Kritik oder Karikatur? Hor. c. I,29 als literarisches Abbild einer mentalen Metamorphose


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Historischer Kontext: Der Feldzug des Aelius Gallus

3 Übersetzung
3.1 Übersetzung: Hor. c. I,29
3.2 Zur Übersetzung

4 Analyseteil
4.1 Vorbemerkungen zur Analyse
4.2 Iccius’ gegenwärtige Ambitionen (V.1 – V.5)
4.3 Traum von exotischer Beute (V.5 – V.10)
4.4 Iccius Lebenswandel als widernatürliches Phänomen (V.10 – V.16)
4.5 Der Chiasmus als konstituierendes Stilmittel
4.6 Kontrastierung von Dynamik und Statik
4.7 Iccius – Philosoph oder Dilettant?

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Carmen I,29, dessen Entstehungszeit auf ca. 26 – 25 v.Chr. datiert werden kann, richtet sich an einen gewissen Iccius, der auch als Adressat der Epistel I,12 auftaucht, die jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter behandelt werden soll. Über Iccius ist weiterhin nichts bekannt; die Informationen, die der Epistel I,12 aus dem Jahre 20 v.Chr. zu entnehmen sind, sind für das Verständnis von Carmen I,29 irrelevant.[1]

In der vorliegenden Ode, die in der Forschungsliteratur relativ wenig Beachtung gefunden hat,[2] zeigt sich Horaz als Meister seines Genres. In einer ungeheuren metaphorischen Dichte und stilistischen Komplexität thematisiert er die Sinnes-wandlung seines jungen Freundes Iccius, der sich nach philosophischen Studien jetzt am Feldzug des Aelius Gallus in die ob ihrer Reichtümer sagenumwobenen Gefilde der Sabäer beteiligen will. Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit wird darauf liegen, bis ins Detail zu untersuchen, auf welche Weise Horaz diese mentale Metamorphose literarisch illustriert und kommentiert. Im Anschluss soll aufgezeigt werden, welche Schwierigkeiten sich bei der näheren Betrachtung der Odengestaltung ergeben, will man anhand der philologischen Analyse Vermutungen über die Intention des Autors anstellen.

Die Untersuchung wird sich dem Text aus der Perspektive des antiken Rezipienten nähern, dem zwar der historischen Kontext, nicht jedoch der Adressat der Ode bekannt ist.

Die Übersetzung der Ode basiert auf der von Klingner besorgten Edition. Da diese Arbeit nicht auf zwei oder mehr Sekundärtexte von einem Autor oder einer Autorenkonstellation zurückgreift, ist darauf verzichtet worden, in den Fußnoten die Titel der Aufsätze bzw. Monographien zu nennen; stellvertretend steht einzig der Name des entsprechenden Verfassers bzw. der entsprechenden Verfasser.

2 Historischer Kontext: Der Feldzug des Aelius Gallus

In den Jahren 26 – 25 v.Chr. unternahm der Statthalter Ägyptens, Aelius Gallus, auf Augustus’ Befehl einen Feldzug in die Arabia felix, genauer gesagt in das Gebiet der Sabäer, den heutigen Jemen, um die Handelswege für Gewürze und Weihrauch zu kontrollieren. Dieser Expedition schlossen sich auch viele junge zivile Römer an, einerseits gelockt von der Aussicht, reiche Beute machen zu können, andererseits, weil im ersten Jahrhundert vor Christus die Teilnahme an einem Feldzug in entfernte Gegenden die Möglichkeit zum Einstieg in eine politische Karriere bot.[3] Diese begleiteten Feldherren und Soldaten in der sogenannten cohors amicorum, die jedoch keine militärische, sondern eher eine sozietäre Aufgabe erfüllte.

Trotz der vorrangig handelspolitischen Intention erhofften sich viele Römer von diesem Unternehmen den Beginn des endgültigen Rachefeldzuges gegen die Parther,[4] die bereits 56 v.Chr. Crassus und 36 v.Chr. Antonius geschlagen hatten und bei letzterer Gelegenheit sogar in Besitz der römischen Feldzeichen gekommen waren. Die Öffentlichkeit drängte seither auf die Tilgung dieses Schandflecks in der römischen Militärgeschichte und so gewann die Expedition noch mehr an Reiz, da sie bei den Teilnehmern große Hoffnungen schürte, eine – nach außen – beeindruckende Leistung in der eigenen Biographie verbuchen zu können. Die Mission des Aelius Gallus allerdings scheiterte aufgrund von Wassermangel und Krankheiten im römischen Heer.[5]

Offensichtlich hat Horaz’ Adressat Iccius geplant, in der cohors amicorum dieses Feldzugs mitzureisen, ob er es letztendlich getan hat, ist nicht bekannt.[6]

3 Übersetzung

3.1 Übersetzung: Hor. c. I,29

[1] Iccius, jetzt blickst du neidisch auf die Schätze der glücklichen Araber und rüstest dich zu einem hitzigen Feldzug [3] gegen die nie zuvor besiegten Könige Sabas und schmiedest Ketten für den schrecklichen Meder? Welche fremdländische Edelfrau wird dir, nachdem du ihren Verlobten erschlagen hast, Dienerin sein, welcher Knabe vom Königshof wird mit gesalbtem Haar an deinem Cyathus stehen, [9] obwohl er dazu ausgebildet wurde, serische Pfeile mit dem väterlichen Bogen zu spannen? Wer könnte dann noch leugnen, dass herabstürzende Bäche in den steilen Gebirgen zurückfließen und der Tiber rückwärts strömen kann, [13] wenn du die von überall her aufgekauften Bücher des hochberühmten Panaetius und die sokratische Schule gegen spanische Kettenpanzer eintauschen willst, obwohl du doch mehr hattest erwarten lassen?

