Unterrichtsmodell: Theorie der öffentlichen Güter


Hausarbeit (Hauptseminar), 2002

21 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung

2 Fachwissenschaftliche Vorüberlegungen
2.1. Theorie des Marktversagens
2.2. Private und öffentliche Güter

3 Allgemeindidaktische und fach- bzw. wirtschaftsdidaktische Vorüberlegungen

4 Unterrichtsmodell zur Theorie öffentlicher Güter
4.1 Einstieg in den Themenkomplex „öffentliche Güter“
4.2 Unterrichts-Spiel zur Theorie der öffentlichen Güter
4.3 „Umweltschutz als öffentliches Gut?“ als Möglichkeit von Bewertungs- und Transferleistung

Literatur

Anhang 1: Spielanweisung

1 Einleitung und Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit soll es sein, den Themenkomplex „Theorie der öffentlichen Güter“ didaktisch so aufzuarbeiten, dass er im Rahmen einer Unterrichtseinheit oder einem Teil davon vermittelt werden kann.

Zu diesem Zweck ist die Arbeit in drei Kapitel gegliedert. Im ersten soll geklärt werden, was die wesentlichen und bedeutenden fachlichen Begriff und Zusammenhänge sind, die im Rahmen der Unterrichtseinheit vermittelt werden sollen. Es soll somit der Hintergrund für den Lehrenden geschaffen werden, auf dem das didaktisch reduzierte Unterrichtsmodell ausgestaltet werden kann.

Im zweiten Kapitel sollen einige grundlegende Überlegungen zu wirtschaftsdidaktischen Zusammenhängen und Grundbegriffen angestellt werden, wobei der Themenkomplex der Theorie öffentlicher Güter nicht aus dem Auge verloren werden soll.

Das letzte Kapitel stellt dann die Überlegungen zum Unterrichtsmodell vor. Im Mittelpunkt soll hier vor allem ein Klassenzimmer-Spiel („classroom-game“) und die didaktische Erläuterung und Begründung desselben stehen.

2 Fachwissenschaftliche Vorüberlegungen

Ziel dieses ersten Abschnittes soll es sein, zu klären, was im Hinblick auf das Thema „Öffentliche versus private Aufgaben“ die zentralen Begriffe sind. Diese sollen hier zunächst kurz erläutert und auch in den wichtigsten Zusammenhängen dargestellt werden. Dies ist notwendig, um sich über das „Was“ des zu entwerfenden Unterrichtsmodells Klarheit zu verschaffen.

2.1. Theorie des Marktversagens

Die Theorie des Marktversagens spielt eine wesentliche Rolle in den Erklärungsansätzen für das wirtschaftliche Handeln bzw. Eingreifen des Staates. Allerdings ist diese Theorie nicht der einzige Faktor. Wichtig ist auch die Theorie des Mehrheitsbeschlusses[1], auf die in dieser Arbeit jedoch nicht weiter eingegangen werden soll.

Die Theorie des Marktversagens erklärt, warum Märkte in bestimmten Konstellationen nicht optimal funktionieren. Um das Ziel, die Wohlfahrt der Wirtschaftssubjekte zu maximieren, zu erreichen, müssen die Produktionsfaktoren der Volkswirtschaft so eingesetzt werden, dass ein Maximum an Gütern und Dienstleistungen gemäß der Präferenzen der Konsumenten produziert wird. Dies wird auch als optimale Allokation der Ressourcen bezeichnet. Im Modell vollkommener Konkurrenz wird dies in einem System mit Privateigentum und Wettbewerb gewährleistet.[2] Zu den Faktoren, die dazu beitragen zählen unter anderem die Existenz öffentlicher Güter, externe Effekte und die mangelnde Transparenz für die Konsumenten. An dieser Stelle wird die Unterscheidung von privaten und öffentlichen Gütern relevant, welche im nächsten Abschnitt genauer erläutert werden sollen. An dieser Stelle genügt es auszuführen, dass die Theorie des Marktversagens besagt, dass bei den privaten Gütern der Markt in dem Sinne funktioniert, als sich bei Konkurrenz ein Preis bildet, der den Grenzkosten entspricht. Bei den öffentlichen Gütern jedoch versagt der Markt. Dies liegt daran, dass ein Angebot nicht im effizienten Umfang oder sogar gar nicht zustande kommt.

Aus der Theorie des Marktversagens ergibt sich also, dass „eine potentielle Rolle für den Staat erwächst, aber sie gibt noch keine Antwort auf die (...) Frage: Wann handelt der Staat?“[3] An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass es zwei unterschiedliche Interpretationen der Theorie des Staatsversagens gibt: eine positive und eine normative.

Die positive Interpretation geht davon aus, dass das Handeln des Staates aus den Funktionsmängeln des Marktes resultiert. Da dies in der Realität nicht immer zutrifft, formuliert die normative Interpretation nur, wo der Staat handeln sollte. Das Problem liegt darin, dass in diesem Ansatz die Realität der politischen Institutionen unberücksichtigt bleibt.

