Toussaint L'Ouverture und die schwarze Revolution auf Haiti


Hausarbeit, 2007

15 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


INHALTSVERZEICHNIS

0. Vorbemerkung

1. Die Revolution auf Saint-Domingue

2. Der Sklavenaufstand und Toussaints Aufstieg

3. Toussaint - ein Revolutionär oder Diktator?

4. Zusammenfassung

5. Literaturverzeichnis

0. Vorbemerkung

Zwei Jahre nach Beginn der Französischen Revolution von 1789, zwei Jahre also nach-dem die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte vom 26. August 1789 bereits in ihrem ersten Artikel erklärt: „Les hommes naissent et demeurent libres et égaux en droits“[1], schlagen die Gedanken der Aufklärung[2] und die durch sie initiierten gesell-schaftlichen Veränderungen auch in einem Teil Frankreichs Wellen, der fernab vom Mutterland nach völlig anderen Prinzipien und Idealen zu funktionieren schien und dessen soziale Wirklichkeit sich drastisch von der im europäischen Teil Frankreichs unterschied: auf der französischen Kolonie Saint-Domingue. Dort begannen am 22. August 1791 die schwarzen Sklaven einen Aufstand, der schließlich zur Unabhän-gigkeit der Kolonie führen sollte. Damit sollten sie gedanklich und faktisch das nach-vollziehen, was die französische Revolution ihnen vorbuchstabiert hatte und was die Politik im Mutterland, wenn auch nur allmählich, in Gesetzen formulierte, wie etwa dem Gesetz vom 15. Mai 1791[3]:, das auch farbigen Bürgern das Wahlrecht zugestand, dem Gesetz zur Abschaffung der Sklaverei und die gesetzliche Gleichstellung aller Bürger. Nichts anderes also als die konkrete Umsetzung der Gedanken von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Diese Umsetzung wiederum sollte nicht ohne Wirkung fürs französische Mutterland und die anderen karibischen Kolonien bleiben, denn

„The 1791 uprising in Saint-Domingue is the only such revolt that suceeded in destroying slavery in the society where it took place. And it did more than that: It propelled the radical expansion of French citizen­ship, which was extended to more than a half-million men and women of African descent in the Caribbean. For, as a direct result of the slave-revolution in Saint-Domingue, the National Convention abolished sla-very in the French Empire on February 4. 1794.“[4]

Ein zentraler Wegbereiter für den Erfolg der Revolution war Toussaint L'Ouverture, dessen Unternehmen eines unabhängigen Haitis, das sich auf eine von ihm selbst entworfenen Verfassung gründet, aber zunächst von Napoleon – zumindest was Toussaint persönlich angeht - beendet wird. Dennoch ist Toussaint L'Ouverture viel-leicht mehr als nur der Wegbereiter für die Unabhängigkeit. Auf Saint-Domingue geboren, mit afrikanischen Wurzeln und selbst ein freigelassener Sklave, vereint Toussaint in seiner Person viele Charakteristika der revolutionären Kräfte und ist selbst Teil jenes unterdrückten Haitis gewesen, das in der Revolution seine Unabhängigkeit erkämpfte. Auf der anderen Seite ist Toussaint ein Mann des Militärs, „Schwarzen-führer“[5], ebenso wie „Realpolitiker“[6], „Diktator“[7] oder „black Spartacus“[8], dessen Amtsausübung und Herrschaft als General und Gouverneur Haitis auch als „Diktatur“ und dessen System der landwirtschaftlichen Zwangsarbeit als „caporalisme agraire“[9] bezeichnet werden. War Toussaint also der Wegbereiter der Sklavenemanzipation, der Unabhängigkeit und der Freiheit im neuen Haiti oder verkörpert er bereits einen Proto-typ späterer Diktatoren? Diese Arbeit soll die Rolle, die Toussaint in der Revolution auf Saint-Domingue spielt, näher beleuchten.

1. Die Revolution auf Saint-Domingue

Nicht allein politische Faktoren waren es, die zum Ausbruch der Revolution auf Saint-Domingue führten. Vor allem war es die spezifische soziale Situation der Bevölkerung und hier vor allem ihre Zusammensetzung im Hinblick auf Rasse, Vermögen und per-sönlicher Freiheit, die eine sehr heterogene Ausgangslage schuf, in der große Teile der Bevölkerung sich – aus freilich ganz unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und aus unterschiedlichen Gründen – als sozial und politisch benachteiligt fühlten. War jede Ausgangslage für sich genommen schon Grund, den Parolen der französischen Revolu-tion aufmerksam und wohlwollend zuzuhören, so entstand aus der Gemengelage der Motivationen die Grundlage für den Erfolg der revolutionären Umwälzungen auf Saint-Domingue. Während allerdings im französischen Mutterland eine politische Umwäl-zung im Gange war,

„fand auf Haiti eine soziale Revolution statt, welche die bis dahin un­terste Bevölkerungsgruppe, die Sklaven, zur Herrschaft führte und die führende Schicht der Kolonialzeit, die weißen französischen Pflanzer, völlig von der Insel verdrängte.“[10]

