Die deutschrechtliche Siedlung im mittelalterlichen Kleinpolen unter Kasimierz III. Gesellschaftliche Auswirkungen anhand der Gründungsurkunde von Pilzno


Hausarbeit, 2006

18 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Die Quelle
2.1.1. Inhalt und Interpretation der Quelle
2.1.2. Kurzinformation zu Tyniec
2.1.3. Weitere Entwickelung Pilznos
2.1.4. Die Echtheitsfrage
2.2. Historischer Kontext
2.3. Die Stadt nach deutschem Recht
2.3.1. Aussehen der deutschrechtlichen Stadt
2.3.2. Magdeburger Recht und Stadtgründungen nach deutschem Recht
2.3.3. Stellung und Funktion der Lokatoren
2.3.4. Nutzen der deutschrechtlichen Stadt
2.4. Rolle und Funktion der Klöster
2.5. Deutsche Einwanderer in Polen
2.5.1. Auswanderungsmotive und Fortschrittlichkeit der Deutschen
2.5.2. Die soziale Stellung der Deutschen vom 12.-14. Jahrhundert

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die Entwicklung der deutschen Ostsiedlung in den slawischen Gebieten während des Mittelalters stellt für die heutige Geschichtswissenschaft noch immer einen hochinteressanten Themenkomplex dar. So lässt sich neben der Entstehungsgeschichte und dem genauen Gründungsvorgang der einzelnen Städte beispielsweise einiges zum Verhältnis zwischen Slawen und Deutschen herausarbeiten.

Anhand der hier vorliegenden Quelle „Stadtgründungsprivileg für Pilzno, Wisloka“ aus der Edition „Urkunden und erzählende Quellen zur deutschen Ostsiedlung im Mittelalter“ von Herbert Helbig möchte ich nun im Folgenden näher auf die Siedlungspolitik des Kasimierz III. zur Zeit der Piasten im Zuge der deutschrechtlichen Siedlungspolitik eingehen und insbesondere erläutern, inwiefern die Stadtentwicklung in Kleinpolen mit der deutschen Ostsiedlung einherging und welche Auswirkungen diese auf das deutsch- polnische Verhältnis zur damaligen Zeit hatte.

Dabei werde ich zu Beginn nach einer kurzen Inhaltsangabe und Interpretation des Textes den gesamthistorischen Kontext der Urkunde erfassen, um diese zeitlich richtig einordnen zu können. Im Folgenden werde ich mich der deutschrechtlichen Stadt widmen, indem ich hierbei auf das Aussehen, der Bedeutung des Magdeburger Rechts sowie des Lokators und schließlich den Nutzen einer solchen Stadt eingehe. In einem weitergehenden Schritt werde ich mich kurz mit der Rolle der Klöster in der damaligen Zeit befassen, bevor die deutschen Einwanderer und dabei insbesondere deren Auswanderungsmotive und soziale Stellung von mir ins Augenmerk gefasst werden.

Abschließend werde ich in einem Fazit versuchen, die wesentlichsten Punkte meiner Ausführungen noch einmal zusammenfassend darzustellen.

2. Hauptteil

2.1 Die Quelle

2.1.1. Inhaltszusammenfassung und kurze Interpretation der Quelle:

Kasimierz III., seinerzeit König von Polen, erteilt in diesem Zeugnis dem Abt und dem Konvent des Klosters Tyniec das Privileg auf ihren Besitzungen die Stadt Pilzno nach deutschem Recht zu gründen und erläutert ferner die Rechte und Pflichte für den Erbvogt und die Bürger. Hierbei lassen sich die allgemeinen Wesenszüge einer mit dem Magdeburger Recht, dem „ius teutonicum“, ausgestatteten deutschrechtlichen Stadt wieder finden: So stand zum einen die bürgerliche Freiheit im Vordergrund, nach der „Vogt und Einwohner von Gericht und Rechtsprechung der Palatine bzw. der Kastellane befreit werden“. Zudem wurden den Bürgern alle polnische Leistungen, Zahlungen und Dienste erlassen, stattdessen hatten sie sich dem Vogt nur nach dem neuen deutschen Recht zu verantworten. Auffällig ist des Weiteren die zunehmende wirtschaftliche und rechtliche Immunität, die der neu gegründeten Stadt nun zuteil wurde. So erhielt der Vogt beispielsweise die Vollmacht über Kapital- und Kriminaldelikte zu richten und die Erlaubnis ein Urteil über einen Faustkampf auch in Abwesenheit des Königs sprechen zu dürfen. Darüber hinaus verfügten Abt und Konvent ab sofort nun auch über das Recht, Handwerker anzusiedeln und diese frei arbeiten zu lassen. Die wachsende Selbstverwaltung und Autonomie der Stadt war also das unübersehbare Ziel dieses Stadtgründungsprivileges.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Quelle als ein Beispiel für die Gründung zahlreicher deutschrechtlicher Städte in Kleinpolen unter der Herrschaft von Kasimierz III. angesehen werden kann, die dem Betrachter exemplarisch verdeutlichen soll, welch tief greifende Veränderungen die Stadtgründungspolitik mit dem Einsetzen des deutschen Rechtes für die Menschen der damaligen Zeit nach sich zog.

