Ist Mädchenarbeit in Zeiten von Gender Mainstreaming noch aktuell?


Hausarbeit, 2005

24 Seiten


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Mädchenarbeit und Gender Mainstreaming

Mädchenarbeit ab den siebziger Jahren
Gender Mainstreaming
Gender Mainstreaming - Auswirkungen und Chancen für die Mädchenarbeit
Forschungen, Studien und Fakten
Notwendigkeit und Aktualität

Fazit

Anhang

Literatur

Einleitung

Die Frage nach der Aktualität von Mädchenarbeit ergibt sich im Grunde sobald man über die Thematik der Mädchenarbeit zum Prozess des Gender Mainstreamings (GM) gelangt. Die Gefahr, dass mit GM die Koeducation zum Gleichstellungsmittel erklärt und somit geschlechtsspezifische Jugendarbeit marginalisiert wird, ja sogar dass Mädchenarbeit durch GM ersetzt wird, berechtigt die Fragestellung nach Notwendigkeit und Aktualität von Mädchenarbeit. Brauchen die Mädchen von heute überhaupt noch speziell auf sie zugeschnittene Jugendarbeit? Sind sie nicht schon emanzipiert genug?

Bevor ich in der vorliegenden Hausarbeit dieser Frage auf den Grund gehe, stelle ich einleitend mit einigen Worten die Mädchenarbeit vor. In diesem Fall beziehe ich mich lediglich auf die Mädchenarbeit ab 1970, da ich der Meinung bin dass erst im Verlauf dieser Jahre feministische Mädchenarbeit geleistet und praktiziert wurde. In diesen Jahren rückten geschlechtsspezifische Unterschiede in den Blick- und Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Im weiteren Verlauf erläutere ich den noch relativ neuen Begriff des Gender Main­streamings- was bedeutet er, was soll er bewirken und vor allem, welche Auswirkungen hat dieser auf die geschlechtsspezifische Jugendarbeit. Insbesondere auf die Mädchenarbeit. Soll GM die Mädchenarbeit ersetzen oder lediglich ergänzen, erweitern und unterstützen?

Im weiteren Verlauf der Hausarbeit soll anhand von ausgewählten Veröffentlichungen und Studien, wie zum Beispiel den Kinder- und Jugend­bericht der Landesregierung NRW und der Shell Studie, die Notwendigkeit von geschlechtsspezifischer Jugendarbeit deutlich gemacht werden.

Vorstellen werde ich in diesem Zusammenhang die von der Arbeitsge­meinschaft parteilicher Mädchenarbeit (ApM) entwickelten „Mannheimer Leitlinien“, welche zur Förderung der Mädchenarbeit in der Kinder- und Jugendhilfe und Unterstützung der Chancengleichheit von Mädchen dienen sollen. Die in den Leitlinien festgelegten Ziele zeigen auf, welche Punkte für die Mädchenarbeit wichtig und zu beachten sind. Denn mit deren Hilfe ist sicherlich ein Grundstein gelegt worden um Mädchen in den Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stellen.

Mädchenarbeit und Gender Mainstreaming

Mädchenarbeit ab den siebziger Jahren

Die Jugendarbeit der siebziger Jahre generell will soziostrukturell und sozioökonomisch bedingte Zwänge, Defizite und Benachteiligungen aufgreifen und reflektieren. Geschlechtspezifische Themen werden jedoch erst Mitte der Siebziger anlässlich eigener Erfahrungen in der Jugendarbeit von einigen engagierten Pädagoginnen mit Ansätzen einer feministischen und parteilichen Mädchenarbeit aufgegriffen. Kritisiert wurde zum einen die bis dato traditionelle Mädchenarbeit und die Mädchenbildungsarbeit aufgrund ihrer einseitigen, geschlechtsstereotype verfestigenden Ausrichtung und Praxis. Zum anderen wurden Theorieansätze zur Jugendarbeit der vergangenen zwanzig Jahre kritisiert, welche nahezu ausschließlich auf Jungen ausgerichtet war. Ebenso die Benachteiligung von Mädchen, beziehungsweise ihre Ungleichbehandlung in der koedukativen Praxis wurden stark kritisiert.