In den Jahren vor der Revolution war Saint-Domingue wirtschaftliches Zentrum vor allem der Zuckerproduktion für das französische Mutterland geworden. Da aber die stetig wachsende Zuckerindustrie einer großen Zahl an Arbeitskräften bedurfte, wurden zunehmend Afrikaner nach Saint-Domingue versklavt, um den wachsenden Zuckerbe-darf des europäischen Kontinents durch Mehrproduktion zu bedienen. So hatte in den 80er Jahren des 18. Jahrhunderts nicht nur die Zuckerproduktion „Rekordhöhen er-reicht“[11], sondern auch die Zahl der Sklaven war stetig angestiegen:

„By 1790, after several years of record-breaking African imports, there were at least a half-million slaves in Saint-Domingue; they outnum­bered white colonists by more than ten to one.“[12]

Neben dem Ungleichgewicht zwischen Sklaven und Freien, bedingt durch die Größe der Zuckerproduktion wie der einzelnen Plantagen, war aber auch die weiße Bevöl-kerung keine in sich geschlossenen soziale Entität und als weitere Gruppe spielten zunehmend aus der Sklaverei entlassene Afrikaner eine Rolle, die teils selbst Landbe-sitzer waren. So gab es vor der Revolution mindestens vier separate soziale Gruppen auf Saint-Domingue: Sklaven, freie Schwarze, Weiße ohne Landbesitz und Vermögen und jene weißen Kolonialherren, denen die Plantagen gehörten:

„Auch wenn es für das Ende des 18. Jahrhunderts kein genaues Zahlen-material gibt, kann man wohl davon ausgehen, dass am Vorabend der Revolution rund 88 Prozent der 560.000 Bewohner Saint-Domingues schwarze, überwiegend in Afrika geborene Sklaven waren; die rest-lichen 12 Prozent waren ethnisch und wirtschaftlich stark gespalten: Weiße und Farbige (gens de couleur) dürften mit etwa 6 Prozent zahlen-mäßig etwa gleich stark gewesen sein, die jeweiligen Rechte waren aber sehr unterschiedlich. Politische Macht war ein ausschließliches Privileg der weißen Bevölkerung. Innerhalb dieser Gruppe gab es wiederum viele soziale Abstufungen: Die Oberschicht (grands blancs) – zu der Pflanzer, Händler und hohe Beamte zählten – hatte kaum Berührungs-punkte mit den 'kleinen' Weißen (petits blancs); eine ähnliche soziale Hierarchie gab es in der farbigen freien Bevölkerung.“[13]

[...]


[1] zit nach http://www.elysee.fr/elysee/elysee.fr/francais/les_institutions/les_textes_fondateurs/ la_declaration_des_droits_de_l_homme_et_du_citoyen/la_declaration_des_droits_de_l_homme_et_du_citoyen.21056.html, besucht am 5.2.07

[2] Etwa Montesquieu, der bereits 1758 in „De l’esprit des lois“ die Abschaffung der Sklaverei fordert: „L'esclavage est d'ailleurs aussi opposé au droit civil qu'au droit naturel.“ Zit. nach http://classiques.uqac.ca/classiques/montesquieu/de_esprit_des_lois/partie_3/esprit_des_lois_Livre_3.pdf, besucht am 5.2.06

[3] vgl. http://www.herodote.net/17910822.htm, besucht am 5.2.07

[4] Laurent Dubois und John G. Garrigus: Slave Revolution in the Caribbean 1789-1804. New York (u.a.): Bedford/ St. Martins 2006, S. 9

[5] vgl. Walther L. Bernecker: Kleine Geschichte Haitis. Frankfurt a. M.: Suhrkamp 1996, S. 44

[6] ebd., S. 45

[7] ebd., S. 44

[8] Robert Debs Heinl und Nancy Gordon Heinl: Written in the Blood. The Story of the Haitian People. 1492-1971. Boston: Houghton Mifflin Comp 1978, S. 74

[9] Bernecker, a.a.O., S. 42

[10] Karin Schüller: Sklavenaufstand – Revolution – Unabhängigkeit. Haiti, der erste unabhängige Staat Lateinamerikas. In: Rüdiger Zoller (Hg.): Amerikaner wider Willen. Beiträge zur Sklaverei in Lateinamerika. Frankfurt a.M.: Vervuert 1994., S. 125

[11] ebd., S. 126

[12] Dubois und Garrigus, a.a.O., S. 13

[13] Bernecker, a.a.O., S. 36

Ende der Leseprobe aus 15 Seiten

Details

Titel
Toussaint L'Ouverture und die schwarze Revolution auf Haiti
Hochschule
Georg-August-Universität Göttingen
Veranstaltung
Geschichte Haitis
Note
2,7
Autor
Jahr
2007
Seiten
15
Katalognummer
V76089
ISBN (eBook)
9783638798266
Dateigröße
370 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Toussaint, Ouverture, Revolution, Haiti, Geschichte, Haitis
Arbeit zitieren
Konstanze Wolgast (Autor:in), 2007, Toussaint L'Ouverture und die schwarze Revolution auf Haiti, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/76089

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