Putins 'gelenkte Demokratie' unter Berücksichtigung seiner rassistischen Elemente oder wie lange will der Westen noch schweigen?


Seminararbeit, 2006

18 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Skizierung des „Systems Putin“
1.1 Aufbau der Russischen Föderation in der Jelzin-Ära
1.2 Der Aufbau und die Stützen des Systems Putin
1.2.1 Die Putinische Vertikale Macht oder die „Gelenkte Demokratie“
1.2.2 Die Putinsche Duma oder die Rückkehr zum Obersten Sowjet

2. Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Diffamierung im System Putin
2.1. Die Nationalistischen Organisationen in Rußland
2.2 Diffamierung und Attacken auf die „Feinde“ Rußlands

Schlussbemerkungen

Literaturverzeichnis

Einleitung

Sie werden sich sicher fragen, wie kommt der Autor dieser Zeilen zu so einer kontroversen These, wenn doch die politischen Eliten des Westens im Prinzip positiv gegenüber Putin sich äußern. Wo Sie natürlich recht haben – aber genau dort beginnt das Dilemma unserer Zeit. Nun, seit dem 11. September 2001 bzw. seit dem es Terroranschläge in Rußland gibt, seit dieser Zeit nehmen dort die Einschnitte in den Bereichen Demokratie und Pressefreiheit und auch rassistische und antisemitische Übergriffe auf Ausländer und Oppositionelle zu. Sicher gibt es Argumente, die für den jetzigen Status quo sind. Bloß das kann sich der Westen als Repräsentant der Demokratie und dessen Werte nicht erlauben.

Bei solch einem brisanten Thema will ich dem Leser auch meine Gedanken, die mich bewegten so eine Hausarbeit zu schreiben, nicht vorenthalten. Vorweg wie ich mir Rußland im Idealfall vorstelle: Es sollte alle ehemaligen Sowjetrepubliken umfassen und das Land sollte die Minderheiten auf seinem Territoriumrespektieren und eine Demokratie sein (leider wurde noch keine bessere Staatsform erfunden).

Beschäftigt habe ich mich zwar schon immer damit – seit ich denken kann, aber im Dezember 1999 war ein Einschnitt für mich. Zur Erinnerung, es war jene Zeit, wo Putin Premierminister der Russischen Föderation war und alle Welt fragte sich „Who is Mr. Putin?“ Was war passiert? Mitte Dezember hielt Alexander Rahr, der Berater Bundeskanzlers Schröder für Rußlandfragen, ein Vortrag zum Thema „Ein Deutscher im Kreml.“, in der Auslandsgesellschaft in Dormund. So hieß auch sein Buch über Putin. Was auffallend ist, daß der Vortrag durchweg positiv war. Sie werden sicher einwenden „Geben Sie dem Mann doch eine Chance“ – aber was ist denn das Suspekte an Putin? Das wichtigste, was der Westen über Putin wissen sollte ist: er war und bleibt ein KGB Mann bzw. heute nennt sich die Organisation FSB. Es gibt ein Sprichwort in Rußland: einmal KGB-Mann immer KGB-Mann.

Nach dem Vortrag hatte ich die Gelegenheit mit Herrn Rahr einige Meinungen auszutauschen. Ich fragte ihn, ob er es nicht als Gefahr sieht, daß die RF jetzt einen Premierminister hat, der früher KGB Agent war. Darauf antwortete er mir, daß es jetzt zum „Guten Ton“ gehört in den politischen Kreisen, sich mit KGB-Leuten bzw. mit „Silowiki“ (Armeeangehörigen) zu schmücken. Die seien im Gegensatz zu den Parteien „sauber.“

1. Skizierung des „Systems Putin“

Nun die Frage ist erlaubt, wieso man von einem System Putin spricht. Im Vergleich zur Gorbatschowschen Glasnost und Perestroika und der Jelzinschen Demokratie haben wir es jetzt mit einem signifikanten Unterschied zu tun. Die Machthaber Michael Sergejewitsch Gorbatschow wie auch Boris Nikolajewitsch Jelzin traten mehr oder weniger für Demokratie und Menschenrechte ein – oder anders gesagt, was man landläufig für die westlichen Werte hält.

Unter Putin ist die Situation eine ganz andere: Es werden alle möglichen Gesetze geändert, um die Pressefreiheit zu beschneiden. Mit Hilfe des „11. September 2001“ schaffte es Putin den zweiten Tschetschenien Krieg als einen Krieg gegen den internationalen Terrorismus hervorzuheben.

Die Folgen waren die, dass Tschetschenen und Leute mit kaukasischem Aussehen (Ludi kafkaskoj nationalnasti) sozusagen als Vogelfrei erklärt wurden. Für die Polizei reichte es aus, um solche Leute festzunehmen und zu schikanieren. Ein weiteres Merkmal des Systems ist es, dass einflussreiche Leute bzw. V.I.P’s, die möglicherweise in Zukunft Einfluß nehmen könnten, entweder gezwungen werden in den Westen zu emigrieren oder ihnen wird der Prozeß gemacht wie Michail Chordokowskij. Dieser ist in Mißkredit geraten, weil er durch seinen YOKOS Konzern viele oppositionelle Parteien unterstützt hat.

