Online-Feuchtemessung in der Lebensmittelindustrie


Seminararbeit, 2007

31 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Liste der Formelzeichen

1. Einleitung

2. Wasser und seine Eigenschaften

3. Feuchte
3.1. Definitionen
3.2. Bindung von Wasser in festen und flüssigen Stoffen

4. Messmethoden in der Lebensmittelindustrie
4.1. Direkte Messmethoden
4.1.1. Karl-Fischer-Titration
4.1.2. Gravimetrische Wasserbestimmung (am Beispiel Trockenschrankmethode)
4.2. Indirekte Messmethoden
4.2.1. NMR-Spektroskopie
4.2.2. Kapazitive Gasfeuchtesensoren und relative Luftfeuchte
4.2.3. Nahinfrarot-Spektroskopie
4.2.4. Mikrowellen-Feuchtemesstechnik

5. Vergleich und Auswahl des Messverfahrens

6. Literaturverzeichnis

Liste der Formelzeichen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

In der Lebensmittelindustrie ist die Kenntnis der Produktfeuchte in vielerlei Hinsicht von grundlegender Bedeutung. Sie dient unter anderem zur Ermittlung der Gefahr eines mikrobiellen oder chemischen Verderbs, als Eingangskontrolle von Rohwaren, der Rieselfähigkeit, zur Überprüfung des Fortschreitens eines Prozessschrittes und damit zur Regelung des Prozesses[i]. Bei der Lagerung hingegen spricht man nicht nur von der Feuchte sondern insbesondere vom aw-Wert (Wasseraktivität), welcher die Verfügbarkeit von freiem Wasser kennzeichnet[ii]. Dies ist in sofern wichtig, als dass unerwünschte Reaktionen wie Fettautoxidation, enzymatische und nichtenzymatische Bräunung sowie mikrobielles Wachstum nur in bestimmten Wasseraktivitätsregionen vorkommen. Bei längerer Lagerung eines Lebensmittels (LM) stellt sich ein Gleichgewicht zwischen der relativen Umgebungsfeuchte j und dem aw-Wert ein. Dabei gilt dann j ≈ aw und je nachdem ob das LM einen höheren oder geringeren aw-Wert im Vergleich zur Umgebungsfeuchte aufwies, geht eine Lagerung mit einer Wasserab- oder aufnahme einher. Das ist bei fast allen Produkten unerwünscht oder sogar schädlich, und deshalb erweist sich die Regelung der relativen Luftfeuchte im Trocknungsraum als unabdingbar.

Für viele Anwendungen dient die Feuchte als Führungsgröße für Eingriffe in die Prozessführung, so zum Beispiel für die Temperatur der Trocknungsluft eines Wirbelschichttrockners[iii]. Außerdem können gesetzliche Vorschriften auch einen Feuchtegehalt vorschreiben, so ist z.B. für Teigwaren ein maximaler Feuchtegehalt von 13 %, für Kaffeebohnen von 5 % vorgeschrieben. So sind die Hersteller in der Situation, so viel Wasser wie nötig aber nicht zu viel zu entfernen, denn gerade das Verdampfen von Wasser bei sehr hohen Konzentrationsstufen ist sehr energie-, personal- und kostenintensiv. Die Aufgaben von Online-Feuchtemesssystemen in der Lebensmittelindustrie sind vielfältiger Natur und erleichtern die Prozessführung und Qualitätssicherung enorm, da aufwändige Probenahmen und Laboranalysen entfallen.

2. Wasser und seine Eigenschaften

Wasser ist auf der Erde omnipräsent und stellt bei vielen LM die Hauptfraktion der Inhaltsstoffe. Es ist eine ungiftige, geruchs- und geschmacklose Flüssigkeit und im gasförmigen Zustand wird es als Dampf, und im festen als Eis bezeichnet. Das Wassermolekül besitzt aufgrund seines asymmetrischen Aufbaus und der großen Elektronegativitätsdifferenz des Sauerstoff- und Wasserstoffatoms interessante Eigenschaften. Es ist ein starker Dipol[iv] und schwächt damit als Dielektrikum ein äußeres elektrisches Feld auf ca. 1/80 der Feldstärke ab (Dielektrizitätszahl ≈ 80). Genau diese Eigenschaften sind die Basis vieler Feuchtebestimmungsmethoden. Es seien nur als Beispiel die Dielektrizitätszahlen anderer Lebensmittelinhaltsstoffe (Proteine, Kohlenhydrate, Lipide, etc.) genannt, die zwischen 2‑4 liegen und damit weit von der des Wassers entfernt. Genau diese Unterschiede erleichtern die Identifizierung des Wasseranteils in einem LM.

