Wirtshäuser als kommunikative Knotenpunkte in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender


Hausarbeit, 2007

31 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Wirtshäuser als kommunikative Knotenpunkte und Orte der Begegnung in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender

1. Einleitung

2. Bedeutung des frühneuzeitlichen Wirtshauses im Zuge des zunehmenden Reiseverkehrs
2.1. Kurze Darstellung der Entwicklung des Wirtshauses in der Frühen Neuzeit
2.2 Bedeutung des Wirtshauses als Verpflegungs- und Übernachtungsstation für die frühneuzeitlich Reisenden
2.3 Bedeutung des Wirtshauses als kommunikatives und soziales Zentrum

3. Darstellung der Wirtshäuser in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender
3.1 Allgemeine Bemerkungen zu den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender
3.2 Reisebeschreibung von Ullrich Bräker
3.2.1 Zur Person Ullrich Bräkers
3.2.2 Darstellung der Wirtshausverhältnisse auf Bräkers Marsch von Berlin nach Pirna 1756
3.3 Reisebeschreibung von Sophie Becker aus den Jahren 1784 bis 1786
3.3.1 Hintergrund der Verfassung des Reisetagebuchs von Sophie Becker
3.3.2 Beschreibung der Wirtshäuser in Sophie Beckers Reisetagebuch
3.4 Thomas Nugents Reisen durch Mecklenburg
3.4.1 Zur Person Thomas Nugent
3.4.2 Wirtshausbeschreibungen in Nugents Reisebriefen

4. Resümee

Wirtshäuser als kommunikative Knotenpunkte und Orte der Begegnung in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender

1. Einleitung

In einer Reisebeschreibung des späteren Arztes Jung-Stilling heißt es:

„Nicht weit vom Ufer war ein Wirtshaus, Stilling mit seinen Kameraden ging da hinein und in die Stube, welche voller Stroh gespreitet war. Dort in der Ecke lag ein vortrefflicher ansehnlicher Mann. Eine Strecke von demselben ein Soldat. Wieder einen Schritt weiter ein junger Mensch, der einen versoffenen Kauz von Studenten so ähnlich sahe als ein Ei dem anderen. […] Der andre hatte sein Schnupftuch um den Kopf gebunden und den Soldatenrock über ´sich her und schnarchte. Der dritte lag da mit bloßem Haupt im Stroh, und ein englischer Frack lag quer über ihn her;[…] Hinten in der Ecke lag etwas, man wusste nicht, was es war,[…] nun entdeckt Stilling, dass es eine Gattung von Weibsmenschen war.“[1] Diese Beschreibung eines Wirtshauses von Jung-Stilling trifft in ihrer lebhaften Schilderung den Nerv der Zeit und wirft zugleich zahlreiche Fragen auf.

In einem Zeitalter der „Medienrevolution“, die durch den Bau von befestigten Straßen, der Entwicklung eines ausdifferenzierten Postsystems, der wachsenden Alphabetisierung und nicht zuletzt der Verbreitung von Zeitungen als Informationsquellen gekennzeichnet war, stellt sich zwangsläufig die Frage, welche Rolle ein öffentlicher Ort wie das Wirtshaus gespielt haben mag.

War es nur ein Ort, an dem sich die einheimische Bevölkerung zum abendlichen Trinkgelage eingefunden hat, oder fanden hinter der unscheinbaren Fassade eines Wirtshauses nicht vielmehr Kommunikationsprozesse zwischen den unterschiedlichsten sozialen Schichten ihren Anfang? Stellt man ferner in Rechnung, dass ein Zusammentreffen von verschiedenen Menschen nur durch die wachsende Mobilität und eine zunehmende Ausdifferenzierung der Verkehrsmittel möglich war, so ist die Gruppe der Reisenden als Gäste der Wirtshäuser von besonders hohem Interesse. Warum so viele Reisende der Frühen Neuzeit immer wieder Wirtshäuser besuchten, und welche Bedingungen sie dort vorfanden sind zentrale Fragen meiner Untersuchung. Um jedoch das Wirtshaus in den Kontext der oben erwähnten technischen und kommunikativen Veränderungen der Frühen Neuzeit einordnen zu können, muss hier zwangläufig die zentrale Frage nach der Rolle des Wirtshauses als kommunikativem und sozialem Zentrum im Zuge des zunehmenden Reiseverkehrs gestellt werden.

