Der Tourismus im Gebiet der Stadt Attendorn - Potential- und Akzeptanzuntersuchung zum Fremdenverkehr in einem Mittelzentrum im Südsauerland


Examensarbeit, 2006

155 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Verzeichnis der Tabellen

1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Ziel der Arbeit
1.3 Methodisches Vorgehen und Untersuchungsgebiet
1.4 Empirische Arbeitsmethodik

2 Grundlagen des Tourismus
2.1 Entstehung und Entwicklung des Tourismus
2.2 Geographie der Freizeit und des Tourismus – Vom ‚Sanften Tourismus’ zur Nachhaltigkeit des Tourismus

3 Natur- und kulturräumliche Grundlagen der Stadt Attendorn im Südsauerland
3.1 Naturräumliche Faktoren
3.1.1 Naturräumliche Einordnung des Untersuchungsgebietes
3.1.2 Landschaftsgenese, regionale Geomorphologie und Geologie
3.1.3 Vegetation, Böden, Flächennutzung und Tierwelt
3.1.4 Hydrographie und Gewässer
3.2 Kulturräumliche Faktoren
3.2.2 Aktuelle kommunale Zuordnung und Struktur der Bevölkerung
3.2.3 Gegenwärtige Situation regionaler und lokaler Wirtschaft
3.2.4 Überregionale und regionale Verkehrsanbindung

4 Rahmenbedingungen des regionalen und lokalen Tourismus
4.1 Tourismusgenese im Sauerland
4.1.1 Von den ersten touristischen Aktivitäten bis zum Zweiten Weltkrieg
4.1.2 Von der Gründung der BRD bis zur aktuellen Situation
4.2 Tourismusgenese im Gebiet der Stadt Attendorn und Umgebung
4.2.1 Von den ersten touristischen Aktivitäten bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
4.2.2 Von der Jahrhundertwende bis zum Stau der Bigge 1957
4.2.3 Die Entwicklung der letzten 50 Jahre
4.3 Touristische Angebotssituation der Stadt Attendorn und Umgebung
4.3.1 Beherbergungs- und Gastronomieangebot
4.3.2 Tourismusrelevante Objekte und Projekte im Stadtgebiet
4.3.3 Tourismusrelevante Objekte und Projekte in der Peripherie
4.4 Agenda 21 zur künftigen lokalen Entwicklung

5 Potential des Mittelzentrums für den Tourismus
5.1 Potential der natur- und kulturräumlichen Grundlagen
5.2 Potential der touristischen Rahmenbedingungen

6 Auswertung der empirischen Untersuchung zum Tourismus in Attendorn
6.1 Sozialstruktur der Touristen
6.1.1 Die sozio-demographische Struktur
6.1.2 Reisegruppengröße und Reisebegleitung
6.1.3 Die sozio-ökonomische Struktur
6.2 Differenzierung nach Herkunftsgebieten
6.3 Wahl des Verkehrsmittels
6.3.1 Verkehrsmittel zur Anreise
6.3.2 Nutzung von Verkehrsmitteln vor Ort
6.4 Aufenthaltsdauer, Besuchsmotive und Besucheraktivitäten
6.4.1 Bisherige regionale und lokale Frequentierung
6.4.2 Aufenthaltsdauer und Rückkehrabsichten
6.4.3 Besuchsmotive
6.5 Informationsquellen
6.6 Übernachtungsart und -orte
6.6.1 Übernachtungsart
6.6.2 Übernachtungsorte
6.7 Wahrnehmung und Bewertung der Stadt Attendorn und Umgebung durch die Besucher
6.7.1 Spontane Assoziationen zu Attendorn und dem Repetal
6.7.2 Besucher-Statements
6.7.3 Störfaktoren
6.7.4 Akzeptanz
6.8 Fazit der Besucherbefragung

7 Handlungsempfehlungen für die weitere touristische Entwicklung
7.1 Förderung des Übernachtungstourismus
7.2 Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs
7.3 Verbesserung der Internetpräsenz
7.4 Pflege und Verschönerung des Ortsbildes
7.5 Verbesserung und Erweiterung der Dienstleistungen
7.6 Infrastrukturelle Maßnahmen

8 Zusammenfassung und Ausblick

9 Literatur (und Internetquellen)

Anhang
Anlage 1 - Fragebogen der Besucherbefragung
Anlage 2 - Photografien

Verzeichnis der Abbildungen

Abb. 1: Das Untersuchungsgebiet – die Stadt Attendorn im Kreis Olpe

Abb. 2: Beschäftigte nach Wirtschaftssektoren in Attendorn 1997

Abb. 3: Geschlechterverteilung der Befragten nach Touristenform

Abb. 4: Verteilung der Befragten nach Altersklassen und Touristenform

Abb. 5: Sozio-professionelle Struktur der Befragten

Abb. 6: Differenzierte Berufsgruppenzugehörigkeit der Befragten

Abb. 7: Herkunftsgebiete der befragten Besucher innerhalb NRW und Hessen

Abb. 8: Wichtigste Verkehrsmittel zur Anreise in die Stadt Attendorn

Abb. 9: Nutzung von Verkehrsmitteln vor Ort

Abb. 10: Gesamte Besucher-Aufenthaltsdauer in Attendorn und Umgebung

Abb. 11: Motivationen zum Besuch der Stadt Attendorn

Abb. 12: Touristisches Aktivitätsprofil

Abb. 13: Informationsquellen der Besucher

Abb. 14: Übernachtungsarten in Prozent

Abb. 15: Spontane Assoziationen der Gäste zum Begriff ‚Attendorn’

Abb. 16: Spontane Assoziationen der Gäste zum Begriff ‚Repetal’

Abb. 17: Besucher-Statements zu Attendorn und dem Sauerland

Abb. 18: Gruppierte Störfaktoren in Attendorn

Abb. 19: Akzeptanz und Attraktivität touristisch relevanter Aspekte

Abb. 20: Lokale Defizite und Wünsche aus Sicht der Touristen

Abbildungen im Anhang:

Abb. 21: Die Mall ‚Allee-Center’ der östlichen Cityerweiterung

Abb. 22: Informationstafel zum Bau des neuen Kinos

Verzeichnis der Tabellen

Tab. 1: Nutzungsflächen der Stadt Attendorn 2006 im Vergleich zu 2004

Tab. 2: Bevölkerung Attendorns jeweils zum 31. Dezember

Tab. 3: Übernachtungen im Kreis Olpe 1954 – 1996

Tab. 4: Beherbergungsstatistik Attendorns 2006

Tab. 5: Reisegruppengröße (RGG) nach Touristenform in Prozent

Tab. 6: Reisebegleitung nach Touristenform in Prozent

Tab. 7: Formaler Bildungsabschluss der Interviewpartner

Tab. 8: Bisherige Frequentierung Attendorns absolut und in Prozent

Tab. 9: Rückkehrbereitschaft der Befragten in Prozent

Tab. 10: Anteilsmäßig präferierte Aktivitäten im Sauerland

Tab. 11: Übernachtungsorte der Befragten nach Gebiete

Tab. 12: Meinungsbild der Touristen bzgl. des ‚Allee-Centers’ in Prozent

Tab. 13: Meinungsbild der Touristen bzgl. eines neuen Kinos in Prozent

Tab. 14: Bereitschaft zur Zahlung eines erhöhten Eintritts in Prozent

Tab. 15: Stärken und Schwächen der Stadt Attendorn und Umgebung

Tabelle im Anhang:

Tab. 16: Kontaktierte Übernachtungsbetriebe und deren Rücklaufquote

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

„Der Tourismus ist schon seit Jahrzehnten im Kreis Olpe zuhause“ (Henseling 1998b, S. 93).

„Attendorn als Erholungszentrum – das darf man sich nicht entgehen lassen“ (Attendorner Hanse GmbH u. Olpe Aktiv e. V. 2005, S. 12).

1.1 Problemstellung

Der Tourismus ist aus Sicht der Menschheitsgeschichte eine recht junge Erscheinung und dennoch von großer Dynamik gekennzeichnet. Mittlerweile verhilft die Tourismuswirtschaft[1] als Job- und Konjunkturmotor ganzen Volkswirtschaften zu nachhaltigem Wachstum. In Deutschland gehört sie zu den wichtigsten Wachstumsbranchen und wuchs im letzten Jahr mit einem Plus von fünf Prozent sogar stärker als die gesamte Wirtschaft (vgl. Haas 2006, S. 26).

Im globalen Kontext gelten die deutschen Staatsbürger[2] als ‚Reiseweltmeister’, wobei das eigene Land die beliebteste Destination darstellt und die präferierten Bundesländer Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sind. Damit ist der besondere touristische Stellenwert der Landschaft in Form von reliefertem und gewässernahem Gelände zu erkennen und die naturräumliche Ausstattung – unter anderem – als das Kapital des regionalen Tourismus zu deuten (vgl. Gasser 2006, S. 14).

Des Weiteren sind urbane Strukturen bei Reisenden beliebt: Touristen deutscher Städte, darunter meist zahlreiche aus dem Ausland, bevorzugen hauptsächlich die Hauptstadt und weitere Großstädte, wie z. B. München und Hamburg, aufgrund der Konzentration kultureller Angebote (vgl. Anton-Quack u. Quack 2003, S. 198f und Kremb 2004, S. 6).

Das Sauerland als östlicher Flügel des Rheinischen Schiefergebirges bietet ebenfalls jene Ausstattung in räumlich kleinerer Dimension. In diesem Mittelgebirge findet der Tourist Berge, Natur, Wasserflächen und eine lebendige Kulturpflege.

Die daraus abzuleitende geographische Fragestellung auf idiographischer Ebene beinhaltet daher die Analyse der Raum prägenden Faktoren des rezenten Tourismus. Mit dieser konkreten Darstellung eines kleinräumlichen Ausschnitts besteht die Möglichkeit, den Tourismus im Südsauerland[3] am Beispiel der Stadt Attendorn zu charakterisieren.

1.2 Ziel der Arbeit

Im Rahmen dieser Arbeit soll der Fremdenverkehr im Gebiet der Stadt Attendorn hinsichtlich seines Potentials[4] und seiner Akzeptanz untersucht werden. Das touristische Potential dieses Mittelzentrums wird hierbei so erarbeitet, dass Rückschlüsse auf seine Leistungsfähigkeit für den Tourismus greifbar sind. Mithilfe einer empirischen Untersuchung kann indes die Attraktivität und Akzeptanz aus Sicht der Besucher, a posteriori, ermittelt werden. Mithilfe dieser Erarbeitung können schließlich Handlungsempfehlungen für weitere Entwicklungen gegeben werden.