2.1.2. Kurzinformation zu Tyniec:

Um die hier vorliegende Quelle richtig einordnen und verstehen zu können, werde ich nun einige grundlegende Informationen zum Kloster in Tyniec darlegen.

Die Benedektinerabtei Tyniec befindet sich in der Nähe der gleichnamigen polnischen Ortschaft, die seit 1973 Stadtteil von Krakau ist. Die Abtei selbst befindet sich etwa 13 km südwestlich von Krakau. Gegründet wurde es im 11. Jahrhundert vermutlich von Boleslaw II. und gehört somit zu den ältesten polnischen Klöstern überhaupt. Nach zahlreichen Verwüstungen und Zerstörungen im Laufe der Jahrhunderte löste sich die Abtei im frühen 19. Jahrhundert auf. 1939 wurde das Kloster von dem Krakauer Kardinal Adam Sapieha neu gegründet und 1968 schließlich wieder in den Rang einer Abtei erhoben.

2.1.3. Die weitere Entwicklung Pilznos:

Wie wir der Quelle entnehmen können, wurde Pilzno also zu je einem Anteil von dem König sowie von dem Kloster gegründet. Das Kloster zog es jedoch vor, „ […]der alleinige Herr einer kleinen Stadt zu sein, statt der untergeordnete Mitbesitzer einer größeren.“[1] und vertauschte seine Hälfte des Besitzes an den Lubliner Kastellan Eustachius und erhielt dafür die etwas kleinere Stadt Kolaczye mit den zugehörigen Dörfern. Eustachius wiederum vertauschte seine gerade erworbene Hälfte an den König, sodass Pilzno von nun als eine rein königliche Stadt erscheinen sollte.

2.1.4. Die Echtheitsfrage:

Ob es sich bei der Urkunde um ein Original oder um ein Plagiat handelte, war in der Forschung lange umstritten. Auslöser war die Tatsache, dass es für die Stadtgründung „[…]zwei Dokumente vom gleichen Tage, dem 3. Oktober 1354, mit demselben Ausstellungsort Krakau und denselben Zeugen.“[2] gibt. In einem Dokument, inhaltlich weites gehend gleich lautend, wurde das Kloster allerdings überhaupt nicht erwähnt, sodass die Frage aufkam, ob nicht eine der Urkunden eine Fälschung sein müsse. Allerdings zeigte ein Vergleich mit dem Vorgehen Kasimierz bei anderen Stadtgründungen ,dass auch bei anderen von ihm ausgestellten Lokationsurkunden das Kloster nicht erwähnt wurde, obwohl aus dem „[…] späteren Befund klar wird, dass die Stadt gemeinsamer Besitz des Königs und der Benedektiner und sonach wohl auch eine gemeinsame Gründung war, […]“.[3] Kasimierz III. schien es folglich immer so zu praktizieren in der einen Urkunde dem Abt und dem Kloster und in einer anderen Urkunde dem jeweiligen Vogt das Stadtgründungsrecht zu übertragen.

2.2. Historischer Kontext:

Um die gesamthistorische Bedeutung dieser Urkunde erfassen zu können, bedarf es nun einer möglichst genauen Einbettung dieses Zeugnisses in ihren historischen Kontext, die ich im Folgenden versuchen werde vorzunehmen.

