Sportberichterstattung in US-amerikanischen Tageszeitungen – reflektierte oder konstruierte Wirklichkeit?

Zum Einfluss der Medien auf die Rezeption des Sports als Bestandteil der Kultur in den USA


Hausarbeit (Hauptseminar), 2005

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Der Kultivierungsansatz
2.1 Entwicklung des Kultivierungsansatzes
2.2 Die Kultivierungshypothese
2.3 Methodische Umsetzung der Kultivierungshypothese
2.4 Kritik am Kultivierungsansatz
2.5 Weiterentwicklung des Kultivierungsansatzes

3 Sportberichterstattung in den USA
3.1 Entwicklung des Sports in den Printmedien
3.2 Besonderheiten der Sportberichterstattung in Tageszeitungen

4 Anwendung des Kultivierungsansatzes auf die Berichterstattung zum
Superbowl in lokalen US-amerikanischen Tageszeitungen
4.1 Erweiterung des Kultivierungsansatzes
4.2 Kultivierung durch Fotos
4.3 Kultivierung durch Artikel zum Spiel
4.4 Kultivierung durch Hintergrundberichte

5 Zusammenfassung

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Im 20. Jahrhundert kam es zu einer rasanten Entwicklung von Massenmedien, die die Kulturen und Gesellschaften in unserer komplexen Welt reflektierten beziehungsweise konstruierten. Seitdem sind sie aus dem Alltag der Menschen als Informations- und Unterhaltungsquelle nicht mehr wegzudenken, erst recht nicht aus dem US-amerikanischen Haushalten. Deshalb beschäftigt sich die Medienwirkungsforschung mit der Frage, welchen Einfluss die Massenmedien auf die Einstellungen und Emotionen der Rezipienten haben. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Wirkung von Massenmedien hinsichtlich des Erwerbs und der Veränderung sozialer Einstellungen.

Der Kultivierungsansatz ist ein solches grundlegendes Modell, welches vor allem die Rolle des Fernsehens auf die Einstellung der Zuschauer zur Gewalt in der sozialen Welt untersucht. Im heutigen komplexen Medienkontext lässt sich dieses Modell auch auf andere Medien und Kulturbestandteile weiterentwickeln, zum Beispiel auf die Sportberichterstattung in US-amerikanischen Tageszeitungen. Dabei geht es um die Frage, wie und vor allem was Tageszeitungen kultivieren. Prägen Zeitungen neben Einstellungen zum Sport auch die Emotionen der Leser und welche Mittel setzen sie dafür ein?

Im folgenden Aufsatz möchte ich den Kultivierungsansatz erklären und auch kritisieren. Dann werde ich die Besonderheiten der Arbeit in Sportredaktionen und bei der Sportberichterstattung in Zeitungen verdeutlichen. Anschließend werde ich dann den Kultivierungsansatz auf die Berichterstattung zum Superbowl 2005 in den auflagenstärksten Tageszeitungen der USA anwenden, um eine Hypothese über deren Einfluss auf die Leser aufzustellen.

2 Der Kultivierungsansatz

2.1 Entwicklung des Kultivierungsansatzes

1967 haben der amerikanische Medienwissenschaftler George Gerbner und seine Kollegen begonnen, den Einfluss vom Fernsehen auf die soziale und kulturelle Einstellung von Rezipienten zu untersuchen. Als Anlass sahen sie die Entwicklung des Fernsehens, die von Menschen immer mehr als Quelle von Bildern und Darstellungen über die soziale Umwelt genutzt wurde. Fernsehen entwickelte sich in dieser Zeit zum dominanten Medium. Deshalb empfand es Gerbner als notwendig, eine Theorie zu entwickeln, die den Einfluss des Fernsehens auf die Einstellung zur sozialen Realität der Rezipienten erklärte. Das Fernsehen wurde zur wichtigsten gemeinsamen Quelle der Sozialisierung und Informationsdarbietung in einer heterogenen Gesellschaft. Gerbner vergleicht es mit der Rolle von Religion: beides ist für jeden da und bietet in einer komplexen, undurchsichtigen Welt Orientierung und Ordnung.

Den Rezipienten wird dabei Passivität unterstellt, weil sie die Auswahl der Programme nicht nach ihren Interessen richten, sondern nach der Zeit, die sie zur Verfügung haben. Außerdem wird ihnen eine Vielfalt von Programmen vorgemacht, die es eigentlich gar nicht gibt, weil viele ähnlich in ihren Aussagen und Bildern sind, um von einer heterogenen Zuschauerschaft angenommen zu werden. Hinzu kommt noch, dass, je mehr der Zuschauer fernsieht, desto weniger selektiv kann er sein. Mittlerweile läuft der Fernseher in einem typischen US-Haushalt sieben Stunden am Tag (Gerbner 2002, S. 43ff.).

2.2 Die Kultivierungshypothese

Deswegen ging es Gerbner darum herauszufinden, welche Unterschiede es bei der Entwicklung zur sozialen Realität bei Vielsehern und Wenigsehern gibt. Das Fernsehen vermittelt also nicht unbedingt spezifische Einstellungen, sondern prägt vielmehr grundlegende Einstellungen zur sozialen Realität. Das bedeutet in anderen Worten, dass Einstellungen von Vielsehern, also Menschen, die mehr als sechs Stunden am Tag fernsehen, zur sozialen Umwelt denen ähnelt, die das Fernsehen vermittelt.