Erst bei einer Synthese der Theorie des Marktversagens mit der Theorie des Mehrheitsbeschlusses läßt sich erkennen, wie aus dem individuellen Nutzen-Kosten-Kalkül eine Aktion des Staates erfolgt. So ergibt sich, dass es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen Marktversagen und Staatstätigkeit gibt.

„Darüber hinaus gibt es aber, wenn mehrheitlich entschieden wird, auch Staatseingriffe im Bereich privater Güter. Sie dienen der Realisierung von Umverteilungszielen der beteiligten Gruppen. Auch Umverteilungsvorlagen in Verbindung mit öffentlichen Gütern sind zu erwarten. Diese Verquickung ist politisch-ökonomisch sogar besonders attraktiv. Schließlich gibt es Fälle, in denen kein Staatseingriff erfolgt, obwohl Marktversagen im Spiel ist.“[4]

Ein Beispiel für einen fehlenden Staatseingriff trotz Marktversagen ist die Umweltschutzproblematik. In diesem Bereich kommt oftmals keine Mehrheit zustande, die politische Entscheidungen fällen könnte.

„Festzuhalten bleibt, dass der Vorrang der staatlichen Güterproduktion sich nicht aus dem spezifisch staatlichen Handlungsinstrumentarium und dem sogenannten Gewaltmonopol als der eigentlichen Machtbasis staatlichen Handelns rechtfertigt, sondern aus dem Anspruch, die öffentliche Güterbereitstellung für alle in prinzipiell gleicher Weise sicher zu stellen.“[5]

Warum „versagt“ der Markt nun aber und erzwingt damit ein Eingreifen des Staates?

Der erste Aspekt, der in diesem Zusammenhang von Relevanz ist, ist die Existenz von Monopolen und Oligopolen, durch welche der Markt ausgeschaltet wird und der freie Zugang zum Markt nicht mehr gewährleistet ist. Ein häufig angewendetes Mittel zur Vermeidung solcher Probleme ist die in vielen Ländern durchgeführte „Monopol- und Fusionskontrolle sowie andere wettbewerbspolitische Maßnahmen“[6] Daneben existieren eine Reihe von regulierenden Eingriffen, die zum Ziel haben, unvermeidbar erscheinende Monopole, sogenannte „natürliche Monopole“ (z.B. bei Leistungsnetzangeboten wie Elektrizität, Wasser oder Gas), zu wünschenswertem Angebotsverhalten zu bewegen und somit z.B. überhöhte Preise zu vermeiden.

Ein weiterer Faktor, der öffentliche Aktivitäten auslösen kann, ist der Bereich der externen Effekte. Hier unterscheidet man zwischen externen Kosten und externen Erträgen. Sie erscheinen nicht als Kosten bzw. Erlöse in den Wirtschaftsrechnungen der privaten Haushalte und Unternehmen und bieten daher Anreiz, die Produktion von Gütern mit externen Kosten auszudehnen, während Produktionen mit externen Erträgen möglichst gering gehalten werden. Externe Kosten sind zum Beispiel Umweltschäden durch Abgase, Abwässer oder Lärm. Hier kann der Staat versuchen, gemäß dem Verursacherprinzip die bisher von der Gesamtheit getragenen Kosten den Verursachern aufzuladen. Dies kann u.a. durch Steuern oder Gebühren erfolgen. Fallen dagegen externe Erträge an, wird der Staat versuchen, diese Aktivitäten zu unterstützen. Mögliche Mittel sind Subventionen, Zuschüsse oder Steuervergünstigungen.

Man spricht in diesem Zusammenhang auch von positiven (Nutzen) und negativen (Kosten) externen Effekten. Sind die externen Effekte positiv, dann ist der private Ertrag des Verursachers (Produzent, Konsument) kleiner als der gesellschaftliche. Dies liegt daran, dass außer ihm noch Dritte einen Nutzen aus seinen wirtschaftlichen Aktivitäten ziehen können. Beispiele hierfür wären der Bau eines großen Kaufhauses, welches zusätzliche Kundschaft anzieht, mit der dann auch anliegende kleinere Geschäfte Kaufabschlüsse tätigen können oder die Grundlagenforschung, die Erkenntnisse gewinnt, welche der Zweckforschung zugute kommen.

Sind die externen Effekte dagegen negativ, so ist der private Ertrag, der sich aus solchen Aktivitäten ergibt größer als der gesellschaftliche. Beispielhaft hierfür sind wie bereits erläutert Umweltschäden.