Vor diesem Hintergrund sollen die Reiseberichte von Reisenden des 18. Jahrhunderts einen Schwerpunkt der Arbeit darstellen. Die Fülle von Reiseberichten, die in dieser Zeit entstanden sind, veranlassten die Forschung zu einer breiten Diskussion um Probleme, die bei der Arbeit mit Reiseliteratur auftreten. Sie fragen nach den verschiedenen Reisetypen wie der Kavalierstour oder der Pilgerreise, aber auch der Einfluss geistesgeschichtlicher Strömungen auf die Reisenden sowie Frauenreisen[2] werden problematisiert. Die genannten Aspekte sollen für diese Untersuchung allenfalls eine marginale Rolle spielen. Vielmehr sollen die Reiseberichte nach den Wirtshäusern des 18. Jahrhunderts befragt werden.

Die verwendete Methodik bedarf klärender Worte. Bevor ein gezieltes Augenmerk auf einige ausgewählte Reiseberichte gelegt werden kann, ist eine Beschäftigung mit der Bedeutung des frühneuzeitlichen Wirtshauses im Zuge des zunehmenden Reiseverkehrs unerlässlich. An dieser Stelle soll eine Auskunft über die Entwicklung des Wirtshauses in der Frühen Neuzeit bis zu dessen Funktion als Ort der Kommunikation für die Reisenden gegeben werden. Im Anschluss soll dem Leser ein orientierender Einblick in die Reisebeschreibungen frühneuzeitliche Reisender verschafft werden, um dann den Blick auf drei ausgewählte Reisebeschreibungen des 18. Jahrhunderts wenden zu können. Wie bereits oben angemerkt, brachte das 18. Jahrhundert eine Vielzahl von Reisebeschreibungen hervor. Daher muss an dieser Stelle der Untersuchung eine soziale Abgrenzung erfolgen, um einen möglichst differenzierten Blick auf die Rolle der Wirtshäuser für die Reisenden des 18.Jahrhunderts zu erhalten.

Aus diesem Grund habe ich mich dafür entschieden, den Reisebericht eines Schweizer Bauernsohnes, den der Pfarrerstochter Sophie Becker auf ihrer Reise als Gesellschafterin von Charlotte von der Recke sowie den eines englischen Gelehrten nach den Wirtshäusern des 18. Jahrhunderts zu befragen. Auf diese Weise werden die Wirtshausverhältnisse des 18. Jahrhunderts aus drei völlig konträren Blickwinkeln beleuchtet.

Den Abschluss der Untersuchung bildet ein Resümee, welches versucht, auf die hier aufgeworfenen Fragen unter Heranziehung der Untersuchungsergebnisse eine Antwort zu finden. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sollen schließlich die Aussagen der Reiseberichte über die Wirtshäuser auf deren Gemeinsamkeiten und Unterschiede betrachtet werden.

In der Gesamtschau und Würdigung aller Ergebnisse der Arbeit, soll schließlich eine abschließende These darüber aufgestellt werden, wie groß die Bedeutung des Wirtshauses als kommunikatives Zentrum für die Reisenden tatsächlich war.

