Zwei Auffassungen von Geschichtsphilosophie: Benedetto Croce und Friedrich Nietzsche


Magisterarbeit, 2005

78 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Verzeichnis der Abkürzungen

Verzeichnis der Abkürzungen

Einleitung
Problemstellung und Relevanz des Themas
Aufbau der Arbeit und Grenzen des Themas

Erster Teil: Die Geschichtsphilosophie Friedrich Nietzsches und Benedetto Croces im Vergleich
1.1 Friedrich Nietzsche: „Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben“
1.1.1 Umstände der Entstehung des Werkes
1.1.2 Inhalte und Kernpunkte des Werkes
1.1.2.1 Drei Arten der Geschichtsbetrachtung
a) Monumentale Geschichtsschreibung:
b) Antiquarische Geschichtsschreibung:
c) Kritische Geschichtsschreibung
1.1.2.2 Bildungskritik und Objektivität in der Geschichte
1.1.2.3 Geschichte als Kunst
1.1.2.4 Nietzsches Abgrenzung von Hegel
1.2 Benedetto Croce: „Die Geschichte als Gedanke und als Tat“ und „Die Geschichte auf den allgemeinen Begriff der Kunst gebracht“
1.2.1 Umstände der Entstehung der Werke
a) Die Geschichte auf den allgemeinen Begriff der Kunst gebracht
b) Die Geschichte als Gedanke und als Tat
1.2.2 Croces literarisches Frühwerk „Die Geschichte auf den allgemeinen Begriff der Kunst gebracht“
1.2.2.1 Der Kunstbegriff
1.2.2.2 Geschichte und Kunst
1.2.3 Croces philosophisches Spätwerk „Die Geschichte als Gedanke und als Tat“
1.2.3.1 Der Begriff des Historismus
1.2.3.2 Kritik an der Geschichtsschreibung
1.2.3.3 Vier negative Varianten des Historismus
a) „antiquarischer“ Historismus
b) Historismus contra mathematisch-naturwissenschaftliches Erkenntnisideal
c) Historizismus
d) Geschichte als Gegenwartsflucht
1.2.3.4 Croces Kritik an Ranke und Burckhardt
1.2.3.5 Die neue Rolle der Philosophie als Methodologie der Geschichte
1.3 Direkter Vergleich
1.3.1 Formales
1.3.1.1 Der Hintergrund
1.3.1.2 Die Perspektive
1.3.2 Inhaltliches
1.3.2.1 Gemeinsamkeiten
a) Geschichte und Kunst
b) Die Kritik an Hegel
c) Das Postulat einer lebendigen Geschichte
1.3.2.2 Unterschiede
a) Freiheit
b) Der Ausweg aus der Krise
1.4 Zwischenbilanz

Zweiter Teil: Die Geschichtsphilosophie Friedrich Nietzsches und Benedetto Croces im Spiegel der Postmoderne
2.1 Das Konzept der Narrativität
2.1.1 Der Begriff der postmodernen Narrativität
2.1.2 Arten der Narrativität in der Geschichtsschreibung
2.1.3 Der Umgang mit dem Konzept der Narrativität
2.2 Postmoderne Geschichtsdebatte
2.2.1 Hayden White und die Kritik an der Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts
2.2.1 »Auch Klio dichtet« - Ein postmoderner Kunstansatz
2.2.2 Wissenschaftliche Diskussion
2.2.2.1 David Carr, U.S.A
2.2.2.2 Reinhart Koselleck, Deutschland
2.3 Schlussfolgerungen

Fazit

Literaturverzeichnis
A) Friedrich Nietzsche
AA) Quellen
AB) Sekundärliteratur
B) Benedetto Croce
BA) Quellen
BB) Sekundärliteratur
C) Die Postmoderne
CA) Quellen
CB) Sekundärliteratur
D) Sonstige Quellen
E) Lexika und Einführungswerke

Selbständigkeitserklärung

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Modell der Darstellung von Geschichte bei Gustav Droysen

Abbildung 2: Schema der Plotstruktur Hayden Whites

Verzeichnis der Abkürzungen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Einleitung

Leben ist das was passiert,

während wir andere Pläne dafür machen.

Sprichwort

Als sich im Oktober 1989 Menschen zum Friedensgebet in der Leipziger Nicolaikirche trafen, war es sicher nicht ihr primäres Ziel Geschichte zu schreiben. Vielmehr trieb sie eine Mischung aus Empörung über die Verhältnisse in der DDR, Angst vor dem, was passieren wird, wenn sie sich mit Demonstrationen und Protestrufen gegen diese Verhältnisse zur Wehr setzen, und Hoffnung, dass ihr Protest an diesen Verhältnissen etwas ändern wird. Zehn Jahre später werden diese Ereignisse ganz anders wahrgenommen. Die Hoffnung ist einer Mischung aus Resignation und Enttäuschung gewichen. Was ich persönlich und gleichaltrige Freunde noch als eines der aufregendsten aber auch verwirrendsten Ereignisse unseres Lebens wahrnahmen, ist für heutige Schulkinder nur mehr noch ein Kapitel in ihren Geschichtsbüchern und ein weiteres Datum, das gelernt werden muss.

Diese Situation ist typisch für viele große Ereignisse, die in unseren Geschichtsbüchern stehen. Sie wurde von denen, die sie erleben durften, oft ganz anders wahrgenommen als wir sie heute im Nachhinein verstehen, deuten und weitergeben.