Einen Schwerpunkt innerhalb dieser Arbeit nimmt daher die vom Verfasser im Zeitraum Juli bis November 2005 durchgeführte Touristenbefragung im Gebiet der Stadt Attendorn ein.

Zentrale Fragen, denen in dieser Arbeit nachgegangen wird, sind somit:

- Was sind die wesentlichen Grundlagen des Tourismus und in welcher Beziehung steht dieser zur Wissenschaft ‚Geographie’?
- Welche physio- und anthropogeographischen Faktoren machen Attendorn als Destination reizvoll?
- Wie entwickelte sich der Tourismus im Sauerland und in Attendorn?
- Welches touristische Angebot findet der Besucher in Attendorn vor?
- Welche Maßnahmen zur weiteren Entwicklung sind aus Sicht der Kommunalpolitik vorgesehen?
- Wie lässt sich das Erholungspotential Attendorns insgesamt charakterisieren?
- Welches Profil[5] besitzen Touristen, die in das Mittelzentrum kommen?
- Welche Handlungsempfehlungen für die künftige Tourismusentwicklung lassen sich aus dieser Untersuchung schließen?

1.3 Methodisches Vorgehen und Untersuchungsgebiet

Die Untersuchung des Tourismus im Gebiet einer Stadt und spätere Entwicklung von Handlungsempfehlungen erfordert die Auseinandersetzung mit den natur- und kulturräumlichen Grundlagen, den umfassenden Rahmenbedingungen des regionalen und lokalen Tourismus sowie eine empirische Untersuchung der gegenwärtigen Touristenstruktur. Mithilfe jener Aspekte ist es möglich, das Potential, die Akzeptanz und die Attraktivität des Fremdenverkehrs als Kernelemente dieser Arbeit zu erfassen. Eine dabei immer wieder berücksichtigte großräumigere Einbettung, letztlich bis zur Region des Sauerlandes, rundet die Darstellung ab.

Die Abgrenzung des Untersuchungsgebietes ist in Abbildung 1 dargestellt.

Im Anschluss an die Einleitung wird im zweiten Kapitel zunächst ein Überblick über die Entwicklung des Tourismus gegeben, der durch den Einbezug weiterer Perspektiven komplettiert wird. Eine Verbindung zur Raumwissenschaft der Geographie erfolgt über die Darstellung der Genese der Geographie der Freizeit und des Tourismus respektive der wichtigen Schlagwörter ‚Sanfter Tourismus’ und ‚Nachhaltiger Tourismus’. Dadurch erschließt sich zum einen das Verständnis des Tourismus und zum anderen seine Verbindung zur Geographie.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Das Untersuchungsgebiet – die Stadt Attendorn im Kreis Olpe (mit den Standorten der Besucherbefragungen)

Daran anknüpfend erfolgt im Kapitel 3 die Darstellung der natur- und kulturräumlichen Grundlagen der Stadt Attendorn im südlichen Sauerland, da der touristische Reiz einer Destination wesentlich durch diese Faktoren bestimmt wird. Eine besondere Betrachtung erfahren hierbei die beiden ‚Touristenmagnete’ der Stadt, die Attendorner Tropfsteinhöhle und die Biggetalsperre. Zudem ist die Genese der räumlichen Struktur von Interesse, da historische Aspekte von weiterer Relevanz für Touristen sind.

Mit dem darauf folgenden Kapitel 4 erfolgt eine Verflechtung der Grundlagen als Basis des Raumes mit den Rahmenbedingungen des Tourismus in Attendorn und Umgebung. Für eine Erarbeitung dieses Kapitels sind die regionale und lokale Tourismusgenese, die rezente touristische Angebotssituation und die politisch angestrebten Maßnahmen zur künftigen Entwicklung in Attendorn wichtig.

Das Kapitel 5 fasst den Inhalt der zwei bisher dargestellten Kapiteln hinsichtlich des Potentials für den Tourismus zusammen, so dass die aktuelle Akzeptanz und Attraktivität aus Sicht der Touristen den Anschluss bietet.

Der sich anschließende Teil der Arbeit (Kapitel 6) setzt sich intensiv mit der Darstellung der Befragungsergebnisse der Touristenbefragung in Attendorn auseinander und fasst letztlich mit einem Fazit die gewonnene Stichprobe von 227 Interviewpartnern zusammen. Das Profil der Attendorner Touristen wird somit induktiv erschlossen.

Aufgrund dieser Ergebnisse werden anschließend Handlungsempfehlungen für die weitere touristische Entwicklung – hinsichtlich der stetig wachsenden Bedeutung des Tourismus – eröffnet (Kapitel 7). Eine Zusammenfassung der Arbeit mit einem weiteren Ausblick rundet die Gesamtdarstellung ab (Kapitel 8).

1.4 Empirische Arbeitsmethodik

Zur Untersuchung der aktuellen Situation des Tourismus im Gebiet der Stadt Attendorn wurden im Zeitraum Juli bis November 2005 Besucherbefragungen durchgeführt. Ziel dieser Befragungen war zum einen, Erkenntnisse über das Profil der gegenwärtigen Touristen zu erhalten und zum anderen - aufgrund von geäußerten Wünschen - Konzepte zu entwickeln, die das Gebiet in ihrer Akzeptanz und Attraktivität weiter steigern können.

Da ein Interview die wohl bekannteste und gebräuchlichste Form der Befragung sein dürfte (vgl. Atteslander 2003, S. 158) und „die wohl wichtigste Möglichkeit darstellt, die Wahrnehmung und Interpretation von Sachverhalten durch Individuen zu ermitteln“ (Friedrichs 1985, S. 208, Hervorhebung im Original), erfolgten die Befragungen mit Hilfe eines Fragebogens[6], der ein standardisiertes Interview darstellt. Das bedeutet, dass alle Frageformulierungen festgelegt waren, so dass eine stark strukturierte Interviewsituation geschaffen wurde (vgl. Atteslander 2003, S. 161f).

Die in der Mehrheit erfolgten geschlossenen Fragen mit teils Mehrfachantworten und die in der Minderheit formulierten offenen Fragen[7] sollten schließlich dazu dienen, eine höchstmögliche Vergleichbarkeit im Rahmen einer quantitativen und qualitativen Befragung zu ermöglichen.

Mit dem Ziel, einen möglichst großen Umfang an Interviewpartner zu gewinnen, wurden die Befragungen in einen mündlichen und schriftlichen Teil getrennt. Die mündliche Befragung erfolgte an ausgewählten Standorten mit mutmaßlich hoher touristischer Frequentierung, die schriftliche Befragung erfolgte durch Niederlegung von Fragebögen in 14 ausgesuchten Übernachtungsbetrieben (vgl. Abbildung 1 bzw. Tabelle 16 im Anhang 2). Diese Aufteilung beabsichtigte – neben einem größeren Umfang – die Durchmischung von Tages- und Übernachtungstouristen[8], so dass bei der späteren Auswertung zusätzlich zwischen diesen beiden Formen unterschieden werden konnte.

Der Umfang der Befragung belief sich auf eine Anzahl von 227 Interviewpartnern, von denen 128 als Tagestouristen im Gebiet der Stadt Attendorn anwesend waren. Bei der Auswahl der Stichprobe wurde primär auf eine Geschlechterparität und eine ausgewogene Berücksichtigung aller Altersklassen geachtet, so dass es sich hier nicht um eine reine Zufallswahl handelt (vgl. Atteslander 2003, S. 304ff). Die Motivation für dieses Vorgehen war ein möglichst hohes Maß an Repräsentativität zu gewährleisten und dadurch von einer angemessenen Ausgangsbasis für die spätere Entwicklung von Handlungsempfehlungen ausgehen zu können.

2 Grundlagen des Tourismus

Unter Tourismus[9] versteht man die „Gesamtheit der Beziehungen und Erscheinungen, die sich aus der Ortsveränderung und dem Aufenthalt von Personen ergeben, für die der Aufenthaltsorts weder hauptsächlicher und dauernder Wohn- noch Arbeitsort ist“ (Kasper 1991, S.16). Wesentliche Elemente des Tourismus sind somit die ‚Push- und Pull-Faktoren’, die zur Motivation einer Reise[10] führen, ebenso wie die Distanzüberwindung an sich und jegliche Aktivitäten während des Aufenthaltes am Zielort.

2.1 Entstehung und Entwicklung des Tourismus

Distanzüberwindungen waren in der Menschheitsgeschichte schon immer von Bedeutung. Vor allem aus klimatischen, religiösen oder ökonomischen Gründen wurden seit dem Quartär neue Sieldungsgebiete durch den Menschen erschlossen bzw. bereits besiedelte Gebiete verdichtet oder verlassen. Diese Art der Migration lässt sich dem heutigen Verständnis von Tourismus jedoch nicht zuordnen.

Die Motivation zum Reisen bestand bereits im Altertum: Sportlich motivierte ‚Touristen’ reisten zur Olympiade, die 770 v. Chr. begann, bildungsmotivierte Reisen führte Herodot im 5. Jhrd. v. Chr. durch, wobei er von Geschäftsreisen, Wallfahrten und Reisen zum Heilzweck berichtete.

Die durch das Römische Imperium geschaffenen Straßen förderten Handel- und Geschäftsreisen sowie den Kurverkehr, indem wohlhabende Römer im Sommer die stark erwärmten Städte verließen und ihre Zweitwohnung am Meer, an Seen oder im Gebirge aufsuchten (vgl. Zimmers 1995, S. 5ff). Mit dem Zusammenbruch des Römischen Imperiums ließ dieser erste ‚Fremdenverkehr’ nach. Im späteren Mittelalter wurde das Reisen zunehmend gefährlicher und geriet somit vorerst in Vergessenheit. Einzig Pilger-, Wall-, Entdecker- und Erobererfahrten kamen in dieser Zeit als Reisearten vor (vgl. Opaschowski 1996, S. 68).