2. Bedeutung des frühneuzeitlichen Wirtshauses im Zuge des zunehmenden Reiseverkehrs

2.1. Kurze Darstellung der Entwicklung des Wirtshauses in der Frühen Neuzeit

Betrachtet man die Entwicklung des Wirtshauses in der Frühen Neuzeit, so muss zunächst auf dessen Wurzeln im Mittelalter verwiesen werden. Aus der christlich empfundenen Pflicht der Gastfreundschaft entstanden Xendochien, Hospize und Spitäler. Diese dienten als Unterkünfte für die zahlreichen Pilger. Eine weitere Entwicklungslinie geht auf die Gründung von Landgasthöfen wie sie in den ostelbischen Gebieten vorzufinden waren, zurück. Die kommerzielle Form der Gastlichkeit findet ihre Wurzeln im Bereich des christlichen Hospitals, das sich im späten Mittelalter fast überall durchgesetzt hat.[3] Die Entwicklung des frühneuzeitlichen Wirtshauses wurde von verschiedenen Faktoren entscheidend geprägt und beeinflusst. Generell lässt sich jedoch feststellen, dass ab der Schwelle zum 17. Jahrhundert im Wesentlichen drei Faktoren in gemeinsamer Verquickung den Werdegang des Wirtshauses entscheidend mitbestimmten.

Neben dem Erstarken des städtischen Bürgertums und dem wachsenden Wohlstand als einer Folge des weiter greifenden Handels, ist hier vor allem die wachsende Ausgestaltung des Reiseverkehrs zu nennen.

Im Folgenden soll unter dem Gesichtspunkt des Einflusses des Reiseverkehrs auf das Wirtshaus dessen Entwicklung vom 17. Jahrhundert bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert in groben Zügen dargestellt werden.

Der Reiseverkehr der Frühen Neuzeit stand bis zur Errichtung der Eisenbahn im Zeichen der Postkutsche. Dem Wirtshaus fiel insofern eine entscheidende Stellung zu, als das es Ausgangs – Durchgangs –und Einkehrort für Postfuhrwerke und Boten war. Besonders interessant erscheint eine Begründung, mit welcher 1675 ein an die Räte von Bern gerichtetes Gesuch der Notwendigkeit einer Postverbindung für Personenbeförderung geschildert wird. Darin heißt es, dass dafür Sorge getragen werden müsse, dass außer Briefen und Paketen auch Personen befördert würden, da andernfalls „[…] hierdurch der Bürgerschaft die Gelegenheit genommen würde, ihre Söhne in die Frömbde zu schicken.“[4]

Im Zuge der sich im 16. Jahrhundert etablierenden taxischen Posten im Reich entstanden entlang der gefahrenen Postroute Postgasthäuser. In größeren Orten entstanden Postanstalten und Postmeistereien. Diese etablierten sich fast ausnahmslos in Gasthöfen. Postleute und Passagiere fanden hier eine Herberge zum Übernachten. Die Entstehung von solchen Postgasthäusern erleichterte das Reisen in einem großen Maße und befriedigte somit ein dringendes Bedürfnis der Zeit. Mit dem Aufkommen der Kutsche als einem neuen Personenbeförderungsmittel an der Schwelle zum 17. Jahrhundert wurde der Boden für die Thurn und Taxische Personenpost geöffnet. In einem unmittelbaren Wirkungszusammenhang steht der damit verbundene Auftrieb des Wirtsgewerbes. Entlang der einzelnen Poststationen entstanden zahlreiche Gasthäuser „zur Post“. Im Zuge dieser Entwicklung wurde die Post in kurzer Zeit zu einer von Reisenden viel benutzten Einrichtung.

Die Obrigkeit hat schnell die Möglichkeit der fiskalischen Abschöpfung erkannt, welche sich durch die kommerzielle Form des Gastgewerbes eröffnete. So heißt es in einem Reglement von 1757 „ […] dass zwar einem jeden, gute Freunde und Anverwandte bei sich zu logiren und an seinen Tisch zu nehmen, unverwehret, insoferne es aber für Geld geschiehet, diese Freiheit von denen, die keine Gastwirte sind, auf kürzerer als monatliche Vermietung ihrer Zimmer, auch, soviel das Speisen betrifft, nicht über zwo Personen zu erstrecken sein und dass sich übrigens niemand in der Stadt und Vorstadt mit Speisen und Herbergieren abgeben soll, wenn er solches nicht vohero auch angezeigt und, wie dieses geschehen, bei Unserm Commendanten mit glaubhafter Bescheinigung gemeldet hat.“[5]

