Die verhaltensbedingte Kündigung. Die häufigsten Kündigungsgründe und Abgrenzungsschwierigkeiten


Seminararbeit, 2007

28 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsübersicht

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung

B. Die verhaltensbedingte Kündigung
1. Allgemeines
1.1 Zweck der verhaltensbedingten Kündigung
1.2 Begriff
1.3 Abgrenzung zu anderen Kündigungsgründen
1.3.1 Abgrenzung zur personenbedingten Kündigung
1.3.2 Abgrenzung zur außerordentlichen Kündigung
2. Struktur der verhaltensbedingten Kündigung
2.1 Vertragspflichtwidriges Verhalten
2.2 Negative Zukunftsprognose
2.3 Vorrang des milderen Mittels ( ultima ratio )
2.3.1 Weiterbeschäftigungsmöglichkeit
2.3.2 Abmahnung als milderes Mittel
2.4 Interessenabwägung
2.5 Darlegungs – und Beweislast

C. Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung
1. Alkohol
2. Arbeitspflichtverletzungen
2.1 Arbeitsverweigerung
2.2 Überstunden
2.3 Unentschuldigtes Fehlen/Unpünktlichkeit
2.4 Selbstbeurlaubung
2.5 Schlechtleistung/Minderleistung
3. Falsche Angaben beim Einstellungsgespräch
4. Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht
5. Streik

D. Fazit

E. Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

Die verhaltensbedingte Kündigung ist in § 1 Abs. 2 KSchG geregelt.

„Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.“[1]

Weder der verhaltensbedingte Grund, noch welches Verhalten einen solchen Kündigungsgrund darstellt, ist im Gesetz definiert.

Daher befasst sich Teil B mit den allgemeinen Informationen über die verhaltensbedingte Kündigung; Zweck, Begriffsbestimmung und Abgrenzungs­schwierigkeiten, sowie der Struktur der verhaltensbedingten Kündigung d.h. was bei dieser Art der Kündigung beachtet werden muss.

Teil C dieser Seminararbeit erläutert fünf der häufigsten Kündigungsgründe, die zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.

B. Die verhaltensbedingte Kündigung

1. Allgemeines

§ 1 Abs. 2 KSchG unterscheidet neben den betriebsbedingten und den personenbedingten Kündigungsgründen auch die Gründe, die im Verhalten des Arbeitnehmers liegen und somit auch zu einer Kündigung führen können, der verhaltensbedingten Kündigung.[2]

1.1 Zweck der verhaltensbedingten Kündigung

Mit der Möglichkeit einer verhaltensbedingten Kündigung wird dem Arbeitgeber das Recht eingeräumt, auf ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers angemessen zu reagieren, wo die Schwelle des wichtigen Grundes zur außerordentlichen Kündigung noch nicht erreicht ist.[3] Im Unterschied zur außerordentlichen Kündigung müssen die verhaltensbedingten Gründe nicht so schwerwiegend sein, dass sie für den Arbeitgeber die Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ende der Kündigungsfrist oder bis zur vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses begründen.[4] Damit wird dem Arbeitgeber bei Vertragsverletzung das Recht zur Auflösung des Vertrages eingeräumt, um das Risiko weiterer Vertragsverletzungen zu vermeiden.[5]

1.2 Begriff

§ 1 Abs. 2 KSchG erläutert nicht näher was als verhaltensbedingter Kündigungsgrund zu verstehen ist. Nach der Rechtsprechung kommt für die verhaltensbedingte Kündigung jegliches schuldhaftes und vertragspflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers in Betracht, das zu Störungen im Leistungsbereich, im betrieblichen Bereich oder im Vertrauensbereich führt. Das Verhalten in der Freizeit ist nur von Bedeutung, wenn es sich auf die Arbeitsleistung auswirkt.[6]

1.3 Abgrenzung zu anderen Kündigungsgründen

1.3.1 Abgrenzung zur personenbedingten Kündigung

Bei der personenbedingten und der verhaltensbedingten Kündigung kommen die Gründe ausschließlich aus der Sphäre des Arbeitnehmers, während die betriebsbedingten Kündigungsgründe aus der Sphäre des Arbeitgebers kommen. Somit ergeben sich Abgrenzungsprobleme zwischen der personenbedingten und der verhaltensbedingten Kündigung. Folgende Abgrenzungsformel hilft bei der Differenzierung:[7]

- Personenbedingte Gründe: „Der Arbeitnehmer kann nicht vertragstreu sein, selbst wenn er wollte.“
- Verhaltensbedingte Gründe: „Der Arbeitnehmer könnte, will aber nicht vertragstreu sein.“[8]

Somit kommt eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, wenn der Arbeitnehmer gegen seine Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstößt. Liegt keine derartige Pflichtverletzung vor, ist nur eine personenbedingte Kündigung möglich.[9]

1.3.2 Abgrenzung zur außerordentlichen Kündigung

Der Unterschied zwischen der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung und der außerordentliche Kündigung ist, dass bei der außerordentlichen Kündigung ein erheblicher Grund vorliegen muss, der unter Berücksichtigung aller Umstände und unter Abwägung beiderseitiger Vertragsinteressen dem Arbeitgeber eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.[10]

2. Struktur der verhaltensbedingten Kündigung

2.1 Vertragspflichtwidriges Verhalten

Voraussetzung für eine verhaltensbedingte Kündigung ist das Vorliegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers, dass die arbeitsvertragliche Beziehung beeinträchtigt. Eine Beeinträchtigung des Arbeitsverhältnisses liegt vor, wenn der Arbeitnehmer eine vertragliche Haupt- oder Nebenpflicht verletzt. Ein außerdienstliches Verhalten, mit dem der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstößt, kann auch zu einer verhaltensbedingten Kündigung führen.[11]

Die Hauptpflicht des Arbeitnehmers besteht darin, die geschuldete, vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Nebenpflichten können sich entweder aus dem Arbeitsvertrag, aus Betriebsver­einbarungen oder Arbeitsan­weisungen des Arbeitgebers ergeben. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, die Interessen des Arbeitgebers nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB zu erbringen ( sog. Treuepflicht ).[12]

Weiterhin kommt eine verhaltensbedingte Kündigung nur in Betracht, wenn der Arbeitnehmer schuldhaft d.h. vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Sein Handeln muss steuerbar gewesen sein. Ein Irrtum des Arbeitnehmers über die Zulässigkeit seines Verhaltens schließt die Kündigung nicht aus, wenn der Arbeitnehmer sich über seine Rechte und Pflichten nicht erkundigt hat.[13]

2.2 Negative Zukunftsprognose

Auch bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen gilt nach h.M. und dem BAG das „Prognoseprinzip“.[14] Dabei ist zu beachten das die verhaltensbedingte Kündigung keine Sanktion für Fehlverhalten in der Vergangenheit ist, sondern rein zukunftsbezogen ist. Entscheidend für die Prognoseprüfung ist, ob das vergangene Ereignis ( die Vertragsverletzung ) so schwerwiegend ist, dass es sich auch künftig belastend auswirkt und aus diesem Grund eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses unmöglich erscheint oder ob eine Wiederholungsgefahr besteht, d.h. auch in Zukunft aufgrund des Verhaltens des Arbeitnehmers mit weiteren Vertragsverletzungen zu rechnen ist. Verstößt der Arbeitnehmer trotz Abmahnung erneut gegen gleiche oder ähnliche Vertragspflichten, so ist im Allgemeinen eine Wiederholungsgefahr anzunehmen. Somit dient die Abmahnung als Prognosegrundlage für die Wiederholungsgefahr und hat indizielle Bedeutung. Je größer das Verschulden oder die Störung des Vertrauens ist, desto eher ist eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt.[15]

2.3 Vorrang des milderen Mittels ( ultima ratio )

Auch bei der verhaltensbedingten Kündigung gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses muss für den Arbeitgeber das letzte Mittel ( ultima ratio ) sein. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 und 3 KSchG ist die verhaltensbedingte Kündigung sozial ungerechtfertigt, wenn eine Möglichkeit zur Weiterbe­schäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen oder nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist.

Der Arbeitgeber muss, bevor er eine Kündigung aussprechen kann, alle ihm zumutbaren und geeigneten Mittel ausschöpfen, die geeignet sind, zukünftige Störungen zu vermeiden. Welche milderen Mittel gegenüber der Kündigung möglich und geeignet sind, ist anhand der konkreten Situation zu entscheiden.[16]

2.3.1 Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Vor einer verhaltensbedingten Kündigung ist zu prüfen, ob eine Versetzung zu einem störungsfreien Arbeitsverhältnis verhelfen kann. Liegt eine solche Möglichkeit vor, entfällt der Kündigungsgrund. Die Versetzung kommt als milderes Mittel nur in Betracht, wenn der verhaltensbedingte Kündigungsgrund arbeitsplatzbezogen ist, d.h. die Vertragspflichtverletzungen auf einem anderen Arbeitsplatz nicht eintreten (z.B. Schlechtleistungen, Spannungsverhältnisse unter Kollegen). Arbeitsplatzunabhängige Vertragspflichtverletzungen wie z.B. Verstöße gegen betriebliche Verbote oder Straftaten zum Nachteil des Arbeitgebers können auch nicht durch eine Versetzung zu einem störungsfreien Arbeitsverhältnis verhelfen. Die Versetzung wäre als ein vorrangiges milderes Mittel ungeeignet. Bei einer Störung im Vertrauens­bereich kommt idR eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz nicht in Betracht.[17]

