Strukturwandel in der deutschen Automobilindustrie

Eine Analyse der deutschen Automobilindustrie auf betrieblicher und volkswirtschaftlicher Ebene


Vordiplomarbeit, 2007

53 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

I Einführung

II Der Wertschöpfungswandel in der Automobilindustrie
Einleitung
1 Die Veränderung der Hersteller-Lieferanten-Beziehungen
1.1 Externe Gründe für den strukturellen Umbruch der Automobilindustrie
1.2 Die Veränderung der Zuliefer-Architektur
1.3 Die prognostizierte Entwicklung der Lieferantenleistungen
1.4 Die spezifischen Merkmale Europas
2. Die besondere Bedeutung der Marke in der automobilen Wertschöpfungsstrategie
2.1 Die Marke und ihre wachsende Bedeutung in der Automobilindustrie
2.3 Markendifferenzierung als Grundlage für Wertschöpfungsstrategien
Fazit

III Die Folgen des Strukturwandels in der Automobilindustrie auf die deutsche Volkswirtschaft
Einleitung
1. Spezifische Ursachen für die Industrieverlagerung in Bezug auf Osteuropa
2. Die Automobilnachfrage in Deutschland und die Veränderung des Grenzüberschreitenden Handels
2.1 Hat sich eine Nachfrageverschiebung in der deutschen Binnennachfrage realisiert?
2.3 Das Entwicklungspotenzial der osteuropäischen Staaten: Entstehen mögliche Absatzmärkte für deutsche Automobilkonzerne?
3. Struktureller Wandel und die Folgen auf die Beschäftigung in Deutschland
3.1. Zahlen und Fakten zur Beschäftigung im Fahrzeugbau
3.2. Die Folgen der Verlagerung der Wertschöpfung und die Bedeutung der Zulieferer
3.3 Die Auswirkungen des Innovationsbedarfs auf die Beschäftigung in den KMU
3.4 Der sektorale Strukturwandel und dessen Auswirkungen auf die Beschäftigung
Fazit

V Abbildungsverzeichnis

VI Quellen

I Einführung

Die Automobilindustrie unterliegt weltweit einem Wandel. Stagnierenden Absätze in den reifen Märkten der Triade (Japan, USA, Europa) zwingen die gesamte Industrie sich immer wieder neu strategisch zu orientieren. Des weiteren erfordert der wachsende Kosten- und Konkurrenzdruck sich sicher zu positionieren und neue Kooperationsformen zu entwickeln. Diese Veränderungen konnten in den letzten Jahrzehnten anhand der Entwicklung vom Taylorismus und Arbeitsteilung über Lean Management und Business Reeingeneering und anderen neuen Strategien beobachtet werden. Die Globalisierung und Liberalisierung von Handelshemmnissen geben weitere Impulse zur konkurrenzfähigen Umstrukturierung der Abläufe an traditionellen Produktionsstandorten wie Deutschland. In den folgenden Abschnitten werden deshalb die aktuellen sowie prognostizierten Strukturveränderungen aufgezeigt, und untersucht, wie sich die deutsche Automobilindustrie gegenüber der globalen Konkurrenz behaupten kann. Es soll erörtert werden, ob sich der globale Druck auf die Beschäftigungslage in Deutschland auch auf die Binnennachfrage nach Automobilen in der deutschen Volkswirtschaft ausgewirkt hat. In Deutschland selbst ist die Automobilindustrie mit einem Anteil von 19 % am Gesamtumsatz der deutschen Industrie der wichtigste Wirtschaftszweig[1].

Laut dem VDA ist sogar jeder siebente Arbeitsplatz in Deutschland direkt oder indirekt mit der Automobilindustrie verbunden. Aus diesem Grund soll außerdem gezeigt werden, ob und wie die Beschäftigung am Standort Deutschland gesichert ist und wie die stetigen strukturellen Veränderungen in der Beschäftigungslage wiedergespiegelt werden.