3. Feuchte

Der Begriff der Feuchte ist nicht einfach zu beschreiben. Je nach Anwendung bedeutet er etwas anderes, aber in der Lebensmittelindustrie interessiert bevorzugt die Mischung von Gütern mit Wasser. Je nach Anwendung haben sich physikalische Definition etabliert.

3.1. Definitionen

Spricht man von Feuchte so sind verschiedene Definitionen möglich und nötig. Die gängigsten sind Folgende [teilweise aus 1 und 2]:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei sind mw und Vw die Masse und das Volumen des Wassers, mfs und Vfs die Masse und das Volumen des Feststoffes, sowie pd der Dampfdruck und pd’’ der Sättigungsdampfdruck. Erwähnenswert ist hierbei, dass es Zusammenhänge zwischen der Wasseraktivität und dem Wassergehalt gibt. Die graphische Auftragung dieser beiden Größen für eine Temperatur führt zu Sorptionsisothermen. Mit ihnen lässt sich eine Voraussage treffen, bei welcher relativen Luftfeuchte ein Produkt gelagert werden muss, damit es bei einem gegebenen Wassergehalt kein Wasser ab- oder aufnimmt und sich somit, oft ungewollt, verändert. Der interessierte Leser sei auf weiterführende Literatur verwiesen[v],[vi],[vii].

3.2. Bindung von Wasser in festen und flüssigen Stoffen

Oft wird die Feuchte mit freiem, fließfähigem Wasser in Verbindung gebracht. Doch dies ist nur eine Möglichkeit mit der Güter Wasser aufnehmen können. Man unterscheidet hierbei folgende Mechanismen:

Kapillarwasser:

freies Wasser, welches beim Trocknen als erstes entweicht (erster Trocknungsabschnitt [2]) und sich in Kapillaren und Zwickeln des LMs befindet

Adsorptiv und adhäsiv gebundenes Wasser:

Wasser das sich in einer mono- und oligomolekularen Schicht an die Oberfläche des LM anlagert und bei dem neben der Verdampfungs- auch die Bindungsenergie zur Entfernung aufgebracht werden muss (zeit- und kostenintensiv!)

chemisch / chemisorptiv gebundenes Wasser:

Kristallwasser oder chemisch gebunden

Für die Feuchtemessung stellen die Bindungsarten 2 und 3 ein Problem dar, denn sie ändern die bei der Messung genutzten spezifischen Eigenschaften des Wassers stark ab und be- oder verhindern so eine Messung dieser Feuchteanteile.

4. Messmethoden in der Lebensmittelindustrie

An Bestimmungsmethoden für Wasser mangelt es nicht, das Problem ist dabei nur die Eignung für die Lebensmittelindustrie und verwandte Zweige. Ursache ist die Komplexität der LM selbst und die daraus resultierende Schwierigkeit der Unterscheidung von Wasser und Nichtwasser. Eine Einteilung kann in direkte und indirekte Messmethoden getroffen werden, wobei die direkten die Feuchte als Gehalt an Wasser messen. Der Vorteil der direkten Methoden liegt darin begründet, dass sie genauere Messwerte liefern und deshalb auch immer als Referenzmethode dienen. Ihre Nachteile hingegen sind die lange Dauer der Versuchsdurchführung und die Zerstörung des Probenmaterials, d.h. nichts anderes als dass sie nicht für Online-Messungen einsetzbar sind.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass sich nur zwei Möglichkeiten der Online-Messung in flüssigen und festen LM in der Industrie durchgesetzt haben. Das sind zum einen die Nahinfrarot(NIR)-Spektroskopie und das konkurrierende Mikrowellenverfahren (MW-Verfahren). Für Messungen in Gasen, z.B. der Prozessluft eines Trockners oder einer Reifungsraumes, nutzt man kapazitiv arbeitende Polymer- oder Aluminiumoxid­sensoren (z.B. [1,[viii]]).

4.1. Direkte Messmethoden

Diese Messmethoden bestimmen den Wassergehalt direkt durch Verdampfen des Wassers oder chemische Reaktionen. Aus diesem Grund sind sie sehr genau, verlässlich aber dafür auch langwierig und aufwendig in der Durchführung. Sie werden als Referenzmethoden zur Kalibrierung indirekter Methoden oder in der Qualitätssicherung der Lebensmittelindustrie verwendet. Es sollen im Rahmen dieser Arbeit nur die beiden wichtigsten Methoden genannt und kurz erläutert werden. Weiterführende Literatur sei an dieser Stelle erwähnt [1,[ix],[x],[xi],[xii]].

