Die Ökonomie des Profi-Fußballs

Eine kritische Analyse


Diplomarbeit, 2007

68 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Gang der Untersuchung

2 Grundlagen der Ökonomie des Profi-Fußballs
2.1 Besonderheiten professioneller Fußballligen
2.1.1 Produktionsprozess und Marktform
2.1.2 Charakteristika von Ligaspiel und Meisterschaft
2.1.3 Zielfunktionen professioneller Fußballvereine
2.1.4 Ineffizienzpotentiale im Produktionsprozess
2.2 Wirtschaftliche Tätigkeit der Profi-Vereine
2.2.1 Produkte und Absatzmärkte
2.2.2 Aktivitäten auf den Faktorbeschaffungsmärkten
2.3 Zwischenfazit

3 Determinanten der direkten Zuschauernachfrage
3.1 Direkte Konsuminteressen der Nachfrager
3.1.1 Sport bezogene Konsuminteressen
3.1.2 Nicht Sport bezogene Konsuminteressen
3.2 Ökonomische Faktoren
3.2.1 Preiselastizität der Nachfrage
3.2.1 Einkommenselastizität der Nachfrage
3.3 Soziodemografische und geografische Rahmenbedingungen
3.4 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

4 Zentrale Vermarktung der Fernsehrechte an der Fußball-Bundesliga
4.1 Wohlfahrtsökonomische Aspekte der Zentralvermarktung
4.2 Rechtliche Aspekte der Zentralvermarktung
4.2.1 Bestimmung des originären Inhabers der Übertragungsrechte
4.2.2 Rechtsprechung und Stand der juristischen Diskussion
4.3 Sportökonomische Aspekte der Zentralvermarktung
4.3.1 Auswirkung der Einzelvermarktung auf das Erlöspotential
4.3.2 Finanzielle und sportliche Differenzierung
4.3.3 Zusammenhang zwischen Spannungsgrad und Zuschauernachfrage

5 Resümee und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Entwicklung der Gesamterlöse aus Eintrittsgeldern der 1. Bundesliga

Abb. 2: Entwicklung der Erlöse aus der Vermarktung der Übertragungsrechte

Abb. 3: Entwicklung der Gesamterlöse der Vereine der 1. Bundesliga

Abb. 4: Durchschnittliche Zusammensetzung der Gesamterlöse der Vereine der 1. Bundesliga im Jahr 2005 segmentiert nach Tabellenposition

Abb. 5: Determinanten der direkten Zuschauernachfrage im Profi-Fußball

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

“Wir halten einen Schatz in unseren Händen: die beliebteste Sportart weltweit. Ich möchte diesen Schatz verteidigen, dass er zum Wohle aller gedeihe. Die Starken müssen den Schwachen helfen. Fußball ist ein Spiel, kein Produkt, ist Sport, kein Markt, zunächst ein Spektakel und kein Geschäft.”

Michel Platini vor seiner Wahl zum Präsidenten der UEFA

Fußball ist Leidenschaft und Herzensangelegenheit. Die ideologisch geprägten Worte des ehemaligen französischen Nationalspielers und neuen Präsidenten des Europä­ischen Fußballverbands, Michel Platini, sind ein eindrucksvolles Beispiel für diese weit verbreitete Sichtweise. Sie können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der professionelle Fußball seit den 60er Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Deutschland und Europa entwickelt hat.

Die Vereine und Kapitalgesellschaften der Deutschen Fußball-Bundesliga erlösten in der Saison 2005/2006 knapp 1,3 Milliarden Euro, beschäftigten (direkt und indirekt) über 31.000 Mitarbeiter und zahlten rund 380 Millionen Euro an Steuern in die Staatskasse. Diese Daten sind jedoch nur eine Momentaufnahme der kontinuierlichen Professionalisierung und Kommerzialisierung des Fußballsports in den vergangenen Jahren.[1] Die Clubs handeln nicht länger als Vereine im eigentlichen Sinne, sondern als moderne Dienstleistungsunternehmen, die das Gut „Fußballunterhaltung“ als Gemeinschafts­produkt vermarkten.