3.2 Zur Übersetzung

Bei der Übersetzung der vorliegenden Ode wurde Wert darauf gelegt, dem horazischen Ausdruck und seiner Pointierung nach Vermögen gerecht zu werden. Zu diesem Zweck wurde bei der Übertragung ins Deutsche statuetur im Aktiv wieder gegeben, da „stehen“ den Aspekt des Statischen mehr hervorzuheben vermag als „hingestellt werden“.[7] arduis montibus wird als Ablativus loci verstanden, da der Dativ der Richtung lediglich angäbe, wohin die Bäche zurückfließen und das Moment des Adynaton, dass sich ihre Richtung gerade in den steilen Gebirgen umkehrt, weniger zum Tragen käme.[8]

4 Analyseteil

4.1 Vorbemerkungen zur Analyse

Trotz der äußeren Struktur von vier Strophen im alkäischen Versmaß, finden sich sowohl syntaktisch, als auch inhaltlich von dieser Viergliedrigkeit abweichende Zäsuren in der Ode. Im Folgenden soll versucht werden, herauszuarbeiten, inwiefern die Einteilung nach Klingners Interpunktion in die drei Fragen Icci [...] catenas?, quae [...] paterno?, quis [...] tendis? der inhaltlichen Komposition gerecht wird und durch welche sprachlich – stilistischen Mittel der Autor dem Sachverhalt und der Aussage der Ode besonderen Ausdruck verleiht.[9] Die Horaz unterstellte Intention der Strukturierung soll auch der folgenden Analyse als Einteilung der zu interpretierenden Abschnitte dienen.

4.2 Iccius’ gegenwärtige Ambitionen (V.1 – V.5)

Die emphatische Voranstellung des Namens des Adressaten als erstes Wort der Ode wirkt wie ein Aufruf, eine Aufforderung zur Aufmerksamkeit.[10] Doch anstatt eine Begründung zu geben, präsentiert Horaz anhand der drei präsentischen Verben invides – paras – nectis Iccius’ gegenwärtige Situation. Das zentral positionierte, barsch wirkende und metrisch hervorgehobene nunc im ersten Vers lässt vermuten, dass Iccius’ Verhalten eine Wendung genommen hat[11] und wirft wiederum Fragen bei Leser auf, was den Menschen Iccius vorher ausmachte und warum dieser Wandel Horaz dazu führte, eine Ode zu verfassen, die zudem eingangs Aufmerksamkeit einfordert.

Iccius beneidet jetzt die Schätze der glücklichen Araber. Die Frage, wie beatis, das offensichtlich auf die Bezeichnung Arabia felix anspielt,[12] an dieser Stelle verstanden werden soll, ist schwierig zu beantworten. Zwar scheint es sich auf den ersten Blick als Enallage inhaltlich auf Arabum zu beziehen, jedoch darf man spekulieren, ob in beatis nicht auch die Bedeutung „glücklich machend“ mitschwingt und so der grammatische Bezug zu gazis plausibel wäre.[13] Zumindest kann man Dietz zustimmen, dass es Horaz gelingt, in nur zwei Worten, zwar ohne grammatischen aber mit gedanklichem Bezug, ein Leitmotiv der Ode zu formulieren: „Iccius auf der Jagd nach dem Glück.“[14]

[...]


[1] Vgl. Wright, S. 44.

[2] Vgl. ebda.

[3] Zu den historischen und sozialen Vorraussetzungen vgl. etwa Nisbet/Hubbard, S. 338; Numberger, S. 110; Syndikus, S. 265; West, S. 136.

[4] Vgl. Kiessling/Heinze, S. 128; Numberger, S. 110.

[5] Vgl. Kienast, S. 335.

[6] Vgl. Numberger, S. 110.

[7] siehe dazu S. 14.

[8] Vgl. Nisbet/Hubbard ad loc.

[9] Der Hinweis auf eine derartige Dreiteilung findet sich auch bei Kiessling/Heinze, S. 127.

[10] Vgl. Kiessling/Heinze ad loc.

[11] Vgl. etwa Goar, S. 116f.

[12] Vgl. etwa Nisbet/Hubbard ad loc.

[13] Die Ambivalenz des beatis sehen auch Dietz, S. 91f. und Putnam, S. 195.

[14] Dietz, S. 91.

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Details

Titel
Kritik oder Karikatur? Hor. c. I,29 als literarisches Abbild einer mentalen Metamorphose
Hochschule
Ruhr-Universität Bochum
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V75284
ISBN (eBook)
9783638796378
Dateigröße
381 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Kritik, Karikatur, Abbild, Metamorphose
Arbeit zitieren
Moritz Ahrens (Autor:in), 2006, Kritik oder Karikatur? Hor. c. I,29 als literarisches Abbild einer mentalen Metamorphose, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75284

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