4.1.1. Karl-Fischer-Titration

Sie zählt zu den naßchemischen Messmethoden und liefert unter Laborbedingungen sehr exakte Werte und kann im Feuchtebereich von 0,000 bis 20 Masseprozent eingesetzt werden. Dabei reagiert das in der wasserfreien Titrationslösung enthaltene Methanol mit schwefeliger Säure zu einem anorganischen Ester (CH3SO3-), welcher mit Pyridin neutralisiert. Das enthaltene elementare Jod (braun) reagiert in einer Redoxreaktion mit dem Sulfitester zu Iodidionen (farblos) und dem oxidierten Sulfatester (CH3SO4-). Entscheidend ist, dass dies nur in Anwesenheit von Wasser nach folgender Reaktionsgleichung geschieht:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Es kann nun stöchometrisch der Wassergehalt errechnet werden. Der Endpunkt der Titration ist am Umschlag ins braune erkennbar.

Im Handel sind verschiedene Kits zur Bestimmung erhältlich (z.B. HYDRANAL® der Firma Brinkmann), aber trotzdem bleibt der apparative Aufwand einer Bestimmung so groß, dass eine Online-Messung ausgeschlossen werden kann.

4.1.2. Gravimetrische Wasserbestimmung (am Beispiel Trockenschrankmethode)

Zu ihnen zählt eine Vielzahl von etwas unterschiedlichen Bestimmungsmethoden mit dem immer gleichen Prinzip[xiii]. Aus einer feuchten Probe mit bekannter Masse wird durch verschiedene Methoden (z.B. Bestrahlung mit Infrarot-, Mikrowellen- oder Halogenstrahlern oder thermisch durch heiße Luft) das Wasser verdampft und wieder die Masse bestimmt. Mit der Massendifferenz können die Feuchte und der Wassergehalt leicht berechnet werden. Die Trockenschrankmethode ist eine der gängigsten Labormethoden und liefert bei exakter und sorgfältiger Durchführung sehr gute und reproduzierbare Ergebnisse. Ihr Vorteil liegt klar darin, dass eine Unterbrechung zu verschiedenen Zeitpunkten Teilfeuchten liefert. Mittlerweile existieren Apparaturen, die Bestrahlung und Waage in einem Gerät enthalten und somit den Trocknungsverlauf direkt aufzeichnen können.

Auch diese Verfahren sind aufgrund des zeitlichen Aufwandes, der nötigen Zerstörung und Sammlung der Proben nicht onlinefähig.

4.2. Indirekte Messmethoden

Diese nutzen vor allem das starke Dipolmoment des Wassers und die starke Polarität der OH-Bindungen. Es existieren einige Methoden, welche auch onlinefähig sind, doch nur zwei Technologien haben sich in der Industrie zur Produktfeuchtemessung durchgesetzt. Zu den seltener genutzten zählt zum Beispiel die Methode zur Bestimmung der Gleichgewichtsfeuchte in einem geschlossenen Produktkreislauf (kein Stoffaustausch mit der Umgebung oder Undichtigkeiten sind Voraussetzung dafür) mit Hilfe von z.B. kapazitiv arbeitenden Messfühlern. Dabei ist es wichtig, dass die Prozessluft im Gleichgewicht mit dem Gut steht, die Temperatur eine Zeit lang konstant bleibt (Temperaturmessung nötig) damit mit diesen Prämissen und den Produktsorptionsisothermen die Feuchte ermittelt werden kann.

4.2.1. NMR-Spektroskopie

Ein anderes verlässliches und viel versprechendes Verfahren ist die Kernresonanzspektroskopie (NMR) [1, 25,[xiv]]. Hierbei werden Wasserstoffatome durch ein äußeres Magnetfeld aufgrund ihres Eigenspins parallel oder antiparallel zu diesem ausgerichtet und führen dabei eine Präzessionsbewegung aus. Ein zweites, auf ersterem senkrecht stehendes, Magnetfeld sorgt durch Pulse für eine Drehung des Spinvektors und so zu einem messbaren Induktionsstrom. Dieses doch aufwändige und teure System eignet sich aufgrund einiger Einschränkungen nur bedingt zur Online-Feuchtemessung. Darunter zählt zum einen, dass das Proberohr einen Durchmesser < 50 mm haben muss, da die Messung ein sehr starkes homogenes Magnetfeld benötigt. Zum anderen ist die Messung nicht dichteunabhängig und so können z.B. im Produkt eingeschlossene Gase oder unterschiedliche Schüttdichten das Ergebnis stark verfälschen. Offline-Messungen unter Laborbedingungen sind aber bereits durchgeführt worden[xv] und erlauben sogar die Vermessung des Feuchteprofils[xvi]. In der Qualitätssicherung werden Systeme bereits erfolgreich eingesetzt[xvii], so zum Beispiel zur simultanen Expressbestimmung der Feuchte und des Ölgehaltes in Saatgut[xviii].

