Der Mensch als Handelsware

Menschenhandel in der BRD zwischen den Jahren 2000 und 2004


Seminararbeit, 2006

26 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition „Menschenhandel“
2.1. Definition nach der Brockhaus-Enzyklopädie
2.2. Definition nach dem Strafgesetzbuch
2.3. Andere Definitionen

3. Allgemeine Angaben
3.1. Menschenhandel als Delikt
3.2. Lagedarstellung

4. Tatzeit

5. Tatort

6. Tatopfer
6.1. Herkunft
6.2. Geschlecht und Alter
6.3. Ursachen
6.4. Tathergang

7. Tatverdächtige
7.1. Allgemeines
7.2. Statistik
7.3. Nationalität

8. Die Schlepperrouten
8.1. Die Ostroute
8.2. Die Südostroute
8.3. Die Südroute
8.4. Die Maghreb-Route

9. Problematiken in der Strafverfolgung

10. Fazit

11. Literaturverzeichnis

Erklärung zur Hausarbeit

1. Einleitung

Hört oder liest man die Worte Menschenhandel oder Sklaverei, so denkt man zunächst einmal an vergangene Zeiten. Das Bewusstsein, wie aktuell und gegenwärtig diese beiden Begriffe sind, fehlt. Menschenhandel gilt als einer der schlimmsten Verstöße gegen die Menschenrechte und obwohl dagegen vorgegangen wird, kann er an jedem Ort und zu jeder Zeit passieren.

Allerdings ist das Thema an sich und auch die oft damit verbundene Prostitution in Deutschland immer noch ein Tabu, über das in der Öffentlichkeit kaum besprochen wird.

Dies ist insofern nicht verwunderlich, weil kaum ein „Freier“ zugeben möchte, dass er gelegentlich die Dienste einer Prostituierten in Anspruch nimmt, geschweige denn darüber nachdenkt, ob die Frauen eventuell dem Menschenhandel zum Opfer gefallen sein könnten. Trotzdem sind es täglich rund 1.000.000 Männer, die sich ihre „Liebe“ in Bordellen und Clubs erkaufen (Rat für Kriminalitätsverhütung in Schleswig-Holstein 1997: 3).

Offiziell sind in der Bundesrepublik 60.000 Frauen als Prostituierte registriert. Schätzungen zufolge arbeiten allerdings rund 400.000 als Huren. Die Einnahmen aus dem Rotlichtmilieu werden auf 6 bis 35 Milliarden Euro geschätzt (vgl Flormann 1997: 50). Die deutsche Polizei schätze im Jahr 2000 die Einnahmen von einer jungen russischen Prostituierten auf rund 7000 Euro im Monat von denen etwa 6000 Euro an den Zuhälter abzugeben sind (Arlacchi 2000: 105). Der Menschenhandel ist also nur für Zuhälter und Hintermänner ein lukratives Geschäft, da die Prostituierten nur einen Bruchteil ihrer Einnahmen behalten dürfen.

Um immer für neuen „Nachschub“ zu sorgen, werden jährlich geschätzte 500.000 Frauen zwecks sexueller Ausbeutung in die EU-Länder geschleust, davon allein 200.000 von Ost- nach Westeuropa (vgl. terre-des-hommes.de/content/materialien/download/index.htm?&action=details&id=24). Auch die Schlepperbanden verdienen dabei in Europa jährlich zwischen 7 und 13 Milliarden Euro durch die Ausbeutung und Versklavung von Frauen (vgl. mtvexit.org/mtv3/articlehome.jsp?articlerow=283&langid=3&sectionid=

1&sectionrow=549&articleid=2).

Die mittlerweile offenen Grenzen in Europa machen es den Schleusern relativ leicht, neue Frauen in die Bordelle und Clubs nach Deutschland zu bringen. Entweder, dass die Opfer heimlich in die BRD oder als Touristinnen mit einem begrenzten Visum einreisen oder dass sie kurz vor der Einreise einen Deutschen heiraten und dadurch ohne größere Hindernisse eine unbegrenzte Aufenthaltsgenehmigung erhalten.

