Die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien und ihr Scheitern


Dossier / Travail, 2000

27 Pages, Note: 1,0


Extrait


Gliederung

1. Erste Versuche unter dem Großen Kurfürsten
1.1. Die Ausgangssituation: Der 30jährige Krieg
1.2. Die Brandenburgisch Ostindische Compagnie

2. Die Emdener Kompanien unter Friedrich II
2.1. Der Aufstieg Brandenburg-Preußens
2.2. Die Bengalische Handlungs-Compagnie und ihre Vorläuferin

3. Die Gründe des Scheiterns

4. Fazit

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis

Die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien

und ihr Scheitern

Die europäischen Handelskompanien haben in der Entwicklung Indiens eine bedeutende Rolle gespielt und dieses Land entscheidend geprägt. Das gilt natürlich in erster Linie für die beiden erfolgreichsten Kompanien: die britische East India Company (EIC) und die holländische Verenigde Oost Indische Compagnie (VOC). Doch auch die kleineren Kompanien haben ihre Spuren hinterlassen, selbst wenn diese Spuren unauffälliger gewesen sein mögen und kaum über die eigene Nation hinausreichten.[1] In dieser Arbeit sollen die brandenburg-preußischen Kompanien näher untersucht werden. Stellvertretend habe ich zwei Kompanien herausgegriffen. Die erste wurde in der Mitte des 17. Jahrhunderts vom Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm ins Leben gerufen, die zweite entstand 100 Jahre später unter Friedrich II.

Wie es der Titel der Arbeit bereits ankündigt, macht die Entwicklung dieser beiden Kompanien nur den ersten Teil der Untersuchung aus. Der zweite Teil ist den Ursachen des Scheiterns der Kompanien gewidmet, denn – dies kann vorweggenommen werden – gescheitert sind sie. Da sowohl die Entwicklung als auch das Scheitern der Kompanien eng mit den politischen Ereignissen jener Zeit verknüpft sind, hielt ich es für angebracht, auch den historischen Hintergrund der Kompanien in aller Kürze zu skizzieren.

Die Basis für die Beschäftigung mit den brandenburg-preußischen Ostindienkompanien bilden zwei ältere, aber sehr ausführliche Arbeiten von Richard Schück und Victor Ring aus den Jahren 1889 bzw. 1890. Ein drittes Werk, veröffentlicht 1899 von H. Bergér, war nicht aufzufinden und konnte deshalb leider nicht für diese Arbeit herangezogen werden.[2] In der jüngeren Zeit haben die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien in der Forschung keine besondere Beachtung mehr gefunden. Wenn sie nicht nur am Rande erwähnt werden, so berufen sich die Autoren in ihren Ausführungen auf Schück und Ring.

Die wichtigste Quelle, die über die Geschichte der Kompanien Auskunft gibt, bildet der Schriftwechsel zwischen den leitenden Kompanieangestellten und dem Kurfürsten bzw. König sowie seinen Beamten. Da die Monarchen eine bedeutende Rolle bei der Einrichtung des Ostindienhandels spielten, lässt sich die Entwicklung der Kompanien auf dieser Basis gut nachvollziehen. Die Oktrois der Kompanien geben zusätzlich Aufschluss über den inneren Aufbau der Kompanien und über ihre Rechte. Schück und Ring haben dieses Material gründlich untersucht und zu einem Teil auch in ihren Werken veröffentlicht. Der andere, weitaus größere Teil müsste immer noch in den Archiven lagern, sofern er nicht durch die Auswirkungen des Krieges zerstört wurde. Diese Unterlagen einzusehen, hätte den Rahmen einer Seminararbeit gesprengt und wäre eher einer Magister- oder Doktorarbeit vorbehalten. Daher konnte ich lediglich die von Schück und Ring editierten Quellen für diese Arbeit nutzen.

1. Erste Versuche unter dem Großen Kurfürsten

1.1 Die Ausgangssituation: Der 30jährige Krieg

Das einschneidendste geschichtliche Ereignis im Deutschland des 17.Jahrhunderts war der 30jährige Krieg. Er begann am 23. Mai 1618 mit dem Prager Fenstersturz als ein auf Böhmen begrenzter Konflikt zwischen den Ständen und dem Herrscherhaus sowie zwischen den Konfessionen. Bald jedoch beteiligten sich nahezu alle europäischen Mächte an den Kämpfen. 1627 wird auch Brandenburg trotz offiziell neutraler Haltung zum Kriegsschauplatz. Am Ende des Krieges gehörte Brandenburg zu den am stärksten zerstörten Gebieten. Die Hälfte der Brandenburger war in diesem Krieg gestorben, bei den Kämpfen, wegen der Hungersnöte, die meisten aber an den grassierenden Epidemien. Das Land war zu großen Teilen verwüstet.[3]