Dennoch weist der Markt für Fußballunterhaltung eine Reihe spezifischer ökonomischer Besonderheiten im Vergleich zu „konventionellen“ Märkten auf, die Gegenstand der vorliegenden Arbeit sind. Insbesondere stellt sich die Frage, inwieweit der wirtschaftliche Wettbewerb zwischen den Produzenten seine im Normalfall Effizienz steigernden Funktionen erfüllen kann.

Die Worte Platinis verdeutlichen auch, dass sich der professionelle Fußball und seine Organisation zunehmend im Spannungsfeld zwischen wirtschaftlichen, rechtlichen und sportlichen Anforderungen bewegen. Ein in diesem Zusammenhang besonders kontrovers diskutiertes Thema ist die zentrale Vermarktung der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga durch die Deutsche Fußball Liga (DFL). Angesichts der anhaltenden rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen Fußballverbänden und nationalen sowie internationalen Wettbewerbsbehörden gewinnt die aufgezeigte Problemstellung zusätzlich an Relevanz.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, am Beispiel der Deutschen Fußball-Bundesliga einen breiten Überblick über die ökonomischen Besonderheiten professioneller Fußballligen zu geben. Darüber hinaus sollen am Beispiel der zentralen Vermarktung der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga zentrale sportökonomische Hypothesen auf ihre Tragfähigkeit hin geprüft werden, um daraus Folgerungen für eine wirtschaftlich effiziente Organisation des professionellen Fußballs in Deutschland abzuleiten.

1.2 Gang der Untersuchung

Zur Beantwortung der aufgeworfenen Problemstellung soll wie folgt vorgegangen werden: In Kapitel zwei werden die wichtigsten Grundlagen für das Verständnis der vorliegenden Arbeit gelegt. Ausgangspunkt der Betrachtung ist die Kollektivproduktion des Gutes Fußballunterhaltung. Aus dieser gemeinschaftlichen Produktion ergeben sich Besonderheiten, wie etwa Produktionsexternalitäten oder besondere Anforderungen an die sportliche Ausgeglichenheit zwischen den Wettbewerbern, die im weiteren Verlauf des zweiten Kapitels ausführlich abgehandelt werden. Die Betrachtung der Grundlagen der Ökonomie des Profi-Fußballs schließt mit einer Darstellung der wirtschaftlichen Aktivitäten der Fußballvereine.[2]

Eine zentrale Voraussetzung für wirtschaftliches Handeln ist die Kenntnis der spezifischen Absatzbedingungen. Von besonderer Bedeutung ist hier die direkte Nachfrage nach Fußballunterhaltung im Stadion, da sie sich unmittelbar und mittelbar auf das gesamte Erlöspotential eines Fußballvereins auswirkt. Ein entsprechend hohes Interesse wird der Frage nach den Determinanten der Stadionnachfrage seitens der sportökonomischen Forschung entgegen gebracht. Die zentrale Leistung des dritten Kapitels besteht in einer systematischen Analyse und Aufarbeitung der zahlreichen und oft widersprüchlichen Literatur.

Erst durch die Kenntnis der zentralen Besonderheit der „Fußballindustrie“ (Kapitel zwei) und der Bestimmungsfaktoren der Nachfrage (Kapitel drei) ist es möglich, zu aktuell kontrovers diskutierten Themen Stellung zu nehmen. Basierend auf den Erkenntnissen der vorhergehenden Abschnitte soll daher im vierten Kapitel die zentrale Vermarktung der Übertragungsrechte an der Fußball-Bundesliga kritisch analysiert werden. Dabei werden sowohl wohlfahrtsökonomische als auch rechtliche und sportökonomische Aspekte betrachtet. Im direkt anschließenden Resümee werden die Hauptthesen der Kapitel zwei bis fünf zusammengefasst und Anregungen für weitergehende wissenschaftliche Fragestellungen gegeben.

2 Grundlagen der Ökonomie des Profi-Fußballs

Bevor eine genaue Analyse ausgewählter Problemstellungen im Profi-Fußball durchgeführt werden kann, müssen zunächst die grundlegenden Besonderheiten des Marktes und des Produktionsprozesses dargestellt werden. Aus den Charakteristika des sportlichen Wettbewerbs ergibt sich eine Reihe von Ineffizienzen, denen der erste Abschnitt dieses einführenden Kapitels gilt. Im zweiten Abschnitt werden die wirtschaftlichen Aktivitäten der Vereine dargestellt. Ein besonderer Fokus soll hierbei auf den vier Hauptabsatzmärkten: Stadionunterhaltung, Übertragungsrechte, Sponsoring und Merchandising liegen.

