Stieffamilien und Jugendhilfe - Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns


Hausarbeit, 2005

22 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Stieffamilien
2.1 Definition
2.2 Statistische Angaben
2.3 Stieffamilien im sozialen Kontext

3 Problembereiche von Stieffamilien und Handlungsfelder der Jugendhilfe
3.1 Handlungsrahmen und Auftrag der Jugendhilfe
3.2 Hilfsmöglichkeiten für die speziellen Problembereiche von Stieffamilien
3.2.1 Hilfe zur Erziehung
3.2.2 Erziehungsberatung
3.2.3 Sozialpädagogische Familienhilfe
3.2.4 Erziehungsbeistand
3.2.5 Soziale Gruppenarbeit

4 Resümee

5 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Das Statistische Bundesamt veröffentlichte im August 2004 unter dem Titel „Zahl der Ehescheidungen steigt auf fast 214 000 im Jahr 2003“die Scheidungszahlen für 2003 in Deutschland. „Seit 1993 ist die Zahl der Ehescheidungen mit Ausnahme des Jahres 1999 beständig angestiegen und hat im Jahr 2003 einen neuen Höchststand erreicht. Von den im Jahr 2003 geschiedenen Ehepaaren hatte die Hälfte Kinder unter 18 Jahren. Gegenüber 2002 hat sich die Zahl der von der Scheidung ihrer Eltern betroffenen minderjährigen Kinder um 6,3% erhöht.“[1] Anhand solcher Zahlen ist davon auszugehen, dass das klassische Familienbild mit leiblichem Vater und Mutter und ihren gemeinsamen Kindern immer mehr der Vergangenheit angehört und Stief- und Teilfamilien die Familientypen der Zukunft sind, denn Schätzungen gehen davon aus, dass ca. 40% der Geschiedenen wieder heiratet.

Stieffamilien bilden heute hochkomplexe Familienkonstellationen mit höchst unterschiedlichen Strukturen, an denen meist mehrere Haushalte beteiligt sind. Trotz steigender Scheidungszahlen wurde ihnen lange Zeit kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Welche Konflikte und Schwierigkeiten Stieffamilien zu bewältigen haben und welche Hilfestellung die Jugendhilfe dabei geben kann, diese zu bewältigen, soll nachfolgend erörtert werden.

2 Stieffamilien

2.1 Definition

Der Begriff Stieffamilie ist in der Alltagssprache nicht sehr verbreitet und auch in gängigen Wörterbüchern nicht zu finden[2]. Dies legt die Vermutung nahe, dass die negative Besetzung der Vorsilbe „stief“, auf die ich in den nächsten Kapiteln noch zu sprechen kommen werde, daran nicht unerheblichen Anteil hat diesen Begriff zu vermeiden. Dies trifft auch für die Fachliteratur zu, welche in den meisten Fällen auf Visher und Visher verweist, welche 1979 zum ersten Mal den Begriff „stepfamily“ im englischen Sprachraum einführten und diese als Lebensgemeinschaft definierten, „in der mindestens ein Erwachsener ein Stiefelternteil ist“[3]. Sager u.a. dagegen schrieben 1983 von „remarried families“ – wiederverheirateten Familien und definierten diese als Familien, „die durch Heirat zweier Partner zustande gekommen sind, von denen einer oder beide schon einmal verheiratet war(en) und dann geschieden wurde(n) oder verwitwet ist/sind“.[4] Diese Definition allerdings lässt Kinder unerwähnt und erfasst weder die Stieffamilien, welche ohne Heirat zusammen leben, noch die weiteren unzähligen Variationen, welche sich durch frühere Lebensformen der Partner wie z.B. unverheiratete Ein-Eltern-Familien etc. ergeben können. Auch der heute weit verbreitete Begriff „Fortsetzungsfamilie“[5] ist nicht besonders treffend, da keiner der Beteiligten, weder der Stiefelternteil, noch die Kinder und deren leiblicher Elternteil ihre Lebensform und ihre gewohnte Lebensführung fortsetzen.

Ein Sonderfall der Familienform Stieffamilie sind die sogenannten zusammengesetzten Familien oder „Patchwork-Familien“. Sie sind gekennzeichnet durch den Zusammen­schluss zweier Familien mit alleinerziehendem Elternteil.

Aus dem Dargestellten ist die Komplexität von Stieffamilien zu erkennen, welche sich in der Vielzahl ihrer Formen zeigt und somit auch die Notwendigkeit des Begriffes und einer klaren Definition. So lassen sich verschiedene Typen nach ihrer Vorgeschichte (Scheidung, Verwitwung, nichteheliche Mutterschaft), den Partnerkombinationen (lediger Mann – geschiedene Frau, verwitweter Mann – ledige Mutter, usw.), den Kinderkonstellationen (beide Eltern bringen Kinder mit oder haben dann noch gemeinsame Kinder usw.), den Sorgerechtskombinationen (gemeinsames Sorgerecht mit dem außenstehenden Elternteil beim Kind der Mutter – alleiniges Sorgerecht beim Kind des Vaters, kein Sorgerecht für das beim außenstehenden Elternteil lebende Kind, Sorgerecht für das Stiefkind aufgrund von Adoption usw.) und dem Gründungsmuster (zweite Ehe nach längerer Zeit der Alleinerzieherschaft, neuer Partner als Grund für Scheitern der Erstehe usw.)differenzieren.[6] Dies macht deutlich, dass Stieffamilien eine eigenständige Familienform sind und in vielerlei Hinsicht vom Bild der Kernfamilie abweichen.