Im Zusammenhang mit dem Thema Menschenhandel wird oft über die Freiwilligkeit der Frauen diskutiert. Häufig wird behauptet, dass die meisten der ausländischen Frauen gewusst haben, worauf sie sich einlassen, was sie in Deutschland erwartet und dass sie freiwillig gekommen seien. Diese Aussage ist sehr kritisch zu sehen, denn viele Frauen hatten meist keine andere Wahl. Die Frauen stammen aus armen Ländern und sind – zumindest in der Realität nicht – gleichberechtigt und finden aus diesem Grund nur sehr selten eine Arbeit. Diese Frauen sehen in der „Flucht“ nach Deutschland eine Möglichkeit der Verbesserung ihrer Lebenssituation und nehmen aus diesem Grund auch eine Arbeit als Prostituierte in Kauf. Ob man in diesem Fall von einer freiwilligen Entscheidung sprechen kann oder eher von einer Wahl zwischen Cholera und Pest, bleibt jedem selbst überlassen.

In der vorliegenden Hausarbeit beschäftige ich mich mit dem Menschenhandel in der Bundesrepublik. Ich möchte herausarbeiten, was sich in der Zeit zwischen 2000 und 2004 verändert hat. Dafür wird zunächst der Begriff Menschenhandel definiert, danach wird das allgemeine Lagebild aufgezeigt werden, dass dann in den einzelnen Kapiteln Tatzeit, Tatort, Tatopfer, Tatverdächtige noch einmal ausführlicher behandelt. In den letzten beiden Kapitel werden die unterschiedlichen Routen der Schlepper nach Deutschland vorgestellt und die Schwierigkeiten bei der Strafverfolgung diskutiert. Ein abschließendes Fazit resümiert der Ergebnisse der Hausarbeit.

Ich beschäftige mich ausschließlich mit dem Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung. Den Aspekt des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft lasse ich aus, da dieser sonst den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen würde.

2. Definition „Menschenhandel“

Schaut man sich die zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema Menschenhandel an, so kann man feststellen, dass es in der Auffassung, was sich unter dem Begriff zusammenfassen lässt, doch große Unterschiede gibt.

2.1. Definition nach der Brockhaus-Enzyklopädie

Unter Frauen- bzw. Mädchenhandel versteht man:

„Das Anwerben, Verschleppen oder Entführen von Frauen und Mädchen zur gewerbsmäßigen Unzucht im Ausland. Der Mädchenhandel wird seit dem 19. Jahrhundert durch private und amtliche Organisationen bekämpft. [...] Da durch das moderne innerstaatliche Strafrecht nicht nur Mädchen oder Frauen, sondern jede Person ohne Rücksicht auf Alter, Geschlecht oder Rasse gegen Anwerben usw. zur gewerbsmäßigen Unzucht geschützt wird, bürgert sich zunehmend der allgemeinere Begriff Menschenhandel ein. [...]“ (Brockhaus 1970: 764)

2.2. Definition nach dem Strafgesetzbuch

Seit dem Jahr 1973 ist der Straftatbestand des Menschenhandels im 13. Abschnitt des Strafgesetzbuches aufgenommen, in dem alle Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung erfasst sind.

Im Juli 1992 wurde vom 26. Strafrechtsänderungsgesetz der §180 StGB so neu gefasst, dass der Mangel, dass das Opfer im Heimatland noch nicht als Prostituierte gearbeitet haben durfte, ausgemerzt wurde (Keidel 1998: 321).

Am 11. Februar 2005 wurden die in den obigen Artikel genannten Straftatbestände des Menschenhandels durch das 37. Strafrechtsänderungsgesetz aufgehoben. Ersetzt wurden sie durch den Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung, den Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft, sowie der Förderung von Prostitution.

㤠232 Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung
(1) Wer eine andere Person unter Ausnutzung einer Zwangslage oder der Hilflosigkeit, die mit ihrem Aufenthalt in einem fremden Land verbunden ist, zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder dazu bringt, sexuelle Handlungen, durch die sie ausgebeutet wird, an oder vor dem Täter oder einem Dritten vorzunehmen oder von dem Täter oder einem Dritten an sich vornehmen zu lassen, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Ebenso wird bestraft, wer eine Person unter einundzwanzig Jahren zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu den sonst in Satz 1 bezeichneten sexuellen Handlungen bringt.
(2) Der Versuch ist strafbar.
(3) Auf Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn
1. das Opfer der Tat ein Kind (§176 Abs. 1) ist,
2. der Täter das Opfer bei der Tat körperlich schwer misshandelt oder durch die Tat in die Gefahr des Todes bringt oder
3. der Täter die Tat gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung solcher Taten verbunden hat, begeht.

