Umm el Qaab – Ein prädynastischer Königsfriedhof


Seminararbeit, 2006

23 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Das Grab
2.1 Grabmythos
2.2 Geschichtliche Entwicklung der Grabbauten in Ägypten

3. Lage und Beschaffenheit der Fundstelle

4. Grabungsgeschichte

5. Entdeckte Grabanlagen
5.1 Das frühzeitliche Grab U-503a
5.1.1 Lage, Aufbau und Fundstücke
5.1.2 Datierung und Fundinterpretation
5.2 Das Grab U-
5.2.1 Lage, Aufbau und Fundstücke
5.2.2 Kurzbeschreibung einiger Keramikfunde
5.2.2.1 W-Ware: Gefäß U-343 /
5.2.2.2 B-Ware: Gefäß U-343 /
5.2.2.3 R-Ware: Gefäß U-343 /
5.2.2.4 L-Ware: Gefäß U-343 /
5.2.3 Datierung und Fundinterpretation
5.3 Das Königsgrab U-j
5.3.1 Lage und Aufbau
5.3.2 Fundstücke
5.3.2.1 Keramikfundstücke
5.3.2.2 Fundstücke aus Elfenbein und Knochen
5.3.2.3 Anhängetäfelchen
5.3.3 Datierung und Fundinterpretation

6. Fazit

7. Literatur- und Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Schon seit Urzeiten trauern die Menschen um ihre Verstorbenen. In manchen Kulturkreisen kann diese Trauerphase mehrere Monate oder sogar Jahre andauern. Doch trotz dieser emotional äußerst belastenden Zeit stellt sich auch immer die Frage, wie mit dem Leichnam verfahren werden soll. Ganz unterschiedliche Praktiken haben sich hierbei herausgebildet. In zahlreichen Ländern der Welt werden die Körper der Verstorbenen verbrannt, während Menschen anderer Kulturkreise es als angemessen betrachten, die Leichname zu verspeisen. Dies gilt dann als Zeichen einer großen Anteilnahme am Trauerschmerz der Hinterbliebenen und als sozial angebrachtes Verhalten.[1] In zahlreichen Kulturkreisen ist es usus, den Körper des Verstorbenen in einen Sarg zu legen, um ihn anschließend in einem Loch in der Erde zu begraben.

Auch die alten Ägypter folgten dieser Tradition. Bereits aus der prähistorischen Phase ihrer Kultur lassen sich ganze Friedhöfe finden, die dies beweisen. Waren die Gräber zu Beginn noch einfache Löcher im Wüstensand, entwickelte sich diese Begräbnistradition über die Jahrtausende zu einer der faszinierendsten Totenkulte überhaupt. Großartige Prachtbauten wurden in den Fels gehauen oder im Freien errichtet, um den Körper des Herrschers nach seinem Tod aufzunehmen. Auf diese Weise entstanden die weltweit bekannten Pyramiden von Giseh, die schon Herodot zu den sieben Weltwundern der Antike zählte.[2]

Doch wie genau sehen die Wurzeln dieser Begräbniskultur aus? Dies soll in dieser Hausarbeit anhand des frühzeitlichen Friedhofs von Umm el-Qaab untersucht werden.

2. Das Grab

Über nahezu ganz Ägypten finden sich Grabstätten verstreut; ständig werden neue Entdeckungen gemacht.[3] Doch welcher Hintergedanke trieb die Menschen, ihren Königen solch prächtige Grabstätten zu errichten und wie sehen diese zu den unterschiedlichen geschichtlichen Zeiten aus? Diese Frage soll im folgenden Abschnitt geklärt werden.

2.1 Grabmythos

Im Alten Ägypten herrschte die Vorstellung einer Existenz im Jenseits vor. Trotzdem errichteten die Menschen ihren Verstorbenen ein Grab, das meist eine Art dauerhaftes Haus nach dem Tod darstellte. Aus diesem Grund wurde es oft den Wohnungen der Lebenden in Aufteilung und Ausstattung nachempfunden. Um die Fortexistenz aber zu sichern, wurde der Körper als Mumie in das Grab gegeben, denn nur auf diese Weise wurde er vor dem Verfall geschützt. Nur in einem kompletten und gut erhaltenen Körper war nach dem Glauben der alten Ägypter das Weiterleben nach dem Tod möglich.[4]

