(Mythos) Fußball - Eine Entwicklungsgeschichte


Seminararbeit, 2007

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Voreuropäische (Fuß-)Ballspiele: Mythos und Kult
Lateinamerika
China
Japan

Europäische Fußballspiele: zweckfreie Betätigung
England
Deutschland

Fazit

Literaturverzeichnis

Erklärung

Einleitung

„Fußball ist deshalb so spannend, weil niemand weiß, wie das Spiel ausgeht“, hat Sepp Herberger einmal gesagt. Und Fußballgeschichte ist deshalb so spannend, weil niemand wirklich weiß, wie sie angefangen hat. Aus diesem Grund erhebt die vorliegende Arbeit weder den Anspruch vollständig zu sein, noch die einzig wahre Geschichte des Fußballs darzulegen, denn Geschichte zu schreiben ist nicht einfach, schließlich sind sich die meisten Historiker uneinig, was letztendlich wozu führte; kausale Zusammenhänge sind oft reine Interpretationssache.

Es soll hier in erster Linie um die Darlegung von bestätigten Fakten gehen, um einen möglichst umfassenden Überblick zur Fußballentwicklungsgeschichte geben zu können. Sollte es zu Unstimmigkeiten in den Darstellungen der verschiedenen Quellen kommen, werden diese natürlich aufgeführt, teilweise begleitet von einer kritischen Überprüfung der verschiedenen Sichtweisen, die eine Einordnung ermöglichen soll.

Es muss sich beschränkt werden auf wenige Daten, die zur Entwicklung des Fußballs vorliegen und natürlich auch auf wenige Länder, obwohl natürlich der Sport sich weltweit verbreitet hat. Hier soll jedoch nur auf England als Erfinderland oder auch „Mutterland“ (Grüne 2003:13) des modernen Fußballs – sprich wie er heute noch gespielt wird – eingegangen werden und auf Deutschland. Die Englische Geschichte soll nicht bis zum aktuellen Datum aufgeführt werden sondern nur bis zu der Stelle, an dem der Fußball professionalisiert wird. Dieser Zeitpunkt deckt sich grob mit dem Moment, an dem der Sport von dort nach Deutschland exportiert wurde. Auch hier soll die Entwicklung nur bis zur Professionalisierung nachgezeichnet werden.

Der Fußball, wie er in Europa zu seinen Anfangszeiten gespielt wurde und mittlerweile weltweit gespielt wird, verfolgt eigentlich keinen Zweck – sieht man vielleicht von den Verdienstmöglichkeiten ab, die den Sport seit seiner Professionalisierung als lukrative Arbeit dastehen lassen. Fakt ist jedoch, dass dem Fußball abgesehen von der Freude daran und der Möglichkeit, seine Kräfte zu messen, kein weiterer Sinn zugeordnet wurde und daher behauptet wird er sei aus dem „Bedürfnis zweckfreier, nicht notwendiger Betätigung“ entstanden. (Stemmler 1998: 25) Anders ist dies in alten Völkern gewesen, die den Fußball als Teil eines Rituals verstanden. Beispielhaft soll dies kurz an den frühen Formen des Fußballs in Lateinamerika, China und Japan dargestellt werden. Damit wird diese Arbeit beginnen.

Voreuropäische (Fuß-)Ballspiele: Mythos und Kult

Die Kugel nahm schon immer einen wichtigen Platz in den Mythen vieler Völker ein, was verschiedene Gründe hat. Zunächst liegt dies sicherlich an ihrer Form, die als vollkommen gilt, da jeder Punkt auf ihr den gleichen Abstand zum Mittelpunkt hat. Auf diese Weise wird die Kugel zum Symbol des Kosmos, der sich lange in dieser Form vorgestellt wurde. Andererseits symbolisiert die Kugel aber auch die Sonne und ist dementsprechend ein Symbol für Leben. Oft hatten Ballspiele daher kultische Hintergründe: Durch sie sollten die Bewegungen der Gestirne – vor allem der Sonne – nachgeahmt werden. Andererseits hatte das Ballspiel teilweise auch gesellschaftliche Hintergründe und spiegelte häufig zweiteilige gesellschaftliche Gruppierungen wider, die im Spiel gegeneinander antraten. Das Prinzip des Wettkampfes steht hier also im Vordergrund, was noch immer im kultischen Zusammenhang steht, da viele Mythen eine duale Weltansicht vorgeben und von Zweikämpfen erzählen. Dementsprechend erfüllte das Ballspiel in vielen Völkern eine religiöse Funktion und war keine unabhängige, für sich selbst ausgeübte Betätigung. Das Spiel wurde im Dienste der menschlichen Gemeinschaft ausgeübt und war daher weit entfernt von Freizeitspaß. Dies erkennt man vor allem an den frühen Formen des Ballspiels in Lateinamerika, China und Japan. (vgl. Stemmler 1998: 9ff)

