Die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in der Zeit des Nationalsozialismus


Seminararbeit, 2002

17 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Hauptteil
2.1. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die Folgen für den Beamtenapparat
2.2. Die Einführung des Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“
2.3. Verschärfungen und Veränderungen des Berufsbeamtengesetzes
2.4. Charakteristik des Berufsbeamtengesetzes

3. Schluß

4. Quellen- und Literaturverzeichnis

1. Einleitung.

Die Rolle des Beamten und der Verwaltung in der Zeit des Nationalsozialismus zählt zu den wenigen Bereichen, die in der Geschichtswissenschaft noch nicht umfassend aufgearbeitet wurden. Jedoch gehörte die Administration zu den Kriterien, die maßgeblich die Herrschaft Hitlers stabilisierten und gewährleisteten. Es stellt sich die Frage, wie sich die Machthaber die Loyalität der Beamten sicherten, sie respektive erzwangen.

Dem Gesetz zur „Wiederherstellung des deutschen Berufsbeamtentums“ kommt bei der Betrachtung dieser Frage eine gewichtige Bedeutung zu, da dieses das Instrument der Konstituierung der nationalsozialistischen Herrschaft im behördlichen Sinne darstellte.

Diese Arbeit soll eine Übersicht über die wesentlichen Bestimmungen des Berufsbeamtengesetzes geben, die Folgen für die betroffenen Personengruppen aufzeigen und versuchen den Inhalten des BBG[1] eine Bewertung zu geben. Es konnte nur in sehr begrenzten Maße auf die einzelnen Paragraphen eingegangen werden, eine vollständige Analyse ist im Rahmen dieser Arbeit nicht zu leisten. Die wichtigsten Inhalte sind kurz aufgezeigt und werden in ihrer Wirkung beschrieben. Auf eine ausführliche Darstellung der Vorgeschichte des Beamtenapparats in der Weimarer Republik, sowie die Rolle des Deutschen Beamtengesetzes ab 1937 mußte ebenfalls verzichtet werden.

Der Stand der Forschung hat sich seit den neunziger Jahren verbessert, da eine Vielzahl der Akten durch die Öffnung der Archive im Osten Deutschlands zugänglich wurden. Wissenschaftlich erschlossen wurden die Bestände allerdings nur marginal. Die Forschung tendiert bislang zu Darstellungen, die das Beamtentum von Beginn seiner Entstehung bis zum heutigen Zeitraum dokumentieren und daher nicht explizit auf bestimmte Problemkomplexe eingehen können. Dahingehend sind die Werke Thieles[2] und Hattenhauers[3] zu nennen, welche die wichtigsten Entwicklungslinien

andeuten, aber eher als Einstieg in die Thematik zu sehen sind. Als Standardwerke gelten die Arbeiten von Mommsen[4] und Mühl – Benninghaus[5], wobei letztere auf Mommsen aufbaut und ihn durch die veränderte Quellenlage ergänzt.

Die Arbeit ist wie folgt aufgebaut: Der erste Teil beschäftigt sich einleitend mit den Folgen der Machtübernahme durch die NSDAP, speziell auf das Beamtentum blickend. Im Anschluß werden die einzelnen Bestimmungen des BBG kurz analysiert und die Folgen aufgezeigt. Der dritte Schwerpunkt geht auf verschärfende Aspekte des Gesetzes bei seiner Durchführung ein und wird durch eine Bewertung des BBG ergänzt.

Ein Fazit reflektiert noch einmal das Thema und bewertet die Entwicklung in den achtziger Jahren.

2. Hauptteil

2.1. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten und die Folgen für den Beamtenapparat.

Mit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933, der schon in „Mein Kampf“[6] seine tiefgründige Abneigung gegen das Deutsche Beamtentum äußerte, sollte umgehend Bewegung in die bis dahin erstarrt wirkenden Bereiche des Staates gelangen. Betroffen davon war zunächst der kommunale Sektor des Deutschen Verwaltungskörpers. Rathäuser und Landratsämter wurden von der SA gestürmt und Ämter der Kommunal - und Kreisverwaltung mit Mitgliedern der NSDAP neu besetzt. Die Behördenchefs, speziell Demokraten und Juden, mussten ihre Plätze räumen, was meist ohne viel Widerstand von statten ging, da die Wucht der Ereignisse die Beamten in ihrer Handlungsfähigkeit lähmte. Die suspendierten Kommunalbeamten wurden größtenteils beurlaubt, oder auf eigenen Antrag pensioniert.[7] Die Nationalsozialisten übten mit dieser Aktion weniger Rache an den Kommunalbeamten , vielmehr sollte sie ihnen einträgliche Positionen sichern. In den Jahren zuvor waren Begehrlichkeiten geweckt worden. Die Provinzgrößen von Partei und SA hatten über Jahre hinweg die Einkünfte der Kreise und Kommunen betrachten müssen, nun wollten sie regieren und die Beamtenbezüge in Anspruch nehmen.[8]