Erste Anfänge eines ‚modernen Tourismus’ treten mit dem Beginn der Neuzeit und im Laufe des 18. Jahrhunderts auf.[11] In dieser Zeit förderte das Bildungsinteresse der jungen europäischen Adeligen die ‚Grand Tour’ zu den Fürstenhöfen und Kulturzentren, woraufhin nachkommend die Reisen zu den Heilbädern folgten. Das Bürgertum konnte erst viel später, insbesondere durch das Auftreten der industriellen Revolution und dem damit verbundenen Strukturwandel in West- und Mitteleuropa, diesen exklusiven Aktivitäten folgen (vgl. Zimmers 1995, S. 30ff). Zu dieser Zeit wurden zusätzlich die Schönheiten der Natur (Alpen, Meeresküsten) und das Land Italien als Destination entdeckt. Zeitgleich entwickelte sich an den Küsten Südenglands der erste Badetourismus. Zielgruppe waren zu dieser Zeit zunächst die Adeligen. Das aufstrebende Bürgertum folgte diesen Reisezielen jedoch schnell und bewirkte in Folge einen ersten Charakter von Massentourismus. Auf deutschem Gebiet wurde beispielsweise im Jahr 1793 in Mecklenburg das erste Seebad Doberan-Heiligendamm gegründet (vgl. Zimmers 1995, S. 44).

Die in der industriellen Revolution erfundene Dampfmaschine bewirkte als Motor von Dampfschiffen und Eisenbahnen einen Wandel im Tourismus. Durch den Ausbau eines Schienennetzes war es von nun an möglich, zahlreiche Personen in relativ kurzer Zeit kostengünstig zu transportieren. Als Einleitung des Pauschaltourismus gilt die legendäre Sonderzugfahrt von Leicester nach Loughborough, die im Jahr 1841 von Thomas Cook, einem englischen Baptistenprediger, für 570 Abstinenzler organisiert wurde (vgl. Opaschowski 2001, S. 36). Dieser Erfolg bewegte Cook dazu, weitere Reisen für das Klein- und mittlere Bürgertum durchzuführen. So plante er ab 1855 zusätzlich Auslandsreisen, wie z. B. zur Weltausstellung nach Paris. In Deutschland wurde diese Idee in kurzer Folgezeit aufgegriffen, so dass der Lehrer Carl Riesel 1854 in Berlin das erste Reisebüro Deutschlands gründete. Dieses bediente jedoch – entgegen dem Konzept von Cook – zunächst das finanzkräftigere Publikum (vgl. Zimmers 1995, S. 52).

Die folgende Ausweitung des Eisenbahnnetzes ermöglichte der Ober- und Mittelklasse zunehmend das Reisen. Mit der Zunahme an zusammenhängenden arbeitsfreien Tagen erfolgte eine gewisse touristische Entwicklung entlang der Eisenbahnlinien. Impulse für die Expansion von arbeitsfreier Zeit wurden beispielsweise im ‚Zweiten Deutschen Reich’ durch das Reichsbeamtengesetz von 1873, durch das 1891 erlassene Verbot von sonn- und feiertäglicher Arbeit und dem kontinuierlich wachsenden Anteil von Arbeitern mit Urlaubsanspruch gegeben (vgl. Knebel 1960, S. 37).

Mit diesen Einflüssen konnte sich zunehmend der Mittelstand des Bürgertums in der Urlaubsform der Sommerfrische etablieren. Diese spezifisch deutsche Form der Urlaubsreise war ein Erholungs- und Sommeraufenthalt der Städter in den Alpen, den Mittelgebirgen oder an der See. Die meist im Verbund der Familie Reisenden bezogen vor Ort ein Bauern- oder das eigene Sommerhaus, sofern die finanziellen Mittel zur Verfügung standen. „Man kann gewisse Parallelen zum heutigen Tourismus im Bereich der ‚Ferien auf dem Bauernhof’ oder der Ferienwohnungen feststellen; Unterschiede werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach vor allem in der Entfernung ergeben“ (Zimmers 1995, S. 47).

Einen tiefen Einschnitt in die Fremdenverkehrsentwicklung bewirkte der Erste Weltkrieg. Während des Krieges, und insbesondere seit der 1929 einsetzenden Weltwirtschaftskrise, konnten sich nur Fremdenverkehrsorte behaupten, welche vorrangig von der Oberschicht aufgesucht wurden.

Einen gesamtgesellschaftlich möglichen Tourismus erstrebte zielgerichtet die Freizeitorganisation ‚Nationalsozialistische Gemeinschaft Kraft durch Freude’ (KdF). Diese bot insbesondere der Arbeiterklasse ab 1934 einen staatlich organisierten Tourismus, indem sie mit äußerst kostengünstigen Angeboten ein Reisen für alle ermöglichte. Den Wunsch nach Reisen machte sich der Nationalsozialismus dadurch zunutze, indem er die Arbeitern mit Urlaub versorgte und somit die KdF-Organisation zum damalig größten Reiseveranstalter der Welt wurde (vgl. Zimmers 1995, S. 56). Mit dem Kriegsbeginn am 1. September 1939 ging die Ära der KdF-Reisen allerdings zu Ende, vorhandene Beförderungsfahrzeuge wurden in ihrer Funktion umgenutzt und es kam generell zu einer tiefen Zäsur in der Entwicklung des Fremdenverkehrs.

Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges und der Division des deutschen Gebietes entwickelte sich der Tourismus diesbezüglich unterschiedlich.[12] Mithilfe des wirtschaftlichen Aufschwungs auf breiten Schichten der Bevölkerung, also der Entwicklung von Einkommen und der Arbeitszeit, trat eine starke, kontinuierliche Zunahme der Reiseintensität ein.[13] Als Impuls der ersten breiten Reisemöglichkeiten diente das so genannte ‚Wirtschaftswunder’, die damit verbundene Kaufkraft und letztlich die Anschaffungsmöglichkeit eines PKW. Die Straßen wurden erneuert und ausgebaut und damit bekam ab 1960 zunehmend der motorisierte und straßengebundene Individualreiseverkehr Vorrang, da er eine direkte (meist binnenländische) Anreise ermöglichte, eine Minderung der Reisekosten und mehr Unabhängigkeit bot. Die so genannten ‚Boomfaktoren des touristischen Aufschwungs’ in der Nachkriegszeit sind damit (vgl. Neumann 2005, S. 59f):

- Das touristische ‚Nachholbedürfnis’,
- die gesamtgesellschaftlichen ökonomischen Fortschritte,
- generelle Urbanisierungsprozesse,
- die Expansion des Jahresurlaubs,
- die Reduktion der Wochenarbeitszeit und
- die technologischen Entwicklungen im Transportwesen.

Mit diesen Möglichkeiten folgte insbesondere in Ballungszentren der Wunsch nach ‚freier Natur’ und im Zuge der anhaltenden Verstädterung wurden Naherholungsziele, wie das Sauerland, sehr attraktiv (vgl. Opaschowski 2001, S. 11). Mobilität wurde zu einem Lebensprinzip und die Reise zu einem Stück Lebensqualität. Mit dem in den folgenden Jahren wachsenden Wohlstand wurden bisher kaum erreichte ausländische Ziele mehr und mehr attraktiv: Präferierte ein Teil der Urlauber kontinuierlich inländische Ziele, so wuchs der Anteil an Auslandsreisen, vornehmlich aus klimatischen Gründen motiviert, ständig weiter. Zu den ersten ausländischen Zielen gehörten Österreich, Italien und die Schweiz (vgl. Zimmers 1995, S. 65).

Mit dem verstärkt aufkommenden Flugverkehr Mitte der 1960er Jahre beschleunigte sich diese Entwicklung: Da der PKW in seinen ‚Erfolgsjahren’ nur begrenzte Ziele zuließ, entwickelten sich luftgebundene Verkehrsmittel (Charterflüge) stetig fort und verzeichneten in den letzten drei Dekaden des 20. Jahrhunderts ein starkes Wachstum (vgl. Zimmers 1995, S. 66f). Allein zwischen den Jahren 1964 und 1991 verneunfachte sich der Anteil des Flugzeugs als Verkehrsmittel der Haupturlaubsreise von drei auf 27 Prozent (vgl. Wohlmann 1993, S. 14). Die damit verbundene Verkürzung der An- und Abreisezeit bewirkte eine Expansion des Auslandstourismus bezüglich weit entfernter Destinationen. Einen wesentlichen Beitrag hierzu lieferten Pauschalangebote, die von immer mehr Reisebüros offeriert wurden. Mit dieser Entwicklung verstärkte sich zunehmend die wirtschaftliche Bedeutung des Fremdenverkehrs.

Im Rückblick gesehen ist somit der Tourismus für die BRD innerhalb von vier Jahrzehnten zu einem Massenphänomen geworden. Im aktuellen Kontext der ‚Billigflieger’ zeigt sich, dass das Fliegen immer kostengünstiger wurde und wird (vgl. Opaschowski 2001, S. 148). Ähnliche Impulse dürfte der neue Airbus A 380 erreichen, der mit seinen bis zu 800 Flugpassagieren eine neue Ära der Luftfahrt und damit für den weltweiten Tourismus einleiten könnte. Damit stand und steht der Deutschland-Tourismus nach Becker unter einem zunehmenden internationalen Konkurrenzdruck und der Verdrängungswettbewerb zwischen dem Inlands- und Auslandsreisemarkt wird zunehmend schärfer (vgl. Becker 1998, S. 532). Ein Grund hierfür wird in der klimatisch bedingten ‚Saisonalität’ deutscher Urlaubsdestinationen gesehen (vgl. Neumann 2005, S. 129).

Bezüglich der Tourismusentwicklung nach der bundesdeutschen Wiedervereinigung berichtet Zimmers von einem ‚Schnuppertourismus’, den es nach der Wende im Ost- und Westteil des Landes gab (vgl. Zimmers 1995, S. 80). Gerade für die ostdeutschen Bürger bestand in der globalen Reisezielöffnung die Möglichkeit, bisher unerreichbare Ziele besuchen zu können. Mit einem kurzzeitigen inländischen Aufschwung vollzog sich in den transformativen Jahren der Anpassung an die soziale Marktwirtschaft eine neue ökonomische Rahmenbedingung, die letztlich zu einer dem ‚Westen’ angepassten Tourismuswirtschaft und deren Organisationsstruktur auf der Bundesebene führte (vgl. Neumann 2005, S. 125ff).

Kremb stellte 2004 fest, dass der Tourismus nach wie vor eine Wachstumsbranche und ein raumprägender und –verändernder Faktor ersten Ranges ist (vgl. Kremb 2004, S. 4). Damit zeigt sich die Bedeutung, die der globale Tourismus mit seiner Dynamik in ökonomischer und Physiognomie verändernder Hinsicht einnimmt.