Was aber ist Geschichte und wie sollte sie weitergegeben werden? Noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts galt es als unbedingt notwendig, sie als Großes und Ganzes zu sehen. G.F.W. Hegel schrieb eine der letzten Weltgeschichten und deutete die Geschichte als eine Entwicklung zum Höheren, die auf ein großartiges Ende zusteuert. Hegels Ansatz war und ist immer wieder Anlass für Diskussionen. Viele Philosophen aber auch Wissenschaftler, die sich hauptsächlich mit der Auswertung alter Quellen und Artefakte beschäftigten, diskutierten die Frage, wie eine wissenschaftliche Geschichte zukünftig aussehen und welchem Fachgebiet sie angehören sollte. Diese Diskussion wurde mit solcher Intensität geführt, dass man das 19. Jahrhundert heute als „überhistorisiert“ bezeichnet. Neue Facetten der Geschichte erschienen und wurden immer wieder debattiert. Eine der wichtigsten Fragen des neunzehnten Jahrhunderts war die nach der Emanzipation der Geschichte als Wissenschaft. Ist die Geschichte eine eigene Wissenschaft, die ähnlich den Naturwissenschaften allgemeingültige Gesetze und Prinzipien zu Tage fördern kann oder ist sie vielmehr Kunst und ein Tribut an die Unvergänglichkeit der Schönheit?

Es bildeten sich zwei Gruppen von Wissenschaftlern, die dieses Problem unterschiedlich methodisch verarbeiteten. Da war zum einen eine Gruppe von Philosophen, zu denen auch Friedrich Nietzsche und Benedetto Croce zu zählen sind, und es gab eine Gruppe „früher Historiker“, unter denen man Namen findet wie Leopold Ranke, Jakob Burckhardt oder Theodor Mommsen. Während sich die philosophische Richtung mit Gedanken zu Methode und Theorie der Geschichtswissenschaft beschäftigte, konzentrierten sich die Historiker auf die Auswertung von Quellen und die Klassifizierung von Artefakten.

Aufgabe dieser Magisterarbeit soll es nun sein, sich mit den philosophischen Ansätzen einer Theorie der Geschichte zu beschäftigen. Es gibt dabei zwei relevante Punkte, die unbedingt zu beachten sind:

Zum einen ist in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Krise der Geschichtsphilosophie zu konstatieren, die für diese Arbeit eine bedeutende Rolle spielt. Zum anderen ist es Ziel dieser Arbeit, die Geschichtsphilosophie des italienischen Philosophen Benedetto Croce, die oft mit der Hegels verglichen wird, aus diesem Zusammenhang zu lösen und sie mit der Philosophie Friedrich Nietzsches zu vergleichen.

Problemstellung und Relevanz des Themas

In der Einleitung zu Croces Akademieabhandlung „Die Geschichte auf den allgemeinen Begriff der Kunst gebracht“ schreibt Ferdinand Fellmann:

So gesehen rückt Croces Text wenn auch nicht im Ton, so doch in der Gedankenbewegung in die Nähe von Nietzsches zweiter »Unzeitgemässer Betrachtung« (1874), die eine der großen Etappe auf dem Selbstbewußtwerdungsprozeß des Historismus darstellt.[1]

Dieses Zitat soll den Ausgangspunkt meiner Betrachtungen bilden. Ich möchte diese These aber erweitern und beweisen, dass nicht nur diese frühe Akademieabhandlung den Ausführungen Nietzsches ähnlich ist, sondern auch in Croces geschichtsphilosophischem Hauptwerk „Die Geschichte als Gedanke und als Tat“ Parallelen mit dieser Schrift Nietzsches zu finden sind.

Um diese These zu beweisen, ist es notwendig, die beiden Konzepte ein wenig einander anzupassen, ohne sie jedoch nachhaltig zu verändern. Ich werde versuchen, diesem Ansatz gerecht zu werden, indem ich von Croces Hauptwerk nicht alle Kapiteln mit Nietzsche vergleiche, sondern Teile, die mir als wichtig erscheinen, herauslöse und dem Konzept Friedrich Nietzsches gegenüberstelle. Die Frage, ob das Konzept Croces damit zu sehr verfälscht wird, würde ich mit einem „nein“ beantworten.

Diese von Fellmann aufgestellte und von mir erweiterte These stellt eine gewisse Neuerung in der geschichtsphilosophischen Forschung dar. Wenn man die Forschungsliteratur studiert, wird Folgendes sehr schnell deutlich: es ist ein gewisser Bruch der deutschsprachigen Croce-Forschung zu Beginn der achtziger Jahre zu registrieren Ich würde diese Tatsache darauf zurückführen, dass die Erforschung und Interpretation der Geschichtsphilosophie Benedetto Croces ein wenig feststeckt. Dreh- und Angelpunkt der geschichtstheoretischen Forschung des neunzehnten Jahrhunderts war die schon erwähnte Universalgeschichte Hegels. Auch die Arbeiten von Friedrich Nietzsche und Benedetto Croce wurden im Zusammenhang mit diesem Ansatz interpretiert. So galt Nietzsche immer als der Neuerer, der Hegel und seiner Geschichtsphilosophie eine Absage erteilte. Croce hingegen nahm selbst einen starken Bezug auf die Philosophie G.F.W. Hegels und wurde deshalb in diesem Zusammenhang interpretiert. Ziel dieser Arbeit ist es nun, diese bekannten Theorien und Thesen beiseite zu lassen und sich einer neuen Interrpretation zu widmen. Deren Grundlage soll darin bestehen, die Geschichtsphilosophie Benedetto Croces mit der Friedrich Nietzsches zu vergleichen und herauszufinden, was beiden Konzepten gemein ist, und daraus zu schlussfolgern, was das für die Geschichte der Geschichtsphilosophie bedeutet.

Der zweite Teil dieser Arbeit widmet sich der Frage, wie die Erkenntnisse des ersten Teils in einen aktuellen Bezug gestellt werden können. Ich werde dabei überprüfen, wie sich beide Arbeiten in das Konzept einer postmodernen Geschichtsphilosophie einbringen lassen und welche Relevanz sie für aktuelle Konzepte haben. Mein Interesse gilt dabei der Frage, welche Bedeutung die strukturellen Entwürfe und Erkenntnisse Croces und Nietzsches haben und wie diese in aktuellen Konzepten Verwendung finden. Dabei werde ich mich von der Frage leiten lassen, in wieweit Benedetto Croce und Friedrich Nietzsche soweit ins Konzept der Postmodernisten eingegangen sind, das sie selbst als postmodern bezeichnet werden können.

Aufbau der Arbeit und Grenzen des Themas

Bei der fast unermesslichen Fülle von Literatur, die vor allem die deutsche philosophische Forschung den Arbeiten von Friedrich Nietzsche gewidmet hat, fällt es sehr schwer, dieses Thema zu begrenzen. Für die Aufgabe dieser Arbeit, die Geschichtsphilosophie Benedetto Croces mit der Friedrich Nietzsches zu vergleichen, halte ich es für sinnvoll, zu den Quellen zurückzukehren und die Schriften beider Philosophen unbelastet von vorgegebenen Interpretationen zu betrachten. Das hat auch den Vorteil, dass dem Thema damit gewisse Grenzen gesetzt werden, da eine Diskussion der bestehenden Interpretationen nur zum Teil notwendig ist.

Für die von mir beschriebene Zeit im Leben Friedrich Nietzsches ist besonders seine Beziehung zu Jakob Burckhardt sehr wichtig. Es gibt nicht nur unzählige Biografien Friedrich Nietzsches sondern auch eine große Anzahl von Büchern, die die Frage der Beziehung zwischen Nietzsche und Burckhardt behandeln. Dabei steht immer wieder der gegenseitige Einfluss beider Denker im Mittelpunkt. Da Nietzsche unter anderem auch versuchte, sich vom Geschichtsdenken Jakob Burckhardts abzusetzen, ist Jakob Burckhardts Denken für dieses Thema relevant.

Grenzen für die Geschichtsphilosophie Benedetto Croces zu finden, wird dagegen aus zwei Gründen einfacher sein. Die Geschichtsphilosophie Croces wird in den bestehenden Interpretationen immer wieder mit der Geschichtsphilosophie Hegels verglichen. Croce selber lehnte die Geschichtsschreibung Hegels ab. Ich möchte dieser Auffassung Croces folgen und ihn stattdessen mit Friedrich Nietzsche vergleichen. Zum anderen wird das Thema auch von den Publikationen Croces begrenzt. „Die Geschichte als Gedanke uns als Tat“ ist in einer Zeit erschienen, in der Benedetto Croce gespalten war in seine überlegten Ansichten als Privatgelehrter und seine unter Mussolini stark beschränkten Ambitionen als liberaler Politiker. Ein Teil dieser Spaltung wird auch in seiner Abhandlung sichtbar. Die politischen Ambitionen Croces sind dabei für unser Thema nur sehr eingeschränkt relevant.

Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der postmodernen Geschichtsphilosophie. Die Publikationen zu diesem Thema sind kaum noch überschaubar. Die Frage der Narrativität verbindet die Philosophie mit den Literaturwissenschaften und der Geschichte. Um das Thema überschaubarer zu machen, werden die Kunstbegriffe Croces und Nietzsches das Leitmotiv meiner Untersuchungen darstellen. Ich werde einige Ansätze auswählen und mit Hilfe dieser Ansätze die Bedeutung der Narrativität für die postmoderne Geschichtsphilosophie beleuchten. Besonders intensiv werde ich mich dem Ansatz Hayden Whites widmen, da seine Überlegungen die geschichtsphilosophische Diskussion der letzten 30 Jahre sehr geprägt haben. Es wäre eine weitere Magisterarbeit nötig, um den ganzen Ansatz Whites vorzustellen und ihn mit der ihm gebührenden Aufmerksamkeit zu diskutieren[2]. Ich erachte es nicht für notwendig, Whites Kritik an der Geschichtsphilosophie und der Geschichtsforschung des neunzehnten Jahrhunderts dezidiert wiederzugeben, obwohl White speziell auf die Konzepte Benedetto Croces und Friedrich Nietzsches eingeht. Ich werde nur einen sehr kleinen Ausschnitt aus seinem Buch „Metahistory“ auswählen, der mir geeignet scheint, die Spuren Nietzsches und Croces zu verfolgen.

Erster Teil: Die Geschichtsphilosophie Friedrich
Nietzsches und Benedetto Croces im Vergleich

1.1 Friedrich Nietzsche: „Vom Nutzen und Nachtheil der
Historie für das Leben“

1.1.1 Umstände der Entstehung des Werkes

„Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben“ zählt zu den Frühwerken Friedrich Nietzsches. Die auch als zweite unzeitgemässe Betrachtung bekannte Schrift erschien im Jahr 1874. Friedrich Nietzsche hatte den Text im Herbst 1873 verfasst. Am 21.11.1873 schrieb er an Erwin Rohde in Kiel:

„... letz<t>ere angeht, so komme ich vorwärts mit der Nr. 2 der Zeitungemässheit; wünsche mir für die nächsten Wochen Heiterkeit und die Stimmung, die ich jetzt habe, so bin ich fertig.“[3]

Zu Jahreswechsel 1873/74 hatte er die Arbeit an diesem Werk beendet, er schreibt wiederum an Erwin Rohde:

„Meine zweite Unzeitgemässheit ... ist im Druck, ... .“[4]