II Der Wertschöpfungswandel in der Automobilindustrie

Einleitung

Damit die einzelnen Automobilhersteller am Markt gegenüber der Konkurrenz bestehen, werden heutzutage immer mehr Modelle angeboten und individuelle Kundenwünsche stärker berücksichtigt. Vor allem im Bereich der Vorleistung haben die Hersteller den folgenden Weg beschritten: man beteiligt seinen Zulieferer immer stärker an der Entwicklung des Produktes und verringert die Fertigungstiefe des Automobilherstellers zu Gunsten der Zulieferer. Da Technologien, Prozess-Know-How und Design der verschiedenen Anbieter in der Automobilbranche immer ähnlicher werden, ist die automobile Marke künftig als zentraler strategischer Wettbewerbsvorteil anzusehen. Nur sie erlaubt es, sich klar im Automobilmarkt zu positionieren und zu differenzieren. Aus diesen Trends resultieren grundlegende Veränderungen in der automobilen Wertschöpfungskette. Hierbei steht in der Porter’schen Wertschöpfungskette insbesondere der Bereich der Eingangslogistik im Fokus.

Im folgenden werden daher die für uns relevanten Themenfelder, also zum Einen die neue Zuliefererarchitektur und zum Anderen das Markenmanagement als Lösung für die Sicherstellung der langfristigen Konkurrenzfähigkeit deutscher Unternehmen am Standort Deutschland vorgestellt. Dabei wird in Anlehnung an die Studie „FAST 2015“ die voraussichtliche Evolution dieser Industrie prognostiziert. Es stellen sich die zentralen Fragen, wie weit Automobilhersteller Kompetenzen an Zulieferer und Dienstleister abgeben und inwiefern der Markenfokus die automobile Wertschöpfungskette umstrukturiert.

1 Die Veränderung der Hersteller-Lieferanten-Beziehungen

1.1 Externe Gründe für den strukturellen Umbruch der Automobilindustrie

Wie alle Unternehmer sind Automobilhersteller Veränderungen ihrer Umwelt ausgesetzt, auf die sie reagieren müssen. Somit beeinflusst jede Entwicklung des Umfeldes die Handlungen der Hersteller. Um sich auf diese Wandlungen besser als ihre jeweiligen Konkurrenten einzustellen, haben sie neue Konzepte entwickelt, die eine Veränderung der Wertschöpfungskette nach sich ziehen. In diesem Abschnitt wird erläutert, welche externen Gegebenheiten auf die Automobilhersteller wirken.

Die weit verbreitete Prognose unter den Experten lautet, dass die Absatzzahlen im Automobilbereich in Zukunft weiterhin steigen werden. Im Vergleich zu 2005 werden voraussichtlich bis 2010 14 % mehr Automobile hergestellt, was vor allem auf die Nachfrage der sogenannten „BRIC-Staaten“[2] zurückzuführen ist (Brasilien, Russland, Indien, China).[3] Diese regional erhöhte Nachfrage und die für die Konzerne vorteilhaften Lohnkosten in diesen Regionen, veranlassen die Hersteller dazu, ihre Produktionen nach Osteuropa bzw. Asien zu verlagern, so dass dann im Rahmen einer transnationalen strategischen Planung die Produktionsstätten ins Ausland liegen, jedoch das Entscheidungszentrum im Heimatland bleibt. So ist anzunehmen, dass 40 % der Produkte, die aus dem Marktzuwachs resultieren, in den BRIC-Staaten gefertigt werden.[4] Diese regionalen Marktpotenziale sind auf die veränderten politischen Gegebenheiten in Osteuropa, Südamerika und in asiatischen Ländern wie China zurückzuführen. Sie stehen üblicherweise in einem engen Zusammenhang mit einem enormen Wirtschaftswachstum.

Weiterhin sind die verbesserte Kommunikationstechnologie, die eine globale Kooperation vereinfacht, und eine sich stetig entwickelnde Infrastruktur (zum Beispiel in Osteuropa) Ursachen für die voraussichtliche Erhöhung der Nachfrage.[5]

Da heute in den meisten Branchen einschließlich der Automobilindustrie ein Käufermarkt vorherrscht, ist der Ursprung des Umbruchs in der Automobilindustrie der Kunde selbst. Hierbei spielt der „soziokulturelle Einflussbereich“[6] eine erhebliche Rolle. Die vielen Lebensstile und das Streben nach Individualität machen es für den Hersteller notwendig, eine zunehmende Anzahl an Marksegmenten (Kundengruppen) zu bedienen.[7] Diese eindeutige Evolution lässt sich deutlich feststellen, wenn man die Anzahl der Marktsegmente von 1987 mit denen von heute vergleicht. Waren es 1987 noch neun Kundensegmente, so geht man heute davon aus, dass mindestens 30 Segmente existieren.[8] Dies macht eine breitere Typenvielfalt von Fahrzeugen erforderlich, die diese Segmente bedienen.