In Deutschland selbst nimmt der Tourismus als Wirtschaftsbranche einen ähnlich hohen Stellenwert ein: Im Jahr 2004 lag „die Gesamtzahl der Beschäftigten in den unmittelbar und mittelbar dem Tourismus zugeordneten Bereichen (...) inklusive Teil- und Saisonarbeitskräften (...) bei rund 2,8 Millionen. Der Anteil der vom Tourismus abhängigen Arbeitsplätze an der Gesamtbeschäftigung in Deutschland lag bei 8 Prozent. (...) Im Tourismus wurde ein Gesamtumsatz in Höhe von rund 140 Milliarden Euro erzielt“ (DTV 2005, S. 3).

Beliebtestes Bundesland im Jahr 2004 war mit 73,7 Mio. Übernachtungen Bayern und wichtigstes Quellland für den ausländischen Tourismus in Deutschland die Niederlande mit acht Millionen Übernachtungen (vgl. DZT 2004, S.14). Die größte Tourismusintensität konnte das Land Mecklenburg-Vorpommern mit 14.134 Übernachtungen je 1000 Einwohner vorweisen (vgl. DTV 2005, S. 6ff).

Nach Angabe des Statistischen Bundesamtes lässt sich das Reiseverhalten der Deutschen im Jahr 2002 (bei privaten Reisen mit mindestens vier Übernachtungen) wie folgt skizzieren: Von den knapp 110 Mio. erfassten Reisen wird als Hauptverkehrsmittel der PKW mit 60,3 Mio. Reisen am häufigsten genutzt. Das Inland steht hierbei als Reiseziel in etwa gleichem Verhältnis zum Ausland. Eine deutlich andere Relation weist diesbezüglich das Flugzeug als Hauptverkehrsmittel auf. Von den 27,9 Mio. erfassten Flugreisen hatten nur 1,1 Prozent das Inland als Reiseziel. Insgesamt bildet mit 69,3 Mio. Reisen (63 %) die Gruppe der deutschen Individualtouristen den Schwerpunkt der 110 Mio. erfassten Reisen (vgl. Kremb 2004, S. 6).

Für die künftige Tourismusentwicklung und damit eine Stärkung des Deutschland-Tourismus sieht Neumann Perspektiven in der Qualitätsorientierung und der Profilierung (vgl. Neumann 2005, S. 137ff). Einen Trend zu Events stellt Opaschowski heraus: „An der Schwelle zum neuen Jahrtausend ist Erlebnistourismus angesagt. Auf ‚Events’ kann der deutsche Fremdenverkehr nicht mehr verzichten“ (Opaschowski 2001, S. 150). Beispielhaft nennt er hierfür die großräumige Inszenierung von Paradiesen, die er mithilfe der Themenparks Disney-World in den USA und Paris als ‚Disneyfizierung’ umschreibt: „Disneyfizierung im Tourismus erscheint unaufhaltsam“ (vgl. Opaschowski 2001, S. 155).

Bezüglich der zahlreich diskutierten demographischen Entwicklung Deutschlands und der damit verbundenen ‚Überalterung’, verweist Neumann auf den Wachstumsmotor der Generation 50+ im Tourismus (vgl. Neumann 2005, S. 148). Beispielsweise hat sich die Reiseintensität der Gruppe reisender Senioren seit 1972 um mehr als 80 Prozent erhöht (vgl. Gasser 2006, S.14). Der in dieser Altersklasse zunehmende Anteil an Menschen mit Behinderung erfordert zudem eine Einbindung barrierefreier Rahmenbedingungen in den Tourismus. Mit dieser Berücksichtigung wird ein ökonomischer und nachhaltiger Effekt erwartet, der zu einer allgemeinen Steigerung der Lebensqualität aller Menschen führt (vgl. Neumann u. Reuber 2004, S. 77).

Neben den Perspektiven für eine zukünftige Entwicklung des Tourismus wurden in der Vergangenheit zahlreiche Trends – z. B. die Zunahme an Kurzreisen bis zu fünf Tage – festgestellt. Insgesamt fasst Kremb acht aktuelle Tourismustrends zusammen (vgl. Kremb 2004, S. 7f):

- Trend zur Vielfalt,
- Trend zur Ferne,
- Trend zur Region,
- Trend zur Aktivität,
- Trend zu künstlichen Welten,
- Trend zu Events,
- Trend zum sanften Tourismus und
- Trend zum Ökotourismus.

Neumann beschreibt in ihrem Ausblick bis 2010 dagegen die Megatrends Differenzierung und Polarisierung im Tourismus (vgl. Neumann 2005, S. 148).

Einen zusätzlichen ökonomischen Impuls für den Tourismus in Deutschland stellt die in diesem Jahr die stattfindende FIFA[14] Fußballweltmeisterschaft dar, in der sich zeigen wird, inwiefern sich die Republik positiv positionieren und somit ein nachhaltiges Interesse an Reisen nach Deutschland forcieren kann. Nach Schätzungen der Deutschen Zentrale für Tourismus werden ca. eine Million ausländische Gäste für dieses Großereignis in das Austragungsland kommen (vgl. Dostert 2006, S. 22).

Trotz der wachsenden ökonomischen Einflussgröße des Tourismus zeigten die letzten Jahre, dass der Tourismussektor durchaus krisenempfindlich ist, jedoch nur kurzzeitig darauf reagiert. Das meint, dass Umsatzrückgänge meist von kurzer Dauer sind. Politisch bedingte Unruhen (z. B. der 11. September 2001) oder Naturkatastrophen wie beispielhaft der Tsunami 2004 in Südostasien bedingten nicht eine Stornierung, sondern eine Änderung der Destination. Damit ist der Tourismus ein stabiler Wirtschaftszweig, verhilft insgesamt zum nachhaltigen Wachstum und dient als Konjunkturmotor (vgl. o. A. 2006b, S. 12).

2.2 Geographie der Freizeit und des Tourismus – Vom ‚Sanften Tourismus’ zur Nachhaltigkeit des Tourismus

Die Geographie der Freizeit und des Tourismus zählt mit ihrem Interesse an den raumbezogenen Dimensionen von Freizeit und Tourismus zu den jüngeren Teildisziplinen der Anthropogeographie, welche seit den 1960er Jahren ihre Eigenständigkeit entwickelte (vgl. Hopfinger 2003, S. 1). Der Tourismus ist hierbei unter der Freizeit subsumiert, auch wenn beide in zeitlicher Progression immer stärker miteinander verwoben sind.

Mit seiner Projektion der Theorie der zentralen Orte auf den Fremdenverkehr gelang Christaller 1955 die Einführung einer ersten standorttheoretischen Betrachtungsweise in die Fremdenverkehrsgeographie. Somit gilt Christaller als ein „Vorreiter[15] der raumwissenschaftlich-nomologisch-exakten Freizeit- und Tourismusgeographie“ (Hopfinger 2003, S. 4).

Vor dem Hintergrund zunehmender Kritik an der länderkundlich-deskriptiv und physiognomisch ausgerichteten Fremdenverkehrsgeographie und unter dem Einfluss der Umwälzungen innerhalb des Gesamtfachs, die beim Geographentag in Kiel 1969 in fundamentalen Kontroversen kulminieren, schlägt auch die Freizeit- und Tourismusgeographie den – nicht umstrittenen – Weg zu einer methodisch modernen Erfahrungswissenschaft ein, die sich im Kern als nomologische Raumwissenschaft positioniert (Hopfinger 2003, S. 3).

Der in der Folgezeit versuchte Aufbau einer Theorie des Tourismus wurde mit zahlreichen Modellen[16] unterstützt, so dass raumwissenschaftlich-theoretische Erklärungsansätze für die Freizeit- und Tourismusgeographie einen hohen heuristischen Wert haben. Da in dieser Theorie der Mensch als handelndes Subjekt keine entscheidende Rolle zugewiesen bekam, plädierte Bartels 1968 dafür, das Fach vor allem als handlungszentrierte Sozialwissenschaft zu betreiben. Kurze Zeit darauf erfolgte mit der Neukonzeption der Sozialgeographie durch die so genannte ‚Münchner Schule’, der es erstmals in der Disziplingeschichte gelingt, den Menschen als Individuum mit in das Gedankengebäude des Faches zu integrieren, die Ausweisung von Daseinsgrundfunktionen.

Mit der Ausgliederung der Funktion ‚sich erholen’ und der Verknüpfung mit den raumbezogenen Aktivitäten sozialer Gruppen, verhalf dieser Neuansatz der Freizeit- und Tourismusgeographie zu kräftigen Impulsen, neuen Fragestellungen und Methoden. Im Folgenden führte Ruppert die „Geographie des Freizeitverhaltens“ in die fachliche Diskussion ein, die aufgrund der folgenden fachwissenschaftlichen Kritik von Wolf und Jurczek weiter differenziert wurde (vgl. Wolf u. Jurczek 1986, S. 10). Auf einen bisherigen Nenner führte letztlich der Begriff ‚Geographie der Freizeit und des Tourismus’.

Mit dem sich ab den 1960er Jahren rasant entwickelnden Sektor der Freizeit und des Tourismus, und des dazu führenden Begriffs des Massentourismus und seinen negativen Folgen, wurde frühzeitig erkannt, dass sich die Sichtweise innerhalb des Faches verändern musste. Ein kritisches Hinterfragen tourismus- und raumbezogener Auswirkungen löste auch innerhalb der Freizeit- und Tourismusgeographie eine Diskussion aus, die sich zunächst auf die negativen umweltbezogenen Aspekte konzentrierte (vgl. Krippendorf 1975). Auf die 1980 in GEO veröffentlichten Thesen zum ‚sanften und harten Reisen’ von Jungk[17] folgte die Etablierung des Begriffs ‚Sanfter Tourismus’, so dass zwei Jahre nach der Begriffsbildung des ‚Sanften Reisen’ der Fremdenverkehrsforscher Jost Krippendorf den Begriff in die programmatische Formel ‚Sanfter Tourismus’ verwandelte, bei der er mithilfe einer Gegenüberstellung die Eigenschaften des ‚Harten und Sanften Tourismus’ formulierte (vgl. Opaschowski 2001, S. 42).

