Homosexualität bei Frauen


Hausarbeit, 2007

18 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Lesbenforschung im Überblick

3. Demografische Eckdaten

4. Zur Geschichte

5. Die lesbische Kindheit

6. Das lesbische Coming- Out

7. Die lesbische Beziehung

8. Unsichtbarkeit und Diskriminierung lesbischer Frauen

9. Kultur und Soziale Netzwerke

10. Kann man von einer „Normalisierung“ des Lesbisch seins sprechen?

11. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Dass lesbische Frauen grundsätzlich einen Kurzhaarschnitt tragen, den Lastwagen vor der Tür parken und wahlweise im sportiven Overall oder männlichen Anzug ausgehen, ist ein überstrapaziertes Klischee. Doch was macht die lesbische Frau von heute aus? 1,4% aller Frauen bezeichnen sich als Homosexuell. (vgl. Schneider/ Rosenkranz/Limmer 1998: 96) In dem 2003er Mikrozensus gaben 58.000 Paare an, in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft zu leben. Davon waren 26.000 Frauenpaare.[1]

Doch nicht erst seit der amerikanischen Erfolgsserie „The L Word“ stehen nun auch lesbische Frauen im Focus des öffentlichen Interesses. Die Homo- Ehe, die Outings verschiedenster Stars wie Hella von Sinnen, Ellen de Generes oder auch Mary Cheney, die Tochter des US-Vizepräsidenten haben viel für die Wahrnehmung lesbischer Frauen getan. Auch das erst kürzlich in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz trug zumindest formal zur Gleichbehandlung homosexueller Lebensweisen bei. In der Öffentlichkeit hingegen, werden homosexuelle Frauen kaum wahrgenommen; selten sieht man in deutschen Großstädten, lesbische Paare, die sich außerhalb ihrer Szene als Liebespaar zeigen. Ein seltsamer Anachronismus.

Ziel meiner Hausarbeit soll es sein, sowohl die Geschichte lesbischer Lebensweisen wie auch die derzeitigen Lebenswelten lesbischer Frauen darzustellen. So soll nicht nur die lesbische Beziehung in Mittelpunkt meiner Arbeit stehen, vielmehr soll der ganze Aspekt des Lesbischseins kurz umrissen werden, über die Kindheit, das Coming- Out bis hin zu Diskriminierungserfahrungen. Flankierend möchte ich noch demografische Daten aus verschiedenen Umfragen bzw. Studien hinzufügen. Ein besonderes Augenmerk richte ich auf die zwar schon etwas „veraltete“, aber dennoch sehr interessante Studie von Akkermann, Betzelt und Daniel aus dem Jahr 1990 und auf die 2001 veröffentlichte Studie von Buba und Vaskovics.[2] Den Anfang soll allerdings der derzeitige lesbische Forschungsstand machen.

2. Lesbenforschung im Überblick

Von einer wissenschaftlichen Forschung über Frauen, die als nicht pathologisierend bezeichnet werden kann, spricht man im deutsprachigen Raum erst seit etwa den 80er Jahren. Beginnend mit den 80er Jahren wurden in der deutsprachigen, wissenschaftlichen Literatur zuerst die Diskriminierungserfahrungen beleuchtet. Später wurde die die Selbstorganisation und soziale die Bewegung von lesbischen Frauen thematisiert(vgl. Hänsch 2004: 21).

Anfang der 90er Jahre wurden Fragen der sozialen Bewegung und Formen der Selbstorganisationen von Lesben untersucht. Mitte der 90er Jahre begann auch die Diskussion darüber, wie über Lesben gesprochen und wie lesbische Identität konstruiert wird, welche sich wandelnden Deutungen lesbische Frauen durch feministische Diskurse erfahren und selbst entwickelt haben. (vgl. Hänsch 2004: 21f) Dabei wurden wesentliche Ansätze der Queer Theory[3] in den deutschsprachigen Raum eingeführt. In den 80er Jahren kam es zumeist zu einer eher isolierten Untersuchung lesbischer Frauen und ihrer Lebensverhältnisse Heute findet eine Erweiterung auf der inhaltlichen Ebene in zwei Richtungen statt. Es kommt zu einer Steigerung der Forschung, welche die Situation von Lesben und Schwulen gleichermaßen darstellt z.B. Regenbogenfamilien oder auch die Situation von jungen Lesben und Schwulen. Des Weiteren gibt es Forschungsaspekte, welche die zahlreichen Spielarten normativer Heterosexualität thematisieren. Dieses erfolgt auf der politischen, kulturellen, sozialen Ebene und natürlich auch auf der Ebene des Subjekts. Zudem sind die Texte der Lesbenforschung und der Queer Theory zunehmend eindeutiger im wissenschaftlichen Kontext einzuordnen. (vgl. Hänsch 2004: 28)

3. Demografische Eckdaten

Um zu ergründen, was lesbische Frauen von heute ausmacht, sind demografische Daten ein sehr gutes Hilfsmittel. Mit ihnen lässt sich ein grober Umriss erstellen was die lesbische Frau von heute ausmacht. Lesben besitzen einen hohen Bildungsgrad. So geht hervor dass ¾ aller Lesben eine allgemeine oder fachgebundene Hochschulreife haben und das 2/5 von ihnen einen Hochschulabschluss besitzen. (vgl. Buba/Vaskovics 2001:44)

Die meisten Lesben befinden sich in einem Angestellten Verhältnis. Sie sind meist qualifizierte Angestellte bzw. Beamte im mittleren Dienst.