Ein erfolgreiches Unternehmen zeichnet sich in diesem Umfeld dadurch aus, das es Kundenbedürfnisse so schnell wie möglich erkennt und umsetzt. Fakt ist, dass die Produktlebenszeit der Automobile erheblich kürzer geworden ist. Dies bedeutet, wenn ein Unternehmen ein Bedürfnis zu spät erkennt oder umsetzt, könnte die Nachfrage durch einen Konkurrenten bereits gesättigt sein. Diese zeitbezogene Sichtweise der Produkteinführung wird auch „Time to market“-Strategie genannt.[9]

Aufgrund des hohen Kostendrucks auf Automobilunternehmen ist es ebenso ein Ziel, sich so günstig wie möglich Kapital zu beschaffen. Kapital steht den Unternehmen nicht unbegrenzt zur Verfügung, so dass auch in diesem Bereich eine hohe Konkurrenzsituation vorherrscht.[10] Es gilt die Kapitalanleger, die kurzfristig eine hohe Rendite verfolgen, mit hohen Gewinnen anzuziehen. Ist die Anlage für Kapitalanleger nicht attraktiv, so muss sich das Unternehmen das benötigte Kapital zum Beispiel mit Krediten beschaffen, was steigende Aufwendungen zur Folge hat. So muss also ein am Kapitalmarkt benachteiligtes Unternehmen im Vergleich zu Unternehmen, die von Kapitalanlegern bevorzugt werden, mehr leisten, um den gleichen Gewinn ausweisen zu können.

Dieses Szenario kann sich so weit entwickeln, dass ein Unternehmen wegen höherer Kapitalaufwendungen zum „Übernahmekandidaten“[11] wird. Dieser Aspekt trägt u.a. dazu bei, dass die Anzahl der Unternehmen in dieser Branche immer geringer wird und auch in Zukunft weitere Übernahmen oder Fusionen zu erwarten sind. Abbildung 1 veranschaulicht diese diversen Einflussfaktoren:

Abb. 1 Quelle: Bartelt 2002.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Um alle externen Einflussfaktoren zu bewältigen, hat sich insbesondere in Europa eine enge Zusammenarbeit mit strategischen Partnern als Folge erwiesen. Die veränderten Organisationsstrukturen und Verschiebungen von Kompetenzen werden in dem folgenden Abschnitt erörtert.

1.2 Die Veränderung der Zuliefer-Architektur

Während traditionell Zulieferer und Dienstleister den Automobilherstellern untergeordnet waren, findet heute eine zunehmende Kooperation innerhalb der Wertschöpfungskette statt. Dieser Abschnitt geht insbesondere auf die Veränderung der Hersteller-Zulieferer-Beziehungen ein. Die traditionelle Beziehung zwischen Hersteller und Lieferant kann abstrakt mit der Form einer „Harke“ beschrieben werden. Hierbei steht der Automobilhersteller mit allen Lieferanten in Kontakt und handelt mit ihnen allen Verträge aus. In der Vergangenheit konzentrierte er sich dabei stark auf die Preise der einzukaufenden Komponenten. Heute ersetzt eine pyramiden-ähnliche Struktur diese Vorgehensweise. Erstmals wurde dieses Modell in Japan eingeführt. Der Aufbau dieses Modells ist hierarchisch. An erster stehen die Systemlieferanten (1st tier), mit denen der Hersteller interagiert. Die Hierarchiestufen unter dem Systemlieferanten bestehen aus dem Komponentenhersteller (2nd tier) und den Teilelieferanten (3rd tier). Es besteht eine hierarchische Abhängigkeit in dieser Rangfolge, wobei nur der Systemlieferant den Hersteller mit vorgefertigten Modulen beliefert.[12] 2nd-tier- und 3rd tier-Zulieferer liefern dem übergeordneten Systemlieferanten unabdingbare Komponenten, spielen aber bei den Hersteller-Zulieferer Beziehungen keine Rolle (siehe Abb.2).

