Volkswirtschaftliche Modelle zur Internalisierung externer Effekte


Seminararbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Externe Effekte
2.1 Definition und Abgrenzung
2.2 Notwendigkeit der Internalisierung
2.2.1 Marktversagen
2.2.2 Ökologische Folgen des ‚Zero-price’
2.3 Voraussetzungen der Internalisierung

3 Modelle der Internalisierung
3.1 Pigou-Steuer
3.1.1 Funktionsweise
3.1.2 Vorteile
3.1.3 Nachteile
3.1.4 Beurteilung
3.2 Preis-Standard-Ansatz
3.2.1 Funktionsweise
3.2.2 Kritik
3.3 Coase-Theorem
3.3.1 Funktionsweise
3.3.2 Vorteile
3.3.3 Nachteile
3.3.4 Beurteilung
3.4 Umweltzertifikate
3.4.1 Ausgangssituation
3.4.2 Verteilungsverfahren
3.4.3 Zertifikatemarkt
3.4.4 Vorteile
3.4.5 Nachteile
3.4.6 Beurteilung

4 Zusammenfassung

1 Einleitung

Innerhalb einer Volkswirtschaft treffen die verschiedensten individuellen Bedürfnisse, Präferenzen und Interessenlagen aufeinander. Ziel der volkswirtschaftlichen Forschung ist es, Modelle für einen Ausgleich unter allen Beteiligten auszuarbeiten, die zugleich das Wohlfahrtsniveau der Gesellschaft insgesamt steigern.

Im Rahmen dieser Arbeit wird speziell auf Gründe und Auswirkungen negativer externer Effekte mit ökologischem Hintergrund eingegangen. Externe Effekte spielen heutzutage insbesondere in Form von globalen Umweltschädigungen wie dem CO2-Ausstoß eine Rolle. Unter diesem Gesichtspunkt sollen die Ergebnisse der Eingrenzung dieser Effekte genutzt werden, um die vorhandenen volkswirtschaftlichen Modelle auf ihre Funktionsweisen und Resultate hin zu untersuchen. Diese Modelle sind Ergebnisse der Forschungsarbeit einiger bedeutender Ökonomen des 20. Jahrhunderts, wobei Pigou mit seinem 1912 publizierten Steuermodell die Pionierrolle spielte.

Zur Schaffung eines grundlegenden Überblicks über die vorhandenen Modelle wird überwiegend auf mathematische Argumentationsweise verzichtet. Statt dem Beleg über formelhafte Darstellungen wird diese Arbeit zwecks besserer Verständlichkeit lediglich durch Schaubilder gestützt und bedient sich ansonsten einer verbalökonomischen Veranschaulichung.

Die mit den einzelnen Ansätzen einhergehenden Vor- und Nachteile sowie der wissenschaftliche Diskussionsstand sollen herausgestellt und –auch im Hinblick auf ihre Praxistauglichkeit- kritisch beurteilt werden. Im Rahmen dieser Bewertung wird Wert darauf gelegt, zwischen den einzelnen Interessenlagen aus einer neutralen Perspektive abzuwägen, ohne Partei für eine bestimmte Position zu ergreifen.

2 Externe Effekte

2.1 Definition und Abgrenzung

Zur Heranführung an die Instrumente zur Internalisierung soll zunächst eine Definition externer Effekte erfolgen.

Nach der klassischen Definition von Pigou sind externe Effekte nicht durch Entgelt ausgeglichene positive oder negative Auswirkungen aus den Wirtschaftsaktivitäten eines oder mehrerer Wirtschaftssubjekte(s) auf ein anderes oder mehrere andere Wirtschaftssubjekt(e).[1]

Beispiel: Bei der Nutzung eines Kraftfahrzeuges werden Abgase ausgestoßen. Durch die Abgase entstehen Gesundheitsgefahren für Menschen. Diese Abgase sind demnach externe Effekte, da deren Verursacher gegenüber den Geschädigten keinen Ausgleich vornimmt.

Von diesen sogenannten technologischen externen Effekten sind die pekuniären externen Effekte zu differenzieren. Letztgenannte entstehen durch Preisanpassungen auf Grund von Angebots- oder Nachfrageänderungen und sind gewöhnliche Erscheinungen von Anpassungsvorgängen in einer Marktwirtschaft.[2] Im Folgenden wird ausschließlich auf technologische negative externe Effekte eingegangen, die dann entstehen, wenn einem Akteur nicht die von ihm insgesamt erzeugten Kosten selbst zufallen.[3]

Werden negative externe Effekte monetär bewertet, spricht man von externen Kosten.[4]