Quellen wie diese zeigen, dass offenbar nicht jeder ein Wirtshaus betreiben durfte, sondern dass hierzu eine obrigkeitliche Erlaubnis notwendig war. Diese beinhaltete ebenso eine gewisse Preiskontrolle und verpflichtete die Wirte dazu, ihre Gäste nicht zu betrügen und Verstöße gegen die geltenden Rechtsvorschriften der Obrigkeit anzuzeigen.[6] Ein formales aber umstrittenes Kriterium waren die Öffnungszeiten der Wirtshäuser. Je nach Region und Jahreszeit mussten die Wirtshäuser zwischen sieben und zehn Uhr abends schließen. Außerdem durfte sonn- und feiertags sowie während der Messe oder Predigt nicht ausgeschenkt werden. Ann Tlusty problematisiert darüber hinaus den umstrittenen Fall, dass in Schenken, deren Gaststube zugleich der zentrale Aufenthaltsraum der Hausbewohner war, die strenge Reglementierung der Öffnungszeiten quasi ausgehebelt wurde.[7]

Versucht man Rückschlüsse auf den Komfort der Gasthöfe zu ziehen, so darf man sich die Durchschnittsgaststätte bis weit in das 18. Jahrhundert hinein nicht primitiv genug vorstellen. Schließlich muss man sich gegenwärtig halten, dass es bei dem Grossteil der Wirtshäuser um eine Erweiterung und „ Anpassung des eigenen Hauswesens an die Erfordernisse der Fremdenbeherbergung und des Ausschanks handelte […]“[8] Der Engländer Thomas Lediard schildert in seiner Reisebeschreibung aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts die Zustände in deutschen Wirtshäusern folgendermaßen: „ So mussten wir uns niederlegen, auf der einen Seite wiederkauten die Kühe und auf der anderen grunzten die Schweine. Eine Bucht voll schreiender Kinder, mit drei oder vier Weibsleuten lag zur rechten und ihre Männer im Kornbranntwein glückliche betrunken, einer schnarchend, der andere lärmend, der dritte kotzend zur linken. Ein Gestank, der von Ausdünstungen so vielerlei Tiere und aus anderen Nebenursachen entstand, machte, dass wir nicht wussten, ob wir einen Blumenstrauß oder einen Nachtstuhl rochen.[9] Lediards Beschreibung der Wirtshausverhältnisse aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts vermittelt einen realistischen Eindruck von den Bedingungen, die Reisende in den Gasthöfen antrafen. Das Bild, das Lediard von den Gasthöfen des 18. Jahrhunderts zeichnet, deckt sich weitestgehend mit dem des Freiherrn von Knigge, der während der 1770`er und 1780`er Jahre durch Mitteleuropa reiste. In den Wirtshäusern, in denen er auf seiner Reise nächtigt „[…] rauchen die Öfen und werden nicht geschmiert, damit der Gast bestellt, dass man das Holz wieder herausziehen solle und dennoch bezahlen muss; die Betten sind zu kurz, die Kissen mit blauen Überzügen versehen, damit man den Schmutz nicht wahrnimmt.“[10] An dieser Stelle ist jedoch kritisch zu bedenken, dass noch bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die hygienischen Umstände selbst in Privathaushalten große Mängel aufwiesen. Vor diesem Hintergrund waren es also keineswegs nur die Wirtshäuser, die von Ungeziefern und ähnlichen Unannehmlichkeiten geplagt waren, sondern hygienische Mängel waren ein generelles Problem der Zeit.[11]

Bezüglich der Ausstattung von Wirtshäusern erscheint es plausibel, dass die Handelszentren durch den Postverkehr begünstigt wurden und an diesen Orten die größten und komfortabelsten Gasthöfe anzutreffen waren. Allerdings wäre es verfehlt, würde man annehmen, dass das Gastgewerbe ausschließlich an verkehrstechnisch günstigen Punkten, an denen sich Händler und Siedler einfinden konnten, blühte. Einen Hinweis dafür findet man im Reisetagebuch von Phillip Hainhofer aus dem Jahr 1617. Darin lobt er das Gasthaus „Sieben Kurfürsten“ in Jüterbog, das keineswegs an einem verkehrstechnisch günstigen Punkt lag, als „ […] eine gute, ja der Traktation, Bett und Losamenten halber nach die beste Herberg