Arbeiterberufe sind seltener vertreten. Die berufliche Position steht meist mit einem relativ hohen Nettoeinkommen in Verbindung. (vgl. Buba/Vaskovics 2001:46) Fast Drei Viertel aller befragten Lesben und Schwulen leben in Großstädten. Hier lässt sich anonym leben und die hohe Dichte an Subkultur nutzen. (vgl. Buba/Vaskovics 2001:49) Der Anteil der Einpersonenhaushalte liegt bei Homosexuellen bei 44%. Zum Vergleich dazu leben 35% der Gesamtbevölkerung in Einpersonenhaushalten. (vgl. Buba/Vaskovics 2001:59) Zusammenfassend lassen sich lesbisch lebende Frauen wie folgt charakterisieren: sie haben meist ein überdurchschnittliches Bildungsniveau und üben damit auch höher qualifizierte Tätigkeiten und Positionen aus, sie leben bevorzugt im großstädtischen Raum. Ein Überdurchschnittlich hoher Anteil lebt allein. Es wird deutlich, dass man von einer gewissen „Normalität“ der sozialen Lage sprechen kann, und dass sich die lesbische Frau nicht abseits des gesellschaftlichen Musters bewegt, so wie oft vermutet und stigmatisiert wird.[4] (vgl. Buba/Vaskovics 2001:60)

4. Zur Geschichte

Die Konstituierung des homosexuellen Subjekts war von Anfang an „reine Männersache“. (Göttert 1989 in: Schmerl/ Soine/ Stein-Hilbers/ Wrede 2000: 195)Der homosexuelle Mensch wurde von den meisten Sexualwissenschaftlicher damals, also um die Jahrhundertwende, als eine krankhafte und anfangs männliche Erscheinung beschrieben. (vgl. Schmerl/ Soine/ Stein-Hilbers/ Wrede 2000: 195f) So wurde die Homosexualität als ein „angeborener Defect geschlechtlicher Empfindung gegenüber dem anderen Geschlecht bis zu Ekel vor geschlechtlichen Umgang mit diesem beschrieben“ ( Krafft-Ebing 1912 in: Schmerl/ Soine/ Stein-Hilbers/ Wrede 2000: 196)

Das Wort „lesbisch“ wird seit dem 20. Jahrhundert verwendet. Der Systematisierungsprozess der lesbischen Frau geschah in völliger Analogie zum männlichen Homosexuellen. Prinzipiell kann man sagen, dass die Frauenliebe auf eine kürzere Bezeichnungsgeschichte zurück blickt, als das die Männerliebe tut. Nicht nur umgangsprachig fehlte die genaue Benennung des Lesbisch seins, auch bei denen, die sie praktizierten konnte dafür keine Bezeichnung gefunden werden. Frauen nannten sich und ihre Geliebte „Freundinnen“.

Im Zentrum der Forschung stand die Behauptung, dass sich die „konträrsexuelle Frau“ als Mann fühlte, welche ein männliches Erscheinungsbild, männliche Charaktereigenschaften, männlichen Verhalten und Interessen besaß. (vgl. Schmerl/ Soine/ Stein-Hilbers/ Wrede 2000: 196ff)

Lesbische Frauen organisierten zur Zeit der ersten Frauenbewegung informelle Netzwerke, die nach der Jahrhundertwende und insbesondere während der Weimarer Republik als Damenclubs eine formelle Struktur erhielten. So war Berlin das Zentrum für Lesben mit seinen Damenclubs wie die „Goldene Kugel“, „Harmonie“ oder „Treue Hoffnung“. Der Damenclub „Violetta“ veröffentlichte zwischen 1923 und 1932 sogar die Zeitschrift „Die Freundin. Wochenblatt für die ideale Frauenfreundschaft“ (vgl. Becker/Kortendiek 2004: 692f)

