Wie mächtig ist der US-Präsident? Kompetenzverteilung und Machtverschiebung zwischen Präsident und Kongress auf Hintergrund der Verfassungsvorgaben


Hausarbeit, 2005

27 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

1. Das politische System der USA
1.1 Das präsidentielle Regierungssystem in Abgrenzung zum parlamentarischen
1.2 Checks and Balances - Gewaltenteilung zwischen den Verfassungsorganen
1.2.1 Die Legislative
1.2.1.1 Aufgaben und Kompetenzen
1.2.2 Die Exekutive
1.2.2.1 Aufgaben und Kompetenzen

2. Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten?
2.1 Verfassungsrechtliche Kompetenzen und Ihre Auslegung
2.2. Machtverschiebung am Beispiel der War Power
2.3 Zurück zur imperialen Präsidentschaft?

3. Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Am 2. November 2004 ist George W. Bush als Präsident der Vereinigten Staaten wiedergewählt worden. Auf der ganzen Welt wurde die Wahl mit großem Interesse beobachtet, da es sich in den Augen vieler um den mächtigsten Mann der Welt handelt. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 ist der amerikanische Präsident das Staatsoberhaupt der letzten verbleibenden Supermacht, eines Landes dessen Militärausgaben allein jährlich 35% der weltweiten Militärausgaben ausmacht.[1]

Die Außenpolitik der USA, die durch den Präsidenten im Ausland verkörpert wird, ist somit für viele Länder von Bedeutung. Ein aktuelles Beispiel, an dem die USA ihre Stellung als Supermacht zum Ausdruck brachten ist der Krieg gegen den Irak. In diesem Bezug wird George W. Bush häufig ein Alleingang vorgeworfen. Verschiedene Kritiker stellen die Frage, ob der Präsident eigenmächtig oder im Namen seines Landes handelte. Wie wird der amerikanische Präsident, der ein so mächtiges Land regiert, kontrolliert? Ist es für ihn als Einzelperson wirklich möglich „per Knopfdruck die ganze Welt in Schutt und Asche zu legen“?

In der vorliegenden Arbeit möchte ich der Fragestellung, wie viel Macht der US-Präsident tatsächlich hat, nachgehen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf der verfassungsrechtlichen Verteilung der Kompetenzen zwischen Legislative und Exekutive. Um die Frage, ob eine Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten stattgefunden hat, beantworten zu können, wird zunächst das Politische System der USA und die beiden Institutionen der Legislative und Exekutive im Verfassungsgefüge betrachtet. Es würde den Rahmen der Arbeit sprengen ausführlich auf alle strittigen Punkte bei der Kompetenzverteilung einzugehen, daher gehe ich in diesem Zusammenhang genauer lediglich auf die Entwicklung des Rechtes zur Kriegserklärung im Laufe der Zeit ein.

1. Das politische System der USA

1.1 Das präsidentielle Regierungssystem in Abgrenzung zum parlamentarischen

Das politische System der Vereinigten Staaten von Amerika ist ein präsidentielles, welches sich in vielerlei Hinsicht von den in Europa häufiger vorkommenden parlamentarischen Systemen unterscheidet. Im Wesentlichen gibt es fünf Merkmale, die zur Unterscheidung zwischen den beiden Systemtypen dienen können.

Zum einen ist die Art der Legitimation von Ämtern unterschiedlich. In präsidentiellen Systemen, so auch in den USA, wird der Präsident in einer eigenen Wahl vom Volk gewählt. Über die Zusammensetzung des Parlamentes wird in einer davon getrennten Wahl entschieden. Bei parlamentarischen Systemen hingegen wählt das Volk ein Parlament, aus dessen Mitte der Regierungschef hervorgeht, wie es z.B. in Deutschland der Fall ist.

Um hier die Regierung stellen zu können, ist eine Parlamentsmehrheit, z.B. durch eine Koalition oder eine einzelne Partei notwendig. Da aber der Präsident in den USA aufgrund der unabhängigen Wahl mitunter einer anderen politischen Partei angehören kann als die Mehrheit der Abgeordneten im Kongress, verfügt er dort nicht „automatisch“ über eine Regierungsmehrheit, auf die er sich stützen kann. Er muss sich ad hoc eine Mehrheit suchen, wenn er eine Gesetzesvorlage durchsetzen möchte, da ein Mangel an Fraktionsdisziplin herrscht. Die Fraktionszugehörigkeit spielt bei Abstimmungen über politische Inhalte kaum eine Rolle. Auch der Ausschluss aus einer Fraktion, wie es in Deutschland als Disziplinierungsmittel üblich ist, existiert nicht.[2]

Aus dem Mangel an Fraktionsdisziplin resultiert ein weiterer Unterschied, nämlich das Fehlen einer innerparlamentarischen Opposition, die der Regierungsmehrheit im parlamentarischen System gegenübersteht und diese kontrolliert.