Der 30jährige Krieg wurde mit dem Westfälische Frieden am 24. Oktober 1648 beendet. Doch die Friedensverträge brachten Brandenburg noch weitere Verluste. Vorpommern und ein Landstreifen östlich der Oder waren Schweden zugesprochen worden, obwohl der Kurfürst einen Rechtsanspruch auf Pommern hatte. Das bedeutete den Verlust Stettins und der Odermündung. Brandenburg erhielt lediglich Hinterpommern und als unbefriedigenden Ausgleich die säkularisierten Bistümer Halberstadt, Minden und Kammin sowie die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg mit Halle.[4]

Selbstverständlich gingen die Bestimmungen des Westfälischen Friedens über Brandenburg hinaus. So mussten auch andere Teile des Reiches abgetreten werden. Davon profitierten vor allem Schweden, Frankreich und die Generalstaaten.

Der territoriale Besitz der Fürsten wurde mit wenigen Ausnahmen nach dem Stand von 1618 wiederhergestellt.

Eine Amnestie für alle Kriegsteilnehmer hob die Reichsacht auf.

Des weiteren wurde eine neue Reichsverfassung ausgearbeitet, die die Macht des Kaisers zugunsten der Reichsstände auf ein Minimum einschränkte. Das bedeutete einen Vorteil für die mächtigeren Fürsten, denen damit mehr Raum für ihre eigenen Initiativen gelassen wurde. Diese Zunahme an Selbständigkeit war eine wichtige Voraussetzung dafür, dass solche Unternehmungen wie die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien überhaupt in den Bereich des Möglichen rückten.

Die Frage der Konfessionsgrenzen wurde geklärt, indem man sich einigte, auch hier mit einigen Ausnahmen, den Zustand des Jahres 1624 wiederherzustellen.

Dies sind die Bedingungen, unter denen Friedrich Wilhelm, Kurfürst von Brandenburg, sich bemühte, einen Handel mit Übersee zu etablieren.

1.2. Die Brandenburgisch Ostindische Compagnie

Die erste Gelegenheit für Brandenburg, sich am Ostindienhandel zu beteiligen, ergab sich im Februar 1634. Dem damaligen Kurfürsten Georg Wilhelm, Vater des Großen Kurfürsten, wurde die Beteiligung an der schwedischen Südkompanie angetragen. Allerdings verhinderte die schlechte wirtschaftliche Lage Brandenburgs die Umsetzung dieses Vorschlags.[5]

Erst 1647, als das Ende des langen Krieges in greifbare Nähe gerückt war, gewannen die Bestrebungen, einen Handel mit Ostindien aufzubauen, größere Bedeutung. Durch seinen Schwiegervater, Prinz Friedrich Heinrich von Oranien, wird der Kurfürst mit Admiral Aernoult Gijsels van Lier bekannt gemacht.

Gijsels van Lier stand von 1609 bis 1638 im Dienst der holländischen Verenigde Oost Indische Compagnie (VOC) und konnte in dieser Zeit bis in den Rang des Gouverneurs von Amboina aufsteigen. Da er bei der VOC nicht die erwartete Anerkennung fand, gab er seine Stellung, wandte sich an Prinz Friedrich Heinrich von Oranien und ersuchte ihn, die Errichtung einer zweiten holländischen Ostindienkompanie zu bewilligen. Dies war dem Prinzen jedoch nicht möglich, da der VOC das Monopol für den Ostindienhandel zugesichert worden war. Stattdessen stellte er Gijsels van Lier seinem Schwiegersohn vor: dem Brandenburger Kurfürsten.

Der Kurfürst zeigte sich interessiert. Der Ostindienhandel stellte eine ertragreiche Einnahmequelle dar. Diese Einnahmen wurden im stark zerstörten Brandenburg dringend benötigt. Zudem konnte damit gerechnet werden, dass ein solcher Handel die Brandenburger Manufakturen fördern würde. Auch die Umgehung des Zwischenhandels brachte Vorteile: die indischen Luxusgüter konnten billiger erworben werden, und gleichzeitig wurde der Kapitalabfluss ins Ausland verringert. Ein weiteres, nicht zu vernachlässigendes Motiv war die Aussicht, in jenen fernen Ländern neue Anhänger der reformierten Religion zu gewinnen.

Nachdem zwischen Gijsels van Lier und Friedrich Wilhelm Einigung erzielt worden war, eine Brandenburgische Ostindienkompanie ins Leben zu rufen, legte Gijsels dem Kurfürsten konkrete Pläne zum Aufbau der Kompanie vor.[6] Dabei konnte er auf die umfangreichen und äußerst nützlichen Erfahrungen zurückgreifen, die er während seiner Dienstzeit bei der VOC gesammelt hatte. Das Grundkapital sollte 1Million Taler betragen, etwa ein Drittel des Grundkapitals der VOC. Als Hafen war Pillau in Preußen vorgesehen. Mit Dänemark musste über die Zölle für die Durchfahrt durch den Sund verhandelt werden. So wurde Gijsels dann auch mit dem Entwurf eines Oktrois nach holländischem Muster beauftragt.