Klemm fasst dieses Bestreben wie folgt zusammen: „Tourismusangebot und -nachfrage müssen sich gleichermaßen ändern, damit die Natur, das wichtigste Grundkapital der touristischen Entwicklung, nicht zerstört wird, die Kultur einer Zielregion erhalten bleibt, die soziale und ökonomische Lebensqualität der Bereisten verbessert, gleichzeitig aber auch den Bedürfnissen der Touristen entsprochen wird“ (Klemm 1993, S. 65).

Seit den 1980er Jahren und damit seit der Veröffentlichung des Berichts der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (Brundtland-Bericht 1987) ist der Begriff ‚sustainable development’ bzw. ‚nachhaltige Entwicklung’ als Leitbild zukünftiger weltweiter Entwicklung im Gespräch. „Im Zentrum der nachhaltigen Entwicklung steht die Generationenverträglichkeit“[18] (DTV 1998, S. 3). Durch dieses neue Leitbild fand ein Abschied vom ‚Sanften Tourismus’ statt, der durch die Konferenz in Rio de Janeiro 1992 (‚Agenda 21’) verstärkt wurde (vgl. Heineberg 1998, S. 11). Die nachhaltige Entwicklung mit Tourismus durch Leitung der Politik[19] befreit sich der kurzzeitig gefassten Nischenpolitik des ‚Sanften Tourismus’, so dass eine Wirtschaftlichkeit stärker berücksichtigt und eine generelle Umorientierung der Tourismuspolitik angesteuert wird. Mit der Nachhaltigkeit kommt damit der zeitliche Weitblick, die Berücksichtigung räumlicher Verflechtungen sowie die stringente vernetzte Sicht der drei Dimensionen ‚Ökologie’, ‚Ökonomie’ und ‚Gesellschaft’ mit ins Spiel.

Bis Ende der 1990er Jahre beschäftigt sich das Fach intensiv mit der nachhaltigen regionalen Entwicklung, in welcher der integrierte Tourismus z. B. die endogenen Potentiale schonend nutzen soll. Damit werden die größten Realisierungschancen eines umweltschonenden Tourismus in Form einer nachhaltigen Regionalentwicklung mit Tourismus gesehen: Tourismus als regionaler Entwicklungsfaktor.

In Anlehnung an das sektorübergreifende Leitbild der nachhaltigen Entwicklung der Umweltkonferenz von Rio 1992, lassen sich unabhängig von regionalen Besonderheiten, folgende drei Nachhaltigkeitskriterien für den Tourismus ableiten (vgl. Heineberg 1998, S. 18ff):

1. Ökonomische Nachhaltigkeit:

- Stärkung der Wirtschaft durch Nutzung regionaler Ressourcen (z. B. durch Produkte der Landwirtschaft, Handwerk etc.),
- Minderung ökonomisch bedingter Belastungen und Schäden ökologischer Art,
- Verringerung des tourismusbedingten Verkehrsaufkommens und
- Verlagerung auf emissionsärmere Verkehrsmittel.

2. Ökologische Nachhaltigkeit:

- Naturverträgliche Freizeitangebote,
- Sensibilisierung der Anbieter und Nachfrager hinsichtlich der Natur,
- Umweltmanagement in touristischen Betrieben und Kooperation mit dem ÖPNV für die Gäste (Minderung des mobilisierten Individualverkehrs [MIV] vor Ort, der ‚Flächenversiegelung’ bei Neubauten, Lärmschutz, Gewässerschutz und Erhaltung der rezenten biologischen Vielfalt) und
- Erhaltung des natürlichen Potentials als Voraussetzung für den Tourismus.

3. Sozio-kulturelle Nachhaltigkeit:

- Wahrung des sozialen und kulturellen Gefüges der autochthonen Bevölkerung,
- didaktisch respektvolle Vermittlung kultureller Bräuche oder Besonderheiten und
- Integration des Tourismus in die Kultur und nicht umgekehrt.

Nachhaltiger Tourismus beschreibt somit Mindeststandards auf drei touristischen Wirkungsdimensionen, die jede Form von Fremdenverkehr erfüllen sollte.

„Wenn es gelingt, die ökonomischen, ökologischen und sozialen Möglichkeiten des Tourismus als Chance für Natur und Kultur besser zu nutzen, dann hat der Tourismus eine dauerhafte Zukunft, d. h. Tourismus mit Zukunft ist keine Illusion“ (Opaschowski 2001, S. 28).

Hinsichtlich umweltfreundlicher Urlaubsangebote gibt es in der Tourismusbranche bis heute keine einheitlichen Auffassungen. Das heißt, dass Umweltgütesiegel zahlreich diskutiert und verteilt wurden (vgl. Opaschowski 2001, S. 47). Beispielhaft seien folgende Öko-Gütesiegel erwähnt:

- Der ‚Grüner Koffer’ vom Verein ‚Ökologischer Tourismus in Europa’ (vgl. Hopfenbeck u. Zimmer 1993, S. 165f),
- die ‚Blaue Europa Flagge’ von der ‚Deutschen Gesellschaft für Umwelterziehung’ (vgl. Merkel 1997, S. 182) und
- die ‚Blaue Schwalbe’ von ‚Verträglich Reisen (International)’.

Spittler fordert 1999 bereits ein bundesweit einheitliches Umweltgütesiegel, um der stetig wachsenden Zahl der Umweltauszeichnungen entgegenzusteuern und somit eine Transparenz für den Reisenden zu gewährleisten (vgl. Spittler 1999, S. 72).

Ökologische Kritik fasst Opaschowski durch die sieben Umweltsünden des Tourismus zusammen (vgl. Opaschowski 2001, S. 58):

- Landschaftszerstörung,
- Landschaftszersiedlung,
- Landschaftsverschmutzung,
- Luftverschmutzung,
- Pflanzengefährdung,
- Tiergefährdung und
- Wasserverschmutzung.

Zusammengefaßt kann man sagen, dass bis Mitte der 70er Jahre Landschaftsbewertungsverfahren im Mittelpunkt der fremdenverkehrsgeographischen Forschung standen. Seit den 80er Jahren wurde sie zunächst von der Forschung in der sanften und umweltschonenden und später in der heutigen nachhaltigen Tourismusentwicklung abgelöst (Zimmers 1995, S. 96).

3 Natur- und kulturräumliche Grundlagen der Stadt Attendorn im Südsauerland

Das Sauerland als zentrale Region im Westen Deutschlands stellt durch seine naturräumlichen Faktoren ein typisches Mittelgebirge dar. Auch wenn es geographisch weder natur- noch kulturräumlich eine Einheit bildet, so deckt sich diese Region im engeren Sinne mit dem Einzugsbereich der Ruhr.[20] Als „Land der 1000 Berge“ (vgl. Becker 1989, S. 9) bekannt, stellt der nordöstliche Teil des Rheinischen Schiefergebirges auch die höchsten Erhebungen von NRW mit dem Langenberg (843 m ü. NN) und dem bekannteren Kahlen Asten (841 m ü. NN) bereit. Dieser naturräumliche Ausschnitt des Rheinischen Schiefergebirges wird durch seine Berg- und Hügelketten mit weiten und engen Tälern, respektive der Hoch- und Tiefebenen, gegliedert. „Das durchschnittlich 350-450 m hohe Mittelgebirge besteht insgesamt aus paläozoischen Gesteinen des Devons und Karbon“ (Mayr u. Temlitz 2006, S. 5) und ist somit ein sehr altes Gebirge. Der Landschaftsname Sauerland geht auf den ursprünglichen Begriff ‚Suderland’ zurück, aus dem sich die Namensform ‚Su(e)rland’ und schließlich die heutige Bezeichnung entwickelte.[21] Die Bedeutung dieses Namens ist ‚Südliches Land’. Neben den stark bewaldeten Bergen und den zahlreichen und meist tiefen, wasserdurchströmten Wiesentälern, ist das Sauerland durch seinen kulturhistorischen Reichtum an Burgen, Schlössern, Kirchen und den typischen schwarz-weißen Fachwerkhäusern mit ihren grau-farbenden Schieferdächern geprägt.

Das Südsauerland liegt zwischen dem Hochsauerland im Osten, der Region Siegerland-Wittgenstein im Süden und Osten, dem Bergischen Land im Westen und dem Märkischen Sauerland im Norden. Damit liegt es „mitten in der Bundesrepublik Deutschland“ (Henseling 1998b, S. 93). Dieser Bereich weist Höhenunterschiede zwischen 224 m ü. NN in der Flussniederung der Lenne bei Rönkhausen und 758 m ü. NN im Osten auf der Höhe des Härdler auf (vgl. LDS 1999, S. 5). Drei Bereiche sind im Südsauerland zu unterscheiden: Das auf über 600 m ansteigende Bilsteiner Bergland im Osten, die sich bis in das Frettertal erstreckenden Kalk-Doppelsenken um Attendorn und Elspe im Norden und das kaum über 500 m aufragende Hügelland im Südwesten um Wenden und Drolshagen. Eingebettet in diese Landschaft sind die drei Naturparks Homert-, Ebbe- und Rothaargebirge, die zusammen ca. 90 % der Kreisfläche bedecken.

Wichtige Flusssysteme des Kreises sind die Bigge und die Lenne (vgl. LDS 1999, S. 37). Der Kreis Olpe ist mit dem Siegerland und Wittgenstein der südlichste Zipfel Westfalens und zugleich Grenzgebiet nach Hessen und Rheinland-Pfalz.

3.1 Naturräumliche Faktoren

Die Natur – oder präziser – die naturräumliche Ausstattung (Lage, Klima, Vege-tation, Gewässerflächen etc.) eines Gebietes ist eines der wichtigsten Potentiale für die touristische Attraktivität und damit für den Tourismus selbst (vgl. Kapitel 6.4.4 und 6.7.1). Im Folgenden soll daher eine Skizze der naturräumlichen Faktoren der Stadt Attendorn als Gebiet des Südsauerlandes erarbeitet werden.

3.1.1 Naturräumliche Einordnung des Untersuchungsgebietes

Als ein Teil des südlichen Sauerlandes, der einzigen hochmontanen Landschaft in Westfalen, stellt das Gebiet der Stadt Attendorn einen Ausschnitt eines typischen Mittelgebirges dar.