Ohne eine Regierungsmehrheit als Aktionseinheit müssen sich in den Vereinigten Staaten die Minderheiten im Kongress auch nicht zu einer Gegeneinheit zusammenschließen; vielmehr wird hier die Regierungskontrolle durch den gesamten Kongress unabhängig von seiner parteipolitischen Zusammensetzung gewährleistet.

Um die Trennung zwischen den beiden Gewalten zu unterstreichen, ist es in den USA verfassungsrechtlich vorgeschrieben, dass „die gleichzeitige Zugehörigkeit zu Exekutive und Legislative nicht möglich [ist].“[3] Weder der Präsident noch seine Regierungsmitglieder dürfen also einen Sitz im Kongress innehaben. Einzige Ausnahme bildet hier das Amt des Vizepräsidenten, der gleichzeitig Vorsitzender des Senats ist.

Noch deutlicher wird die gegenseitige Unabhängigkeit zwischen den Organen im präsidentiellen System dadurch, dass der Kongress den Präsidenten nicht aus politischen Gründen seines Amtes entheben kann, während dies im parlamentarischen System sehr wohl der Fall ist, da dort „die Regierung [auch] de facto vom Parlament bestellt [wird].“[4] Im Gegenzug ist es dem Regierungschef möglich das Parlament aufzulösen, was in den Vereinigten Staaten undenkbar wäre.

Ein letzter Unterschied ist die Initiative zur Gesetzgebung. Während in den USA der Präsident zumindest formal nicht das Recht zur Gesetzesinitiative hat, wird es der Regierung im parlamentarischen Regierungssystem sehr wohl eingeräumt.

1.2 Checks and Balances - Gewaltenteilung zwischen den Verfassungsorganen

Die oben aufgeführten Merkmale des präsidentiellen Regierungssystems machen deutlich, dass die Väter der US amerikanischen Verfassung ganz bewusst die Institutionen der Legislative und der Exekutive so gestaltet haben, dass eine Zentrierung der Macht in einem einzelnen Verfassungsorgan nicht möglich ist.[5] In den USA steht, wie es für präsidentielle Regierungssysteme typisch ist, die Gewaltentrennung (separation of powers) im Vordergrund, während in parlamentarischen Regierungssystemen eher auf Gewaltenteilung im Sinne von Gewaltenverschränkung, gesetzt wird.[6] Aber auch in den Vereinigten Staaten besteht neben strikter Gewaltenteilung eine punktuelle Gewaltenverschränkung, da weder Kongress noch Präsident alleine handlungsfähig sind. Verbunden durch dieses System der checks and balances müssen beide Organe gemeinsam ihre politischen Aufgaben bewältigen. „In diesem unvermeidlich von Spannungen geprägten Verhältnis der ‚antagonistischen Partnerschaft’ liegt der Kern des amerikanischen Systems, der es von parlamentarischen europäischen unterscheidet.“[7]

1.2.1 Die Legislative

,,All legislative powers herein granted shall be vested in a Congress of the United States, which shall consist of a Senate and a House of Representatives" (Art. I, Sect. I)[8]

Der Kongress als die gesetzgebende Gewalt ist unterteilt in zwei gleichberechtigte, von Aufbau und Größe her unterschiedliche Kammern, den Senat und das Repräsentantenhaus. Die Wahlen zum Repräsentantenhaus finden alle zwei Jahre statt. Dabei hängt die Aufteilung der 435 Abgeordneten auf die einzelnen Bundesstaaten von ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung ab.[9]

In den Senat werden je zwei Vertreter aus den 50 Bundesstaaten für sechs Jahre gewählt. Auf Grund seiner geringeren Größe herrscht im Senat eine deutlich kollegialere Stimmung als im Repräsentantenhaus. Um eine Kontinuität der Arbeit zu gewährleisten, steht alle zwei Jahre nur ein Drittel des Senats zur Wahl.