2.1 Besonderheiten professioneller Fußballligen

2.1.1 Produktionsprozess und Marktform

Kollektivproduktion als Besonderheit des professionellen Fußballs

Die Ware Fußballunterhaltung lässt sich in Form unterschiedlicher Güter vermarkten. Im Zentrum steht die Unterhaltungsdienstleistung des sportlichen Wettkampfs zweier Mannschaften. Die zentrale Besonderheit des Produktionsprozesses liegt in der speziellen Wettbewerbssituation zwischen den beteiligten Clubs. Sie sind zwar einerseits sportliche Konkurrenten, müssen jedoch andererseits kooperieren, um das Gut Fußballunterhaltung zu produzieren. Es handelt sich demnach bereits beim einzelnen Spiel um ein Gemeinschaftsprodukt.

Genauer gesagt liegt im Profi-Fußball ein zweistufiges Produktionssystem vor. In der ersten Stufe findet auf Clubebene eine notwendige Vorproduktion statt. Dabei muss insbesondere aus einer Reihe einzelner Akteure eine Gruppe von Sportlern (Mannschaft) geformt werden. In einer zweiten Stufe müssen zwei Mannschaften aufeinander treffen, um ein vermarktbares Gut (das Spiel) zu produzieren.[3]

Die eigentliche Nutzenstiftung für den Konsumenten entsteht jedoch erst dadurch, dass die einzelnen Spiele in einen übergeordneten Wettbewerb (innerhalb einer Liga) zur Ermittlung der Rangfolge der beteiligten Mannschaften eingebettet sind.[4] Das einzelne Spiel ist lediglich eine Zwischenstufe innerhalb der Produktion des Meisterschaftswettbewerbs, der als eigenständiges Produkt gesehen wird.[5] Durch die Verknüpfung der einzelnen Spiele entsteht ein Renncharakter, der aufgrund seiner besonderen Spannung im Vergleich zum Einzelspiel zu einer Attraktivitätssteigerung führt.[6] Da demnach der Output des gemeinsamen Produktionsprozesses die Summe der individuellen Beiträge der Clubs übersteigt, handelt es sich bei der Herstellung des „Meisterschaftsrennens“ um eine Teamproduktion.[7]

Das besondere Verhältnis zwischen den Clubs, das sich aus der Teamproduktion ergibt, wird oftmals als „Kooperenz“ (aus: Koope ration und Konkur renz) oder „assoziative Konkurrenz“ bezeichnet.[8] Die Teilnehmer streben zwar nach hoher Leistungsstärke im Verhältnis zu den Wettbewerbern, Monopole oder auch nur monopolartige Stellungen können allerdings keine Option darstellen, da ohne geeignete Gegner kein vermarktbares Produkt angeboten werden kann.

Dies ist deswegen paradox, weil für Unternehmen „konventioneller“ Wirtschaftszweige die Marktform des Monopols zweifellos am besten geeignet ist, um die Unternehmensziele, insbesondere die Maximierung des Gewinns, zu erreichen. In diesem Zusammenhang prägte Neale (1964) den Begriff des „Louis-Schmeling Paradoxons“. Am Beispiel des ehemaligen Schwergewichtsweltmeisters Joe Louis verdeutlicht er, dass ein Boxer, um seine Gage zu maximieren, einen möglichst ebenbürtigen Gegner braucht. Ein Verdrängungswettbewerb zur Erreichung einer Monopolstellung wäre ökonomisch sinnlos, da er dazu führen würde, dass der Boxer überhaupt keine Umsätze mehr erzielen könnte.[9] Dass dieser Sachverhalt auch auf den Profi-Fußball zutrifft, ist leicht nachvollziehbar. Trotzdem kann es auf dem Markt für professionelle Fußballunterhaltung zu monopolartigen Strukturen kommen.