[…]“.[12]

Betrachtet man die Entwicklung des Wirtshauses vom späten Mittelalter bis in das frühe 19. Jahrhundert hinein, so lassen sich signifikante Wandlungsprozesse erkennen. Während sich in der Typologie der Gasthäuser auf dem Land kaum solche Prozesse erkennen lassen, verhält es sich in der Stadt ganz anders.[13]

Mit der Einführung neuer Konsumgüter aus dem Orient entstanden seit der Mitte des 17. Jahrhunderts in den Städten vermehrt Kaffeehäuser und salons de the´. Deren nähere Beschreibung soll hier allerdings zugunsten der näheren Untersuchung des Wirtshauses ausgespart bleiben.

Im unmittelbaren Umkreis der Städte entstanden im 18. Jahrhundert Gartenwirtschaften, die zu geselligen Ausflügen einluden. Für die Besucher solcher Gartenwirtschaften waren insbesondere die im Vergleich zu städtischen Wirtshäusern niedrigen Getränkepreise besonders attraktiv. Generell ist in der frühen Neuzeit zu beobachten, dass die soziale beziehungsweise ständische Qualität des Gastes an Bedeutung verliert. Vielmehr gewinnt das „[…] moderne Prinzip des Geldbeutels[14] an Bedeutung. Historiker wie Holger Thomas Gräf und Ralf Pröve betonen, dass die Gäste des Wirtshauses nun nicht mehr nach ihrem sozialen Status differenziert wurden, sondern nach den ihnen zur Verfügung stehenden finanziellen Möglichkeiten.[15] Eine gegenteilige Auffassung vertritt Ann Tlusty, die davon ausgeht, dass der Raum innerhalb eines Wirtshauses nach gewissen Statussymbolen wie „[…] einem eigenen Tisch, einem Zimmer oder einem ganzen Stockwerk, die ausschließlich Gästen hohen Standes vorbehalten waren […]“[16] aufgeteilt war. Ungeachtet des Streits in der Literatur darf davon ausgegangen werden, dass das Prinzip der Gastfreundschaft, in der es darum ging, Fremde in den Haushalt des Gastgebers aufzunehmen und auf ein Entgelt zu verzichten, immer noch vielerorts erhalten blieb.

Im Laufe des 18. Jahrhunderts ist die Anzahl der Wirtshäuser auf 80.000 angestiegen. Damit einher ging eine Zunahme von obrigkeitlichen Bestimmungen bezüglich der Qualität der Wirtshäuser.[17] Diese regelten detailliert, welche Minimalstandards ein Wirtshaus aufzuweisen hatte. Nicht zuletzt wurden genaue Preisvorgaben gemacht, welche bis dato in keiner Weise festgelegt waren, sondern von dem Wohl und Weh des jeweiligen Wirts abhingen. Ähnliches gilt für die „[…] Beschaffenheit, Möblierung und Größe der Zimmer, das Angebot von Speisen und Getränken, die Sauberkeit von Haus und Küche, das Vorhandensein bestimmter Ausstattungen und spezifischen Dienstleistungen, selbst der Umgangston und das Verhalten des Personals […]“.[18] Hinweise für derartige Bestimmungen finden sich beispielsweise im Mylius wieder. „ Die Wirtshäuser sollen mindestens zwei saubere geräumige Stuben für die Gäste haben, eine für vornehme und eine für gemeine Leute. Insbesondere die Stube für die vornehmen Gäste muss mit einem guten jederzeit gut aus geschmierten tüchtigen Ofen oder Kamin, der nicht rauchen darf, sowie einem Tisch und einer Decke drauf, Stühle und Schemel, zwei bis drei kleinen Reisebettstellen, auf jeder eine Matratze mit einem Laken, neben Zudecke und großen Kissen versehen sein. […] Was die Speisung betrifft, so soll der Wirt je nach Beschaffenheit des Ortes und der Jahreszeit das Essen zubereiten. […] Die Getränke sind frisch, sauber und rein zu halten, damit den Gästen stets ein guter Trunk könne vorgesetzt werden, […]“.[19]

[...]