1.2.1.1 Aufgaben und Kompetenzen

Neben der Gesetzgebung hat der Kongress zwei weitere zentrale Aufgaben, die Haushaltsberatung und –beschlussfassung (power of the purse) sowie die Kontrolle des Präsidenten und der Exekutive.

Gemäß der Verfassung hat alleine der Kongress das Gesetzesinitiativrecht, d.h. jede Gesetzesvorlage muss von einem Abgeordneten oder Senator eingebracht werden.[10]

Folglich ist der Präsident auf informelle Kanäle angewiesen, wenn er Einfluss auf künftige Gesetze nehmen will.

Da durch die Vergabe von finanziellen Mitteln Einfluss auf das politische Programm ausgeübt werden kann, ist besonders das Budgetrecht Ausdruck kongressionaler Macht. „Die Budgethoheit offenbart die Doppelfunktion des Kongress, sowohl an der politischen Gestaltung der Republik mit zuwirken als auch die exekutive Gewalt parlamentarischer Kontrolle zu unterwerfen.“[11]

Als Kontrollorgan sind beide Häuser des Kongress berechtigt gegen Politiker der Exekutive Untersuchungen einzuleiten, von Ausschüssen Anhörungen durchzuführen zulassen und mit Hilfe des Instruments der Amtsanklage impeachment vor Ablauf ihrer Amtszeit Mitglieder der Exekutive oder den Präsidenten selber ihres Amtes zu entheben. Die Anhörungen von Politikern durch Untersuchungsausschüsse in der Öffentlichkeit sind gefürchtet. Der Präsident und seine Mitarbeiter im White House Office sind jedoch durch das executive privilege vor solchen Untersuchungen und Anhörungen geschützt.

[...]


[1] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung, Vom Kalten zum "Grauen Krieg" - Paradigmenwechsel in der amerikanischen Außenpolitik, http://www.bpb.de/themen/C7VNKF,1,0,Vom_Kalten_zum_Grauen_Krieg_Paradigmenwechsel_in_der_amerikanischen_Au%DFenpolitik.html#art1.

[2] Vgl. hierzu Kurt L. Shell, Kongress und Präsident. In: Willi P. Adams u.a., Die Vereinigten Staaten von Amerika, Bd. 1, Bonn 1990, S.303-338, hier S. 306.

[3] Bundeszentrale für politische Bildung, Merkmale der Präsidialdemokratie http://www.bpb.de/publikationen/4YI0TD,1,0,Merkmale_der_Pr%E4sidialdemokratie.html#art1.

[4] Bernhard Schreyer - Manfred Schwarzmeier, Grundkurs Politikwissenschaft: Studium der politischen Systeme, Wiesbaden 2000, S. 160.

[5] Vgl. Bundeszentrale für politische Bildung(Hrsg.), Politisches System der USA (Informationen zur politischen Bildung 283), Bonn 2004, S. 12, im Folgenden zitiert als: IpB 283 (2004).

[6] Schreyer - Schwarzmeier (2000), S. 159.

[7] Schell (1990), S. 303.

[8] The U.S. Constitution, http://www.house.gov/Constitution/Constitution.html.

[9] Vgl. hierzu ausführlich: IpB 238 (2004), S.29.

[10] Vgl. Shell (1990), S. 314.

[11] Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.), Politisches System der USA (Informationen zur politischen Bildung 199), Bonn 21997, S. 13, im Folgenden zitiert als: IpB 199 (1997).

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Details

Titel
Wie mächtig ist der US-Präsident? Kompetenzverteilung und Machtverschiebung zwischen Präsident und Kongress auf Hintergrund der Verfassungsvorgaben
Hochschule
Universität Passau
Veranstaltung
Einführung in die politischen Systeme
Note
2,0
Autor
Jahr
2005
Seiten
27
Katalognummer
V73526
ISBN (eBook)
9783638780957
ISBN (Buch)
9783638783057
Dateigröße
490 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
US-Präsident, Kompetenzverteilung, Machtverschiebung, Präsident, Kongress, Hintergrund, Verfassungsvorgaben, Einführung, Systeme
Arbeit zitieren
Stephanie Wörmann (Autor:in), 2005, Wie mächtig ist der US-Präsident? Kompetenzverteilung und Machtverschiebung zwischen Präsident und Kongress auf Hintergrund der Verfassungsvorgaben, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73526

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