Regionale Monopole auf Ebene der Vereine

Um am Spielbetrieb der 1. Bundesliga teilnehmen zu können, sind hohe Markteintrittsbarrieren zu überwinden. Es kann zwischen Hürden ökonomischer und sportlicher Art unterschieden werden. Die zentrale Barriere ökonomischer Art ist das Lizenzierungsverfahren der Deutschen Fußball Liga (DFL). Es soll sicherstellen, dass der sportliche Wettbewerb nicht durch die Insolvenz eines Clubs während des laufenden Spielbetriebs verzerrt wird.[10] Eine wohl noch größere Hürde stellen die sportlichen Markteintrittsbarrieren dar. So kann ein Verein nur am Spielbetrieb der 1. Bundesliga teilnehmen, wenn er den sportlichen Aufstieg innerhalb eines hierarchisch organisierten Ligasystems erreicht.[11] Aufgrund dieser hohen Marktschranken und der räumlichen Präferenzen der Nachfrager genießen viele Vereine innerhalb ihres Einzugsgebiets faktisch eine monopolartige Stellung.[12]

Natürliches Monopol auf Ebene der Liga

Anstelle des einzelnen Vereins betrachtet Neale (1964) die Liga als relevantes Unternehmen aus ökonomischer Perspektive. Er zieht hier die Analogie zu einem Konzern (die Liga) und seinen Töchterunternehmen (die Mannschaften). Demnach seien Liga und Clubs als eine Einheit zu betrachten.[13] Diese Einheit sei sehr wohl in der Lage, das Gut Meisterschaftsrennen zu produzieren, ohne auf andere Ligen angewiesen zu sein.

Tatsächlich ist zu beobachten, dass für die meisten Mannschaftssportarten auf nationaler Ebene nur ein einziges hierarchisches Ligasystem existiert.[14] Neale begründet dies damit, dass der Markt Eigenschaften eines natürlichen Monopols aufweise.[15] So sei eine Marktkonstellation gegeben, in der ein Ligasystem das Meisterschaftsrennen zu günstigeren Kosten produzieren könne als zwei oder mehr. Charakteristisches Kostenstrukturmerkmal von natürlichen Monopolen sind streng monoton fallende Durchschnittskosten im relevanten Nachfragebereich. Aufgrund der hohen Fixkosten für die Bereitstellung der Produktionsfaktoren (insbesondere Spieler und Spielstätten) und der vernachlässigbar geringen kurzfristigen Grenzkosten (Versorgung eines weiteren Zuschauers im Stadion), liegen subadditive Kostenstrukturen vor.[16] Diese begünstigen in Verbindung mit positiven Skaleneffekten und einer hohen Irreversibilität der Kosten (etwa beim Bau der notwendigen Stadien) die Entstehung natürlicher Monopole.[17]

Dass die Ligen tatsächlich als relevante Unternehmen zu betrachten sind, kann bezweifelt werden. Zumeist werden sie nicht als Unternehmen, sondern als Kartelle gesehen, da die meisten ökonomischen Entscheidungen, etwa über die Verpflichtung von Spielern, auf Ebene der Vereine getroffen werden. Der Ligaverband legt zwar durch die Normierung des Spielbetriebs die gesamte Produktionsmenge (Anzahl der Spiele) fest, dies erfolgt jedoch im Interesse der Vereine. Sloane (1971) argumentiert, dass Absprachen bezüglich der Preise und Angebotsmengen typische Merkmale eines Kartells seien. Trotzdem bezeichne man Kartelle nicht als Unternehmen.[18]

Aus der Normierung des Spielbetriebs innerhalb einer Liga und der Gemeinschaftsproduktion mehrerer Vereine ergibt sich eine Reihe von Anforderungen an das Produkt „Meisterschaftsrennen“. Diese müssen erfüllt werden, um den Kundennutzen zu erhöhen. Sie sollen im folgenden Abschnitt dargestellt werden.

2.1.2 Charakteristika von Ligaspiel und Meisterschaft

Als Nutzen stiftendes Gut wurde zuvor der Positionswettbewerb um die Meisterschaft identifiziert. Dabei handelt es sich sowohl bei der Meisterschaft als auch beim einzelnen Spiel um eine Unterhaltungs dienstleistung, die durch die beteiligten Mannschaften erbracht wird.