Lateinamerika

Als Beispiel für ein Ballspiel aus Gründen der Religion kann die Form beschrieben werden, die in Lateinamerika gespielt wurde. Damit sollte der Sieg der Sonne über den Mond beschworen werden, was den Weiterbestand der Vegetation ermöglichte. Vor Spielbeginn wurden in der aztekischen Hauptstat Tenochtitlan, dem heutigen Mexico City, vier Menschen getötet, um den Sonnen- und Stammesgott Uitzilopochtli zu ehren. Mit dem Blut wurden schließlich die Spielfelder getränkt, die Bestandteil der Tempelanlagen waren und folgendermaßen aussahen:

Das Spielfeld symbolisierte die Erde, die Mittellinie die Grenze zwischen Tag und Nacht, der Ball die Sonne oder den Mond, der Flug des Balles durch die Luft die Bewegung der Gestirne am nächtlichen Himmel und das Gleiten des Balles durch die Ringe deren Verschwinden am Horizont.

(Stemmler 1998: 13)

Gespielt wurde mit etwa drei bis vier Kilogramm schweren Kautschukbällen, die mithilfe der Oberschenkel, Knöchel oder Hände in einen der Steinringe gestoßen und in die gegnerische Spielhälfte bugsiert werden mussten. Die von den Azteken, Mayas und anderen mittelamerikanischen Völkern ausgeübten Ballspiele unterscheiden sich also noch vom Fußball, wie wir ihn heute kennen. Das ist beim Fußballspiel, wie er in China gespielt wurde dagegen anders.

China

Das altchinesische Spiel ts’uh küh[1] ist unserem Fußballspiel sehr ähnlich. Wie der deutsche Begriff Fußball weist auch ts’uh küh auf die Spielweise hin: „den Ball (küh) mit dem Fuß spielen (ts’uh).“ (Stemmler 1998: 15; vgl. Umminger 1989: 22) Es könnte als die Erfindung des Fußballs gelten, da es dort chinesischen Legenden zufolge bereits um 2697 vor Christi Geburt gespielt wurde, auf Veranlassung des mythischen Kaisers Huang-ti, der damit die Wehrertüchtigung seiner Soldaten steigern wollte. (vgl. Stemmler 1998: 14; Umminger 1989: 23) Er soll auch die ersten Regeln aufgestellt haben; urkundlich belegt wurde das Spiel jedoch in China erst tausend Jahre später (vgl. Döbler 1990: 4)

Allerdings wurde es bald so populär, dass ihm nicht mehr nur Soldaten nachgingen, sondern auch Priester, Generäle und Kaiser. Laut Umminger (1989: 23) breitete sich das Fußballspiel zwischen dem elften Jahrhundert und 249 v. Chr. – zur Zeit der Tschou-Dynastie – im Volk aus. Aus diesem Grund sah man „sich genötigt, die Regeln strenger zu fassen, um Ausartungen zu verhindern“, denn angesichts der Tatsache, dass es zuvor in erster Linie von Soldaten gespielt wurde, ging es „bei dem Spiel sicher nicht zimperlich zu“.

Der Fußball wurde in China zum professionellen Unterhaltungssport. Die Siegermannschaften gewannen Pokale und kostbare Stoffe, während die Verlierermannschaften beschimpft wurden. (vgl. Umminger 1989: 23f) In dieser Zeit, von etwa 221 v. Chr. bis 618 n. Chr., entwickelten sich die Regeln immer weiter und wurden schließlich während der T’ang-Dynastie von 618 bis 906 in einer Art Enzyklopädie zusammengefasst. Im 25 Kapitel starken T’u Shu Tsi Ch’eng wurden jedoch nicht nur die Spielregeln festgehalten, sondern auch taktische Hinweise und Tipps zur Spieleraufstellung, die genauen Aufgaben von sowohl Torwart als auch Mannschaftskapitän, siebzig verschiedene Arten des Ballkickens und elf Typen von Regelverstößen aufgelistet. (vgl. Döbler 1990: 5; Stemmler 1998: 16; Umminger 1989: 24)