Die Amtsenthebung der Beamten erfolgt willkürlich, Verhaltensanweisungen seitens Hitler sind für den Tag der Machtübernahme nicht überliefert. Dies führte dazu, dass diese Praxis im ganzen Reich ihre Anwendung fand. Die neu eingesetzten Amts-inhaber verfügten nicht selten über keinerlei Verwaltungserfahrung oder eine berufsnahe Ausbildung, wußten jedoch, wie sie mittels Gewaltandrohung die kritischen Stimmen der ehemaligen Kommunalbeamten verstummen lassen konnten.

Diejenigen die sich weigerten hatten mit schwerwiegenden Konsequenzen zu rechnen. So wurden Bürgermeister und Landräte oftmals exekutiert um eine abschreckende Wirkung zu erzielen.

Diese willkürlichen Übergriffe auf die Verwaltung seitens der Parteidienststellen sollte für die Regierung ein schwerwiegendes Problem darstellen, da bei ständiger Fortsetzung der Säuberungen alsbald kein intakter Verwaltungsapparat mehr bestehen würde. Im Reichsministerium des Innern (RmdI) sah man die Gefahr, (...) „daß diese Zustände, die durch die willkürliche Personalpolitik der Reichsstatthalter in den Ländern, der neuen nationalsozialistischen Oberpräsidenten und zum Teil der neubestallten Landräte noch verschlimmert wurden, zur Zersetzung des staatlichen Verwaltungsapparates wie der kommunalen Verwaltung führen mussten.“[9]

Hinzu kamen enorme Pensionskosten der vorfristig in den Ruhestand versetzten Beamten, was erhöhte Personalausgaben zur Folge hatte. Der öffentliche Haushalt erfuhr eine erhebliche Mehrbelastung; die Regierung war zum Handeln gezwungen. Es bestand der Bedarf einer einheitlich, für alle Ebenen der Verwaltung geltenden gesetzlichen Regelung, welche die Ämtereroberungen beendete und die Neubesetzung der Stellen systematisierte.

Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 ermöglichte es der Reichsregierung die Säuberungsaktionen in der Verwaltung einerseits gesetzlich zu regeln und zu legitimieren, anderseits die Eingriffe der NSDAP – Dienststellen zu unterbinden und die Beamtenschaft zu beruhigen. Sie war durch den SA – Terror in Aufruhr geraten und forderte eine Einstellung der willkürlichen Stellenbesetzungen. Die Frage der Pensionierungsansprüche blieb vorerst offen, die Notwendigkeit eines Gesetzes speziell die Beamten betreffend wurde immer dringlicher und schließlich am 7.April 1933 in die Tat umgesetzt.

2.2. Die Einführung des Gesetzes zur „Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“.

Am 7.April 1933 verabschiedete die Reichsregierung das Gesetz zur „Wieder-

herstellung des Berufsbeamtentums.“ Hier wurde jetzt die rechtliche Grundlage geschaffen, um potentielle Gegner aus der öffentlichen Verwaltung auszuschalten und Stellen für die Unterbringung überzeugter Nationalsozialisten[10] frei zu machen. Das BBG traf alle mittelbaren und unmittelbaren Beamten des Reiches, der Länder, der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der Körperschaften des öffentlichen Rechts, die öffentlich – rechtlichen Religionsgesellschaften wurden allerdings von dieser Regelung ausgenommen.[11] Mit dem Gesetz wurde eine systematische Säuberung eingeleitet. Es bestand insgesamt aus 18 Paragraphen, wobei die wichtigsten und mit weitreichenden Konsequenzen behafteten im folgenden erläutert werden.

Nach § 1 BBG konnten Beamte „zur Wiederherstellung eines nationalen Berufsbeamtentums und zur Vereinfachung der Verwaltung (...) aus dem Amt entlassen werden, auch wenn die nach dem geltenden Recht hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.“[12] Das Gesetz hatte für alle Beamten des Reiches, der Länder, der Gemeinden und der Körperschaften des öffentlichen Rechts Gültigkeit und wurde unter Auschluß des Einspruchsrechtes der Länder festgeschrieben.