[...]


1.[i] R. Wernecke: Industrielle Feuchtemessung, 1. Aufl., WILEY-VCH Verlag, Weinheim 2003.

2.[ii] H.-G. Kessler: Food and Bio Process Engineering, 5. Aufl., Kessler Verlag, München 2002.

3.[iii] S. J. Temple und A. J. B. van Boxtel: Control of fluid bed tea dryers: controller design and tuning, Computers and Electronics in Agriculture 26 (2000) Nr. 2, S. 159-170

4.[iv] H. Fischer und K. Heber: Industrielle Feuchtigkeitsmeßtechnik, Band 311, Expert Verlag, Ehningen bei Böblingen 1990

5.[v] H.-D. Belitz, W. Grosch: Lehrbuch der Lebensmittelchemie, Springer Verlag, Berlin 1992

6.[vi] I. Langmuir: Surface Chemistry, Nobel Lectures 1932, Elsevier Publishing Company, Amsterdam 1966

7.[vii] A.S. Cassini, L.D.F. Marczak und C.P.Z. Noreña: Water adsorption isotherms of texturized soy protein, Journal of Food Engineering, 77 (2006), Nr. 1, S. 194-199

8.[viii] A. R. K. Ralston, C. F. Klein, P. E. Thoma und Denice D. Denton: A model for the relative environmental stability of a series of polyimide capacitance humidity sensors, Sensors and Actuators B, 34 (1996), S. 343-348

9.[ix] E. Scholz: Karl-Fischer-Titration, Springer Verlag, Berlin 1984

10.[x] K. Schöffski: Die Wasserbestimmung mit Karl-Fischer-Titration, Chemie in unserer Zeit 34 (2000) Nr. 3, S. 170‑175

11.[xi] H.-D. Isengard, N. Mvuemba: Karl-Fischer-Titration und Trockenschrankmethode- ein Vergleich, Beiträge des Symposiums Aktueller Stand und Trends in der Lebensmitteltechnologie. Hrsg.: Gierschner, K.; Buckenhüskes, Universität Hohenheim, Stuttgart: Institut für Lebensmitteltechnologie, 1993, S. 285-286

12.[xii] R. Wernecke: Continuous Moisture Measurement in Food Processing, 1st European Symposium Process Technology in Pharmaceutical and Nutritional Sciences, Nürnberg 3/1998 Vol.1, S. 441-450

13.[xiii] H.Nagel: Gravimetrische Feuchtebestimmung, Zeitschrift atp (2001) Nr. 5, S.32

14.[xiv] G. Harald: NMR-Spektroskopie, Thieme Verlag, Stuttgart 1992

15.[xv] H. Todt, G. Guthausen, W. Burk, D. Schmalbein und A. Kamlowski: Water/moisture and fat analysis by time-domain NMR, Food Chemistry 96 (2006), Nr. 3, S. 436-440

16.[xvi] S. Takeuchi, M. Fukuoka, Y. Gomi, M. Maeda und H. Watanabe: An application of magnetic resonance imaging to the real time measurement of the change of moisture profile in a rice grain during boiling, Journal of Food Engineering 33 (1997), Nr. 1-2, S. 181-192

17.[xvii] H. Todt, G. Guthausen, W. Burk, D. Schmalbein und A. Kamlowski: Water/moisture and fat analysis by time-domain NMR, Food Chemistry 96 (2006), Nr. 3, S. 436-440

18.[xviii] URL: http://www.mobilenmr.com/de/nmr_applications.php [Zugriff am 22.5.2007]

Ende der Leseprobe aus 31 Seiten

Details

Titel
Online-Feuchtemessung in der Lebensmittelindustrie
Hochschule
Technische Universität München
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
31
Katalognummer
V75565
ISBN (eBook)
9783638800556
ISBN (Buch)
9783638803168
Dateigröße
1598 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Online-Feuchtemessung, Lebensmittelindustrie
Arbeit zitieren
Alexander Kutter (Autor:in), 2007, Online-Feuchtemessung in der Lebensmittelindustrie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75565

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