Abb.2

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Djabarian 2002.

Um sich den Kundenwünschen schneller und besser als die Konkurrenz anzupassen, schützen die Hersteller zwar ihre Kernkompetenzen, binden aber die Zulieferer bereits während der Produktentwicklungsphase ein. Aus Mitarbeitern des Herstellers und des Zulieferers wird ein Projektteam gebildet, dessen Ziel es ist, Produktions- und Entwicklungszeiten zu reduzieren. Dieses Verfahren wird Simoultaneous Engeneering genannt.[13]

Die Organisationsform, die sich heute immer mehr durchsetzt, ist eine netzwerkartige Struktur (siehe Abb.3).

Abb. 3

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Kurek, 2004.

Diese besteht aus dem Hersteller und den Zulieferern, die gemeinsam auftreten, um ein Projekt zu bewältigen. Lieferanten, die auf ein Teilsegment spezialisiert sind, arbeiten mit Zulieferern zusammen, die andere Aufgaben und Kenntnisse aufweisen. Insbesondere in der Automobilindustrie entstehen zunächst „fokale Netzwerke“[14], die vom Hersteller geführt werden und um den sich das ganze Netzwerk bildet. Diese „fokalen Netzwerke“ beinhalten ein übergeordnetes Verhältnis des Herstellers, das mit den angestrebten Netzwerken nicht vergleichbar ist. Im Allgemeinen versteht man unter einem Netzwerk eine partnerschaftliche Zusammenarbeit der Beteiligten. Dies ist aber in unserer Zeit aufgrund des Kostendrucks nicht der Fall. Probleme im Netzwerk entstehen aufgrund der unberücksichtigten weichen Faktoren. Die Faktoren, die von Managern am häufigsten für eine erfolgreiche Kooperation genannt werden, sind Vertrauen und Respekt.[15] Damit sich also kooperationsartige Formen der Zulieferer und Hersteller bilden, ist uneingeschränktes Vertrauen unabdingbar. In diesem Zusammenhang wird die lange vorherrschende „Misstrauenskultur“[16] durch neue Kooperationsformen ersetzt.

1.3 Die prognostizierte Entwicklung der Lieferantenleistungen

Die hohen Anforderungen an die Flexibilität, die durch die Umwelt gestellt werden, machen eine „Restrukturierung der Beziehungen entlang der Wertschöpfungskette“[17] notwendig. Aus diesem Grund wird die Konzentration der Hersteller auf ihre Kernkompetenz weiter steigen. Andere Leistungen werden daraufhin fremdbezogen, was Spezialisierungsvorteile nach sich zieht. Bei den im Konzern bleibenden Kernkompetenzen stehen insbesondere markenbeeinflussende Elemente im Vordergrund. In diesem Abschnitt wird in Anlehnung an die Studie „FAST 2015“ die voraussichtliche Evolution der Wertschöpfungsanteile zwischen dem Automobilhersteller und dessen Zulieferer bis zu dem Jahr 2015 im Vergleich zu 2002 dargestellt:

Allgemein betrachtet, werden bis 2015 unabhängig ob es sich um eine Volumen- oder Premiummarke handelt, die Wertschöpfungsanteile der Hersteller deutlich um mindestens 10% schrumpfen.[18] Die Komponenten, aus denen das Automobil besteht, unterteilt man in 7 Modularten: das Fahrwerk, der Antriebsstrang, Motor und Aggregate, Karosseriestruktur, Body, Interior und die Elektronik. Diese stellen die Zulieferer in unterschiedlichem Maße vor Herausforderungen. Die Ausgaben für die Elektronik im Fahrzeug werden 2015 voraussichtlich zirka zweieinhalb mal mehr betragen, als im Jahr 2002 der Fall war. Daher haben Zulieferer, die bei dieser Kategorie einen unveränderten Anteil von 84 % beibehalten, deutliche Wachstumspotenziale. Ein weiterer Bestandteil des Automobils, der von den Herstellern externalisiert wird, ist die Karosseriestruktur. Ihr wird eine signifikante Verschiebung der Leistungserbringung hin zum Zulieferer vorausgesagt, die 37% der ganzen Wertschöpfung in diesem Modul ausmacht.