Das Untersuchungsgebiet befindet sich zwischen den Antiklinalen des nördlichen Ebbegebirges und des südlichen Rothaargebirges. Innerhalb dieser Sättel ist die waldfreie Doppelsenke von Attendorn und Helden eingeschaltet. Getrennt wird diese durch den bewaldeten Höhenzug des Dünscheder Sattels. Im Norden des Dünscheder Sattels befindet sich das breite Biggetal, in welchem der Sieldungsschwerpunkt des Stadtgebietes von Attendorn (‚Attendorn-Stadt’) liegt (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 37). Das dem Stadtgebiet zugehörige Repetal liegt südlich dieses Sattels mit den für den Tourismus bedeutsamen Ortschaften Helden und Niederhelden. Attendorns Höhen erstrecken sich von 240 m ü. NN bei Borghausen im Repetal bis auf 636 m ü. NN. am hohen Rüenhardt im Ebbegebirge, so dass das Stadtgebiet generell auf einer Höhe zwischen 100 und 300 m liegt (vgl. Feige u. Becks 1981, S. 21).

Das Sauerland als Teil des rheinischen Schiefergebirges gehört zur feuchttemperierten subatlantischen Klimaregion, wobei der Kreis Olpe durch ein abgestuftes Höhenklima gekennzeichnet ist. Westwinde mit hygrischer Fülle vom Atlantik dominieren (vgl. Ringleb u. Ringleb 1989, S. 19). Generelle Klimamerkmale des Ostflügels des Rheinischen Schiefergebirges sind hohe Niederschläge, niedrige Temperaturen im Jahresmittel und eine hohe Luftfeuchtigkeit. Dass sich diese Merkmale innerhalb des Süderberglandes, so auch im Südsauerland, zum Teil erheblich unterschieden, ist bemerkenswert. Die Sommer sind relativ kurz und kühl, dafür bieten Herbst und Frühjahr eine milde, stabile Witterung.

Die im Jahresmittel hohen Niederschlagsmengen verteilen sich lokal sehr unterschiedlich. Die Angaben für das Gebiet der Stadt Attendorn variieren dabei zwischen 800 bis 1.200 mm pro Jahr (mit einem Sommermaximum) (vgl. Feige u. Becks 1981, S. 21, Ringleb u. Ringleb 1989, S. 27 und Weber u. Krajewski 1998b, S. 39). Noch stärker differieren die Niederschlagsmengen des Sauerlands in ganzheitlicher Sicht: Die mittlere jährliche Niederschlagsmenge beträgt im Rothaargebirge 1400 mm und im Ebbegebirge 1300 mm. Diese Menge sinkt mit der Seehöhe lokaler Messstationen in der Attendorn-Elsper Doppelmulde auf etwas weniger als 1000 mm N im Ort Elspe, welches als Föhn-Effekt zu deuten ist (vgl. Ringleb u. Ringleb 1989, S. 27).

Liegt die jährliche Durchschnittstemperatur im Sauerland bei 6° C, so ist sie in der Attendorn-Elsper Doppelmulde dagegen mehr als ein Kelvin höher. In der Zeit von Juni bis Juli beträgt dieser Abstand durchschnittlich sogar zwei Kelvin, wobei das Sauerland eine Temperatur von 13° C und die Doppelmulde 15° C aufweist (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 40). Vom Juni bis zum September ist diese Witterung touristisch attraktiv, wobei ca. 90 mm Niederschlag pro Monat fällt.

Damit zeigt sich, dass die Klimasituation in Attendorn aufgrund geringerer Niederschläge und höherer Temperaturen günstiger im Vergleich zum Umland ist. Das bioklimatische Angebot Attendorns spielt für den Tourismus eine weitere wichtige Rolle und ist als Reiz- und Schonklima einzustufen. Die bioklimatischen Wertstufen variieren damit zwischen 4 (reizmild) bis 3 (reizschwach) (vgl. Schüttler 1989, S. 260). Ein weiterer wichtiger Aspekt ist das Angebot an ‚frischer Luft’ und Ruhe, das aufgrund des hohen Waldflächenanteils für das Sauerland charakteristisch ist.

3.1.2 Landschaftsgenese, regionale Geomorphologie und Geologie

Das Sauerland umfasst den am weitesten nach Norden vorgreifenden Flügel des Rheinischen Schiefergebirges, einem variskischen Faltengebirge (Verlauf: Südwest – Nordost), welches ein Rumpfgebirge paläozoischen[22] Ursprungs ist. Das rezente Relief wird somit von Isohypsen geprägt, die in den variskischen Faltungsphasen geformt wurden. Auf Grund des Alters und den wirkenden Erosionskräften entwickelte sich das Bild eines gehobenen und tief zertalten Hochflächenblocks (vgl. Nicke 1989, S. 33). Mit dem Langenberg (843 m ü. NN) und dem Kahlen Asten (841 m ü. NN) besitzt das Sauerland und damit das Land NRW die höchsten Erhebungen.

Am Anfang der Landschaftsgeschichte akkumulierten sich in der Mitte des Erdaltertums Sedimente auf dem Grund eines Meeres, welches das heutige Gebiet einst überflutete. Mit der post-temporären Diagenese entstanden Steinformationen, in welchen teilweise auch Massenkalkvorkommen integriert sind. Diese sind auf ein zeitweise herrschendes, submarines Korallenriff zurückzuführen (vgl. Schüttler 1989, S. 253).

Mit dem Ende der Karbonzeit setzte die variskische Gebirgsbildung ein, in welcher alle bisher abgelagerten Schichten gefaltet, gegeneinander verschoben und über den Meeresspiegel angehoben wurden (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 38). Durch die folgende Denudation und Erosion kam es zur Ausbildung einer Rumpffläche, die zu späterem Zeitpunkt erneut unter den Meeresspiegel sank.

Durch den wiederkehrenden endogenen Prozess der Anhebung des gesamten rheinischen Schiefergebirges während des Tertiärs setzten erneut die exogenen Abtragungskräfte ein. Das Rumpfgebirge wurde mehr und mehr der Fluvialerosion ausgesetzt, welche eine immer tiefer werdende Zertalung zur Folge hatte. Mit dem heutigen Begriff ‚Land der 1000 Berge’ schließt sich der Umstand, dass weniger verwitterungs-resistente Gesteine (Tonsteine, Mergel etc.) stärker erodiert wurden als jene, die stärker verwitterungs-resistent (Grauwacke, Sandsteine etc.) waren, so dass sich die alte(n) Rumpffläche(n) bis auf kleine Residuen auflösten.

Die heute vorhandenen tiefen und steilwandigen Sohlentäler sind Folge einer tiefgründigen Erosion, die erst mit dem Beginn des postglazialen Holozäns im Quartär wirksam wurden.

Im Zuge der lang andauernden Orogenese entstanden lokal unterschiedlich starke Aufbiegungen (Sättel und Mulden), so dass sich im Rothaarbereich und im Gebiet der Ebbe-Homert-Gebirgsschwelle relativ große Aufbiegungen des variskischen Gebirgskörpern befinden. Diese als Müsener Sattel und Ebbesattel bezeichneten Aufbiegungen schließen die in sich noch einmal längst gefaltete Attendorn-Elsper Doppelmulde ein. Diese wurde durch orogenetisch entstehende Presskräfte weiter durchgefaltet, so dass eine Schar kleinerer und kleinster Falten entstand. Innerhalb dieser Mulde befinden sich nördlich der morphologische Senkenzug Attendorn-Fretter und südlich der Senkenzug Helden-Elspe. Der variskische Verlauf der Kalksenken verläuft typisch Südwest nach Nordost. Der Massenkalk der Attendorner-Elsper Doppelmulde ist der Überrest eines Korallenriffs, welches vor ca. 370 Millionen Jahren entstand, als das Sauerland im Mitteldevon von einem tropisch-warmen Meer überflutet war. Bedingt durch Lösungsverwitterungen weist das Südsauerland heute lokal Karstformen wie Dolinen, Trockentäler, Karstquellen und Höhlen auf (vgl. Karte im Anhang 4, S. VII).

Das Südsauerland liegt in einer im Schnitt unter 400 m ü. NN befindlichen und 25 km breiten Muldenzone, die zwischen dem Ebbesattel im Norden (600 m ü. NN) und dem Siegerländer Sattel im Süden (700 m ü. NN) gelegen ist. Diese Sättel, die den Kreis Olpe im Norden und Süden begrenzen, stellen gleichzeitig die größten Höhen innerhalb dieses Kreises dar. Des Kreises höchster Punkt mit 756 m ist der Härdler östlich von Oberhundem und der tiefste Punkt (220 m) bei der Einmündung der Gelinge in die Lenne bei Rönkhausen. Mit der Vereinigung von Höhenlagen und Morphologie bietet sich eine Dreiteilung der Landschaft an: Der südöstliche Teil des Kreises mit seinem über 500 m hohen Gebirgsland, der westliche und südliche Teil mit seinem um 400 m hoch gelegenem Hügelland und die etwa 340 m hoch gelegenen Senken im Norden.

Das Untersuchungsgebiet besteht aus gefalteten und geschieferten Gesteinen, die Folge von paläozoischen Ablagerungen sind (vgl. Eckart et al. 2000, S. 169). Diese Akkumulationen bildeten sich in Meeresgebieten der ehemaligen Rheinischen Geosynklinale, die vom Unterdevon bis zum Oberdevon zuzuordnen sind. Im Kontext der geomorphologischen Nord-Süd-Abfolge von Ebbe-Sattel, Biggetal, Dünscheder Sattel, Repetal und Rothaargebirgsschwelle, ergibt sich die zu differenzierende geologische Struktur (vgl. Kapitel 3.1.1). Während die nördliche und mittige Antiklinale von Ebbe und Dünschede von einer Wechsellagerung von Ton- und Sandsteinen des Unter- und Mitteldevons aufgebaut ist, so besteht das nördliche Biggetal (‚Attendorner Kalkplateau’) aus Massenkalk des oberen Mitteldevons. Das sich im Südosten anschließende Repetal weist zum größten Teil ebenfalls Massenkalk des oberen Mitteldevons auf, so dass sich im nördlichen Bereich von Dünschede beide Kalkvorkommen zur Doppelmulde verbinden. Infolgedessen ist insgesamt diese Massenkalk-Doppelmulde von Attendorn-Helden nahezu „vollständig kranzförmig von Sand- und Tonsteinen umgeben“ (Weber u. Krajewski 1998b, S. 38).

