Staatstheorien im Vergleich - Der ideale Staat nach Thomas Hobbes und John Locke


Hausarbeit, 2006

21 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Historischer Kontext und Biographien
2.1 Thomas Hobbes
2.2 John Locke

3 Der Gesellschaftsvertrag als das Fundament des Staates
3.1 Der Naturzustand
3.2 Der Gesellschaftsvertrag

4 Die Staatstheorien im Vergleich
4.1 Von der Entstehung der Staaten
4.2 Die innerstaatlichen Machtverhältnisse
4.3 Rechte und Pflichten der Untertanen und Bürger
4.4 Religionen im Staat
4.5 Von der staatlichen Auflösung

5 Fazit

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Ein Problem moderner Staaten vornehmlich demokratischer Natur ist ihre politische Legitimierung. In der Antike galt die Polis als schon immer existent, während im Mittelalter die Herrschaft des Königs als durch Gott bestimmt hingenommen wurde und keiner weiteren Rechtfertigung bedurfte. Im Absolutismus ließen Könige und Fürsten keinen Zweifel aufkommen, wer das Sagen in ihren Domänen hatte. Mit der französischen Revolution von 1789 wurden, von Frankreich ausgehend, die europäischen absolutistischen Herrschaftssysteme demontiert. Damit begann nicht nur die Zeit des modernen Staatswesens, sondern ebenso stellte sich damit die Frage seiner politischen Legitimierung. Heute ist der demokratische Staat die von den meisten Menschen in Europa als natürlich anerkannte Form des Gemeinwesens. Allerdings stellt sich in Zeiten abnehmender politischer Partizipation und nachlassender Wahlbeteiligung die Frage nach weiterer demokratischer Legitimierung dieser Systeme. In der Ideengeschichte sind die Vertragstheorien eine mögliche Form der Bestätigung von politischen Systemen. Zu den ersten und zugleich bedeutendsten Kontraktualisten zählen Thomas Hobbes und John Locke, die mit ihren Theorien wesentlich zur Auflösung des scholastischen Weltbildes jener Zeit beitrugen. Während sich im 17. Jahrhundert in Frankreich der Absolutismus verbreitete, Fürsten in den deutschen Kleinstaaten ihre Macht festigten und die Schrecken des Dreißigjährigen Krieges überwunden wurden, brach in England eine bedeutende Epoche an. Sie war geprägt von starken politischen und religiösen Konflikten, die schließlich in mehreren Bürgerkriegen kulminierten und das Ende der absoluten Monarchie in England bedeuteten.

Doch worin liegen die wesentlichen Unterschiede zwischen der Hobbes’schen und der Locke’schen Staats- und Gesellschaftstheorie? Welche Schlüsse und Konsequenzen können aus ihnen gezogen werden? Diesen und anderen Fragen wird in den folgenden Kapiteln nachgegangen. Grundlage soll die vergleichende Analyse des biographischen und historischen Kontexts beider Staatstheoretiker sein. Weiterhin werden am Beispiel des Hauptwerkes Hobbes’, Leviathan, und des Hauptwerks Lockes, Über die Regierung, das Menschenbild, der Naturzustand sowie der Gesellschaftsvertrag vorgestellt, um dann vergleichend auf die Staatstheorien einzugehen. Abschließend wird ein Fazit gezogen.

2 Historischer Kontext und Biographien

Das 17. Jahrhundert ist in England eine institutionelle und politische Zäsur. Auf dem Kontinent wütet seit 1618 der Dreißigjährige Krieg, der zwar im Namen des Glaubens, tatsächlich aber aufgrund machtpolitischer Interessen der europäischen Staatenwelt geführt wird. Auch England bleibt von diesen Ereignissen nicht unberührt, spiegelt doch die konfessionelle Zerrissenheit Kontinentaleuropas auch die Englands wider (Schwan: 1993: 178-182). Katholiken intrigieren gegen Anglikaner, die sich außerdem noch Puritanern und Kalvinisten gegenübersehen. Ab 1625 sitzt in England der Stuart Karl I. auf dem Thron. Er löst einen Konflikt zwischen Krone und Parlament aus, indem er seine Macht auf Kosten des Parlaments auszubauen sucht und dieses zeitweise sogar auflöst. Gleichzeitig erregt er durch die Heirat einer französischen katholischen Prinzessin die Gemüter der mehrheitlich protestantischen Untertanen. Dieser Machtkampf mündet schließlich 1642 in einen Bürgerkrieg, in dem es nicht nur um den Konflikt zwischen Krone und Parlament, sondern auch um Puritanismus, Anglikanismus, Kalvinismus und Katholizismus geht. Der Bürgerkrieg endet mit einem Sieg des Parlaments unter Oliver Cromwell, der den König 1648 hinrichten lässt und eine Republik unter seiner Führung etabliert. Nach dem Tod Cromwells 1658 gelingt es Karl II., dem Sohn Karl I., im Jahr 1660 nochmals die Krone zu ergreifen. Es beginnt die Zeit der Restauration. 1688/89 wird durch die Glorious Revolution Karl II. gestürzt und eine konstitutionelle Monarchie unter Wilhelm III. errichtet, die bis heute bestand hat (Pfetsch 2003: 125).