Polen war seit dem 12. Jahrhundert in mehrere souveräne Teilstaaten bzw. Herzogtümer gespalten, in denen die piastischen Herzöge eine beinahe unumschränkte Machtstellung besaßen. So bot ihnen die alte Verfassung das Recht „[…]an unbesiedeltem Land, an Bergschätzen und der Nutzung der Gewässer, auf Zoll, Münze und Märkte mit ihren Abgaben, auch auf kleinere Handelstätten wie Schenken oder Fleischbänke.“[4] Zudem unterstanden die Bauern ihrer Gerichtsbarkeit und hatten dabei oftmals unverhältnismäßige Abgaben und Dienste zu leisten. Somit waren die piastischen Herrscher auch die einzigen, die rechtlich überhaupt dazu in der Lage waren, Siedler und Lokatoren aus anderen Ländern anzuwerben und ihnen ihre persönliche Freiheit in Form des Magdeburger Rechts zuzusichern und somit die Stadtgründung nach westlichem Vorbild voranzutreiben.

Es ist wichtig hervorzuheben, dass Stadtansätze in Polen schon vor der deutschen Einwanderungswelle bestanden. Die neuen Stadtgründungen konnten so an bereits bestehende Kristallisationspunkte wie Burgen, Klöster oder Brückenpunkte anknüpfen, die durch ihre geographische Lage und ihrer Verkehrslinien für die Anlage von zentralen Orten prädestiniert waren.

Die alten slawischen Städte verschwanden zeitgleich mit der Gründung zahlreicher neuer deutschrechtlicher Städte. Diese Städte waren „[…] westlicher Import, ihren Formen und meist auch ihren Menschen nach, und zwar im wesentlichen landesherrlicher Import.“[5].

Die Stadtentwicklung im mittelalterlichen Polen lässt sich grundsätzlich in zwei Perioden einteilen. Im Zeitraum von 1220 bis 1315, der ersten Phase, sind insgesamt 45 Stadtgründungen oder Versuche belegt. Auffällig ist, dass zu diesem Zeitpunkt viele dieser Städte noch in den Händen der oftmals besser organisierten geistlichen Institutionen lagen. Das Interesse der Landesherren hielt sich aufgrund der unsicheren politischen Situation im aufgeteilten Polen und den damit verbundenen immer wieder aufkommenden Kriegen noch eher in Grenzen.

Die Machtergreifung Wladyslaw Lokieteks im Jahre 1315 beendete schließlich die lange Teilungszeit des Landes. Die 1320 folgende Königskrönung und die endgültige Verlegung der Haupt- und Krönungsstadt nach Krakau sollten einen einschneidenden Wandel in der Siedlungsgeschichte Kleinpolens auslösen und zugleich der Beginn der zweiten Phase der Stadtentwicklung sein.

Allerdings konnte sich Lokietek dem inneren Ausbau und der Grenzsicherung nicht mit der Intensität widmen, mit der er es selber wohl am liebsten getan hätte. Insbesondere der fortwährende Krieg zwischen dem deutschen Orden und Böhmen behinderte ihn bei dieser Arbeit so sehr, dass bis zu seinem Tode 1333 lediglich elf zu deutschem Recht neu gegründete kleinpolnische Städte belegt sind.

[...]


[1] Kuhn, Walter : Südliches Kleinpolen, S. 463

[2] ders., S.463

[3] Kuhn, Walter: Südliches Kleinpolen; S. 463

[4] ders. : Stadtgründung Kleinpolen; S. 45

[5] Kuhn, Walter: Westslawische Lokatoren; S.238

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Die deutschrechtliche Siedlung im mittelalterlichen Kleinpolen unter Kasimierz III. Gesellschaftliche Auswirkungen anhand der Gründungsurkunde von Pilzno
Hochschule
Universität Münster
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V76103
ISBN (eBook)
9783638798334
ISBN (Buch)
9783640358755
Dateigröße
427 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ausbreitung, Siedlung, Kleinpolen, Kasimierz, Auswirkungen, Gründungsurkunde, Pilzno, Jahre
Arbeit zitieren
Christopher Deeken (Autor:in), 2006, Die deutschrechtliche Siedlung im mittelalterlichen Kleinpolen unter Kasimierz III. Gesellschaftliche Auswirkungen anhand der Gründungsurkunde von Pilzno, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76103

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