In seinem architektonischen Ausbau diente das Grab im Neuen Reich sowohl zur Versorgung des Toten als auch als Ort des Kontaktes zu dem Verstorbenen. Ohne eine weitere Versorgung durch die Nachwelt mit lebensnotwendigen Gütern wie Nahrung und Getränken aber auch mit Zaubern würde der Verstorbene ein schreckliches Schicksal erleiden. Hieraus resultierte eine Art Gefährdungsbewusstsein, welches die Menschen mit ihren Nachkommen Verträge über die genaue Art der späteren Versorgung nach dem Tod abschließen ließ.[5]

2.2 Geschichtliche Entwicklung der Grabbauten in Ägypten

In der fünftausendjährigen Geschichte Ägyptens wurden zahllose Grabtypen erschaffen.[6] Die Wissenschaft jedoch setzte und setzt sich meist hauptsächlich mit den architektonisch auffälligen Grabstätten auseinander. Dabei ist jedoch nicht zu vergessen, dass trotz dieses wissenschaftlichen Schwerpunktes über die ganze Zeitspanne der ägyptischen Kultur der Großteil der Menschen in einfachen Gruben beigesetzt wurde, von denen nur ein kleiner aufgeschütteter Erdhügel kündete. Dennoch lassen sich heutzutage einige Grabtypen bestimmten Epochen zuweisen.[7]

Die ersten Gräber in Ägypten lassen sich aus der prähistorischen Zeit nachweisen. Sie bestehen hier meist aus flachen, ovalen bis runden Gruben, in die der Körper in einer Hockerstellung eingebracht wurde. Über dem Grab wurde ein kleiner Tumulus aus Erde aufgeschüttet. Dieser Grabtyp wandelt sich im Laufe der Badari- und Naqada-Kultur zu einem meist rechteckigen Grab mit Ausschmierungen von Lehm und Auskleidungen von Ästen, Matten und Brettern. Protodynastische Gräber zeigen in der Folgezeit bereits Dächer aus Baumstämmen und Querbalken. Außerdem sind sie bereits mit Ziegeln befestigt. Um die Zeit der Reichseinigung lassen sich zwei Grabtypen unterscheiden. Zum einen das oberägyptische Nomadengrab, das aus mehreren Kammern bestand und um welches Gräber von Dienern angeordnet waren. Das Königsgrab U-j aus Umm el-Qaab wird diesem Typus zugeordnet. Als zweites wurde das unterägyptische Wohnhausgrab aufgeführt, welches ebenfalls aus mehreren Räumen bestand und außerdem einen in Nischen gegliederten Ziegeloberbau besaß. In den folgenden Dynastien setzt sich der Gedanke eines Wohnhauscharakters des Grabes derart fort, dass die unterirdischen Wohnungen immer mehr den Häusern der Lebenden angepasst werden. Die für die dritte Dynastie auffällige Bestattung ärmerer Menschen stellt die Hockerbestattung dar, bei welcher die Körper unter umgestülpten Tonbottichen bestattet werden. In der vierten Dynastie kommen die so genannten Kalkstein-Mastabas des Gisa-Typs in Mode. Die beiden folgenden Dynastien zeigen stark individualisierte Mastaba-Typen, die möglicherweise bereits unter dem Einfluss der Felsengräber standen. Diese Mastabas weisen meist eine Pfeilereingangshalle, Vorraum, Pfeilersaal, Opfersaal und mehrere Serdabs auf.[8]

Im Alten Reich werden die Mastabas durch Felsengräber verdrängt. Zu Beginn finden sich Mischformen der beiden Grabtypen, bis in der ersten Zwischenzeit und der 11. Dynastie eine andere Variante des Felsengrabes auftaucht. Hier wird wahrscheinlich anstatt eines Wohnhauses die Unterwelt nachgeahmt. Die Hochzeit des so genannten Abydosgrabes sowie für Ziegelkapellen mit Statuen, Stelen und Opfertafeln an der „Treppe des Großen Gottes“ in Abydos liegt in der 12. und 13. Dynastie.

Im Neuen Reich konzentrieren sich die meisten Felsengräber von Privatleuten in der Nekropole Thebens. Sie sind durch einen Vorhof, einen Quer- und Tiefgang und eine Statuennische gekennzeichnet und werden oftmals von einer Ziegelpyramide gekrönt. Zum Ende der 18. Dynastie lassen sich die meisten Beamten in Memphis bestatten, während in Theben die Gräber von Priestern dominieren.