Als Grundlage für diese Arbeit benutze ich die Definition von Kähenbühl u.a., welche 1984 den Begriff Stieffamilie im deutschen Sprachraum einführten:[7]

„Die Stieffamilie ist die neue Lebensgemeinschaft eines Elternteils und seiner Kinder mit dem Stiefelternteil bzw. dem neuen Partner, der vielleicht auch eigene Kinder in die neue Familie mitbringt.“[8]

2.2 Statistische Angaben

Stieffamilien haben bereits eine lange Geschichte. Im 18. und 19. Jahrhundert waren sie aufgrund der geringen Lebenserwartung und hoher Müttersterblichkeit, besonders als Stiefmutterfamilien weit verbreitet. Stieffamilien stellten zu dieser Zeit eine erzwungene Lebensform dar, um das wirtschaftliche Überleben der Familie zu sichern. Heute sind sie vergleichsweise seltener und entstehen meist durch Scheidung oder Trennung vom Partner als eine frei gewählte Lebensform.[9]

Die Familien-Survey des Deutschen Jugendinstitutes, welche auch die Lebenssituation von Stieffamilien in Deutschland über einen Zeitraum vom 01.11.1998 bis 31.12.2001 untersuchte, ist Grundlage für die statistischen Angaben dieser Arbeit, da aktuellere Zahlen nicht vorliegen. Die Ergebnisse zeigten unter anderem, dass Stiefvater-Familien heute in einem Verhältnis von 80 zu 20 zu Stiefmutter-Familien überwiegen.[10] Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass von ca. 3 Mio. Alleinerziehenden in Deutschland über 80% Mütter sind.[11]

Im Jahre 1999 lebten von allen Kindern unter 18 Jahren ca. 6% mit einem leiblichen und einem Stiefelternteil zusammen. Der Vergleich der alten und der neuen Bundesländer zeigte für Ostdeutschland einen, mit etwas mehr als 10%, doppelt so hohen Anteil an Stiefkindern als in Westdeutschland. Diese ist auf die höheren Zahlen von Scheidungen und nichtehelichen Lebensgemeinschaften mit Kindern in den neuen Bundesländern in der Vergangenheit zurückzuführen. Bei Vergleichen der Lebensform der Eltern ergab sich, dass nur 4% aller Kinder in Ehen Stiefkinder sind, aber etwa jedes zweite Kind in nichtehelichen Lebensgemeinschaften.

Trotz dieser Zahlen hat Deutschland im Vergleich mit der USA oder Ländern wie Schweden und den ehemaligen Ostblockstaaten einen niedrigeren Anteil an Stiefkindern.[12]

[...]


[1] Statistisches Bundesamt (Hrsg), August 2004

[2] Die Wörterbücher nennen Stiefkinder, -mutter, -eltern, auch stiefmütterlich, aber nicht Stieffamilie. Textor A.M., Sag es treffender, 2001, 42.Auflage; Bertelsmann Lexikon, Gütersloh; Brockhaus Enzyklopädie, Mannheim,1993, 18. Auflage; Schweizer Lexikon, Luzern, 1993;

[3] E.B.Visher/J.S.Visher , 1979, Stepfamilies. A Guide to Working with Stepparents and Stepchildren, S.37, New York , in Krähenbühl u.a. , 1987, S.15 und in Schuhmann-Gliwitzki/Meier, 1990, S.3,

[4] C.J.Sager/H.S.Brown/H.Crohn/T.Engel/E.Rodstein/L.Walker, 1983, Treating the Remarried Family, New York, S.3, in Krähenbühl u.a., 1987, S. 15,

[5] vgl. Nave-Herz, 2002, S.113

[6] vgl. M.R.Textor, 1993,

[7] vgl. Kähenbühl u.a., 1987, S.7-8

[8] Krähenbühl u.a., 1987, S.7

[9] vgl. Nave-Herz, 2002, S. 111

[10] vgl. Bien u.a., DJI : Familien-Survey 10, 2002

[11] vgl. Franz, M., 2004, Heft 11,

[12] vgl. Bien u.a., DJI : Familien-Survey 10, 2002

Ende der Leseprobe aus 22 Seiten

Details

Titel
Stieffamilien und Jugendhilfe - Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns
Hochschule
Universität Osnabrück
Veranstaltung
Hilfen zur Erziehung
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
22
Katalognummer
V76126
ISBN (eBook)
9783638805186
ISBN (Buch)
9783638807432
Dateigröße
406 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Stieffamilien, Jugendhilfe, Möglichkeiten, Handelns, Hilfen, Erziehung
Arbeit zitieren
Sandra Ruppe (Autor:in), 2005, Stieffamilien und Jugendhilfe - Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76126

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Stieffamilien und Jugendhilfe - Möglichkeiten sozialpädagogischen Handelns



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden