbehafteten Nullkuponanleihe ... 87
6.1.1 Grundlagen zur Bewertung ... 87
6.1.2 Ergebnisse ... 90

6.2 Bewertung von Basketkreditderivaten ... 103
6.2.1 Grundlagen zur Bewertung ... 103
6.2.2 Ergebnisse ... 105

6.3 Wichtige Folgerungen für die Auswahl von Copula-Funktionen ... 129

6.4 Copula-Funktionen in Mischmodellen ... 132
6.4.1 Bernoulli-Mischmodell ... 133
6.4.2 Poisson-Mischmodell ... 134
6.4.3 Verwendung von Copula-Funktionen in Mischmodellen ... ... 135

7 Schlussbemerkungen ... 137

A Simulation von Archimedischen Copulas ... 139

B Lösung der stochastischen Differentialgleichungen (5.2) und (5.3) ... 142

Literaturverzeichnis ... 143


Kapitel 1

Einleitung

Die Modellierung von Ausfallabhängigkeit ist ein zentrales Thema im Kreditrisiko- Management.1 Ausfallabhängigkeiten können zu Konzentrationen in Kreditportfolios von Banken und anderen institutionellen Investoren führen. Im Falle eines Ausfalls erhöhen sich die Ausfallwahrscheinlichkeiten der anderen Kredite, so dass teilweise sehr hohe Verluste auftreten können, die sich bei vorhandenen Klumpenrisiken nochmals erhöhen können. Die Konsequenzen solcher Ausfallabhängigkeiten zeigen zum Beispiel die Bankenkrise in Südostasien Ende der Neunziger Jahre und die Argentinienkrise 2000. Erst vor kurzem sind im Mai 2005 die Ratings von General Motors und Ford herabgestuft worden. Dadurch sind große Turbulenzen am Markt für korrelationssensitive Produkte aufgetreten,2 wie es der Ausbruch des Kreditderivateindex iTraxx von 29 auf 53 Basispunkte zwischen dem 29. April und 11. Mai verdeutlicht. Diese Erkenntnisse werden auch durch die empirischen Studien von Lucas (1995) [81], Das et al. (2002) [19] und de Servigny/Renault (2002) [24] bestätigt. Zusätzlich wurde in diesen Arbeiten herausgefunden, dass nur positive Werte für die Ausfallkorrelation auftreten und dass diese teilweise sehr hohe Niveaus annehmen kann. Liegen also Ausfallabhängigkeiten vor, so wird die Ausfallwahrscheinlichkeit der einen Unternehmung in einem bestimmten Maße von dem Zustand der anderen Unternehmen beeinflusst. Daher ist es im Kreditrisikobereich von großer Bedeutung, Ausfallabhängigkeit zu berücksichtigen und einen geeigneten Modellrahmen zur adäquaten Abbildung aufzustellen, so dass eine geeignete Bewertung von ausfallbehafteten Schuldtiteln möglich ist. Um die jeweilige Ausfallwahrscheinlichkeit in jedem Zeitpunkt bestimmen zu können, bedarf es der Kenntnis der gemeinsamen Verteilung der Ausfallzeitpunkte.

Die traditionellen Struktur- und Reduktionsmodelle3 wie z. B. die von Merton (1974) [83] und Lando (1998) [73] vernachlässigen die Abhängigkeit zu anderen Unternehmen und liefern bei vorliegender Ausfallabhängigkeit Fehlbewertungen. Ihre Erweiterungen auf die Betrachtung mehrerer Unternehmen wie z. B. bei Zhou (1997) [115] und Duffie/Garleanu (2001) [28] unterschätzen den Effekt der Ausfallabhängigkeit, da die Ausfallabhängigkeit teilweise nur indirekt abgebildet werden kann. Genauere Lösungen sind nur durch Modifikation dieser Erweiterungen zu erhalten, aber auf Grund von zu hoher Komplexität sind diese Modelle praktisch sehr schlecht anwendbar.

Seit Mitte der Neunziger Jahre werden Copula-Funktionen als Alternative zur Abbildung von Ausfallabhängigkeit eingesetzt. Bei Copula-Funktionen handelt es sich um ein aus der deskriptiven Statistik stammendes Konzept zur Abhängigkeitsmodellierung. Sie besitzen die sehr praktische Eigenschaft, die gemeinsame Abhängigkeitsstruktur der Zufallsvariablen untereinander separat von ihren individuellen Randverteilungen zu betrachten,4 so dass insbesondere die Kalibrierung der Parameter erheblich erleichtert wird. Eine Copula-Funktion kann einfach als eine spezielle multivariate Verteilungsfunktion angesehen werden, nicht aber als ein Ausfallmechanismus. In den letzten Jahren sind in der finanzwirtschaftlichen Literatur immer häufiger Copulas zur Modellierung von gemeinsamen Ausfallverteilungen verwendet worden. Allerdings gibt es nur zwei allgemeine, dynamische Modelle5, die auf Copulas basierend einen entsprechenden Ausfallmechanismus abbilden, nämlich das Modell von Li (2000) [77] und das von Schönbucher/Schubert (2001) [100].6 Durch die Möglichkeit der einfachen und eleganten Art der Modellierung von Abhängigkeitsstrukturen, losgelöst von individuellen Ausfallwahrscheinlichkeiten, haben sich diese Modelle zu einer echten Alternative zu den Erweiterungen der Struktur- und Reduktionsmodelle entwickelt.