Das größte Problem bei diesen Vorbereitungen war die Notwendigkeit, das Unternehmen geheim zuhalten. Andernfalls, so Gijsels, musste mit dem Widerstand der Holländer gerechnet werden, die selbstverständlich nicht an einem Brandenburger Konkurrenten interessiert waren, so dass die brandenburgische Kompanie ihr vorzeitiges Ende womöglich schon in den Bestimmungen des Westfälischen Friedens gefunden hätte.

Die Verhandlungen mit Dänemark wurden dem Geheimen Kammersekretär Johann Friedrich Schlezer übertragen. Nachdem sich der dänische König gegen Zollvergünstigungen für Brandenburg ausgesprochen hatte, bemühte sich Schlezer um Unterstützung beim Reichskanzler und dem Prinzen Friedrich. Mit ihrer Hilfe gelang es, den König umzustimmen.

Am 14. November 1647 wurde eine königliche Resolution verabschiedet, die dem Kurfürsten dieselben Zollvergünstigungen gewährte wie den Holländern. Außerdem wurden die kurfürstlichen Schiffe auf zwei Jahre von den lästigen Schiffsvisitationen befreit.[7] Die Frist sollte mit der ersten Durchfahrt beginnen.

Gijsels van Lier wurde beauftragt, in aller Stille bei seinen niederländischen Bekannten um Kapital zu werben. Da die VOC nicht allen Niederländern offen stand, gab es hier viele Kaufleute, die bereit waren, ihr Geld bei ausländischen Ostindienkompanien anzulegen. Diese Werbefahrten währten bis in den April 1649. Dann wurde das Projekt suspendiert, da der Kurfürst sich zunächst drängenderen Problemen widmen musste.

Im Oktober desselben Jahres nahm Friedrich Wilhelm den Plan zur Errichtung der Brandenburgischen Ostindischen Compagnie wieder auf. Der Geheime Kammersekretär Schlezer erhielt den Auftrag herauszufinden, ob die Hansestädte für eine Beteiligung an der Kompanie zu gewinnen seien.

Vom März bis zum Juli 1650 besuchte Schlezer Hamburg, Lübeck und Bremen. In allen drei Städten bot sich ihm das gleiche Bild. Sowohl die Stadt als auch einzelne Kaufleute standen dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber, doch zu konkreten Zusagen ließen sie sich nicht bewegen. Sie wollten Sicherheiten. Der Kurfürst sollte zuerst einen größeren Betrag einzahlen, dann wären sie bereit mitzugehen. Außerdem machten sich die Kaufleute Sorgen, ob der Kurfürst in der Lage sei, die Schiffe vor den Portugiesen, Engländern und Holländern zu schützen. In diesem Punkt konnte Schlezer die Kaufleute beruhigen, denn er kündigte an, dass sich der Kurfürst beim Kaiser um Unterstützung bemühen würde.

[...]


[1] Das gilt insbesondere für die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien, weshalb diese Arbeit auch einen eindeutig europäischen Schwerpunkt hat.

[2] Bergér, H., Überseeische Handelsbestrebungen und koloniale Pläne unter Friedrich dem Großen, 1. Auflage, Leipzig 1899.

[3] Für diesen Abschnitt habe ich drei Werke zu Rate gezogen.

Grundmann, S. 161-185, 241-245 bietet eine kurze, übersichtliche Darstellung.

Press, S. 161-267 ist neueren Datums und beschäftigt sich ausführlicher mit dem Thema.

Schlenke, S. 25-28 vereint die wichtigsten Daten auf wenigen Seiten und geht dabei besonders auf Brandenburg-Preußen ein.

[4] Eine Karte befindet sich im Anhang, S. 23.

[5] In diesem Abschnitt beziehe ich mich – sofern nicht anders angegeben – auf Schück, Bd. 1, S. 1-75.

[6] Königliches Geheimes Staatsarchiv, R XI. 130. (3). Abgedruckt in Schück, Bd. 2, Nr. 1, S. 1-8 als Denkschrift des Admirals Gijsels van Lier.

[7] Die Holländer waren auf vier Jahre von den Visitationen befreit worden.

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien und ihr Scheitern
Université
Humboldt-University of Berlin  (Institut für Asien- und Afrikawissenschaften)
Cours
Hauptseminar
Note
1,0
Auteur
Année
2000
Pages
27
N° de catalogue
V76869
ISBN (ebook)
9783638826457
Taille d'un fichier
742 KB
Langue
allemand
Mots clés
Ostindienkompanien, Scheitern, Hauptseminar
Citation du texte
Martin Miehe (Auteur), 2000, Die brandenburg-preußischen Ostindienkompanien und ihr Scheitern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76869

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