Diese relativ kurze aber intensive Phase der englischen Geschichte erleben Thomas Hobbes (1588 – 1679) und John Locke (1632 – 1691). Durch die politischen und religiösen Probleme beeinflusst, beziehen sie in diesem Konflikt unterschiedliche Positionen.

Politische Theorien sind immer eine Antwort auf Krisenzeiten, so auch Hobbes’ und

Lockes Staatstheorien.

2.1 Thomas Hobbes

Über seine Geburt schreibt der am 5. April 1588 in Westport/ Wiltshire geborene Thomas Hobbes, dass seine Mutter Zwillinge geboren habe, ihn die Furcht – me metumques simul. Die Bedrohung Englands durch die spanische Armada versetze seine Mutter angeblich so in Furcht, dass sie vorzeitig gebärt. Die Furcht bleibt ein ständiger Begleiter in Hobbes’ Leben – sie zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biographie und ist wesentlicher Bestandteil seines Menschen- und Herrscherbildes (Ottmann 2006: 267). Hobbes studiert von 1602 bis 1608 in Oxford und tritt anschließend als Hauslehrer in die Dienste der Familie Cavendish ein. Diese Anstellung ermöglicht es ihm, mehrere Jahre durch Europa zu reisen und so auch die Bekanntschaft Galileis zu machen. Dessen wissenschaftliche Methodik übernimmt Hobbes als Arbeitsgrundlage (ebd. 2006: 267). Die Adaption mathematischen Vorgehens auf politische Theoriekonstruktionen fasst Hobbes folgendermaßen zusammen: „Man darf nicht meinen, dass das eigentliche Rechnen nur bei Zahlen stattfindet (….), denn auch Größen, Körper, Bewegungen, Zeiten, Qualitäten, Handlungen, Begriffe, Verhältnisse, Sätze und Worte (….) können addiert und subtrahiert werden.“ (Hobbes 1949: 32-34).

1640 entsteht als Reaktion auf den englischen Verfassungsstreit zwischen König Karl I. und dem englischen Parlament sein Werk Elements of law, natural and politic, in dem er sich für die Rechte des Königs einsetzt und zur Flucht nach Frankreich gezwungen wird. Im Exil verfasst er das 1642 erscheinende De Cive und erlangt erstmals öffentliche Aufmerksamkeit. 1646 wird er Privatlehrer des ebenfalls im französischen Exil lebenden späteren Karl II.. 1651 erscheint in Paris die letzte und reifste Fassung seines Werkes De Cive, der Leviathan. Die negative Resonanz aufgebrachter Royalisten auf dieses Werk veranlasst Hobbes, Paris zu verlassen, um ins republikanische England zurückzukehren (Schwan 1993: 178-179). Dort genießt er sowohl die Unterstützung des herrschenden Cromwells als auch die Karls II. nach dessen Inthronisierung 1660. Trotz Kritik seiner Schriften als atheistisch, wirkt er bis zu seinem Tod 1679 in Ruhe weiter. Im Alter von 91 Jahren, neun Jahre vor der Glorius Revolution , die endgültig das Ende der reinen Monarchie bedeuten und die konstitutionelle Monarchie etablieren wird, verstirbt Thomas Hobbes (ebd. 1993: 180).

2.2 John Locke

John Lockes Lebenslauf scheint auf den ersten Blick dem Thomas Hobbes’ sehr zu ähneln. John Locke wird am 29. August 1632 in Wrington in bescheidenen Verhältnissen geboren und studiert wie Hobbes in Oxford. Locke war naturwissenschaftlich orientiert und betrieb in dieser Richtung, neben Medizin, seine Studien. Seine Erfahrungen mit naturwissenschaftlicher Logik und Methodik werden später, ähnlich Hobbes, Grundlage seiner Theorien. In der Jugend erlebt er den englischen Bürgerkrieg, die Republik unter Cromwell sowie die Restauration der Monarchie. Zunächst steht Locke unter dem Einfluss des 1651 erscheinenden Leviathan und dessen Autors. Zu dieser Zeit bezeichnet sich Locke selber als Royalist. Sein Interesse für die Politik entwickelt er jedoch erst mit der Bekanntschaft Lord Ashleys[1]. Dieser stellt Locke 1667 als Privatarzt und Privatlehrer an und führt ihn in liberale Kreise ein. Fortan ist sein Leben an das Ashleys geknüpft und erhöht seine gesellschaftliche Stellung. So wird Locke 1668 in die Royal Society aufgenommen (Pfetsch 2003: 153-155).