Die Immaterialität des Fußballspiels erschwert es den Konsumenten die Qualität des Produktes ex ante zu beurteilen. Diese Unsicherheit wird durch die Inkonsistenz und fehlende Transitivität von Spielergebnissen zusätzlich erhöht. Es handelt sich beim Fußballspiel daher um ein Erfahrungsgut.[19] Bei einem „ehrlich“ ausgetragenen Wettkampf kann selbst der Anbieter die Qualität des Produktes im Vorhinein nicht sicher beurteilen. Der Konsument muss daher Qualitäts- und Nutzen erwartungen bilden. Um ihm dies zu ermöglichen und um die Attraktivität der Dienstleitung für den Konsumenten zu erhöhen, sind drei zentrale Bedingungen zu erfüllen. Es handelt sich hierbei um die Sicherung der Aussagekraft, Integrität und Spannung des Meisterschaftsrennens.[20]

Aussagekraft des Meisterschaftsrennens

Um dem sportlichen Wettkampf Aussagekraft zu verleihen, muss es möglich sein, die Leistungen der Anbieter nach einheitlichen Kriterien zu bewerten und in eine relative Rangfolge zu bringen. Daher muss zunächst ein Wettkampfmodus gebildet werden. Über die Festlegung der Spielregeln, des Spielplans und des Spielpensums wird das Angebot innerhalb eines gewissen Rahmens standardisiert und somit vergleichbar gemacht. Dabei sollte der festgelegte Rahmen im Zeitverlauf möglichst geringen Schwankungen unterliegen, um eine Produkthistorie entstehen zu lassen. In Deutschland ist dies im Wesentlichen seit der Gründung der Fußball-Bundesliga im Jahre 1963 der Fall.[21]

Das Meisterschaftsrennen besteht im Falle der Bundesliga aus 34 Spieltagen mit je neun Begegnungen (also insgesamt 306 Einzelspielen). Die hierarchische Organisation des Ligasystems stellt sicher, dass die spielstärksten Mannschaften am Rennen um die Deutsche Meisterschaft und die Europapokalplätze beteiligt sind.[22] Dabei ist wichtig, dass kein konkurrierendes Ligasystem existiert, da in diesem Falle die Meisterschaft an Aussagekraft verlieren und die Informationskosten der Konsumenten steigen würden.[23] Außerdem wird durch ein einziges Ligasystem eine höhere absolute Qualität der einzelnen Spielklassen gesichert, da bei Existenz mehrerer Ligapyramiden das relativ inelastische Angebot an talentierten Fußballspielern auf mehr Mannschaften verteilt werden müsste.[24] Da der Bundesliga jedoch, wie oben erwähnt, Eigenschaften eines natürlichen Monopols zugeschrieben werden, ist die Aussagekraft des Meisterschaftsrennens im Wesentlichen gesichert.

Sportliche Integrität des Wettbewerbs

Neben der Aussagekraft des Meisterschaftsrennens ist insbesondere die Sicherung der Glaubwürdigkeit des sportlichen Wettbewerbs entscheidend für die Bildung positiver Qualitätserwartungen der Konsumenten. Da bei einem Aufeinandertreffen nur die Spieler wissen, ob sie tatsächlich gegeneinander „kämpfen“ wollen oder nicht, bestehen bezüglich des Wettkampfcharakters der Spiele Informationsasymmetrien zwischen den Zuschauern und den Mannschaften. Soll die Integrität des Meisterschaftsrennens gewahrt werden, sind Ergebnisabsprachen, Dopingaffären und Wettskandale unbedingt zu vermeiden. Gelingt es der Liga nicht solche Transaktionskosten zu eliminieren, so könnte es dazu kommen, dass Fans aufgrund der Befürchtung eines nicht-integren Wettkampfes fern bleiben.[25]

Der so genannte „Bundesligaskandal“ ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie ein Mangel an Glaubwürdigkeit der Reputation der Liga und der Vereine schaden kann. In der Saison 1971/1972 war es den Vereinen Rot-Weiß Oberhausen und Arminia Bielefeld aufgrund manipulierter Punktspiele gelungen, den Abstieg in die 2. Bundesliga zu verhindern. Nachdem der Skandal aufgedeckt wurde, mussten selbst unbeteiligte Vereine erhebliche Rückgänge der Zuschauerzahlen verzeichnen.[26]