Die §§ 2 bis 6 BBG spezifizierten nach welchen Kriterien die Beamten aus ihren Stellen entfernt werden sollten. Der § 2 sah vor diejenigen Beamten zu entlassen, die seit dem 9. November 1918 ohne die für ihre Laufbahn vorgeschriebene oder übliche Vorbildung und Eignung in das Beamtenverhältnis einberufen worden waren.[13] Die Versorgungsansprüche sowie die erworbenen Titel gingen dabei verloren, man hatte lediglich Anspruch auf eine 3 Monate währende Gehaltsfortzahlung.[14] Das bedeutete, dass die Beamten einen gleichzeitigen Verlust von Amt und Pension zu erdulden hatten und sie zeitweilig ihrer Existenzgrundlage beraubt wurden. Durch diesen Gesetzesabschnitt sollten vor allem die „Parteibuchbeamten“[15] getroffen werden, (...) „die nach allgemeiner Überzeugung ohne die notwendige Vorbildung ausschließlich durch parteipolitische Ämterpatronage in ihr Amt gelangt waren.“[16]

[...]


[1] Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums (Berufsbeamtengesetz)

[2] Willi Thiele, Die Entwicklung des deutschen Berufsbeamtentums. Preußen als Ausgangspunkt modernen Beamtentums. 1. Aufl. Herford 1981 (künftig zitiert: Thiele).

[3] Hans Hattenhauer: Geschichte des deutschen Beamtentums. (Handbuch des Öffentlichen Dienstes, Band 1), Hg. v. Walter Wiese, 2. vermehrte Aufl. Köln, Berlin, Bonn, München 1993 (künftig zitiert: Hattenhauer).

[4] Hans Mommsen, Beamtentum im Dritten Reich. Mit ausgewählten Quellen zur nationalsozialistischen Beamtenpolitik. (Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, Nr. 13), Hg. v. Hans Rothfels und Theodor Eschenburg, Stuttgart 1966 ( künftig zitiert: Mommsen).

[5] Sigrun Mühl – Benninghaus, Das Beamtentum in der NS – Diktatur bis zum Ausbruch des zweiten Weltkrieges. Zu Entstehung, Inhalt und Durchführung der einschlägigen Beamtengesetze. ( Schriften des Bundesarchivs, Nr. 48) Düsseldorf 1996 (künftig zitiert: Benninghaus).

[6] Adolf Hitler, Mein Kampf. 701. – 705. Auflage, München 1942 (künftig zitiert: Hitler).

[7] Benninghaus, S.14.

[8] Hattenhauer, S.406.

[9] Mommsen, S.41.

[10] Anm. d. Verf. : Dies waren oft „alte Kämpfer“ die in der Weimarer Zeit politisch motivierte Straftaten begangen hatten. Sie wurden durch die Verordnung des Reichspräsidenten Hindenburg über die Gewährung von Straffreiheit vom 21. März 1933 rehabilitiert.

[11] Mommsen, S. 39.

[12] Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7.4.1933. Reichsgesetzblatt, Teil I, Nr. 34, 1933 (künftig zitiert: RGBl).

[13] Hattenhauer, S. 409.

[14] vgl. dazu: Axel Azzola, Die rechtliche Ausschaltung der Juden aus dem öffentlichen Leben im Jahre 1933. Ein Beitrag zur Geschichte des Genozids, in: Recht und Justiz im Dritten Reich. Hg. v. Ralf Dreier, Wolfgang Sellert, 1. Aufl. Frankfurt am Main 1989, S. 109 – 110.

[15] Anm. d. Verf. : Ein absurder Vorgang, bedenkt man das gerade anfänglich der Großteil der nationalsozialistischen Beamtenschaft sich aus unausgebildeten Personen rekrutierte und Linientreue zur Partei ungleich wichtiger war wie beispielsweise bei der SPD.

[16] Mommsen, S.47.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in der Zeit des Nationalsozialismus
Hochschule
Universität Karlsruhe (TH)
Note
1,3
Autor
Jahr
2002
Seiten
17
Katalognummer
V75582
ISBN (eBook)
9783638800860
ISBN (Buch)
9783638803229
Dateigröße
415 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wiederherstellung, Berufsbeamtentums, Zeit, Nationalsozialismus
Arbeit zitieren
M.A. Norman Voigt (Autor:in), 2002, Die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums in der Zeit des Nationalsozialismus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75582

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