Zu: Claude Monet - „Le déjeuner“ (1868)


Seminararbeit, 2001

13 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Das Sujet des Interieurbildes in der Entwicklungsgeschichte bis zum 19. Jahrhundert

3. Die Bedeutung der Intrieurszenerie beim Freilichtmaler Claude Monet

4. Die „impressionistische Intention und Intuition“ bei Claude Monet

Literaturverzeichnis

Einleitung

Das großformatige im Städel befindliche Ölgemälde „Le Déjeuner“ von 1868 mit den Maßen von 191,1 x 125 cm ist mit lockerem Pinselstrich ausgeführt und eines der wenigen Interieurbilder des Freilichtmalers Claude Monet, der diese durch die Tubenmalerei ermöglichte Malweise durch Eugène Boudin (1824-98) entdeckte und die Lichtbeobachtung und -zerteilung seine Bestimmung erkannte[1].

Hingegen gibt es wenige Bilder mit Szenen häuslichen Lebens, die einerseits als Antwort auf die Forderung des zeitgleichen Realismus nach Zeitnähe, Wahrheit, Unbefangenheit und Temperament gelten können und in dessen Abgeschlossenheit andererseits zugleich häusliche Harmonie zum Ausdruck kommt.

Das Bildthema „Frühstück“ deckt sich unmittelbar mit dem dargestellten Sujet, wenn sich auch in ihm die Wandlung des Eßverhaltens im 19. Jahrhundert widerspiegelt. Das „déjeuner“ war ursprünglich die erste leichte Mahlzeit gefolgt vom „diner“ und „souper“. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts begann man zwischen „prémier déjeuner“ und „déjeuner à la tasse“ zu unterscheiden, welches bereits einem Mittagsmahl glich[2], wie dies an dem reich gedeckten Tisch aus dem Bild hervorgeht. Zu sehen ist der Bildausschnitt eines Speisezimmers, in dessen formalen und farblichen Zentrum sich ein typisch französisch gedeckter, runder Tisch befindet, dessen weiß geknitterte Oberflächenstruktur das einfallende Licht des Fensters links durch ebenfalls weiße Spitzenvorhänge in grauen Schattierungen bricht. Das Licht wird in den Gläsern und Tellern gebrochen, bricht sich darin und wird von den glatten Fächen der Möbel reflektiert. Auf dem Tisch sind detailgenau huilier, Weinflasche, Wasserkaraffe, Brotlaibe, Weintrauben, Gelée, Kartoffeln, gekochte Eier und angemachter Salat in allen Abstufungen von Braun- und Gelbtönen dargestellt, die mit den Farben des braunen Grundakkordes des umgebenden Zimmers korrespondieren. Das Weiß erhält eine besondere Bedeutung durch verschiedene Nuancierung: sanftes, mattiertes in der geknitterten Tischdecke, dem gemusterten Vorhang und gefalteten Lätzchen, strahlendes, poliertes Weiß der Teller, kalkweiß der Eier und elfenbeinfarbige Besteckgriffe lassen die unterschiedlichen Farbwerte eines Farbtones sichtbar werden. Im Grün der Salatblätter ist das Farbspiel von Licht und Natur nachzuvollziehen.

Gerahmt wird die Vielfalt der Tonwerte im Zentrum durch den „ton local“[3] der warmen Brauntöne der Rohrstühle, Fußboden und Wandverkleidung, womit diese zugleich betont werden.

Am Tisch, parallel zur Bildebene sitzen eine junge Frau und ihr Kleinkind. Es ist Camille-Léonie Monet (geb. Doncieux), die frisch angetraute Frau von Monet, frühere Geliebte und ständiges Modell[4], die liebevoll den linken Arm um einen neben ihr sitzendes Kleinkind (beider Sohn Jean) gelegt und sich ihm zugewandt hat, so daß ihr Gesicht dem Betrachter im Profil gegeben wird. Die vornehme Blässe und Zartheit ihrer weißen Haut wird durch die sanfte Beleuchtung durch das Fenster links und das kontrastierende schwarze Halsband deutlich hervorgehoben. Auch das rosige Gesicht des kleinen Jean, sein goldenes Haar und der weiße Anzug heben sich leuchtend vom Hintergrund ab, welches der Mutter zugewandt und dem Vorgang des ersten selbstständigen Eßvorgang gewidmet ist. Mit einem silbernen Löffel in seiner rechten Hand deutet er erwartungsvoll auf den gedeckten Tisch. Camille selbst hat denselben mit gekochten Eiern gefüllten Teller, wie der ihr fehlende gegenüberliegende Pendant, doch ist ihr Glas im Gegensatz zum anderen bereits zum Trinken mit Wein gefüllt. Auffällig ist die Andeutung von Paaren bzw. Pendants im Bild, die als Hinweis auf Eheglück deuten mögen: Zwei Stühle im Vordergrund, zwei komplette Tischgedecke, zwei Familienangehörige, zwei außenstehende Personen, zwei Stilleben im Bild...