In nachramessidischer Zeit wurden die meisten Grabanlagen in Tempelbezirken errichtet. Hierdurch soll die Teilhabe an religiösen Zeremonien gewährleistet werden. In Theben wurden einige Grabanlagen gefunden, die aus der 25. Dynastie stammen. Diese übertreffen an Größe und Ausstattung alle zuvor angelegten Privatgräber. Auch wenn die Architektur an die Bauformen früherer Zeiten erinnert, finden sich doch auch gänzlich neue gestalterische Ideen.[9]

3. Lage und Beschaffenheit der Fundstelle

Die antike Stätte Abydos, die mit ägyptischem Namen Abedschu hieß, befindet sich auf dem Westufer des Nil im 8. unterägyptischen Gau, 11 Kilometer südwestlich vom heutigen el-Bayana. In geschichtlicher Zeit scheint sie mit dem Nil durch eine Art Kanal verbunden gewesen zu sein.[10]

Umm el-Qaab als Nekropole von Abydos befindet sich etwa 2 Kilometer vom Fruchtland entfernt. Sie erstreckt sich südlich eines Wadis, das bei Kom es-Sultan in den Nil mündet.[11]

Der so genannte Friedhof U befindet sich auf einem flachen Plateau, das vom als B-Friedhof bezeichneten Areal bis zum Heqareschu-Hügel reicht. Zahlreiche Mulden, die sich von der Landschaft abhoben, sowie verstreut umher liegende Knochen und Scherben machten den Ausgräbern die Lage der antiken Stätte deutlich. Die wesentliche Ausdehnung der Fundstelle wird mit 200 x 120m beschrieben. Die Randbereiche des so genannten U-Friedhofs befinden sich nicht mehr auf dem festeren Untergrund des Plateaus, sondern reichen bereits bis in das umgebende leicht abfallende Terrain aus verfestigtem Flugsand hinein. Zu Beginn der Grabungen war die gesamte Fläche mit einer etwa 5-10 cm betragenden Schicht aus Flugsand und dem aus älteren Grabungen entstandenen Aushub überdeckt, der zuvor entfernt werden musste. Etwa 400 Gräber werden heute dem Friedhof U zugerechnet.[12]

Untersuchungen des Fundmaterials lassen darauf schließen, dass das Zentrum des Plateaus vor allem in der Naqada I-IIa zur Bestattung verwendet wurde. Eine sehr spärliche Belegung fand in der Zeit von Naqada IIb-c statt, während anschließend auch zahlreiche Gräber in den Randbezirken des Plateaus angelegt wurden. In der Naqada IIIb wurde der Friedhof dann mit weit auseinander liegenden Grabstätten nach Süden ausgedehnt. Bereits in Naqada I sind einige Gräber mit außerordentlich reicher Ausstattung zu finden, wobei dennoch davon ausgegangen wird, dass der Friedhof erst ab Naqada IId einer gesellschaftlichen Elite vorbehalten war.[13]

4. Grabungsgeschichte

Bereits gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren Forscher im Bereich des Friedhofs U tätig. Die erste wissenschaftliche Untersuchung leitete 1895-1898 Amélinau, der dem gesamten Bereich den Namen „premier plateau“ gab. Jedoch bezog er in dieser Benennung ebenfalls noch die Nebenkammern des Grabes des Aha ein, die heute nicht mehr dazu gezählt werden.[14] Er legte innerhalb von nur fünf Tagen 150-160 Gräber frei, von denen er teilweise Massenpläne veröffentlichte, jedoch keine genauen Angaben zu ihrer Lage machte. So kann heute mit einiger Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden, dass er die Einkammergräber U-s und möglicherweise U-d erforschte. Außerdem lassen sich aus seinen Beschreibungen die Gräber U-i und U-k erkennen, die jeweils aus mehreren Kammern gebildet wurden.[15]

Auch Petrie scheint 1899 am Heqareschu Hügel einige Sondierungen durchgeführt zu haben. Er entdeckte dort eine Mastaba der 5. Dynastie und einige Uschebtis. Diese gehörten einem gewissen Heqareschu, nach ihm wurde der Ort benannt.[16] Jedoch finden sich bei ihm keinerlei Hinweise auf den U-Friedhof.[17]

Als Peet und Naville 1909 an die Arbeit gingen, fanden sie noch die Überreste der vorherigen Grabungsarbeiten vor.