In beiden Modellen wird Abhängigkeit über eine Copula-Funktion erzeugt, die somit die gemeinsame Verteilung der Ausfallzeitpunkte und die daraus resultierende Dynamik der Ausfallintensitäten entscheidend bestimmt. Die gemeinsame Verteilungsfunktion ändert sich zu jedem Zeitpunkt, zu dem über Ausfall bzw. Nichtausfall der Unternehmen neue Informationen in die Ausfallverteilung einfließen. Daher ist eine Bewertung von ausfallbehafteten Instrumenten nicht einfach unter Verwendung der gemeinsamen Verteilungsfunktion an einem bestimmten Zeitpunkt möglich. Es existiert eine große Anzahl an Copula-Funktionen, die alle verschiedene Abhängigkeitsstrukturen abbilden, d. h. durch die Wahl der Copula wird die Abhängigkeitsstruktur eindeutig festgelegt. Jede Copula-Funktion bildet eine andere Abhängigkeitsstruktur ab. Es existieren jedoch keine Kriterien für die Wahl einer speziellen Copula-Funktion. In der Literatur werden vorwiegend theoretische Erklärungen der Modellierungsmöglichkeiten von Copula-Funktionen betrachtet. Ausführliche Analysen sind fast nur für die Anwendung der aus der Normalverteilung abgeleiteten Gauss-Copula zu finden, siehe z. B. die Arbeiten von Jouanin et al. (2001) [63] und Clemen/Reilly (1999) [14]. Die Arbeiten von Junker/Szimayer/Wagner (2005) [65], Melchiori (2003) [82] und Kole/Koedijk/Verbeek (2005) [70] vergleichen Copula-Funktionen über einen festen Zeithorizont, vernachlässigen aber notwendige Änderungen in der Ausfallverteilung über die Zeit. Genest/Rivest (1993) [43] präsentieren eine Prozedur, die entscheidet, welche Archimedische Copula am besten die gegebenen Daten kalibriert. Die Probleme dabei sind, dass sich diese Prozedur nur auf den bivariaten Fall anwenden lässt und dass sie die Realisationen der Randverteilungen benötigt, die normalerweise nicht verfügbar sind, wenn Ausfallzeiten modelliert werden. In ihrem Papier vergleichen Burtschell/Gregory/Laurent (2005) [9] verschiedene Ausfallmodelle, die zum Teil auf Copula-Funktionen basieren, aber es handelt sich nicht dabei um einen reinen Vergleich von Copula-Funktionen. Ein allgemeiner Vergleich von Copula-Funktionen in einem dynamischen Modellrahmen existiert in der Literatur noch nicht.

An diesem Punkt knüpft die vorliegende Arbeit an. Ihr Schwerpunkt liegt in der Untersuchung des Einflusses von Copula-Funktionen auf das Kreditrisiko-Management. Dazu wird in Kapitel 6 eine Simulationsstudie durchgeführt, in der die Auswirkungen von unterschiedlichen Copula-Funktionen auf die Preise von ausfallbehafteten Instrumenten innerhalb der beiden Copula-Modelle von Li und Schönbucher/Schubert analysiert werden. Zum einen wurden ausfallbehaftete Zerobonds gewählt, da sie ein Standardinstrument im Kreditrisikobereich darstellen und die Kreditspreads ohne die Betrachtung von Abhängigkeiten im wesentlichen von dem individuellen Ausfallrisiko abhängen. Zum anderen wurden nth-to-Default Swaps untersucht, da sie gerade als korrelationssensitives Instrument7 sehr stark auf die Ausfallabhängigkeit reagieren und die Copula-Funktionen somit den Preis des Kreditderivates wesentlich bestimmen. Als zentrales Ergebnis werden Auswahlkriterien für eine geeignete Copula-Funktion bei der Bewertung von Kreditderivaten und ausfallbehafteten Nullkuponanleihen abgeleitet. Im fünften Kapitel werden die Copula-Modelle von Li (2000) [77] und Schönbucher/ Schubert (2001) [100] und deren Fähigkeit zur Abbildung von Ausfallabhängigkeit unter Verwendung verschiedener Copula-Funktionen theoretisch analysiert. Zusätzlich wird noch die Möglichkeit der Erzeugung von Ausfallabhängigkeit über Exponentialkorrelationen dargestellt. Für die Beantwortung der Frage, welches die geeignete Copula-Funktion ist, wird in den Kapiteln 2 bis 4 ein Überblick über die Thematik gegeben und an die notwendige Theorie herangeführt. Im zweiten Kapitel wird auf die Thematik der Abbildung von Ausfallabhängigkeiten als solches eingegangen, indem der aktuelle Stand der Literatur, insbesondere die Rolle von Copula-Funktionen, dargestellt wird. Gegenstand des dritten Kapitels sind die Copulas an sich. Es werden ihre wesentlichen Eigenschaften diskutiert und eine Auswahl an Copula-Funktionen getroffen, die in der späteren Simulationsstudie verwendet werden. Diese Copulas werden daher im Detail inklusive des dazugehörigen Simulationsalgorithmus betrachtet. Um die Ausfallabhängigkeit entsprechend erfassen zu können, werden in Kapitel vier sinnvolle Abhängigkeitsmaße diskutiert, aus deren Diskussion dann die Auswahl eines adäquaten Abhängigkeitsmaßes für die Simulationsstudie erfolgt.