(4) Nach Absatz 3 wird auch bestraft, wer
1. eine andere Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch die List zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu den sonst in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten sexuellen Handlungen bringt oder
2. sich einer anderen Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List bemächtigt, um sie zur Aufnahme oder Fortsetzung der Prostitution oder zu den sonst in Absatz 1 Satz 1 bezeichneten sexuellen Handlungen zu bringen.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 1 ist auf Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren, in minder schweren Fällen der Absätze 3 und 4 ist auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu erkennen.

In den neuen Gesetzen ist jeweils die persönliche Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung vor allen Dingen von Mädchen und Frauen geschützt. Durch die neutrale Formulierung mit dem Begriff „Person“ sind die Gesetzestexte allerdings natürlich auch für Jungen und Männer gültig. Es geht darum „ausländische wie deutsche Mädchen vor den mit der Prostitutionsausübung verbundenen Gefahren besser zu schützen“(Flormann 1999: 50). Es spielt dabei keine Rolle, ob das Opfer schon in seiner Heimat als Prostituierte gearbeitet hat oder nicht. Ausschlaggebend ist in erster Linie zum Beispiel, ob es sich um die Ausnutzung einer Hilflosigkeit und die Täuschung über den Umfang der Ausübung der Prostitution oder der Entlohnung handelt.

2.3. Andere Definitionen

Nicht nur im Strafgesetzbuch wird der Begriff Menschenhandel definiert. In anderen Veröffentlichungen verstehen die Verfasser unter Menschenhandel auch den Handel in die Ehe oder beispielsweise den Handel mit Kindern für kinderlose Paare (vgl. Walter 1998: 474). Auch der Handel zum Zweck der Organentnahme, der aufgrund der hohen Nachfrage der Industrieländer nach menschlichen Organspenden entstanden ist, kann zum Menschenhandel gezählt werden.

Auch das Europäische Parlament hat in der Resolution vom 18. Januar 1996 eine Definition aufgestellt. Demnach ist unter Menschenhandel „die illegale Handlung einer Person, die direkt oder indirekt einen Bürger oder eine Bürgerin eines dritten Landes dazu veranlasst, in ein anderes Land einzureisen oder dort zu bleiben, um diesen Menschen durch Täuschung oder jede andere Art von Zwang oder durch Ausnutzung seiner verwundbaren Situation oder rechtlichen Situation auszunutzen“ zu verstehen (zitiert nach Keidel 1998: 321). Auch die Crime Commission der Vereinten Nationen hat im Jahr 2000 Menschenhandel definiert: „Menschenhandel ist die Anwerbung, Beförderung, Verbringung, Beherbergung oder Empfang von Personen durch die Androhung oder Anwendung von Gewalt oder anderen Formen der Nötigung, durch Entführung, Betrug, Täuschung, Missbrauch von Macht oder Ausnutzung besonderer Hilflosigkeit oder durch Gewährung oder Entgegennahme von Zahlungen oder Vorteilen zur Erlangung des Einverständnisses einer Person, die Gewalt über eine andere Person hat, zum Zweck der Ausbeutung“ (www.unodc.org/unodc/en/trafficking_human_beings.html)

In der vorliegenden Hausarbeit habe ich mich auf den Menschenhandel zur sexuellen Ausbeutung konzentriert. Der so genannte „moderne Sklavenhandel“, sowie der Handel in die Ehe, Kinderhandel und Handel mit Organen bleiben hier außen vor, da die Zahlen für diese Arten des Menschenhandels nicht offiziell vorliegen und sonst zudem der Rahmen einer Hausarbeit gesprengt würde.

[...]

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Der Mensch als Handelsware
Untertitel
Menschenhandel in der BRD zwischen den Jahren 2000 und 2004
Hochschule
Johannes Gutenberg-Universität Mainz  (Institut für Soziologie)
Veranstaltung
Organisation und Funktion Schattenwirtschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
26
Katalognummer
V74471
ISBN (eBook)
9783638872034
ISBN (Buch)
9783638872072
Dateigröße
449 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mensch, Handelsware, Organisation, Funktion, Schattenwirtschaft
Arbeit zitieren
Catrin Knußmann (Autor:in), 2006, Der Mensch als Handelsware, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74471

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