Seit 1869 ist Friedrich Nietzsche außerordentlicher Professor für Altphilologie an der Universität Basel. Jakob Burckhardt unterrichtet zur selben Zeit wie Nietzsche in Basel[5], und auch wenn sich Nietzsche auf seine Werke nicht so ausdrücklich bezieht wie Benedetto Croce später[6], ist der Einfluss, den Burckhardts Schaffen auf das Werk Nietzsches ausübt, doch deutlich zu spüren. Die Beziehung der beiden Männer wird in den meisten Büchern als freundschaftlich dargestellt. Als Nietzsche seine zweite unzeitgemässe Betrachtung zu Beginn 1874 veröffentlicht und sich dabei von den Ideen Jakob Burckhardts löst, zieht dieser sich jedoch zurück.[7]

Deutlich ist auch der Einfluss Richard Wagners auf den jungen Friedrich Nietzsche. Dieser hatte den Komponisten im Jahre 1868 kennen gelernt und alle Biographen sind übereinstimmend der Meinung, dass Wagner (und dessen junge Geliebte) einen tiefen Eindruck bei Friedrich Nietzsche hinterlassen haben. Nietzsche kann sich für Wagners Projekt begeistern, Festspiele für dessen Werke zu veranstalten, und so sieht Wagner in Nietzsche einen Sympathisanten und Helfer für seine Pläne. Nietzsches Begeisterung für Wagner wird sehr deutlich in seiner ersten großen Veröffentlichung „Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik“. Doch zur Zeit des Erscheinens der zweiten unzeitgemäßen Betrachtung löst sich die Verbindung zu Wagner bereits wieder, da Nietzsches Ansprüche an die Rolle, die er im geistigen Leben des deutschsprachigen Raumes spielen möchte, nicht übereinstimmen mit Wagners Plänen.[8]

Den großen politischen Ereignissen seiner Zeit stand Friedrich Nietzsche eher kritisch gegenüber. Er hatte für sehr kurze Zeit, nur einige Wochen, am deutsch-französischen Krieg teilgenommen. In seiner ersten unzeitgemässen Betrachtung äußert er sich zu diesem Krieg und der daraus folgenden Vereinigung Deutschlands, die geradezu eine Welle der Euphorie über Deutschland ausbreitet, sehr kritisch. Nietzsche fürchtet, dass mit dem Sieg über die Franzosen ein Niedergang der deutschen Kultur einherginge:

„Von allen schlimmen Folgen aber, die der letzte mit Frankreich geführte Krieg hinter sich dreinzieht, ist vielleicht der schlimmste ein weitverbreiteter, ja allgemeiner Irrtum: der Irrtum der öffentlichen Meinung und aller öffentlich Meinenden, daß auch die deutsche Kultur in jenem Kampfe gesiegt habe und deshalb jetzt mit den Kränzen geschmückt werden müsse, die so außerordentlichen Begebnissen und Erfolgen gemäß seien. Dieser Wahn ist höchst verderblich: nicht etwa weil er ein Wahn ist - denn es gibt die heilsamsten und segensreichsten Irrtümer – sondern weil es imstande ist, unseren Sieg in eine völlige Niederlage zu verwandeln: in die Niederlage, ja Exstirpation des deutschen Geistes zugunsten des »deutschen Reiches«“.[9]

Seine eigene Rolle sieht Nietzsche als öffentlicher Lehrer und Publizist. Er möchte der Lehrer der öffentlichen Meinung und Bildung sein. Dieses wird in seinen Niederschriften in der ersten Hälfte der 70-ziger Jahre deutlich. In seinem Nachlass finden sich Fragmente zur Zukunft der Bildungsanstalten, in denen Nietzsche Gedanken über seine Vorstellung von Universitäten und Schulen niederschreibt.[10]

Ordnet man die zweite unzeitgemässe Betrachtung in das Gesamtwerk Nietzsches ein, so ist folgendes festzustellen:

1. Nietzsche manifestiert hier seinen Anspruch, einen Lehrer und Publizist der öffentlichen Meinung darzustellen. Er möchte nicht länger nur Professor für Altphilologie an der Universität Basel sein, sondern mit seinen Publikationen zusätzlich ein breiteres Publikum „belehren“.
2. Mit der zweiten unzeitgemässen Betrachtung erweitert er seine dezidierte Bildungskritik. Er hat dieses Konzept bereits in die erste unzeitgemässe Betrachtung aufgenommen, in dem er David Strauss als einen „Bildungsphilister“ beschreibt. In „Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben“ bezieht er diese Kritik ausdrücklich auf die historische Bildung seiner Zeit.
3. Er kritisiert nicht nur die Bildung sondern auch eine Überheblichkeit der deutschen Kultur, die seiner Meinung nach das Ergebnis des Sieges im deutsch-französischen Krieg ist.

1.1.2 Inhalte und Kernpunkte des Werkes

In Anbetracht der vielen Werke, die unter vielen verschiedenen Gesichtspunkten interpretierend über die Geschichtsphilosophie Friedrich Nietzsches geschrieben worden sind, würde ich das Werk Nietzsches als vielschichtig beschreiben. Wenn ich die Fakten und Ideen Nietzsches hier ein weiteres Mal ausbreite, so kommt es mir darauf an, seine Geschichtsphilosophie der Benedetto Croces vergleichbar zu machen und seine Theorien in einen postmodernen Kontext einfügen zu können.