Kapitel 2

Literaturüberblick

Kreditrisiko ist ein bedeutendes Thema in der Finanzierungstheorie. Gerade in den letzten Jahren sind auf Grund der erhöhten Notwendigkeit eines guten Risikomanagements im Zuge von Basel II eine Vielzahl von Veröffentlichungen entstanden. Im Folgenden wird zum besseren Verständnis ein Überblick über die drei verschiedenen Kategorien von Bewertungsansätzen einzelner ausfallgefährdeter Instrumente nach Uhrig-Homburg (2002) [109] gegeben, bevor die verschiedenen Entwicklungslinien von Ausfallabhängigkeitsmodellen diskutiert werden.


2.1 Bewertungsansätze ohne Berücksichtigung von Ausfallabhängigkeit

Für die Bewertung einzelner ausfallgefährdeter Instrumente ohne die Berücksichtigung von Ausfallabhängigkeit existieren zunächst Strukturmodelle mit exogener Ausfallgrenze. Zentrales Element ist nach der Idee des klassischen Merton-Modells (1974) [83] die Beschreibung des Unternehmenswertes. Ausfall tritt genau dann ein, wenn der Wert des Unternehmens eine exogen vorgegebene Ausfallschranke unterschreitet. Genau diese anschauliche Definition für Ausfall durch Überschuldung und die guten Eigenschaften der Kreditspreads machen diese Modelle in der Praxis sehr beliebt. Zu nennen wäre noch das Modell von Longstaff/Schwartz (1995) [80], das im Vergleich zu Merton (1974) [83] eine allgemeine Kapitalstruktur, stochastische Zinsprozesse und Korrelation zwischen Zins- und Firmenwert-Prozess zulässt und trotzdem noch eine quasi-analytische Lösung berechnet.8 Auf Grund unvollständiger Informationen über den Unternehmenswertprozess werden die Ausfallwahrscheinlichkeiten und somit auch die Kreditspreads besonders für kurze Restlaufzeiten unterschätzt, für (T −t) ! 0 konvergieren sie gegen null bzw. unendlich.9 Des Weiteren vernachlässigen diese Modelle wichtige Elemente wie Steuern, Liquidität und anleihespezifische Faktoren.10

[ ... ]


1 Schönbucher (2003) [99], S. 289, bezeichnet es sogar als das interessanteste offene Problem im Kreditrisiko-Management.

2 Dieser Sachverhalt wird auch Korrelationskrise bzw. als englischer Begriff ”Correlation Crisis“ genannt.

3 Siehe dazu den ausführlichen Literaturüberblick in Kapitel 2.

4 Diese Eigenschaft wird durch das Theorem von Sklar erreicht, für Details siehe Kapitel 3.1.

5 Es lassen sich einige andere Modelle im Allgemeinen über Copulas darstellen, wie z.B. die Praxismodelle KMV und CreditMetrics. Sie werden aber nicht zu den Copula-Modellen gezählt.

6 Eine ausführliche Erklärung der Modelle ist in Kapitel 2 und vor allem in Kapitel 5 zu finden.

7 Der geläufige Begriff in der Finanzpraxis ist die englische Bezeichnung ”Correlation Product“.

8 Weitere Modelle dieser Klasse sind zum Beispiel bei Kim/Ramaswamy/Sundaresan (1993) [69], Nielsen/Sa´a-Requejo/Santa-Clark (1993) [86], Brys/de Varenne(1997) [8] und Schöbel (1999) [98] zu finden.

9 Falls der Unternehmenswert nicht mehr über die Ausfallschranke gelangen kann.

10 Siehe auch Übersicht dieser Modellklasse in Uhrig-Homburg (2002) [109], S. 34.

Ende der Leseprobe aus 156 Seiten

Details

Titel
Analyse der von Copulas erzeugten Ausfallabhängigkeiten und deren Auswirkungen auf das Risikomanagement
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)  (Willkommen am Lehrstuhl für Financial Engineering und Derivate)
Note
1,3
Autor
Jahr
2005
Seiten
156
Katalognummer
V77052
ISBN (eBook)
9783638738231
ISBN (Buch)
9783638738453
Dateigröße
30843 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Analyse, Copulas, Ausfallabhängigkeiten, Auswirkungen, Risikomanagement
Arbeit zitieren
Dipl.-Wi.-Ing. Philipp Koziol (Autor:in), 2005, Analyse der von Copulas erzeugten Ausfallabhängigkeiten und deren Auswirkungen auf das Risikomanagement, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/77052

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