Zwischen 1920 und circa 1970 so schien es, dominierte ein Rollenpaar die lesbischen Partnerschaften. So existierte der „kesse“ Vater, später Butch, welcher Hosen, Schlips und Bubikopf trug und die Femme, welche das weibliche Kultivierte verinnerlichte. „Diese Pointierung blieb nicht nur äußerlich; sie durchdrang das Verhalten: Sprechen, Gehabe, Auswählen, Entscheidungsgewalt.“( Lautmann 1993: 21) „Zeitweise ging es so streng zu, dass in der Subkultur nur Fuß fassen konnte, wer sich von Anfang an klar für eine der beiden Rollen entschied; andernfalls wurde eine Frau eben übersehen und gehörte nicht dazu.“(Lautmann 1993: 21) Diese Rolle haftete nicht für immer einer frauenliebenden Frau an, so konnte sie z.B. nach dem Ende einer Beziehung oder auch mit zunehmendem Alter diese Rolle wechseln. Allerdings ist wenig darüber dargestellt, wie diese Dualisierung der Geschlechter das sexuelle Beziehungsleben beeinflusste, so galt der „kesse“ Vater als eher polygam. (vgl. Lautmann 1993: 21)

Interessant ist, dass das „Mannsweib“ nach Ansicht der Sexualwissenschaftler am Anfang des 20. Jahrhunderts häufig als degenerativ belasteter, mit psychischen Defekten und mit Geschlechts-Anomalien ausgestatteter unvollkommener Mann war, dessen Liebesobjekt die so genannte Pseudohomosexuelle war. Die Pseudohomosexuelle lässt sich von einer Frau täuschen die vorgibt ein Mann zu sein. Sie erliegt einem Irrtum. Die Verführung ist damit das Hauptmotiv pseudohomosexueller Veranlagung. In der Regel lag der Grund im Männermangel zum Beispiel in Lehrerinnenpensionaten. (vgl. Schmerl/ Soine/ Stein-Hilbers/ Wrede 2000: 199ff) Dieses Stigma von dem „kessen“ Vater und durch die Geschlechterrollen strukturierte Partnerschaft hängt heute immer noch den lesbischen Partnerschaften nach. „Wer ist denn in euer Beziehung der Mann“ ist da ein oft gehörter Satz. Obwohl dieses „Butch-Femme“ Spiel nur noch in Drittweltländern angetroffen wird. (vgl. Lautmann 1993: 21)

Die feministische Kritik der heutigen Zeit tritt dem Bild der „kessen“ Väter eher mit Verachtung gegenüber. „Als Preis für die Auslöschung des verhassten heterosexuellen Vorbilds sind –so wird vermutet- die sexuellen Aktivitäten von Frauenpaaren zurückgegangen.“ (Lautmann 1993: 21) Durch die „Bubi und Dame“ Konstellation wurde das weib-weibliche Begehren entflammt, so können somit als historischen Vorbild dienen. (vgl. Lautmann 1993: 22) Außerdem war dies ein entscheidender Schritt auf dem Weg zu einer sexuellen und gesellschaftlichen Sichtbarkeit.

[...]


[1] www.destatis.de

[2] Anmerkend sei hier das Problem von Umfragen kurz erläutert. Es handelt sich meist um Zufallsstichproben, in ihnen wird aber nicht jede Lesbe repräsentativ erfasst. Lesbisch sein wird immer noch tabuisiert, oftmals werden heikle Fragen nicht beantwortet oder es kommt auf Grund der Begriffsdefinition (Problem Verhalten/ Begehren/Identität) zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen in Bezug auf die Kategorisierung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen. In vielen der Studien, welche ich hier zitieren werde, wurden vor allem junge Lesben, also Frauen unter 30 Jahren befragt, dieses führt zu einer Verfälschung. In Hinblick auf die Interpretationen und Validität der Forschungsergebnisse aus den Studien, sollten diese Fakten nicht vernachlässigt werden.

[3] Ich werde in meiner Hausarbeit nicht genauer auf die Queer Theory eingehen, da dies den Umfang der Hausarbeit sprengen würde. Darüber hinaus werde ich auch auf eine Darstellung des Konstruktivismus vs. Essentialismus verzichten müssen, da auch dieses den Rahmen der Arbeit überstrapazieren würde.

[4] Bei der demografischen Darstellung habe ich mich sehr stark auf die Studie von Buba und Becker bezogen, diese Studie befasst sich hauptsächlich mit Homosexuellen, ich schlussfolgere aber daraus, dass sich die Lebenswelten von Lesben und Schwulen nicht Grundlegend unterscheiden. Daher spreche ich zusammenfassend auch von Lesben und nicht von Homosexuellen.

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Homosexualität bei Frauen
Hochschule
Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Veranstaltung
Geschlechteridentitäten
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
18
Katalognummer
V73689
ISBN (eBook)
9783638742634
ISBN (Buch)
9783640319558
Dateigröße
434 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Die Homosexualität bei Frauen wird aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Beginnend mit der Kindheit, über das Coming out bis hin zum Erwachsenen Alter. Flankiert mit Studien.
Schlagworte
Homosexualität, Frauen, Geschlechteridentitäten
Arbeit zitieren
Ellen Ziegler (Autor:in), 2007, Homosexualität bei Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73689

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