Die drei Kernpunkte dieser Arbeit sind folgende:

- die schon erwähnte Kritik an der „historischen Krankheit“ in Deutschland des ausgehenden 19. Jahrhundert,
- die Auseinandersetzung mit der Geschichtsphilosophie Georg Friedrich Wilhelm Hegels und der Entwurf einer Geschichtsphilosophie entgegen der Hegels (Nietzsche stellt nicht mehr den Geist in den Mittelpunkt des historischen Geschehens, sondern vielmehr ist für ihn „der Wille zum Leben“ Kernpunkt seiner Geschichtstheorie.)
- die Sublimierung der Geschichtsphilosophie auf eine künstlerische Ebene und die Vorstellung einer Geschichtsschreibung auf dieser Basis.

Unzeitgemäss ist diese Abhandlung wegen „der Dekonstruktion und Umwertung dessen, was den Stolz der Zeit ausmacht: der historischen Bildung “hier einmal als Schaden, Gebreste und Mangel der Zeit“ verstanden[11].

Die Absicht seiner Abhandlung beschreibt Nietzsche gleich im ersten Absatz, hier erklärt er den Platz, den die Historie einnehmen soll.

„In derselben (der vorliegenden Abhandlung d. Verf.) soll nämlich dargestellt werden, warum Belehrung ohne Belebung, warum Wissen, bei dem die Thätigkeit erschlafft, warum Historie als kostbarer Erkenntniss-Ueberfluß und Luxus uns ernstlich, nach Goethes Wort, verhasst sein muss – deshalb, weil es uns noch am Nothwendigsten fehlt, und weil das Ueberflüssige der Feind des Nothwendigen ist. Gewiss, wir brauchen die Historie, aber wir brauchen sie anders, als sie der verwöhnte Müssiggänger im Garten des Wissens braucht, mag derselbe auch vornehm auf unsere derben und anmuthlosen Bedürfnisse und Nöthe herabsehen. Das heisst, wir brauchen sie zum Leben und zur That, nicht zur bequemen Abkehr vom Leben und von der That, oder gar zur Beschönigung des selbstsüchtigen Lebens und der feigen und schlechten That. Nur soweit die Historie dem Leben dient, wollen wir ihr dienen: aber es giebt einen Grad, Historie zu treiben, und eine Schätzung derselben, bei der das Leben verkümmert und entartet: ein Phänomen, welches an merkwürdigen Symptomen unserer Zeit sich zur Erfahrung zu bringen jetzt eben so nothwendig ist, als es schmerzlich sein mag.“[12]

Nietzsche fährt fort, indem er beschreibt, was seiner Meinung nach Glück ist: das Glück des Tieres und des Kleinkindes. Beide sind sich der Bedeutung der Vergangenheit und des Wortes „es war“ nicht bewusst: das Tier, weil es vergessen kann, das Kleinkind, weil es die Bedeutung dieser Worte noch nicht kennt. Das Glück, so schreibt er, ist:

„,...das Vermögen während einer Dauer unhistorisch zu empfinden. Wer sich nicht auf der Schwelle des Augenblicks, alle Vergangenheiten vergessend niederlassen kann, wer nicht auf einem Punkte wie eine Siegesgöttin ohne Schwindel und Furcht zu stehen vermag, der wird nie wissen, was Glück ist;...“[13]

Glück und Handeln sind somit nur in der Gegenwart möglich, das Vergessen ist allgemeine Bedingung des Lebens.[14] Dabei konstatiert er gleichzeitig, dass es das Erinnern ist, dass den Mensch vom Tier unterscheidet. Hier beginnt Nietzsches Theorie, dass es einen Überfluss von Erinnerungen gibt, die dem Leben zum Nachteil gereichen. Wie stark dieses Vergessen für den Einzelnen notwendig sei, macht Nietzsche von dessen psychischer Konstitution abhängig:

„Es giebt Menschen, die ... an einem einzigen Erlebnis, an einem einzigen Schmerz, oft zumal an einem einzigen zarten Unrecht, wie an einem ganz kleinen blutigen Risse unheilbar verbluten; es giebt auf der anderen Seite solche, denen die wildesten und schauerlichsten Lebensunfälle und selbst Thaten der eigenen Bosheit so wenig anhaben, dass sie es mitten darin oder kurz darauf zu einem leidlichen Wohlbefinden und zu einer Art ruhigen Gewissens bringen.“[15]

Um einen Zustand des Vergessens, der dem Leben dient zu erreichen, so Nietzsche, ist es notwendig, das Historische mit dem Unhistorischen zu vereinen. Dies gelte nicht nur für das Individuum, sondern gleichsam für eine ganze Kultur und ein ganzes Volk. Hier entsteht ein Gradmesser für den Nutzen oder Nachteil der Historie für das Leben, die „plastische Kraft“, die es vermag, „aus sich heraus eigenartig zu wachsen, Vergangenes und Fremdes umzubilden und sich einzuverleiben, Wunden auszuheilen, Verlorenes zu ersetzen, zerbrochene Formen aus sich nachzuformen.“[16]

Dabei beschreibt Nietzsche das Unhistorische als eine Hülle, die den Menschen umschließt, indem er jenes Unhistorische einschränkt und aus dieser Einschränkung die Historie macht. Gleichsam ist die Historie ein Horizont der so individuell ist wie das Maß des Unhistorischen, welches das Individuum benötigt.

Jede große historische Tat, so Nietzsche, ist in der Hülle des Unhistorischen entstanden, aus der Liebe des Menschen zu seinen Taten. Der Mensch kenne im Augenblick seiner Handlung nur das Recht des Gegenwärtigen.

„Mit dem Wort »das Unhistorische« bezeichne ich die Kunst und die Kraft vergessen zu können und sich in einen begrenzten Horizont einzuschliessen; »überhistorisch« nenne ich die Mächte, die den Blick von dem Werden ablenken, hin zu dem, was dem Dasein den Charakter des Ewigen und Gleichbedeutenden giebt, zu Kunst und Religion.“[17]

Der Mensch, der sich diesem Wechselspiel von Historie und Unhistorie entziehen kann, und es vermag, die Geschichte vom unhistorischen Standpunkt aus zusehen, dieser, so Nietzsche, wäre als überhistorisch zu bezeichnen. Seine Kritik an diesen überhistorischen Menschen ist gleichzeitig ein Schlag gegen die Geschichtslehre Burckhardts. Ist Nietzsche in seiner Kritik auch nicht so offen und formuliert er sie auch nicht so zugespitzt wie später Benedetto Croces, der in seiner Schrift sowohl Burckhardt als auch dessen Lehrer Leopold Ranke ein ganzes Kapitel widmet, so ist seine Kritik doch in sofern explizit, als dass Burckhardt ein Lehrer der traditionell-positivistischen Geschichtswissenschaft war.

1.1.2.1 Drei Arten der Geschichtsbetrachtung

Nietzsche beginnt an dieser Stelle mit seiner berühmt gewordenen Unterscheidung dreier Arten der Geschichtsschreibung:

a) Monumentale Geschichtsschreibung:

Ein monumentaler Geschichtsschreiber interessiert sich für die großen Zusammenhänge der Geschichte. Er sammelt diese „großartigen“ Fakten und befreit sie von allem „Dreck“ des Niederen Die Vorbilder seines Handeln sind Menschen wie Cäsar, Napleon oder Bismarck. Nietzsche warnt aber auch vor den Gefahren einer derartigen Geschichtsschreibung, die Vergangenheit werde sublimiert und die schlechten und niederen Teile einfach vergessen oder unter den Teppich gekehrt. Böse Geister hätten monumentale Historie benutzt, um die Geschichte zu verdrehen, Kriege zu rechtfertigen und die Massen nach ihrem Gutdünken zu beeinflussen.[18] Sollte diese monumentale Geschichtsschreibung aber in die Hände der „Ohnmächtigen Untätigen“ gelangen? Nietzsche entwirft folgendes Szenario:

„Denen wird der Weg verlegt; denen wird die Luft verfinstert, wenn man ein halb begriffenes Monument irgendeiner grossen Vergangenheit götzendienerisch und mit rechter Beflissenheit umtanzt, als ob man sagen wollte: »Seht das ist die wahre und wirkliche Kunst: was gehen Euch die Werdenden und Wollenden an?«“[19]

Die monumentale Geschichtsschreibung versucht aus dem Großen aller Zeiten eine einheitliche Geschichte zu machen. Sie versucht eine nicht existierende Kontinuität von Herrschergeschlechtern und eine Unvergänglichkeit „großer Zeiten“ zu konstruieren.[20] Nietzsche soll bei der Beschreibung den Historiker Friedrich Schiller vor Augen gehabt haben.[21]

b) Antiquarische Geschichtsschreibung:

Ein antiquarischer Geschichtsbetrachter sammelt alle Fakten, derer er habhaft werden kann. Nietzsche beschreibt das Szenario so:

„Dann erblickt man wohl das widrige Schauspiel einer blinden Sammelwut, eines rastlosen Zusammenscharrens alles einmal Dagewesenen.“[22]

Ohne sie kritisch zu werten, betrachtet er die Fakten und konserviert sie für alle Zeiten. Historiker dieser Art kann man als Laienhistoriker in Heimat- oder Geschichtsverbänden finden. Auch hier konstruiert Nietzsche wie schon bei der monumentalen Geschichtsschreibung eine Verbindung zur Kunst. Die antiquarische Geschichtsschreibung bedürfe keiner Kunst, sie sei die „einfache“ Geschichte der ländlichen Bevölkerung. Die antiquarische Geschichtsschreibung hat eine sehr beschränkte Sicht der Dinge, die sich aus ihrer unkritischen Sichtweise ergibt. Nietzsche beschreibt sie als „gelehrtenhafte Gewöhnung“, die sich „egoistisch-selbstgefällig um ihren eigenen Mittelpunkt“ dreht.[23] Auch hier warnt er vor den Gefahren dieser Art der Geschichtsbetrachtung. Die Kritiklosigkeit, die alles Alte ungewichtet übernehme und jedem auch noch so unwichtigen Fakt mit der gleichen Ehrfurcht begegne, führt zu einer Verzerrung der Geschichte.

Salin behauptet, dass Nietzsche sich bei der Beschreibung des antiquarischen Geschichtsbetrachters auf Jakob Burckhardt bezogen habe. Diese Aussage bezieht er wohl aus der Tatsache, dass Burckhardt Basel und seiner Umgebung sehr verbunden war und sich eher mit den schweizerischen Bergbauern als mit der Basler Bildungselite abgab, aber diese Annahme muss als spekulativ betrachtet werden.[24]

c) Kritische Geschichtsschreibung

Geschichtsschreibung im Dienste des Lebens, Nietzsches Postulat expressis verbis. Bei der kritischen Geschichtsschreibung formuliert Nietzsche seine Forderung, wie Geschichte seiner Ansicht nach geschrieben werden sollte, ganz explizit.

Dazu sei es nötig, dass der Mensch „die Vergangenheit zerbreche und auflöse um in ihr leben zu können.“ Dies werde durch eine kritische Sicht der historischen Fakten ermöglicht. Gesichtet werden diese Fakten aber nicht von der Gerechtigkeit, sondern vom Leben allein. In einer Art Gericht richtet das Leben über die Geschichte, befreit sich damit vom Ballast des Vergangenen. Nur so kann der Mensch die unhistorischen Momente erlangen, die er zum Glück benötigt.