Ausgeglichenheit der Spielstärken

Die dritte notwendige Produkteigenschaft ist die Spannung des Meisterschaftsrennens. Spannung ist besonders dann gegeben, wenn hohe Ungewissheit über den Ausgang des sportlichen Wettbewerbs herrscht. Daher wird ausgehend vom Louis-Schmeling-Paradoxon argumentiert, dass das Wohlergehen der Marktteilnehmer wesentlich davon abhänge, dass die Spielstärken der beteiligten Mannschaften nicht zu stark divergierten. Allzu große Unterschiede in der sportlichen Leistungsfähigkeit würden die Spannung des Wettkampfs reduzieren. Das spezielle Problem einer Sportliga besteht also darin, den Grad von Wettbewerb zu etablieren, der sowohl für die Zuschauer als auch die beteiligten Mannschaften akzeptabel erscheint.[27]

Da weitgehend davon ausgegangen wird, dass ein enger Zusammenhang zwischen sportlichem Erfolg und der Finanzkraft der Vereine besteht, wird befürchtet, dass finanzielle Ungleichgewichte zwischen den Clubs zu einer Nachfrage dämpfenden Auseinanderentwicklung der Spielstärken der Mannschaften führen könnten.[28] Dies ist das zentrale Argument für regulierende Eingriffe seitens des Ligaverbands, die darauf abzielen, finanzielle Ungleichgewichte zwischen den Vereinen zu reduzieren, um die Spannung des sportlichen Wettkampfes zu sichern.

Die Notwendigkeit der Aussagekraft und Integrität des Meisterschaftsrennens wird einhellig anerkannt. Wie groß der Einfluss der Spannung auf die Zuschauernachfrage ist, wird hingegen kontrovers diskutiert.[29] Besonders in jüngeren Studien wird zunehmend die Meinung vertreten, die Spannung sei in ihrer Bedeutung lange Zeit überbewertet worden.[30] Allerdings kann wohl kaum bezweifelt werden, dass das Streben der Vereine nach einer Verbesserung der eigenen Mannschaftsstärke nur innerhalb einer gewissen Bandbreite sinnvoll sein kann.[31]

Die zentrale Frage ist, ob regulierende Eingriffe durch den Ligaverband tatsächlich notwendig sind, um die Ausgeglichenheit des Wettbewerbs zu sichern, oder ob die Ausgeglichenheit marktendogen gesichert wird. Um dieser Frage im späteren Verlauf der Arbeit nachgehen zu können, muss zuvor untersucht werden, welche Zielfunktion dem Verhalten der Vereine zugrunde liegt und welche Ineffizienzpotentiale innerhalb professioneller Fußballligen bestehen.

2.1.3 Zielfunktionen professioneller Fußballvereine

Um ökonomische Modelle auf den Profi-Fußball anwenden zu können, ist es notwendig, Annahmen bezüglich der Zielfunktion der beteiligten Akteure zu treffen. In der einflussreichen amerikanischen Literatur zu professionellen Sportligen wird mehrheitlich Gewinnmaximierung als Zielfunktion der Clubs unterstellt.[32]

Aufgrund bedeutender Unterschiede in der ökonomischen Struktur europäischer Fußballligen im Vergleich zu amerikanischen Major Leagues (Baseball, American Football, Basketball, Eishockey) wurde die Gewinnmaximierungshypothese für den europäischen Fußball lange Zeit zurückgewiesen.[33] So kommt Sloane (1971) in seinem bis heute noch äußerst einflussreichen Beitrag zur Ökonomie des europäischen Profi-Fußballs zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Vereine nicht mit der Zielfunktion der Gewinnmaximierung vereinbar sei.[34]

Auf Basis der Theorie der Verfügungsrechte kann hierfür die Vereinsverfassung verantwortlich gemacht werden. Die meisten Profi-Fußballmannschaften wurden zur damaligen Zeit von ehrenamtlichen Managern geführt. In der Bundesliga sind auch heute noch viele Clubs als nichtwirtschaftliche Idealvereine organisiert. Die Verantwortlichen haben bei einer solchen Vereinsverfassung im Regelfall keinen Anreiz zu Gewinn orientiertem Verhalten, da sie keine Möglichkeit besitzen, sich einen Teil der erwirtschafteten Gewinne anzueignen. Zudem birgt die Anhäufung von Gewinnen für Idealvereine die Gefahr der Rechtsverfehlung.[35]