2.2. Private und öffentliche Güter

Private Güter, oder auch marktgängige Güter, charakterisieren sich durch zwei Eigenschaften. Die erste lautet, dass das sog. Ausschlussprinzip anwendbar ist. Das bedeutet, dass zahlungsunwillige Individuen vom Konsum dieses Gutes ausgeschlossen werden können. Ein Beispiel ist die Vermietung einer Wohnung. Diese kann nur bezogen und bewohnt werden, wenn man bereit ist, die geforderte Miete zu zahlen. Allen anderen wird dann der Zugang zur Wohnung verwehrt. Die zweite Eigenschaft eines privaten Gutes ist die Tatsache, dass Rivalität im Konsum herrscht. Das bedeutet, dass das Gut nur von einem Individuum konsumiert werden kann und alle weiteren Individuen am Markt das Nachsehen haben. Ein gutes Beispiel ist der Konsum eines Brötchens. Dieses kann nur einmal gekauft und verzehrt werden und steht daher nach dem Konsum keinem anderen mehr zur Verfügung.

Aus diesen Eigenschaften folgt die Konsequenz, dass die Individuen auf dem Markt ihre Präferenzen offen legen müssen, d.h., dass sie darlegen müssen, welchen Preis sie mindestens bereit sind zu zahlen. Nur so können sich Anbieter und Nachfrager dezentral einigen und es bedarf nicht des Staates zur Vermittlung. Der Staat sorgt in diesem Fall nur dafür, dass die rechtlichen und institutionellen Rahmenbedingungen aufrecht erhalten bleiben.

Im Gegensatz zu den privaten Gütern zeichnen sich die öffentlichen Güter durch die Abwesenheit dieser beiden Eigenschaften (Ausschließbarkeit und Rivalität) aus.

Das Ausschlussprinzip läßt sich im Falle öffentlicher Güter aus technischen Gründen nicht durchsetzen. Entweder, dies wäre zu kostenaufwendig, oder aber, der Ausschluss ist gar nicht erst gewünscht. Der Ausschluss erfolgt selbst dann nicht, wenn kein Beitrag zur Finanzierung oder Bereitstellung geleistet wurde. Ein Bespiel hierfür wäre der Hochwasserschutz. Jeder, der in einer solchen Region wohnt und durch einen Deich geschützt wird, profitiert davon, auch wenn er nichts zur Errichtung beigetragen hat.

„Solange nun aber der einzelne nicht zur Kasse gebeten wird, wird er – auf seinen Vorteil bedacht – die Bereitstellung des öffentlichen Gutes für notwendig, ja unverzichtbar erklären und mit Nachdruck fordern. Müßte er dagegen für die Inanspruchnahme des öffentlichen Gutes bezahlen, so entspräche es seinem Vorteilsstreben, sein für dieses bestehende Interesse zu verheimlichen und darauf zu hoffen, dass schon andere die Bereitstellung des Gutes fordern (und dafür bezahlen) und er dann kostenlos an diesem partizipieren könnte.“[7]

Dieses Verhalten wird als Trittbrettfahrer-Verhalten oder auch free-rider-position bezeichnet. Zusammen mit der Tatsache, dass die Preise der öffentlichen Güter politisch festgelegt werden und daher mehr oder weniger willkürlich sind, führt dies gesamtwirtschaftlich meist dazu, dass es zu einer Unterversorgung und damit einer nicht optimalen Allokation der knappen Ressourcen kommt.

[...]


[1] Vergl. C. Blankart: Öffentliche Finanzen in der Demokratie, 4., völlig überarbeitete Auflage, München 2001, S. 55f. (im Folgenden zitiert als: C. Blankart: Öffentliche Finanzen.)

[2] U. Baßeler, J. Heinrich, W. A. S. Koch: Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft, 15. Auflage, Köln 1999, S. 65. (im Folgenden zitiert als: U. Baßeler u.a.: Grundlagen und Probleme der Volkswirtschaft.)

[3] C. Blankart: Öffentliche Finanzen, a.a.O., S. 66.

[4] C. Blankart: Öffentliche Finanzen, a.a.O., S. 82.

[5] C. Gramm: Privatisierung und notwendige Staatsaufgaben, Schriften zum Öffentlichen Recht, Band 838, Berlin 2001, S. 270.

[6] H. Zimmermann, K.-D. Henke: Finanzwissenschaft. Eine Einführung in die Lehre von der öffentlichen Finanzwissenschaft, 8., völlig überarbeitete Auflage, München 2001, S.44. (im Folgenden zitiert als: H. Zimmermann, K.-D. Henke: Finanzwissenschaft.)

[7] H. May: Handbuch zur ökonomischen Bildung, 4., unwesentlich veränderte Auflage, München, Wien 2000, S. 292. (im Folgenden zitiert als: H. May: Handbuch zur ökonomischen Bildung.)

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Unterrichtsmodell: Theorie der öffentlichen Güter
Hochschule
Christian-Albrechts-Universität Kiel  (Institut für Politische Wissenschaft Kiel)
Veranstaltung
Hauptseminar: Der Staat in der Wirtschaft
Note
2,0
Autor
Jahr
2002
Seiten
21
Katalognummer
V7508
ISBN (eBook)
9783638147521
Dateigröße
589 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Unterrichtsmodell, Unterrichtsspiel, öffentliche Güter
Arbeit zitieren
Thomas Reith (Autor:in), 2002, Unterrichtsmodell: Theorie der öffentlichen Güter, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7508

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