Durchs Ashleys politische Gesinnung als Führer der Whigs wandelt sich Locke vom Royalisten zum glühenden Anhänger der Whigs, dem republikanischen Flügel innerhalb des britischen Parlaments. 1672 wird Shaftesbury zum Lordkanzler ernannt und verschafft Locke einen Posten als Staatssekretär, zunächst für Kirchen-, später für Handelsfragen. Von 1675 bis 1679 reist Locke nach Frankreich und trifft wie Hobbes René Descartes, der bei beiden großen Eindruck hinterlässt. Lockes Leben ist so eng an das seines Gönners Ashley geknüpft, dass er diesem 1683 ins holländische Exil folgt, nachdem eine Verschwörung Ashleys und anderer Oppositioneller gegen Karl II. aufgedeckt wird. In dieser Zeit entsteht auch Lockes Hauptwerk Two Treatises of the Government. Erst 1688 kehrt Locke zusammen mit William III. von Oranien, dem zukünftigen englischen König, in seine Heimat zurück, wo er bis zu seinem Tode 1691 lebt (ebd. 2003: 154-155).

3 Der Gesellschaftsvertrag als das Fundament des Staates

Das Theoriekonstrukt der Kontraktualisten unterscheidet in der Regel einen staatenlosen und einen staatlichen Zustand. Ersterer wird als Naturzustand bezeichnet. Der Übergang zur Begründung des staatlichen Zustandes geschieht durch Verträge.

3.1 Der Naturzustand

Seit Hobbes gilt der Naturzustand als normativ-analytische Basis politischer Theorien, während er als Topos schon seit Aristoteles bekannt ist. Anders als für Aristoteles ist der Naturzustand für Hobbes jedoch die Vorstufe zu etwas künstlich Erschaffenem – dem Staat, geboren aus dem Willen von Individuen. Der Naturzustand ist für Hobbes ein Gedankenexperiment und somit rein hypothetischer Natur: „[…] obwohl es niemals eine Zeit gegeben hat, in der sich einzelne Menschen im Zustand des gegenseitigen Krieges befanden“ (Hobbes 1966 13: 97). Dies dient Hobbes als argumentum e contrario und Grundlage, seinen Staat zu definieren, zu erklären und zu begründen (Ottmann 2006: 265-287). Naturzustand bedeutet für Hobbes in erster Linie Kampf und Krieg eines jeden gegen jeden: „Daraus ergibt sich klar, dass die Menschen während der Zeit, in der sie ohne allgemeine, sie im Zaum haltende Macht leben, sich in einem Zustand befinden, der Krieg genannt wird, und zwar in einem Krieg eines jeden gegen jeden“ (Hobbes 1966 13: 96). Hobbes zeichnet ein durch und durch negatives Menschenbild, in dem einzelne Individuen zu reinen Machtakkumulatoren reduziert werden, die versuchen, einen eigenen Vorteil für sich zu erlangen. Dies geschieht zumeist auf Kosten anderer, gleichzeitig muss dieser Vorteil dann aber auch erneut verteidigt werden, ein Teufelskreislauf. „So liegen also in der menschlichen Natur drei hauptsächliche Konfliktursachen: Erstens Konkurrenz, zweitens Misstrauen, drittens Ruhmsucht (ebd. 1966 13: 95). Die Konsequenz, die Hobbes daraus zieht, ist, dass sich der Mensch ohne eine neutrale Macht nicht entfalten kann: „In einer solchen Lage ist für Fleiß kein Raum, da man sich seiner Früchte nicht sicher sein kann; und folglich gibt es keinen Ackerbau, keine Schifffahrt, keine Waren […..], und es herrscht, was das schlimmste ist, beständige Furcht und Gefahr eines gewaltsamen Todes – das menschliche Leben ist einsam, armselig, ekelhaft, tierisch und kurz“ (ebd. 1966 13: 96).

Die Todesfurcht, ein Hobbes aus dem eigenen Leben bekanntes Element, ist der Antrieb, den Naturzustand hinter sich zu lassen (ebd. 1966 13: 98). Hierzu dienen einerseits das Naturrecht, durch das der Mensch aufgrund rationaler Überlegung und Einsicht die Nachteile des Naturzustandes erkennt und andererseits das Naturgesetz, das ihm die Suche nach Frieden vorschreibt (Ottmann 2006: 290).

[...]


[1] Lord Ashley ist seit 1672 der erste Earl of Shaftesbury (Ottmann 2006: 344).

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Details

Titel
Staatstheorien im Vergleich - Der ideale Staat nach Thomas Hobbes und John Locke
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Note
1,7
Autor
Jahr
2006
Seiten
21
Katalognummer
V74213
ISBN (eBook)
9783638784436
ISBN (Buch)
9783638794817
Dateigröße
444 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Arbeit vergleicht die wesentlichen Argumente Hobbes und Locke anhand der Standartwerke "Leviathan" und "Über die Regierung".
Schlagworte
Staatstheorien, Vergleich, Staat, Thomas, Hobbes, John, Locke
Arbeit zitieren
Alexander Boettcher (Autor:in), 2006, Staatstheorien im Vergleich - Der ideale Staat nach Thomas Hobbes und John Locke , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/74213

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