Neben der Gewinnmaximierung prüft Sloane eine Reihe weiterer möglicher Zielfunktionen der Fußballclubs. Er kommt zu dem Ergebnis, dass Nutzenmaximierung am ehesten dem Verhalten der Vereinsverantwortlichen entspricht. In der Nutzenfunktion der Manager spielen demnach auch Faktoren wie Macht- und Prestigestreben sowie Aufmerksamkeit und Gruppenzugehörigkeit eine wichtige Rolle.[36] Dieser individuelle Nutzen lässt sich insbesondere über den sportlichen Erfolg mehren. Daher wird die Nutzenoptimierung oftmals als „Siegmaximierung“ oder „Maximierung des sportlichen Erfolgs unter Einhaltung des Budgets“ operationalisiert.[37] In einer Befragung von Swieter (2002) bestätigten 14 von 21 Bundesligamanagern, dass die Maximierung des sportlichen Erfolgs unter Einhaltung des Budgets ihre oberste Zielsetzung sei. Nur drei Manager gaben hier Gewinnmaximierung an.[38]

Ein weiterer Aspekt, der gegen die Annahme der Gewinnmaximierung spricht, ist die Beobachtung, dass einige Vereine nicht nur kurz-, sondern auch langfristig Verluste erwirtschaften. Die Tatsache, dass diese Vereine dennoch durch ihre wohlhabenden Besitzer finanziert werden, weist darauf hin, dass die letztgenannten andere Ziele verfolgen als die Maximierung des Profits.[39] Einige Studien versuchen diese Hypothese durch empirische Untersuchungen der Preiselastizität der Nachfrage zu überprüfen. Da es sich bei den Fußballvereinen gewissermaßen um regionale Monopolisten handelt (s.o.), müssten sie ihre Preise so lange erhöhen, bis die Preiselastizität der Nachfrage -1 beträgt.[40] Die meisten Studien ermitteln Werte im inelastischen Bereich (zwischen -0,2 und -0,5), was darauf hindeutet, dass die Preise unterhalb des gewinnmaximalen Niveaus liegen. Aufgrund methodischer Schwächen können diese Befunde jedoch nicht als Beleg für ein nicht Profit orientiertes Verhalten angesehen werden.[41]

Als Argumente für die Gewinnoptimierungshypothese wird zumeist die zunehmende Kommerzialisierung europäischer Fußballligen angeführt. Immer mehr Lizenzspielerabteilungen der Vereine werden in Kapitalgesellschaften ausgegliedert. Mittlerweile (Saison 2006/2007) ist die Mehrheit der Mannschaften der 1. Bundesliga nicht mehr als Idealverein organisiert.[42] Zudem ist zu beobachten, dass immer mehr Vermarktungsgesellschaften Beteiligungen an Fußballmannschaften erwerben. Da sich solche Vermarktungsgesellschaften eine entsprechende Verzinsung des eingesetzten Kapitals erwarten, ist ihre Aktivität als Hinweis auf eine stärkere Profitorientierung zu sehen.[43]

[...]


[1] Vgl. DFL (2006), S. 48.

[2] Die Begriffe Fußballverein und Fußballclub werden im Folgenden synonym verwendet. Die unterschiedlichen Begriffe werden ausschließlich zur Abwechslung des Lesers verwendet. Eine inhaltliche Unterscheidung ist damit nicht verbunden.

[3] Vgl. Kipker, I./ Parensen, A. (1999), S. 138.

[4] Ein Indiz hierfür ist das geringe Interesse an Freundschaftsspielen, die losgelöst von einem Ligawettbewerb ausgetragen werden. Vgl. Neale, W. (1964), S. 4.

[5] Vgl. Swieter, D. (2002), S. 60.

[6] Vgl. Franck, E./ Jungwirt, C. (1999), S. 122.

[7] Vgl. Alchian, A./ Demsetz, H. (1971), S. 779.

[8] Vgl. Heinemann, K. (1987), S. 138.

[9] Vgl. Neale, W. (1964), S. 2.

[10] Für eine detaillierte Darstellung des Lizenzierungsverfahrens vgl. Müller, C. (2004); Schmidt, M. (2004).