Eine weitere bedeutende Veränderung betrifft den Antriebsstrang, der eine 17-prozentige Verlagerung der Leistung vom OEM zum Zulieferer erfährt. Insgesamt kann festgestellt werden, dass außer in der Elektronik in allen Modulen ein Outsourcing unterschiedlicher Ausprägung stattfindet.[19]

Dieses spiegelt sich auch bei einer Betrachtung der Wertschöpfungsstufen wieder. Entwicklung, Modulfertigung und –montage werden immer mehr vom Zulieferer erbracht, während eine Stufe, die Endmontage, fast ausschließlich vom Hersteller gewährleistet wird. In dieser Stufe findet annähernd keine Veränderung statt. Sie wird mit einer fast ausschließlichen Eigenleistung (96 %) den Produzenten vorbehalten bleiben.[20]

1.4 Die spezifischen Merkmale Europas

In diesem Abschnitt wird erörtert, wie die europäische Automobilindustrie dem Wettbewerbsdruck, der insbesondere von japanischen Herstellern in den 80er Jahren ausgeübt wurde, standhalten konnte. Zuerst trat eine Veränderung auf dem europäischen Kontinent auf, bei der statt Einzelteillieferung nun ganze Module durch die Zulieferer erstellt wurden. Dies liegt unter anderem daran, dass in Japan die Hersteller an diesem Konzept nicht interessiert waren und in den USA wegen Gewerkschaftswiderständen diese Veränderung nur langsam vonstatten ging.[21]

Des weiteren erfolgte eine Spezialisierung der Zulieferfirmen in jeder der Wertschöpfungsstufen, so dass es zum Beispiel im Bereich der High-Technology und in der Entwicklung immer mehr spezialisierte Zulieferer gab. Diese werden nicht mehr von den Automobilherstellern geleitet, sondern entwickeln eigene Strategien und Lösungen. Diese Entwicklung beeinflusst unter anderem die Standorte in Europa, wo sich Zulieferer niederlassen. Zum Einen ist die heute vorherrschende Form die Ansiedlung in sog. Zuliefererparks, wobei die Ansässigen mit der Fabrik des Herstellers durch Transportsysteme verbunden sind und pro Auslieferungsmenge bezahlt werden.

Weiterhin kann, falls Hersteller freie Gebäudekapazitäten haben, der Kondominium-Ansatz eine Alternative für die Ansiedlung von Zulieferern sein, wobei Zulieferer im Werk des Hersteller angesiedelt sind (zum Beispiel bei Skoda in Mlada Boleslav).[22] Dieses Modell stellt in der Praxis eine Ausnahme dar.

Eine Einzigartigkeit, die sich sonst nirgends auf der Welt außer in Europa herausgebildet hat, betrifft die Produktentstehung. Es gibt zahlreiche Kooperationen der Hersteller mit kleinen und mittleren Ingenieursfirmen, die Hersteller bei der Entwicklung unterstützen. Diese Konstellation war die Voraussetzung der „Modelloffensive“[23], die sich in den 90er Jahren herausbildete. Die unabhängigen Ingenieursfirmen sind ein starkes Wachstumspotenzial und tragen mit ihrem Wissen dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Europa zu erhalten.

Die Folgen des Weges, den Europa beschritten hat, zeigen sich in der Prognose der nächsten Jahre. Während die japanische Industrie stagnieren wird und die Automobilindustrie der NAFTA relativ an Anteilen der Gesamtwertschöpfung verliert, wird sich zukünftig die europäische Automobilindustrie bis 2015 als führende Region etablieren.[24] Dieses ist vor allem auf das Know-how und die Lohnstrukturen in Europa zurückzuführen. Es werden immer mehr Direktinvestitionen getätigt und somit Ansiedlungen in Europa vorgenommen anstatt zu exportieren. So werden künftig japanische Werke in Europa entstehen. Ein Beispiel hierfür bildet die Kooperation von PSA und Toyota in Tschechien, die bei dem Bau eines Kleinwagens gemeinsam agieren. Eine weitere Ursache für den künftig größten Anteil an der Gesamtwertschöpfung Europas liegt in der Dominanz von Premiummarken. Verbunden mit einem prognostizierten Stückzahlenwachstum wird dieses Segment die Wertschöpfung Europas positiv beeinflussen.[25]