2.2 Notwendigkeit der Internalisierung

2.2.1 Marktversagen

Die vollständige Konkurrenz als klassisches volkwirtschaftliches Rahmenmodell geht einher mit der Voraussetzung, dass zwischen Marktteilnehmern ausschließlich ein vereinbarter Güteraustausch stattfindet. Eine Schädigung des Marktpartners ist dadurch nur mit einem einhergehenden Ausgleich möglich, genau wie dem Marktpartner nur ein Nutzen gestiftet wird, wenn einem dadurch ein Ausgleich zukommt. Durch diese theoretische Funktionsweise des Marktes hat das Handeln eines Einzelnen keinen Einfluss auf die ökonomischen Entscheidungen eines Anderen; der Preismechanismus führt zu einem Ausgleich von Angebot und Nachfrage.[5]

Produktions- und Konsumaktivitäten stehen in der Praxis jedoch immer im Zusammenhang mehrerer Wirtschaftssubjekte. Daher beeinflussen diese Aktivitäten auch immer das Handeln anderer Wirtschaftssubjekte. Diese Beeinflussung äußert sich in Kosten oder Nutzen. Sollten diese Kosten oder Nutzen nicht über Preismechanismen gesteuert werden können, spricht man von negativen bzw. positiven externen Effekten.[6]

Externe Effekte liegen also immer dann vor, wenn Nebenwirkungen z.B. bei einem Produktionsprozess entstehen, für die kein Marktpreis besteht.

Beispiel: Eine Fabrik F, die Abwässer in einen Fluss einleitet, schädigt damit den natürlichen Lebensraum von Tieren sowie die Gesundheit flussabwärts lebender Menschen. Für diese Verunreinigungen zahlt sie keine Abgaben; diese Effekte gehen nicht in die Kalkulation der F ein, obwohl sie Auswirkungen auf unbeteiligte Dritte haben. Neben der Gesundheitsschädigung ist auch eine negative Beeinflussung anderer Unternehmen, z.B. eines Trinkwasseraufbereiters T denkbar, dem durch die Verunreinigung des Wassers höhere Aufwendungen entstehen.

Als Verursacher und als Betroffene dieser Auswirkungen kommen Unternehmen, Privathaushalte und staatliche Einrichtungen in Frage. Externe Kosten gehen nicht in die Kalkulation der Verursacher ein; sie kalkulieren nur mit den internen, d.h. monetären Grenzkosten ihres Wirtschaftsprozesses.[7] Die Betroffenen dagegen sehen sich benachteiligt, indem ihnen negative Effekte aufgebürdet werden, für die kein wirtschaftlicher Ausgleich erfolgt.[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schaubild 1: Berücksichtigung externer Kosten im Produktionsprozess

Schaubild 1 verdeutlicht diese Zusammenhänge: Ein Unternehmen kalkuliert lediglich auf Basis seiner Grenzkosten GK. Dadurch produziert es die Menge x zum Preis p. Berücksichtigt man die externen Kosten der Produktion durch vertikale Addition, ergibt sich eine andere Angebotsgerade K, die eine geringere Produktionsmenge zu einem höheren Preis ausweist.[9] Die insgesamt anfallenden Kosten aus der Produktion nach dem Internalisierungsvorgang sind also die Summe aus Grenz- und externen Kosten.[10] Im Ergebnis ist festzustellen, dass der Abnehmer des Gutes die externen Kosten über einen höheren Preis trägt. Dies ist aber angemessen, da der Abnehmer indirekt über seine Nachfrage die Entstehung der externen Effekte verursacht.[11]

Wenn externe Kosten vorliegen, die nicht internalisiert werden, weicht das Marktgleichgewicht (p / x) vom optimalen Zustand (p */ x *) ab. Der Verursacher trägt nicht die vollen Kosten für sein Handeln. Es liegt Marktversagen vor.[12]

Diesem Marktversagen kann nur begegnet werden, indem Umweltressourcen in die Zusammenhänge der Märkte eingebunden und damit externe Kosten internalisiert werden.[13]

2.2.2 Ökologische Folgen des ‚Zero-price’

Die Nutzung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Luft und Boden erfolgt annahmegemäß ohne die Berücksichtigung ihrer ökologischer Auswirkungen, d.h. ohne einen Marktpreis für diese öffentlichen Güter. Gibt es keinen Marktpreis, führt dies zu einer Übernutzung dieser Ressourcen bis hin zur Umweltzerstörung.

Man stelle sich zwei Produktionsprozesse vor, die das gleiche Produkt hervorbringen. Prozess A bewirkt eine höhere Schadstoffemission E als Prozess B, verursacht jedoch weniger Produktionskosten, da auf den Einsatz von Schadstoffminderungstechnologie verzichtet wird. Fallen für E keine Kosten an, ist Prozess A günstiger bewertet. Der Produzent mit Prozess A ist im Vorteil, obwohl er mehr Schadstoffe emittiert. Die ‚Zero-price’-Bewertung der Emission führt zu einem erheblichen Wettbewerbsvorteil für die emissionsintensive Produktion. Außerdem führt diese Bewertung zu einer Übernutzung natürlicher Ressourcen.[14]

Der Markt gibt in dieser Situation keine Anreize zur Minderung negativer Umwelteinwirkungen. Das Gegenteil ist der Fall: Marktaktivitäten mit hoher Umweltbelastung werden durch den ‚Zero-price’-Mechanismus gar bevorzugt.[15]