Aufgrund dieser Kritik wurden von den wenigen engagierten Pädagoginnen erste Ansätze feministischer Mädchenarbeit entwickelt und erprobt. Die feministische Mädchenarbeit (FMA) versteht sich als eine für Mädchen und ihre Belange parteiliche. Ausgangspunkt der FMA ist, dass die Lebensrealität von Mädchen erstrangig durch ihre Geschlechtszugehörigkeit bestimmt wird. Die feministische Mädchenarbeit soll die Lebenssituation von Mädchen verbessern und die Mädchen dazu führen, sich zu behaupten, selbstbewusst zu werden und sich eine eigenständige Identität als Frau zu erarbeiten.[1] Die Grundsätze der Mädchenarbeit sind:

- Parteilichkeit,
- Frauen als Identifikationsmodelle,
- Um- und Aufwertung weiblicher Eigenschaften,
- Ganzheitlichkeit.

Als Ziele steckt sich die Mädchenarbeit zum Beispiel: Förderung der Autonomie, Prävention, Partizipation und Schaffung von Räumen. Die feministische und parteiliche Mädchenarbeit stellt als unverzichtbare Prinzipien die Neu- beziehungsweise Abwertung weiblicher Eigenschaften und Kompetenzen auf. Ebenso auf die Parteilichkeit der Pädagoginnen sowie auf eine Arbeit in geschlechtshomogenen Gruppen und eigenen Räumen wird großer Wert gelegt. Die Mädchenarbeit will Rahmenbedingungen schaffen, damit Mädchen ihre Potentiale entdecken, aktivieren und lernen, sie auszugestalten. Es wird also angestrebt, die komplette Palette menschlicher Möglichkeiten zu erforschen und nutzen zu können.[2] Weibliche Kompetenzen sollen unterstützt, „wieder belebt“, und als Stärken hervorgehoben werden. Mädchen und junge Frauen sollen lernen, dass ihre vermeintlichen Schwächen – wie beispielsweise Empathie oder Sensibilität, nicht nur zur Opferfähigkeit, sondern auch zur Widerstandsfähigkeit und Menschlichkeit prädestinieren.[3]

In der folgenden Zeit entstanden erste regelmäßige Gruppenarbeitstreffen mit Mädchen. Dort wo es möglich war, bekamen die Mädchengruppen einen eigenen Raum zur Verfügung gestellt. Die Themen der Treffen orientierten sich an den Interessen der Mädchen, welche unterstützt, gefördert, verstanden wurden.

In den achtziger Jahren erschien der sechste Jugendbericht, mit welchem die parteiliche/feministische Mädchenarbeit[4] Rückendeckung sowie öffentliche Beachtung erhielt. In dem Bericht wurden Problemfelder von Mädchen in Familie und Gesellschaft benannt und beschrieben. Darauf folgend wurde die Jugendhilfe in die Pflicht genommen, Mädchen eine selbstbestimmt und selbstverantwortliche Identitätsarbeit und Lebensplanung zu ermöglichen. Dem Einfluss der Frauenbewegung ist zu verdanken, dass Mädchenarbeit in die Jugendarbeit einzog, dass einige Angebote für Mädchen entstanden, wie zum Beispiel Mädchenläden oder Mädchencafés.