[1] Jung-Stilling, Johann Heinrich, Jünglingsjahre, Wanderschaft und häusliches Leben, Stuttgart 1777.

[2] Pelz, Annegret, Ob und wie das Frauenzimmer reisen soll. Das reisende Frauenzimmer als eine Entdeckung des 18. Jahrhunderts, Oldenburg 1993, S. 125-35.

[3] Vgl. Rau, Gerd u. Susanne Schwerhoff (Hg.), Zwischen Gotteshaus und Taverne. Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln 2004, S. 27-33.

[4] Vgl. Potthoff, Ossip Demetrius u. Georg Kossenhaschen, Kulturgeschichte der dt. Gaststätte, Berlin 1932, S. 407.

[5] Kunkel, Wolfgang, Gustaf Klemens Schmelzeisen u. Hans Thieme (Hg.), Quellen zur neueren Privatsrechtsgeschichte, Weimar 1969.

[6] Vgl. Van Dülmen, Richard, Kultur und Alltag in der Frühen Neuzeit, München 1992, S.125-57.

[7] Vgl. Tlusty, Ann, Privat oder öffentlich?. Das Wirtshaus in der deutschen Stadt des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Gerd Rau und Susanne Schwerhoff (Hg.), Zwischen Gotteshaus und Taverne, Öffentliche Räume in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Köln 2004, S. 53-75.

[8] Potthoff, Ossip Demetrius u. Georg Kossenhaschen, Kulturgeschichte der deutschen Gaststätte, Berlin 1932, S. 412.

[9] Lediard, Thomas, Der deutsche Kundschafter, Lemgo 1764.

[10] Knigge, Adolph Freiherr von, Über den Umgang mit Menschen, hrsg. von Gerd Ueding, Frankfurt/Main 1977.

[11] Vgl. Pröve, Ralf u. Holger Thomas Gräf, Reise in Ungewisse, Frankfurt/Main 1997, S.149-77.

[12] Hainhofer, Phillip, Ein Besuch am Hofe zu Stettin im Jahre 1617, Berlin 1857.

[13] Vgl. Brennan, Thomas, Public Drinking and Popular Culture in Eighteenth-Century Paris, Princeton 1988, S. 87.

[14] Pröve, Ralf u. Holger Thomas Gräf, Reise ins Ungewisse, Frankfurt/Main 1997,S.160.

[15] Vgl. Pröve, Ralf und Holger Thomas Gräf, Reise ins Ungewisse, Frankfurt/ Main 1997, S. 149-77.

[16] Tlusty, Ann, Privat oder öffentlich?. Das Wirtshaus der deutschen Stadt des 16. und 17. Jahrhunderts, in: Gerd Rau u. Susanne Schwerhoff (Hg.), Zwischen Taverne und Gotteshaus, Köln 2004, S. 53-73, hier S. 65.

[17] Vgl. Pröve, Ralf und Holger Thomas Gräf, Reise ins Ungewisse, Frankfurt/Main 1997, S. 164ff.

[18] Pröve, Ralf und Holger Thomas Gräf, Reise ins Ungewisse, Frankfurt/Main 1997,S. 165.

[19] Mylius, Christian Otto (Hg.), Corpus Constitutionum Marchicarum, Berlin 1736 ff.

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Details

Titel
Wirtshäuser als kommunikative Knotenpunkte in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender
Hochschule
Universität Potsdam  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
31
Katalognummer
V76682
ISBN (eBook)
9783638812641
Dateigröße
499 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtshäuser, Knotenpunkte, Reisebeschreibungen, Reisender, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Jasmin Ruge (Autor:in), 2007, Wirtshäuser als kommunikative Knotenpunkte in den Reisebeschreibungen frühneuzeitlich Reisender, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76682

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