Exkurs: Entstehung der Attendorner Tropfsteinhöhle

Die infolge des Vorkommens eines submarinen Korallenriffs zu Zeiten des Devons, der Akkumulation und wirkenden Diagenese zur Bildung des Massenkalkes und späteren Freigabe durch tektonische Hebung entstandene Doppelmulde wurde seit dem ausgehenden Paläozoikum der Verkarstung freigegeben. Zum einen bewirkte die Auflösung des Kalkes zur Tertiärzeit die muldenförmigen Verebnungen, zum anderen schufen Lösungsvorgänge unterhalb der Oberfläche ein ausgeprägtes Höhlensystem (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 39). Die chemische Verwitterung von Kohlensäure auf und im Kalkgestein generierte somit im Laufe der Jahrmillionen Sinterbildungen, die als Sehenswürdigkeit in der 1907 entdeckten Attendorner Tropfsteinhöhle im Osten der Altstadt zu besichtigen sind.

3.1.3 Vegetation, Böden, Flächennutzung und Tierwelt

Für zahlreiche Touristen stellt die Vegetation, insbesondere der Wald, eine attraktive Ausstattung einer Landschaft dar. Das Sauerland bietet insgesamt viele zusammenhängende Waldflächen. Das Südsauerland wird von den drei Naturparks ‚Ebbegebirge’ (412 km²), ‚Rothaargebirge’ (192 km²) und ‚Homert’ (16,7 km²) geprägt, so dass sie zusammen 90 % der Fläche des Kreises Olpe als Naturparks bedecken (vgl. Henseling 1998b, S. 93 und Luster-Haggeney 1989, S. 185f).

Der Zweckverband ‚Naturpark Ebbegebirge’ wurde beispielsweise 1964 im Zuge des Baus der Biggetalsperre mit dem Ziel der Erhaltung und Pflege der ursprünglichen Landschaft gegründet und umsäumt vollständig das Gebiet der Stadt Attendorn (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 45). Die gesamte Fläche des Parks von 777 km² teilen sich der Kreis Olpe und der Märkische Kreis im Norden (vgl. Henseling 1998a, S. 88).

Ursprünglich war das Südsauerland ein Waldland und sehr lange von Buchen-, Birken-, Eichen-, Bergahorn- und Eibenwaldbeständen dominiert. Diese natürlichen Waldgesellschaften traten über Silikatverwitterungsböden (basenarme Ranker und Braunerden) devonischer Sand- und Tonsteine auf (vgl. Pott u. Caspers 1989, S. 49). Mit dem Beginn anthropogener Eingriffe wie der Kultivierung von Flächen und gezielter Substitution[23] von Buchen durch Fichten, änderte sich die Physiognomie zur heutigen Vegetationsfolge Wald (großflächige Fichtenforste), Wiese und Äcker, welche charakteristisch für das Sauerland sind. Dennoch weist der Kreis Olpe heute einen Waldflächenanteil von 62 Prozent auf und gehört damit „zu den waldreichsten der Bundesrepublik, deren Waldanteil nur 29 % beträgt“ (Luster-Haggeney 1989, S. 185).

Die Katasterfläche von Attendorn teilt sich aktuell in mehrere nach Art der Benutzung unterteilte Areale auf. Im Jahr 2006 umfasst die Waldfläche Attendorns 5113 Hektar (52,2 %), die landwirtschaftlich genutzte Fläche 2948 ha (30,1 %) und die Gebäude- und Freifläche 597 ha (6,1 %). Die Attendorn-Elsper Doppelmulde fällt hierbei durch ihre Offenheit auf, da ihre Kalkplateaus überwiegend landwirtschaftlich genutzt werden. Im Gebiet von Attendorn und Finnentrop finden sich heute noch größere Vorkommen von Lösslehmbeimengungen, die die natürliche Ertragsfähigkeit der Böden erheblich verbessert (vgl. Högermeyer 1989, S. 160).

Mit 574 und 455 Hektar machen die Wasser- und die Verkehrsfläche (5,9 und 4,6 Prozent) lediglich einen geringen Teil der Gesamtfläche aus. Insgesamt zeigt sich daher, dass mit einem Anteil von 82,3 Prozent die Katasterfläche von Attendorn durch Wald- und Landwirtschaftsareale geprägt und somit als Erholungsgebiet für Touristen aufgrund ihrer ‚natürlichen’ Räume von besonderem Reiz ist. Im Vergleich zum Jahr 2004 haben sich diese beiden Nutzungsflächen sogar vergrößert (vgl. Tabelle 1).

Tabelle 1: Nutzungsflächen der Stadt Attendorn 2006 im Vergleich zu 2004

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quellen[24]: ° Stadt Attendorn 2006b und *LDS 2006

Nach der mittelalterlichen Ausrottung von Auerochs, Wisent und Bär erhält sich im Kreis Olpe ein artenreicher und zum Teil zunehmender Hochwildbestand. In diesem Bestand treten Rotwild und Schwarzwild auf, die Niederwildarten Arten Hase, Fasan, Kaninchen, Rebhuhn, Fuchs, Dachs, Waschbär, Hasel- und Rauhfußhuhn spielen dagegen nur eine geringe Rolle. Ein Vogel- und Fischreichtum ist rezent nicht vorhanden (vgl. Luster-Haggeney 1989, S. 186).

Die Bodenverhältnisse des Südsauerlandes sind sehr unterschiedlich und es kommen keine großen geschlossenen bodenkundlichen Einheiten vor. In der Mehrzahl herrschen Verwitterungsprodukte des Tonschiefers vor, wobei Lehme, Sande und Tone dicht beieinander liegen und sich zu einer geringmächtigen, 30-60 cm dicken Braunerde formieren (vgl. Taschenmacher 1955, S. 17). Neben den Verwitterungsprodukten des Tonschiefers gibt es im Bilsteiner Bergland aus Grauwacke entstandene Lehmböden. Diese sind feinsandig und verhältnismäßig tiefgründig, neigen aber zu Staunässe und sich daraus ergebender Versumpfung.

Auf den Kalkplateaus befinden sich die besten Böden des Südsauerlandes, da sich auf den flach- bis mittelgründigen Kalksteinböden teilweise recht gute, basenreiche Braunerden entwickelt haben, die völlig entkalkt sind und trotz der hohen Niederschläge von 900 mm schnell trocknen.

3.1.4 Hydrographie und Gewässer

Durch die Motivation der Daseinsgrundfunktion ‚sich erholen’ finden kontinuierlich zahlreiche Touristen zu Gebieten mit Wasserflächen, um ihre Freizeit dort zu verbringen. Mit diesem ‚Pull-Faktor’ der Ruhe, Abwechslung und Ästhetik – kurz Attraktivität – besitzen Gewässer im Sauerland einen hohen Stellenwert, insbesondere für den Tourismus. Diese Areale bieten zum einen in einem heißen Sommer einen makrolokalen Temperaturausgleich, zum anderen im Winter eine ansprechende Natur-Architektonik, die durch Schnee, Frost und Reif in ästhetischem Maße verschönert wird.

Das gesamte Untersuchungsgebiet wird von den beiden Flusssystemen der Lenne und der Bigge geprägt. Die Lenne verläuft nordöstlich von Attendorn und führt in ihrer nordwestlichen Richtung ihr Wasser über die Ruhr dem Rhein zu. Wichtigste Nebenflüsse des Hauptflusses Lenne im Untersuchungsgebiet sind die Repe und die Bigge. Die Bigge ist der längste Nebenfluss der Lenne und entwässert den westlichen Teil der Lenne, so auch das Untersuchungsgebiet. Sie entspringt im Süden des Kreises Olpe, durchquert in ihrem nördlichen Verlauf anschließend die Kreisstadt und wird südlich von Attendorn zur Biggetalsperre aufgestaut. Mit Einbezug ihrer Nebenflüsse Lister und Ihne fließt die Bigge in nordöstlicher Richtung entlang des südlichen Biggetals bis zur Stadt Finnentrop, wo sie ihr Wasser an die Lenne abgibt. Des Weiteren existieren auf dem Untersuchungsgebiet zahlreiche kleine Bäche, die teilweise episodisch ihr Wasser der Bigge bzw. der Repe zuführen.

Charakteristisch für den längsten Nebenfluss der Lenne ist sein mäandrierender Verlauf und sein zweimaliges Aufstauen. Der Ahauser Stausee befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Finnentrop im Nordosten Attendorns, wurde in den Jahren zwischen 1936 und 1938 aufgestaut und fasst zwei Mio. m³ Wasser (vgl. Attendorner Hanse GmbH u. Olpe Aktiv e.V. 2005, S. 13). Zugleich befindet sich an dieser Stelle mit einer Höhe von „248 m ü. NN der tiefste Punkt des Stadtgebietes“ (Weber u. Krajewski 1998b, S. 39).

Exkurs: Entstehung der Biggetalsperre

Das Untersuchungsgebiet wird im Süden von Westfalens größter Talsperre, dem Biggesee, geprägt (vgl. Attendorner Hanse GmbH u. Olpe Aktiv e.V. 2005, S. 5). Dieser nimmt eine zentrale Rolle für den Tourismus in Attendorn ein und verstärkte seit seiner Fertigstellung im Jahr 1965 das touristische Aufkommen (vgl. Krajewski 1999, S. 10 und Kapitel 4.2.3).

Das ursprünglich als Trink- und Betriebswasserreservoir[25] konzipierte Infrastrukturprojekt reicht von der Kreisstadt Olpe bis nach Attendorn, liegt im Gebiet des Naturparks Ebbegebirge und lockt besonders im Sommer zahlreiche Touristen an sein Ufer, auf seine Oberfläche und in seine Wassermassen. Entstanden ist dieser See aus dem Aufstauen der Bigge von 1957 bis 1965 auf der damals größten Baustelle Deutschlands (vgl. Henseling 1998a, S. 85). Jahrzehnte zuvor, zwischen 1909 und 1912, wurde bereits die Lister auf ein Wasservolumen von 22 Mio. m³ im südlichen Teil des Untersuchungsgebietes aufgestaut und dient als Vorstaubecken der Biggetalsperre (vgl. Weber u. Krajewski 1998b, S. 42). Beide Sperren zusammen besitzen damit einen Stauinhalt von rund 172 Mio. m³ Wasser (vgl. Feige u. Becks 1981, S. 35).