Gesetzlich wurde die Mädchenarbeit jedoch erst in den neunziger Jahren verankert, das KJHG trat 1990 in Kraft. „Bei der Ausgestaltung der Leistungen und der Erfüllung der Aufgaben sind die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von Mädchen und Jungen zu fördern.“[5]

Damit wurde Mädchenarbeit vom freiwilligen Status überführt zur gesetzlich vorgeschriebenen Querschnittsaufgabe der Jugendhilfe. Mit den im §9,3 KJHG festgeschriebenen Aufgaben wurde auch die inhaltliche Richtung der Mädchenarbeit festgelegt: Eine an den jeweiligen Eigenarten ansetzende, Benachteiligungen abbauende und Gleichberechtigung fördernde Pädagogik umschreibt. Die Grundsätze parteilicher Mädchenarbeit umfassen eine Pädagogik, die an den jeweiligen Eigenarten ansetzt, Benachteiligung abbaut und Gleichberechtigung fördert.

Gender Mainstreaming

Beschäftigt man sich mit der Thematik der heutigen Mädchenarbeit, bzw. Jugendarbeit, stößt man unweigerlich immer wieder auf den Begriff des Gender Mainstreaming.

1985 auf der dritten Weltfrauenkonferenz hervorgebracht, 1995 auf der vierten

Weltfrauenkonferenz in Peking bekräftigt, meint der Begriff Gender Mainstreaming den Versuch, die Gleichstellung der Geschlechter auf allen gesellschaftlichen Ebenen durchzusetzen, quasi ein Instrument zur Herstellung von geschlechtergerechter Rahmenbedingungen und Strukturen. Im Juni 1999 fasste die Bundesregierung den Beschluss, die Gleichstellung von Frauen und Männern durchgängig durch die Strategie des GM zu fördern. Diesem Beschluss folgte die Novellierung der Geschäftsordnung der Bundesministerien, in der alle Ressorts verpflichtet werden GM bei allen politischen Normgebundenen und verwaltenden Maßnahmen der Bundesregierung zu berücksichtigen. Seit Januar 2001 ist die „Gleichstellung von Mädchen und Jungen als durchgängiges Leitprinzip – Gender Mainstreaming“ zur zentralen Aufgabe der Förderung durch den Kinder- und Jugendplan des Bundes erklärt worden. Somit wurde der Aspekt der Chancengleichheit als politische Hauptströmung an höchster Stelle als gesellschaftliche Anforderung und Aufgabe festgeschrieben. Eine Definition des Bundesministeriums lautet folgendermaßen:

[...]


[1] vgl. Klees ( 2004). S. 14

[2] ebd. S.34

[3] vgl. Klees (2004). S.35

[4] „Parteiliche Mädchenarbeit versteht sich als ein Arbeitsansatz, der Mädchen und junge Frauen in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stellt, ihre Geschlechtsbedingten und individuellen Lebensumstände berücksichtigt und sie darin unterstützt, zu selbständigen und eigenverantwortlichen Frauen heranzuwachsen und den eigenen Lebensweg bewusst und aktiv zu gestalten. Neben dieser individuellen Aufgabe setzt sich parteiliche Mädchenarbeit gegen die Diskriminierung und Unterdrückung von Mädchen und Frauen und für ein gleichberechtigtes Miteinander der Geschlechter ein, das nicht länger bestimmt ist von männlicher Gewalt und Herrschaft gegen bzw. über Mädchen und Frauen. Parteiliche Mädchenarbeit beinhaltet somit die drei Dimensionen Geschlechtsidentität, Pädagogik und Politik und wirkt sowohl individuell fördernd als auch gesellschaftsverändernd.“

[5] o. V. (§9 Absatz 3)

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Ist Mädchenarbeit in Zeiten von Gender Mainstreaming noch aktuell?
Hochschule
Universität Osnabrück
Autor
Jahr
2005
Seiten
24
Katalognummer
V76775
ISBN (eBook)
9783638823371
Dateigröße
512 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mädchenarbeit, Zeiten, Gender, Mainstreaming
Arbeit zitieren
Kristine Ricken (Autor:in), 2005, Ist Mädchenarbeit in Zeiten von Gender Mainstreaming noch aktuell?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76775

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