Am Fenster im linken Bildrand lehnend ist eine junge, schwarzgekleidete Frau in Dreiviertelansicht zu sehen, deren Körper der Tischszenerie zugewandt ist. Anhand ihrer Handschuhe und des Schleiers ist sie nicht als Person des Hauses, sondern als Besucherin zu identifizieren, die die Tischszenerie von einem anderen Standpunkt als der Betrachter beobachtet. Es wird teilweise behauptet, diese Figur wäre ebenfalls Camille und daher die Bildsituation daher fragwürdig[5].

Dem ist hingegenzusetzen, daß eine wiederholte Darstellung Camilles allein des Modells wegen in vielen Bildern Monets vorgenommen wurde und keinesfalls auf eine verwirrende Verdoppelung seiner Frau abzielte, sondern allein durch Modellmangel bedingt war. Mit ihrer Ganzkörperansicht macht sie die lebensgroße Darstelung der Figuren besonders deutlich, zugleich deckt sie ein Teil des einfallenden Tageslichts ab.

Im Hintergrund ist ein Dienstmädchen zu erkennen, welches durch eine geöffnete Schranktür die Szenerie verlassen will, sich dem Betrachter jedoch noch einmal zurückwendet, die Hand schon an der Tür und zum Schließen bereit. Das Dienstmädchen und die Besucherin sind in farblicher Zurückhaltung ausgeführt, während Camille und Jean mit ihren beleuchteten Gesichtern hervortreten und die Tischszene beherrschen.

Die familiäre Atmosphäre wird durch die herumliegenden Spielsachen (Ball und Puppe) am linken unteren Bildrand verstärkt, deren Nähe zur Mutter durch den darüber auf dem linken Stuhl stehenden Nähkorb und den Kinderhut symbolisiert wird. Gezeigt wird damit ein einfacher und ungekünstelter Lebensstil und –raum. Die anwesenden Personen sind einander dreiecksförmig zugeordnet, sind jedoch mit sich und ihrer Aufgabe beschäftigt, geeint sind sie durch die geschlossene Situation des Speisezimmers.

Monet selbst ist nicht anwesend. Trotzdem beherrscht seine Persönlichkeit den Raum, der somit fast zum Selbstporträt wird. Die persönliche Shäre und seine Existenz ist in dem Stilleben aus Büchern, Lampe und Zylinder hinten rechts angedeutet, welches dem weiblichen Pendant von Nähkorb und Spielzeug im Vordergrund links entspricht.

[...]


[1] Seitz – Claude Monet, Köln 1960, S. 16

[2] John House – Impressionisten, Frankfurt 1999, S. 33

[3] Mechthild Schneider – Claude Monet. Kleine Werkmonographie Nr. 25, S. 2

[4] Busch – Claude Monet „Camille“, München 1984, S. 8

[5] Tucker – Claude Monet. Life and Art, Chicago 1995, S. 38

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Zu: Claude Monet - „Le déjeuner“ (1868)
Hochschule
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main  (Kunstgesch. Institut)
Veranstaltung
Claude Monet - Impressionismus
Note
1
Autor
Jahr
2001
Seiten
13
Katalognummer
V75478
ISBN (eBook)
9783638800242
ISBN (Buch)
9783638803021
Dateigröße
403 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Das großformatige im Städel befindliche Ölgemälde „Le Déjeuner“ von 1868 mit den Maßen von 191,1 x 125 cm ist mit lockerem Pinselstrich ausgeführt und eines der wenigen Interieurbilder des Freilichtmalers Claude Monet. Denn es gibt wenige Bilder mit Szenen häuslichen Lebens, die einerseits als Antwort auf die Forderung des zeitgleichen Realismus nach Zeitnähe, Wahrheit, Unbefangenheit und Temperament gelten können und in dessen Abgeschlossenheit andererseits zugleich häusliche Harmonie zum Ausdruck kommt.
Schlagworte
Claude, Monet, Claude, Monet, Impressionismus
Arbeit zitieren
M.A. Martina Merten (Autor:in), 2001, Zu: Claude Monet - „Le déjeuner“ (1868), München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75478

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