Wie schon im ersten Kapitel erläutert, wird die Produktion immer mehr auf die osteuropäischen Staaten – vor allem in die EU-Beitrittsländer - verlagert. Die gute Infrastruktur, Arbeitsflexibilität, die niedrigen Steuersätze und die im Vergleich zu Westeuropa geringen Lohnkosten sind die Ursachen dieser Bewegung.

Im Gegensatz hierzu werden aber die Hauptniederlassungen in Westeuropa weiterhin bestehen bleiben und vor allem mit qualifizierten Arbeitsplätzen, die zum Beispiel die Entwicklung oder die Technologie betreffen, das Dasein in der Hochlohnregion Westeuropa rechtfertigen.[26]

In diesem Abschnitt wurde gezeigt, dass die Zuliefererindustrie immer mehr Bedeutung zukommen wird. Im Folgenden soll nun konkret dargestellt werden, welche Bereiche der Wertschöpfung betroffen sind und nach welchen Kriterien die Veränderung der Wertschöpfungstiefe bei den Herstellern erfolgt.

[...]


[1] Vgl. Jahresbericht des VDA 2006, S. 183

[2] o.V., Automobilindustrie im Umbruch, 2006 http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/bericht-71001.html

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. http://www.innovations-report.de/html/berichte/studien/bericht-71001.html

[5] Vgl. Bartelt 2002, S.13.

[6] Tietze 2003, S.60.

[7] Vgl. ebd., S.61.

[8] Vgl. Bartelt 2002, S.13.

[9] Kurek 2004, S.21.

[10] Vgl. Fraunhofer Gesellschaft /Mercer Management Consulting 2004, S.15.

[11] Tietze 2003, S. 66.

[12] Vgl. Djabarian 2002, S.32.

[13] Vgl. Bartelt 2002, S.16.

[14] Bartelt 2002, S.23.

[15] Vgl. Mercer Management Consulting / Technische Universität München, 2005 http://www.aib.wiso.tu-muenchen.de/neu/eng/content/research/projects/unternehmensnetzwerke/PM%20Netzwerkmanagement%20Automobil.pdf

[16] Becker 2002, S.5. http://www.noae.com/docs/noae/Becker_Beitrag_NoAE.pdf

[17] Bartelt 2002, S.16.

[18] Vgl. ebd., S.21.

[19] Vgl. Fraunhofer Gesellschaft /Mercer Management Consulting 2004, S.22.

[20] Vgl. ebd., S.23.

[21] Vgl. Jürgens 2004, S.23. http://bibliothek.wz-berlin.de/pdf/2004/iii04-301.pdf

[22] Vgl. Jürgens 2004, S.13.

[23] ebd., S.14.

[24] Vgl. Fraunhofer Gesellschaft /Mercer Management Consulting 2004, S.23.

[25] Vgl. Fraunhofer Gesellschaft /Mercer Management Consulting 2004, S.24

[26] Vgl. ebd.

Ende der Leseprobe aus 53 Seiten

Details

Titel
Strukturwandel in der deutschen Automobilindustrie
Untertitel
Eine Analyse der deutschen Automobilindustrie auf betrieblicher und volkswirtschaftlicher Ebene
Hochschule
Fachhochschule für Wirtschaft Berlin
Note
1,0
Autoren
Jahr
2007
Seiten
53
Katalognummer
V75841
ISBN (eBook)
9783638813303
ISBN (Buch)
9783638814201
Dateigröße
2098 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit wurde als einzige des Kurses mit der Note 1,0 bewertet und als ausgezeichnet hervorgehoben.
Schlagworte
Strukturwandel, Automobilindustrie
Arbeit zitieren
Judith Kant (Autor:in)Nikola Bilandzija (Autor:in), 2007, Strukturwandel in der deutschen Automobilindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75841

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