Fast wie im heutigen Fußball versuchten bereits im alten China zwei Mannschaften von je circa zehn Spielern einen mit Federn gefüllten Ball in ein Tor zu schießen. Die Spielfelder waren jedoch viereckig und die Tore ungefähr fünf Meter hoch. Allerdings gab es auch eine Variante, die zum Geburtstag des Kaisers gespielt wurde: Bei dieser wurde ein neun Meter hohes Tor errichtet, das mit einem bunten Seidentuch geschmückt wurde. In der Mitte dieses Tuches befand sich eine etwa 30cm große Öffnung, durch die der Ball getreten werden musste. Dafür stellten sich die Spieler in einer Reihe auf und schossen nacheinander. (vgl. Stemmler 1998: 15f)

Ähnlich wie bei den Völkern Lateinamerikas gibt es auch in China kosmologische Bezüge: Das Spielfeld sollte die Erde sein, während der Ball den Mond symbolisierte. Allerdings vereinen sich in der chinesischen Variante Himmel und Erde zu einem harmonischen Ganzen und stehen sich nicht als unversöhnliche Prinzipien gegenüber, wie aus diesem chinesischen Gedicht des Li-yu aus Setchuan (50-136 n. Chr.) hervorgeht:

Rund der Ball, viereckig das Land

Gleich dem Bild von Erde und Himmel;

Der Ball fliegt über uns wie der Mond,

Während sich zwei Mannschaften gegenüberstehen.

Spielführer sind ernannt und halten Platz

Nach veränderlichen Regeln.

Keinen Vorteil gibt es für Verwandte,

Kein Platz ist für Parteilichkeit.

Dafür herrscht Entschluß und kaltes Blut

Ohne jede Irrung und Unterlassung.

Und wenn dies alles für das Fußballspiel notwendig ist,

Um wie viel mehr muß es für den Kampf sein!

(zitiert in Stemmler 1998: 17f)

Laut Umminger (1989: 24) muss um das Jahr 900 n. Chr. das Fußballspiel in China völlig in Vergessenheit geraten sein, da es von der Bildfläche verschwand. In der übrigen Literatur hört zwar auch die Beschreibung der Entwicklung des chinesischen Fußballs zu etwa dieser Zeit auf, doch kein anderer Autor macht die Aussage, er sei in Vergessenheit geraten. Eine Begründung für das Verschwinden des Fußballs aus den Schriften kann sein, dass der Sport etwas so Alltägliches geworden ist, dass es keine Motivation mehr gab, über ihn zu schreiben. Dies sagt Umminger (1989: 27) selbst: „Und Ballspiele waren, weil sie als alltäglich und selbstverständlich galten, nur selten ein bevorzugtes Thema für Chronisten.“ Diese Schlussfolgerung kann auch gezogen werden, wenn man später die Entwicklung des Fußballs in England betrachtete, die in erster Linie durch die Nennung von Verboten nachzuverfolgen ist, jedoch ansonsten keine Eintragungen in der Geschichtsschreibung vorweisen kann. Der Fortbestand des Fußballs in China wird bei Stemmler (1998: 19ff) vorausgesetzt, da seiner Meinung nach die Japaner ihn dort entdeckt haben. Ummingers (1989: 24) Theorie ist, dass chinesische „Fußballgeister“ ihn schließlich im 8. Jahrhundert nach Japan gebracht haben.

[...]


[1] Diese Schreibweise ist bei Stemmler (1998: 15) und Umminger (1989: 22) vorzufinden, Döbler (1990: 4) dagegen schreibt Ts’u-chü.

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
(Mythos) Fußball - Eine Entwicklungsgeschichte
Hochschule
Universität Leipzig  (Institu für Theaterwissenschaft)
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
22
Katalognummer
V76296
ISBN (eBook)
9783638805704
ISBN (Buch)
9783638807470
Dateigröße
491 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit ist zwar am Institut für Theaterwissenschaft entstanden, hat jedoch nicht unbedingt einen großen Bezug zu dem Fach, sondern kann auch vor allen Dingen für die Sportwissenschaft relevant sein.
Schlagworte
Fußball, Eine, Entwicklungsgeschichte
Arbeit zitieren
Sabrina Loi (Autor:in), 2007, (Mythos) Fußball - Eine Entwicklungsgeschichte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76296

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