In Wirklichkeit stimmen die im Fernsehen gezeigte Welt und die soziale Realität nicht überein. Die Umwelt wird als viel gefährlicher vermittelt, als sie tatsächlich ist. Nach der sogenannten „scary-world“-Hypothese sind Vielseher demnach ängstlicher und pessimistischer als Wenigseher, also Menschen, die weniger als zwei Stunden am Tag fernsehen. Das ist das Ergebnis einer im Jahr 1979 durchgeführten Studie die ergab, dass 70 Prozent aller amerikanischen TV-Programme zwischen 20 und 23 Uhr durchschnittlich 5,7 Gewalthandlungen pro Stunde zeigen (Winferhoff-Spurk 1999, S. 98ff.).

2.3 Methodische Umsetzung der Kultivierungshypothese

Ursprünglich wurden Kultivierungseffekte also hinsichtlich der Gewaltdarstellung im Fernsehen untersucht. Gerbner entwickelte dafür ein zweistufiges Verfahren, den „Cultural Indicators Approach“. Der erste Schritt dabei ist die „Message System Analysis“, eine inhaltsanalytische Messung der Darstellung der sozialen Realität im Fernsehen. Auch das war anfangs sehr auf Gewalt bezogen.

Der zweite Schritt ist dann eine Kultivierungsanalyse, die die Kultivierungseffekte erfasst. Das geschieht durch stichprobenartige Befragungen von Fernsehzuschauern über die Einstellungen zur sozialen Realität. Ähnelt die Antwort der Fernsehrealität und nicht der Wirklichkeit, die zum Beispiel anhand von Statistiken öffentlicher Einrichtungen ermittelt wird, kann man Kultivierungseffekte feststellen. Das ist häufig bei Vielsehern der Fall (Burdach 1987, S. 347).

2.4 Kritik am Kultivierungsansatz

Neben der Konzentration auf Gewaltdarstellung gibt es noch andere Kritikpunkte an Gerbners Kultivierungshypothese. Hirsch kritisierte vor allem die methodische Vorgehensweise von Gerbner. Probleme gibt es hinsichtlich der Definition von Viel-, Normal- und Wenigsehern. Es existieren dafür sechs verschiedene Definitionen. So kann es sein, dass ein Proband mit derselben Antwort einmal als Vielseher, ein anderes mal als Normalseher eingestuft wird. Betrachtet man dann Nicht- und Extremseher als separate Gruppen, kehrt sich dabei die Linearitätsannahme um. Das heißt, dass es bei Nichtsehern eine größere Übereinstimmung mit den Einstellungen zur realen Welt und zwischen der Fernsehwelt gibt als bei Wenigsehern. Bei Extremsehern ist es umgekehrt (Winterhoff-Spurk 1999, S. 100f.).

Groebel erklärt als weitere Schwäche die Endgültigkeit und Alleingültigkeit der Kultivierungseffekte durch das Fernsehen, da es an langzeitlichen Studien mangelt. Er plädiert dafür, dass Menschen mit hohem Fernsehkonsum durch eine von Grund auf ängstliche und unsichere Persönlichkeit geprägt sind und Kultivierungseffekte aus Wechselwirkungen zwischen Fernsehkonsum und Persönlichkeit resultieren (Bonfadelli 1999, S. 248f.).

Newcomb zweifelt grundsätzlich an der Passivität der Zuschauer. Er unterstellt Fernsehrezipienten eine kritische Herangehensweise an TV-Programme. Sie nehmen nicht alles was gezeigt wird ohne Nachdenken über den Wahrheitsgehalt auf. Außerdem kann man nicht von einer Homogenität der Fernsehprogramme ausgehen, da es rasante Entwicklungen in der Technik und somit in der Angebotsvielfalt im Fernsehen gibt (Bonfadelli 1999, S. 249).

Der größte Mangel am Kultivierungsansatz ist jedoch, dass in den Studien Kontrollvariablen wie Alter, Geschlecht und vor allem Bildung wenig oder gar nicht berücksichtigt werden. Bei Einbeziehung dieser Variablen kam man zu dem Ergebnis, dass gerade die Bildung der Probanden einen viel größeren Einfluss auf die Einstellungen hat als der Fernsehkonsum. Bei Einbeziehung aller Variablen lässt sich also kein globaler Zusammenhang zwischen dem Fernsehkonsum und den Einstellungen zur sozialen Realität bei Menschen nachweisen. Dazu fehlt ein psychologisches Modell (Winterhoff-Spurk 1999, S. 102f.).

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Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Sportberichterstattung in US-amerikanischen Tageszeitungen – reflektierte oder konstruierte Wirklichkeit?
Untertitel
Zum Einfluss der Medien auf die Rezeption des Sports als Bestandteil der Kultur in den USA
Hochschule
Freie Universität Berlin  (John-F.-Kennedy-Institut)
Veranstaltung
Hauptseminar
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
17
Katalognummer
V76674
ISBN (eBook)
9783638817097
ISBN (Buch)
9783638818377
Dateigröße
481 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Sportberichterstattung, US-amerikanischen, Tageszeitungen, Wirklichkeit, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Nicole Lau (Autor:in), 2005, Sportberichterstattung in US-amerikanischen Tageszeitungen – reflektierte oder konstruierte Wirklichkeit?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76674

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