Christian Lipperheide beschreibt den Lebensbegriff Nietzsches in seinen frühen Werken. Zum einen ein quasi „natürliches“ Leben, dass von Instinkten im ursprünglich biologischen Sinn regiert wird. Es ist nicht historisch und unbeeindruckt von Wissen um die Vergangenheit und besitzt keine Fähigkeit zum geschichtlichen Bewusstsein und zum zukunftsorientierten Handeln. Diese unhistorische Seite des Lebens setzt Lipperheide gleich mit der dionysischen Atmosphäre. Aber auch hier folge Nietzsche seiner Dialektik und setzt der dionysischen Seite die apollinische entgegen, welche die unhistorische Atmosphäre zerbreche und als historischer Gestaltungswillen den anderen Lebensbegriff bilde. Der Mensch als historisches Wesen und als Gestalter des Lebens.[25]

Ich persönlich begegne dieser Theorie mit einer gewissen Skepsis, da sich das für die Philosophie Nietzsches so prägende Begriffspaar des apollinischen und des dionysischen samt der dazugehörenden Dialektik erst später herausbildete. Nietzsche konstatiert, dass alle drei Arten der Geschichtsbetrachtung durchaus ihre Berechtigung haben, je nach Anlass und Erfordernis. Er betont dabei ein weiteres Mal, dass die Historie aber dem Leben dienen muss, dass geschichtliche Erkenntnis nicht um ihrer selbst willen angestrebt werden soll.

1.1.2.2 Bildungskritik und Objektivität in der Geschichte

Hier ist Nietzsche am eigentlichen Punkt seiner Abhandlung angelangt, an der Kritik der historischen Bildung seiner Zeit.[26] Er beschreibt diese wie folgt:

„Unsere moderne Bildung ist eben deshalb nichts Lebendiges, weil sie ohne jenen Gegensatz sich gar nicht begreifen lässt, das heißt: sie ist keine wirkliche Bildung, sondern nur eine Art wissen um die Bildung, es bleibt in ihr bei dem Bildungs-Gedanken, bei dem Bildungs-Gefühl, es wird kein Bildungs-Entschluß daraus.“[27]

Der moderne Mensch,[28] so schreibt Nietzsche, trage eine große Masse unverdaulichen Geschichtswissens mit sich herum, das eigentlich zu nichts nütze sei. Er würde dadurch eher zu einem wandelnden Lexikon als zu einem gebildeten Menschen. Die Deutschen seien durch die Historie verdorben und somit seien alle Hoffnungen auf eine kommende einheitliche Nationalkultur zerstört.

„Die historische Bildung und der bürgerliche Universal-Rock herrschen zu gleicher Zeit. Während noch nie so volltönend von der »freien Persönlichkeit« geredet worden ist, sieht man nicht einmal, Persönlichkeiten, geschweige denn freie, sondern lauter ängstlich verhüllte Universal-Menschen. Das Individuum hat sich ins Innerliche zurückgezogen:...“[29]

Nietzsche sorgt sich nicht nur um die historische Bildung sondern auch um die Philosophie, dass sie in einer Zeit der falschen historischen Bildung missverständlich angewandt werden könne.

„In welche unnatürlichen, künstlichen und jedenfalls unwürdigen Lagen muss in einer Zeit, in der die allgemeine Bildung leidet, die wahrhaftigste aller Wissenschaften, die ehrliche nackte Göttin Philosophie geraten?... Niemand darf es wagen, das Gesetz der Philosophie an sich zu erfüllen, Niemand lebt philosophisch, mit jener einfachen Mannestreue, die einen Alten zwang, wo er auch war, was er auch trieb, sich als Stoiker zu gebärden, falls er der Stoa einmal die Treue zugesagt hatte. Alles moderne Philosophiren ist politisch und polizeilich, durch Regierungen, Kirchen, Akademien, Sitten und Feigheiten der Menschen auf den gelehrten Anschein beschränkt;...“[30]

[...]


[1] Fellmann, Ferdinand: Einleitung, in: Croce, Benedetto: Die Geschichte auf den allgemeinen Begriff der Kunst gebracht, Hamburg 1980, S. XVII.

[2] So geschehen in: Taralon, Sven: Narrativität und Geschichtlichkeit, Magisterarbeit der Universität Erlangen-Nürnberg 1998.

[3] KSB 4, 330, 7 ff.

[4] ebd. 338, 29 ff.

[5] Über das Verhältnis zwischen Friedrich Nietzsche und Jakob Burckhardt ist viel geschrieben worden, dass sich zum Teil seriöser zum Teil weniger seriös liest. In den fünfziger Jahren war es vor allem Edgar Salin, der auf diesem Gebiet forschte. Weniger menschliche als viel mehr wissenschaftliche Bezüge stellt Hartmut Schröter in seinem Werk Historische Theorie und geschichtliches Handeln, Mittenwalde 1982 her.

[6] Ich werde auf diese Beziehung in späteren Kapiteln noch zurückkommen.

[7] Gehardt, Volker: Friedrich Nietzsche, München 1992, S.34 ff. Schnädelbach, Herbert: Geschichtsphilosophie nach Hegel, Freiburg u.a. 1974, S. 76 ff., siehe auch Kaufmann, Walter: Nietzsche. Philosoph- Psychologe- Antichrist, Darmstadt 19824.

[8] Gerhardt 1974, 41 ff.

[9] 1.UB I, 13 ff.

[10] N, 14, 10 ff.

[11] Lipperheide, Christian: Nietzsches Geschichtsstrategien. Die rhetorische Neuorganisation der Geschichte, Würzburg 1999, S. 59.

[12] NNH Vorwort, 245, 6 ff.

[13] NNH 1, 250, 8 ff.