Mit einem Einzugsgebiet von 289 km² fließen jährlich 220 Mio. m³ Wasser in den durchschnittlich 57 m tiefen Stausee, so dass sich sein Stauinhalt von 150,1 Mio. m³ Wasser auf eine 700 Hektar große Seenfläche verteilt (vgl. LDS 1999, S. 5). Durch die Niederschlagsmengen, den Staudruck und die Reliefenergie (Fallhöhe 53 Meter) erzeugt das südlich von der Altstadt Attendorns gelegene Biggekraftwerk mit ihren vier Turbinen jährlich 22 Mio. kWh an elektrischer Energie (vgl. Attendorner Hanse GmbH u. Olpe Aktiv e.V. 2005, S. 5).

Für dieses riesige Stauprojekt mussten im Rahmen des Flurbereinigungsverfahrens rund 2550 Personen ihre Häuser und Wohnungen aufgeben und umsiedeln, so dass z. B. die Siedlungen Neu-Listernohl und Neu-Sondern (Olpe-Sondern) entstanden (vgl. Feige u. Becks 1981, S. 50). Zusätzlich wurden 70 km Straßen und Wege und zehn Kilometer Schienen mit drei Tunnels neu angelegt. In der neuen Siedlung Sondern entstanden z. B. Fremdenverkehrseinrichtungen und ein Bahnhof, der den direkten Umstieg vom Zug auf ein Schiff der Personenschifffahrt ermöglicht (vgl. Feige u. Becks 1981, S. 55).

[...]


[1] Zur Ergänzung sei erwähnt, dass „es keine ‚Tourismusbranche’ im üblichen Sinn einer produktionsseitigen Klassifikation gibt“ ( Filipp-Köhn et al. 1999, S.3), sondern sie vielmehr eine Verflechtung mit anderen Wirtschaftszweigen eingeht (Ernährungsgewerbe, Einzelhandel etc.). Somit stellt der Tourismus ein breites Spektrum an wirtschaftlichen Einflüssen dar (vgl. Brysch 1999, S. 1).

[2] Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird in dieser Arbeit ausschließlich das generische Maskulinum sowohl für die weibliche als auch männliche Form verwendet.

[3] „Der Name Südsauerland ist eine geographische und touristische Bezeichnung für den Kreis Olpe“ (Henseling 1998b, S. 93). Etabliert hat sich dieser werbewirksamer Regionalmarketingbegriff erst seit den späten 1960er Jahren (vgl. Krajewski 1999, S. 8).

[4] „Unter Potential soll hier das gesamte Angebot verstanden werden, das den Fremdenverkehr eines Gebietes ermöglicht und fördert“ (Schüttler 1989, S. 251).

[5] Das Profil der Touristen umfasst in diesem Kontext die Sozialstruktur, das Herkunftsgebiet, die Verkehrsmittelwahl, die Aufenthaltsdauer, die Besuchsmotive, die Aktivitäten, die Informationsquellen, die Übernachtungswahl und letztlich die Wahrnehmung und Bewertung tourismusrelevanter Objekte und Projekte.

[6] Vgl. Anhang 1, Seite I

[7] Präzise betrachtet besteht der Fragebogen aus 18 geschlossenen und zwölf offenen Fragen, so dass ein Verhältnis von 3:2 vorhanden ist. Aufgrund des Anteils der offenen Fragen beinhaltet die spätere Analyse zahlreiche qualitative Aspekte.

[8] Die Rücklaufquote der Übernachtungsbetriebe (21 von 227 Bögen, d.h. neun Prozent) war wider Erwarten äußerst gering, so dass auf diesen Anteil im Wesentlichen hätte verzichtet werden können (vgl. Atteslander 2003, S. 175).

[9] Die Begriffe Tourismus und Fremdenverkehr werden synonym verstanden, wenngleich sich in neuester Zeit der Begriff Tourismus in allen Belangen durchgesetzt hat.

[10] Unter Reise wird in diesem Abschnitt eine zirkuläre Mobilität verstanden, bei welcher der Reisende nach einer individuellen Zeit zu seinem Wohnort zurückkehrt.

[11] Für die große Mehrheit der Bevölkerung war das Reisen in dieser Zeit jedoch unmöglich, da finanzielle Mittel fehlten, es keine konkrete Trennung von Arbeit und Freizeit gab und generell verschiedene Restriktionen einen temporären Ortwechsel nicht zuließen.

[12] Fand in Westdeutschland die Wiederbelebung des Gesellschafts- und Individualtourismus statt, so wurde der Fremdenverkehr in der DDR verstaatlicht, das heißt, das Erholungswesen wurde als ein Zweig der staatlichen Sozialversorgung gesehen (vgl. Zimmers 1995, S. 73ff).

[13] Beispielsweise reduzierte sich in der BRD zwischen 1950 und 1982 die jährliche Arbeitszeit von durchschnittlich 2350 auf 1900 Stunden und die Motorisierung verfünfzigfachte sich von 0,5 Mio. auf 24 Mio. PKW (vgl. Hamele 1990, S. 588). Die durchschnittlichen Jahresurlaubstage vermehrten sich von 12 im Jahr 1950 auf 31 Tage im Jahr 1990 (vgl. Agricola 1990, S. 71).

[14] Die Fédération Internationale de Football Association wurde am 21. Mai 1904 in Paris gegründet und hat seit 1932 ihren Sitz in Zürich. Sie ist der zentrale Veranstalter und Organisator der Weltmeisterschaft.

[15] Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, dass Sputz 1919 in seinen deskriptiven Arbeiten als einer der ersten die Wechselbeziehungen zwischen dem Fremdenverkehr und dem Raum aufgriff. Grundlegende Impulse für die Fremdenverkehrsgeographie setzte Poser im Jahr 1939, in dem er eine geographische Studie über den Fremdenverkehr im Riesengebirge verfasste und sich „systematisch mit der Erforschung des Tourismus“ (Wolf u. Jurczek 1986, S. 11) auseinandersetzte.

[16] Beispielhaft seien hier das von Pearce 1979 veröffentlichte idealtypische Standortmodell für den internationalen Tourismus oder das von Butler 1980 publizierte Schema zur Entwicklung von Destinationen genannt (vgl. Pearce 1979, S. 263 und Butler 1980, S. 7).

[17] Der Futurologe Robert Jungk eröffnete neue Sichtweisen, in dem er mithilfe eines Vergleichs die Charakteristika von ‚hartem Reisen’ und ‚sanftem Reisen’ formulierte. In diesem Vergleich bezog er, neben den ökologischen, die sozialen Auswirkungen des Tourismusbooms mit ein (vgl. Jungk 1980, S. 155f).

[18] Diese Art ‚Generationenvertrag’ hat das Ziel, die heutigen Belastungen von Luft, Klima, Wasser, Boden, Flora und Fauna zu reduzieren und den Ressourcenverbrauch zu vermindern, also eine dauerhafte und umweltgerechte Entwicklung zu festigen.

[19] Im Jahr 1994 erklärte die Bundesregierung das Prinzip der Nachhaltigkeit zum Staatsziel und vier Jahre später wurde das Raumordnungsgesetz novelliert und die nachhaltige Entwicklung zum zentralen Leitbild erklärt. Wesentliches Merkmal dieser dem Nachhaltigkeitsprinzip verpflichteten Flächenhaushaltspolitik ist die deutliche Reduzierung der Flächeninanspruchnahme, insbesondere die Verringerung des Freiraumverbrauchs und der Bodenversiegelung.

[20] „Im erweiterten geographischen Sprachgebrauch wird das gesamte Südergebirge/ Süderbergland/ Bergisch-Sauerländisches Gebirge mit dem Sieger- und Wittgensteiner Land, in der Regel aber ohne das Bergische Land als Sauerland bezeichnet“ (Becker 1989, S. 14).

[21] Die Bezeichnung Suderland ist bereits im Mittelalter nachzuweisen, worauf in chronologischer Folge die niederdeutsche Bezeichnung Suerland folgte. Durch die Verhochdeutschung dieses Begriffs entstand „spätestens gegen Ende des 16. Jhrds. die Bezeichnung Sauerland“ (Becker 1989, S. 1).

[22] Das Zeitalter des Paläozoikums (Erdaltertum) dauerte von der Formation des Kambriums ca. 600 Mio. J.v.h., bis zum Perm ca. 270 Mio. J.v.h..

[23] Die Fichte (‚Preußenbaum’) bot sich mit dem beginnenden Industriezeitalter ab dem 19. Jhrd. zur Substitution und Aufforstung an, da die nah gelegene aufstrebende Montanindustrie Grubenholz benötigte und somit auf die schnell wachsende Fichte umstellte. Zusätzlich kommt hinzu, dass die Fichte als Weihnachtsbaum verkauft werden kann, auch wenn die aus Dänemark stammende Nordmannstanne einen höheren Gewinn erzielt (vgl. Luster-Haggeney 1989, S. 185).

[24] Die Angaben für 2006 sind von der Internetpräsenz der Stadt übernommen. Die vom LDS recherchierten Daten für 2004 beziehen sich auf die tatsächliche Nutzungsfläche.

[25] Notwendig wurden dieses und weitere Stauprojekte im Sauerland aufgrund der raschen Entwicklung des Ruhrgebiets und dem damit verbundenen Wasserbedarf, der im Jahr 1918 10 m³/s betrug. Mit der Wasserentnahme aus der Ruhr, wurde das benutzte Wasser weiter nördlich in die Emscher und in die Lippe eingeleitet. „Da die Ruhr aber zu Zeiten extremer Niedrigwasser nur etwa 3 m³/s führt, wurde der Bau größerer Talsperren unbedingt erforderlich“ (Feige u. Becks 1981, S. 32).

Ende der Leseprobe aus 155 Seiten

Details

Titel
Der Tourismus im Gebiet der Stadt Attendorn - Potential- und Akzeptanzuntersuchung zum Fremdenverkehr in einem Mittelzentrum im Südsauerland
Hochschule
Universität Münster  (Geowissenschaft)
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
155
Katalognummer
V76281
ISBN (eBook)
9783638731164
ISBN (Buch)
9783638732314
Dateigröße
1750 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
29 Internetadressen
Schlagworte
Tourismus, Gebiet, Stadt, Attendorn, Potential-, Akzeptanzuntersuchung, Fremdenverkehr, Mittelzentrum, Südsauerland
Arbeit zitieren
Marco Grees (Autor:in), 2006, Der Tourismus im Gebiet der Stadt Attendorn - Potential- und Akzeptanzuntersuchung zum Fremdenverkehr in einem Mittelzentrum im Südsauerland, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76281

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