Eine Versetzung kommt in Betracht, wenn

- ein freier Arbeitsplatz besteht, auf dem der Arbeitnehmer die verlangte Tätigkeit anforderungsgerecht ausführen kann
und
- objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Arbeitnehmer das beanstandete Verhalten auf dem anderen Arbeitsplatz nicht fortsetzen wird, es sich also um arbeitsplatzbezogene Pflichtverstöße handelt
und
- dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung auf dem freien Arbeitsplatz zumutbar ist; dies hängt sowohl von den Ursachen des Fehlverhaltens und als auch von der Schwere des Pflichtverstoßes ab, also von der Intensität und den Folgen der Vertragspflicht­verletzung.[18]

2.3.2 Abmahnung als milderes Mittel

Nach dem Kündigungsschutz zugrunde gelegten ultima-ratio-Prinzip ist eine verhaltensbedingte Kündigung erst dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer zuvor wegen einer gleichen oder gleichartigen Pflichtverletzung erfolglos abgemahnt wurde. Der Gesetzgeber hat diesen Grundsatz in § 314 Abs. 2 BGB verankert.

Mit der Abmahnung soll der Arbeitnehmer auf ein bestimmtes vertragswidriges Verhalten aufmerksam gemacht werden und ihm soll dadurch die Möglichkeit eingeräumt werden es abzustellen da ansonsten im Wiederholungsfall als Konsequenz die Beendigung des Arbeitsver­hältnisses droht. Damit erfüllt die Abmahnung mehrere Funktionen.

[...]


[1] § 1 Abs. 2 KSchG

[2] Vgl. Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, § 1 Rdn. 6.

[3] Vgl. Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, Rdn. 503; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 1.

[4] Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, Rdn. 503.

[5] Vgl. Weiss/Gagel, HAS, § 19 Rdn. 1.

[6] Vgl. Weiss/Gagel, HAS, § 19 Rdn. 1; Däubler, Arbeitsrecht – Ratgeber für Beruf, Praxis und Studium, Rdn. 855; Huber, Die Kündigung: Ratgeber für die arbeitsrechtliche Praxis, Rdn. 855; Wollenschläger, Arbeitsrecht, Rdn. 428.

[7] Vgl . Kündigungsrecht/Dörner, §1 Rdn. 266; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 6.

[8] Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, Rdn. 498.

[9] Vgl . Kündigungsrecht/Dörner, §1 Rdn. 266.

[10] Vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 325; Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, § 15 Rdn. 4 – 5 ; Kündigungsrecht/Dörner, § 1 Rdn. 267.

[11] Vgl. Berkowsky, Die personen- und verhaltensbedingte Kündigung, § 6 Rdn. 17; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 286 – 287; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 12 – 14; Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, Rdn. 504.

[12] Vgl . Wollenschläger, Arbeitsrecht, Rdn. 102 – 107; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 289.

[13] Vgl. Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 291 – 292.

[14] Vgl. Brox/Rüthers/Henssler, Arbeitsrecht, Rdn. 496; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht Band 1, § 10 Rdn. 178 , Wollenschläger, Arbeitsrecht, Rdn. 429.

[15] Vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rdn. 690; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht Band 1, § 10 Rdn. 178; Wollenschläger, Arbeitsrecht, Rdn. 429; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 291; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 28-29.

[16] Vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rdn. 691; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 31; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 295; Hromadka/Maschmann, Arbeitsrecht Band 1, § 10 Rdn. 179.

[17] Vgl. Stahlhacke/Preis/Vossen, Kündigung und Kündigungsschutz im Arbeitsverhältnis, Rdn. 692; Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 33 - 36; Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Ascheid, § 1 Rdn. 295.

[18] Weiss / Gagel, HAS, § 19 E Rdn. 34.

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die verhaltensbedingte Kündigung. Die häufigsten Kündigungsgründe und Abgrenzungsschwierigkeiten
Hochschule
Fachhochschule Trier - Hochschule für Wirtschaft, Technik und Gestaltung
Note
1,7
Autoren
Jahr
2007
Seiten
28
Katalognummer
V76711
ISBN (eBook)
9783638821414
ISBN (Buch)
9783638822589
Dateigröße
410 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kündigung
Arbeit zitieren
Lucy Stan (Autor:in)M. Chochliuk (Autor:in), 2007, Die verhaltensbedingte Kündigung. Die häufigsten Kündigungsgründe und Abgrenzungsschwierigkeiten, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76711

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