[11] Unter einem hierarchischen Ligasystem wird ein System mehrerer miteinander verknüpfter Ligen verstanden, in dem zum Ende einer Saison die schwächsten Mannschaften einer Liga (z. B. 1. BL) durch die stärksten Mannschaften der nächst tieferen Liga (z. B. 2. BL) verdrängt werden.

[12] Vgl. Büch, M. (1979), S. 454.

[13] Vgl. Neale, W. (1964), S. 4.

[14] In den USA gab es eine Reihe von Versuchen, konkurrierende Ligasysteme aufzubauen, die jedoch stets nach kurzer Zeit scheiterten oder in einem Zusammenschluss endeten. Vgl. Dobson, S./ Goddard, J. (2001), S. 130f.

[15] Vgl. Neale, W. (1964), S. 14.

[16] An dieser Stelle sei angemerkt, dass aufgrund der Irrelevanz der Grenzkosten der Gewinn genau dann maximiert wird, wenn der Erlös maximiert wird.

[17] Für Kritik an der Verwendung des in der Ökonomie fest besetzten Begriffs des natürlichen Monopols vgl. Swieter, D. (2002), S. 51.

[18] Vgl. Sloane, P. (1971), S. 128.

[19] Vgl. Roy, P. (2004), S. 26f.

[20] Vgl. Swieter, D. (2002), S. 49-60.

[21] Vgl. Hübl, L./ Swieter, D. (2002b), S. 20.

[22] Vgl. Swieter, D. (2002), S. 50.

[23] Vgl. Schellhaaß, H./ Enderle, G. (1999), S. 13.

[24] Vgl. Scully, G. (1995), S. 23.

[25] Vgl. Franck, E. (1995), S. 129.

[26] Vgl. Gärtner, M./ Pommerehne, W. (1977), S. 12; Swieter, D. (2002), S. 52.

[27] Vgl. Melzer, M./ Stäglin, R. (1965), S. 116.

[28] Vgl. Szymanski, S./ Kuypers, T. (1999), S. 157f.; Swieter, D. (2002), S. 69f.; Lehmann, E./ Weigand, J. (1997), S. 9.

[29] Dieser Frage wird in Kap. 3 nachgegangen.

[30] Vgl. Kurscheidt, M. (2004), S. 52.

[31] Vgl. Melzer, M./ Stäglin, R. (1965), S. 116.

[32] Vgl. Rottenberg, S. (1956), S. 252; Neale, W. (1964), S. 1f.; Fort, R./ Quirk, J. (1995), S. 1266; Vrooman, J. (1995), S. 973.

[33] Für eine detaillierte Betrachtung der Unterschiede in der Ligaorganisation vgl. Szymanski, S./ Hoehn, T. (1999).

[34] Vgl. Sloane, P. (1971), S. 133-140.

[35] Vgl. Dietl, H./ Franck, E. (2000), S. 1158-1163.

[36] Vgl. Sloane, P. (1971), S. 134.

[37] Vgl. Hübl, L./ Swieter, D. (2002b), S. 32.

[38] Vgl. Swieter, D. (2002), S. 63.

[39] Vgl. Downward, P./ Dawson, A. (2000), S. 28.

[40] In diesem Falle würden Erlöse und (aufgrund der Grenzkosten von null) die Gewinne maximiert werden. Vgl. Swieter, D. (2002), S. 65f.

[41] Vgl. ebenda, S. 66.

[42] Aktuell besitzen die Lizenzspielerabteilungen der Bundesligaclubs folgende Rechtsformen: AG (2), GmbH & Co. KGaA (5), GmbH (4), e.V. (7).

[43] Vgl. Kipker, I. (2000), S. 50f.

Ende der Leseprobe aus 68 Seiten

Details

Titel
Die Ökonomie des Profi-Fußballs
Untertitel
Eine kritische Analyse
Hochschule
European Business School - Internationale Universität Schloß Reichartshausen Oestrich-Winkel
Note
1,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
68
Katalognummer
V75476
ISBN (eBook)
9783638712668
ISBN (Buch)
9783638714594
Dateigröße
742 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Profi-Fußballs
Arbeit zitieren
Frederik Böttcher (Autor:in), 2007, Die Ökonomie des Profi-Fußballs, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75476

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