„This arm is the site of a predynastic cemetary which was apparently dug some years ago. The digging, however, was very carelessly done, and the excavators did not even trouble to open the smaller graves.”[18]

Ihnen gelang es, noch zahlreiche unberührte Gräber aus der Frühzeit freizulegen, doch machten auch sie keine genauen Angaben bezüglich ihrer Lage.[19]

Erst 1973 sollte sich das Deutsche Archäologische Institut wieder der Aufgabe widmen, mehr über diese Nekropole in Umm el-Qaab zu erfahren. In zahlreichen Kampagnen[20] setzten sie die Arbeit der frühen Ausgräber fort. Bis 1991 waren 2/3 der gesamten Oberfläche des U-Friedhofs kartiert und 40 Gräber ganz oder teilweise ergraben. Darunter fiel auch das frühzeitliche Königsgrab U-j, welches gut erhalten war und noch viele Grabbeigaben enthielt.

In den beiden bisher letzten Kampagnen von 1996 bis 1998 begegneten den Ausgräbern einige unvorhersehbare Schwierigkeiten, die die archäologische Arbeit behinderten und eine gewisse Zeit sogar unterbrachen. Aufgrund einiger terroristischer Vorfälle mussten die an der Ausgrabungsstätte geltenden Sicherheitsbestimmungen deutlich verschärft werden. So durfte kein Ausländer ohne bewaffnete Begleitung das Haus verlassen und Autofahrten mussten zuvor angemeldet werden. Die zusätzliche Verlagerung der Fundstücke von Abydos in das Magazin von Sohag stellte ein zusätzliches Problem dar, da nun die gemachten Funde nicht mehr mit den in vorherigen Kampagnen entdeckten Fundstücken verglichen und Anpassungsversuche nicht mehr durchgeführt werden konnten.[21]

Trotz all dieser Beschränkungen gelang es den Archäologen, neben etwa 305 Grabstätten auch den gesamten nördlichen Friedhofsrand zu untersuchen.[22]

[...]


[1] Siehe dazu auch Conklin (2001)

[2] http://www.selket.de/mumie.htm

[3] Beispielsweise die Entdeckung eines verschollenen Pharaonengrabes der 17. Dynastie in 2001. Siehe dazu: http://www.archaeologie-online.de/magazin/thema/2001/05/d_1.php

[4] Zur Ironie des Erhaltungsstatus der gefundenen Körper siehe auch http://www.selket.de/mumie.htm

[5] Vgl. Arnold in LÄ: 826f.

[6] Für eine graphische Darstellung einiger Grabtypen siehe http://www.digitalegypt.ucl.ac.uk/burialcustoms/tombtypes/index.html

[7] Vgl. Arnold in LÄ II: 827

[8] Vgl. Arnold in LÄ II: 827ff.

[9] Vgl. Arnold in LÄ II: 831 ff.

[10] Vgl. Kemp in LÄ I: 28f.

[11] Vgl. Dreyer 1998: 3

[12] Vgl. Dreyer / Engel et all 1996: 13f.

[13] Vgl. Dreyer 1998: 3, siehe dazu auch Dreyer 1992: 295

[14] Vgl. Amélinau 1895: 75 ff.

[15] Vgl. Amélinau 1895: 77

[16] Vgl. 7.8. :47

[17] vgl. Dreyer 1998: 3

[18] Peet 1914: 14

[19] Vgl. Peet 1914: 14 ff.

[20] Grabungsberichte in MDAIK: Kaiser /Grossmann 1979, Kaiser /Dreyer 1982, Dreyer /Boessneck /von den Driesch /Klug 1990, Dreyer /Hartung /Pumpenmeier 1993, Dreyer /Engel /Hartung /Hikade, Köhler /Pumpenmeier 1996, Dreyer /Hartung /Hikade /Köhler /Pumpenmeier 1998, Dreyer /Driesch /Engel /Hartmann /Hartung /Hikade /Müller /Peters 2000

[21] Vgl. Dreyer / von den Driesch et all. 2000: 44 f.

[22] Vgl. Dreyer / von den Driesch et all. 2000: 46

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Umm el Qaab – Ein prädynastischer Königsfriedhof
Hochschule
Universität Münster
Note
1,5
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V73735
ISBN (eBook)
9783638744621
ISBN (Buch)
9783638745093
Dateigröße
476 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Qaab, Königsfriedhof
Arbeit zitieren
Rebecca Müller (Autor:in), 2006, Umm el Qaab – Ein prädynastischer Königsfriedhof, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73735

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