2.3 Voraussetzungen der Internalisierung

Unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten sind der Internalisierung externer Kosten einige marktwirtschaftliche Grenzen gesetzt. Das Internalisierungsbestreben basiert auf der Annahme des ökonomischen Gleichgewichts[16], das einiger theoretischer Voraussetzungen bedarf. Zunächst wird von vollständig transparenter Information ausgegangen. Die Verursacher externer Kosten müssen also bekannt sein. Des Weiteren müssen die monetäre Bewertung externer Effekte überhaupt möglich und die Ursache der Effekte bestimmbar sein. Ansonsten könnten potenzielle Verursacher die Verantwortung von sich weisen.[17]

Es zeigen sich also in der Internalisierungspraxis einige Beschränkungen der theoretischen Möglichkeiten. Die aufgezeigten Probleme sind so weit wie möglich auszuräumen, um eine effektive Internalisierung vornehmen zu können.

3 Modelle der Internalisierung

3.1 Pigou-Steuer

3.1.1 Funktionsweise

Die nach Pigou benannte Steuer versucht, durch die Besteuerung der Nutzung natürlicher Ressourcen eine Nutzungseinschränkung über den Preis zu erreichen.[18] Eine solche Verschmutzungssteuer stellt einen Preis für jede Verschmutzungseinheit (z.B. 1 Tonne emittiertes CO2) dar. Vorausgesetzt, dass die Verschmutzung ohne großen Aufwand gemessen werden kann, ist dieses Instrument der Internalisierung einfach durchzuführen. Die Pigou-Steuer wird genau in der Höhe erhoben, die den externen Kosten entspricht.[19] Dem Verursacher werden damit nicht nur seine privaten Grenzkosten der Produktion, sondern auch die externen Kosten angelastet.[20]

Die Funktionsweise soll an Hand des Schaubildes 2 demonstriert werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Schaubild 2: Funktionsweise der Pigou-Steuer

Die Kurve steigt von rechts nach links, da mit jeder Einheit vermiedener Verschmutzung die Vermeidungskosten steigen. Wird eine Pigou-Steuer in Höhe von s 1 erhoben, vermeidet der Verursacher die Verschmutzungsmenge zwischen A und v 1. Er wird jedoch nicht mehr als diese Menge vermeiden, da die Grenzkosten der Produktion links von B höher sind als die zu entrichtende Steuer. Wird eine höhere Steuer erhoben, z.B. s 2, wird mehr Verschmutzung vermieden (nämlich von A bis v 2). Durch eine Anpassung der Steuer lässt sich der Grad der Verschmutzung also beliebig steuern.[21]

[...]


[1] Pigou, A. (1932), S. 183.

[2] Sohmen, E. (1976), S. 221f.

[3] Fritsch, M.; Wein, T.; Ewers, H.-J. (2005), S. 104.

[4] Endres, A. (2000), S. 15.

[5] Fritsch, M.; Wein, T.; Ewers, H.-J. (2005), S. 88.

[6] Weimann, J. (1994), S. 30.

[7] Buck, W. (1983), S. 71.

[8] Cansier, D. (1996), S. 24f.

[9] Fritsch, M.; Wein, T.; Ewers, H.-J. (2005), S. 104.

[10] Endres, A. (2000), S. 15.

[11] Bartmann, H. (1996), S. 36f.

[12] Endres, A. (2000), S. 19f.

[13] Eser, T.; Schwaab, J.; Seidl, I. u.a. (Hrsg.) (2001), S. 46.

[14] Endres, A. (1993), S. 4; Siebert, H. (2004), S. 18.

[15] Siebert, H. (2004), S. 18.

[16] Zu Definition und Merkmalen des ökonomischen Gleichgewichts siehe Fritsch, M.; Wein, T.; Ewers, H.-J. (2005), S. 22ff.; vgl. auch Bartmann, H. (1996), S. 15ff.

[17] Bartmann, H. (1996), S. 44.

[18] Pigou, A. (1932), S. 234ff.

[19] Wiesmeth, H. (2003), S. 76f.

[20] Fritsch, M.; Wein, T.; Ewers, H.-J. (2005), S. 119f.

[21] Cansier, D. (1996), S. 160.

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Volkswirtschaftliche Modelle zur Internalisierung externer Effekte
Hochschule
Universität Siegen
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V75329
ISBN (eBook)
9783638780483
ISBN (Buch)
9783638776691
Dateigröße
635 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Volkswirtschaftliche, Modelle, Internalisierung, Effekte, Pigou, Pigou-Steuer, externe Effekte, Preis-Standard-Ansatz, Coase-Theorem, Umweltzertifikate, Emissionshandel, CO2-Handel, Marktversagen, zero-price
Arbeit zitieren
Jonas Lehmann (Autor:in), 2007, Volkswirtschaftliche Modelle zur Internalisierung externer Effekte, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75329

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