[14] Vgl. Schnädelbach, Herbert: Geschichtsphilosophie nach Hegel. Die Probleme des Historismus, München 1974, S. 79 ff. Das Motiv des Glückes im Augenblick ist prägend für die Geschichtsphilosophie Friedrich Nietzsches. Ähnlich wiederholt er es in: Also sprach Zarathustra 4, 31. Zitiert nach: Brose, Karl 1994, S. 40.

[15] NNH 1, 251, 8 ff.

[16] Nach Schnädelbach 1974, S. 80.

[17] NNH 10, 330, 6 ff.

[18] Man denke hier an Adolf Hitler und seine Instrumentalisierung der „Dolchstoßlegende“, die schon 1918 von der obersten Heeresleitung (Ludendorff, Hindenburg) benutzt wurde, um die Niederlage im ersten Weltkrieg zu begründen.

[19] NNH, 2, 263, 15 ff.

[20] Brose 1994, S. 30.

[21] Vgl. Salin, Edgar: Vom deutschen Verhängnis. Gespräch an der Zeitenwende: Burckhardt-Nietzsche, Hamburg 1959, S.86. So ganz unbegründet ist dieser Vergleich nicht. Betrachtet man einmal Schillers Antrittsvorlesung für eine Geschichtsprofessur an der Universität Jena im Juni 1789, findet man einen Vergleich zu dem hier beschriebenen Bild, des monumentalen Historikers. Schiller, Friedrich: Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte, in: Dann, Otto (Hrsg.): Friedrich Schiller: Historische Schriften und Erzählungen Bd. I, Frankfurt Main 2000.

[22] NNH 3, 226.

[23] Nach: Lipperheide 1999, S. 75.

[24] Salin 1959, S. 86.

[25] Lipperheide 1999, S. 77.

[26] Die Curriculi der deutschen Schulen in der Mitte des 19. Jahrhunderts sind schwer zu fassen. Für die preußischen Schulen hatten die Reformen des Freiherrn von Stein Anfang des Jahrhunderts einige Veränderungen mit sich gebracht. Ziel der preußischen Könige und deutschen Kaiser war es zumeist Politisches aus der Schule herauszuhalten. Am 1. Mai 1889, gab es einen Erlass des Kaisers Wilhelms II., der sich auf den Geschichtsunterricht in den Schulen bezog. Dieser hatte drei Schwerpunkte: 1. Das Ende des Geschichtsunterrichts sollte kurz vor der unmittelbaren Zeit sein. 2. Für die Geschichte des 19. Jh. sollte vor allem die staatliche Sozialpolitik betont werden. 3. Der Geschichtsunterricht sollte zur Festigung der bestehenden Herrschafts- und Sozialordnung beitragen. Vgl. Günther-Arndt, Hilke: Monarchische Präventivbelehrung oder Curriculare Reform, in: Jeismann, Karl-Ernst (Hrsg.): Bildung, Staat, Gesellschaft im 19.Jahrhundert, Stuttgart 1989, S. 256 ff.

Für die sächsischen Schulen ist am Elitegymnasium St. Afra bereits für das letzte Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts Geschichtsunterricht nachgewiesen. Da das Gymnasium Schulpforta, wo Nietzsche zur Schule ging, ein ähnliches Renommé wie St. Afra genoss, dürfte auch Nietzsche Geschichtsunterricht gehabt haben. Fernerhin hat ihm der intensive Griechisch- und Lateinunterricht wohl auch gute Einblicke in die griechisch-römische Geschichte verschafft.

[27] NNH 4, 273, 4 ff. Mit Gegensatz bezeichnet Nietzsche hier den Unterschied zwischen historisch und unhistorisch.

[28] Wenn hier vom modernen Menschen die Rede ist, so darf nicht vergessen werden, dass es sich hierbei um den Menschen der zweiten Hälfte des 19. Jh. handelt.

[29] NNH 5, 281, 11 ff.

[30] NNH 5, 282, 1 ff. Hier ist sehr deutlich der Einfluss des Altphilologen Friedrich Nietzsche auf den Philosophen Friedrich Nietzsche zu spüren. Karl Brose und Helmut Schröter haben den Einfluss der griechischen Philosophie auf das Werk Nietzsches untersucht. Schröter geht dabei von Homers klassischer Dichtung aus und stellte eine Beziehung zur Geschichtsphilosophie Friedrich Nietzsches her. Diese Beziehungen zu erörtern würde den Rahmen dieser Arbeit eindeutig sprengen. Vgl. Schröter, Hartmut: Historische Theorie und geschichtliches Handeln. Zur Wissenschaftskritik Nietzsches, Mittenwald 1982.

Karl Brose kümmert sich kurz um das Verhältnis Nietzsches zur Antike und verweist auf Nietzsches Kritik am christlichen Bild der Antike, womit dieser sicherlich ein Wegbereiter der modernen Interpretation der Antike war. Vgl.: Brose, Karl: Geschichtsphilosophische Strukturen im Werk Nietzsches, Frankfurt 1973, S.6 ff.

Ende der Leseprobe aus 78 Seiten

Details

Titel
Zwei Auffassungen von Geschichtsphilosophie: Benedetto Croce und Friedrich Nietzsche
Hochschule
Technische Universität Chemnitz
Note
1,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
78
Katalognummer
V75067
ISBN (eBook)
9783638689861
ISBN (Buch)
9783638695114
Dateigröße
679 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zwei, Auffassungen, Geschichtsphilosophie, Benedetto, Croce, Friedrich, Nietzsche
Arbeit zitieren
Franziska Bollow (Autor:in), 2005, Zwei Auffassungen von Geschichtsphilosophie: Benedetto Croce und Friedrich Nietzsche, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/75067

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