Ein nicht zu verachtendes Merkmal ist auch, daß das Regime wohlwollend nichts gegen die rechtsradikalen Gruppierungen unternimmt. Das sind Gruppierungen der russischen Nationalisten, die auch gegen den Westen, die Juden und die Ausländer Stimmung machen. Bezeichnend dafür ist, dass das meist Skinheads sind, die ausländische Studenten tot prügeln, weil sie keine Russen sind. Interessant an solchen Fällen ist, daß die Polizei sich weigert, das als Rassismus in den Akten zu vermerken. Sie spricht meist von Pöbeleien.

Jetzt komme ich zu den Medien (Fernsehen, Radio, Zeitungen und Internet-Informations­portale). In den 90er Jahren bauten die Oligarchien Wladimir Gussinskij und Boris Abramowitsch Beresowskij Medienkonzerne auf. Wladimir Alexandrowitsch Gussinskij floh, um nicht so zu Enden wie Michail Borissowitsch Chodorkowskij nach Spanien[1], auch Beresowskij musste letzten Endes erkennen, dass er in Rußland nicht mehr sicher war und siedelte nach London über[2]. Sie mussten damit rechnen, daß ihnen die Russische Föderation den Prozeß macht. Dieses Gerichtsverfahren hat nur noch wenig mit unseren westlichen Gerichten gemein. Es handelt sich um „Telefonjustiz“: Eine einflußreiche Persönlichkeit befiehlt einem Richter oder Staatsanwalt, wie er zu entscheiden habe. Meist sehen solche Verfahren wie folgt aus: Der Angeklagte wird zur Rechenschaft herangezogen wegen Steuerhinziehung. Letzten Endes wird er verurteilt wegen einer Privatisierung von sowjetischen Eigentum oder Immobilien Anfang der 90er Jahre. Damals kauften Leute, die heute zu den Oligarchien zählen, zum Schnäppchenpreis Staatsunternehmen auf, die damalige Regierung half ihnen dabei. Leuchtendes Bespiel hier ist Michael Chodorkowskij.[3] Das komische daran ist nur, dieses wird nur angewandt, wenn sich die Oligarchien nicht loyal gegenüber der neuen Führung zeigen.

Was ist denn nun das „Vergehen“ der Herren Beresowskij und Gussinskij, die quasi gezwungen wurden das Land zu verlassen. Zu erst zu Gussinskij: in seinem Besitz war der Fernsehkanal NTW. Auf diesem Sender wurden kritische Berichte über die „zweite Tschetschenien Kampagne“ gesendet, und außerdem kamen zu den Dumawahlen 1999 auch andere Parteien zu Wort, abgesehen von der Partei des Präsidenten (damals noch des zukünftigen Präsidenten) „Einheit“. Und zu guter letzt gab es dort eine politische Satire Sendung „Puppen“(Kukly), vergleichbar mit einer früheren deutschen Fernsehsendung „Hallo Deutschland.“ So jetzt zu Beresowskij. Beresowskij gehört zur sogenannten „Jelzin-Familie.“ Beresowskij hat in mehreren Interview gesagt, daß es seine Idee war, Wladimir Wladimirwitsch Putin zum Präsidenten der RF zu machen. Er ging davon, daß er auch auf Putin Einfluß nehmen kann, wie er es bei Jelzin über lange Jahre getan hatte .Bloß im letzten Punkte irrte er sich gewaltig. Nicht er diktierte das Geschehen, sondern der neue Präsident.

Die Frage ist bloß, wie konnte es dazu kommen, wo doch Jelzin und Gorbatschow viele positive Entwicklungen in Richtung Demokratie, Menschenrechte und eine verbesserte Trennung, von Exekutive, Legislative und Judikative getan haben.

1.1 Aufbau der Russischen Föderation in der Jelzin-Ära

Jelzin wurde 1991 erster demokratischer Präsident in dem unhängigen Staat, der sich Russische Föderation nannte. Die UdSSR war Geschichte, es gab 15 Nachfolgestaaten und einer war die RF.

Jelzin warb für Rußland bei den ethnischen Minderheiten in den Anfängen mit den Slogan: „Nimmt Euch so viel Souveränität, wie Ihr verdauen könnt, den Rest gebt per Vertrag an Rußland zurück[4].“

1993 wurde die Gewaltenteilung ins Grundgesetz aufgenommen, dort heißt es in Artikel 10: „Die Staatsmacht in der Russischen Föderation wird Teilung in Legislative, Exekutive und Judikative ausgeübt. Die Organe von Legislative, Exekutive und Judikative sind selbstständig“. Ein weiterer wichtiger Artikel in diesem Zusammenhang ist Artikel 11, dort ließt man: „Die Staatsmacht in der Russischen Föderation wird vom Präsidenten der Russischen Föderation, von der Föderationsversammlung [Parlament mit seinen beiden Kammern Föderationsrat/Oberhaus und Staatsduma/Unterhaus], von der Regierung der Russischen Föderation und den Gerichten der Russischen Föderation ausgeübt.“[5] Zu dieser Gewaltenteilung kam es nicht, statt dessen bildete sich unter Jelzin ein polyzentrischer Staat heraus, im negativen Sinne.

Die Folge war, daß sich in Jelzins Rußland viele Machtzentren bildeten; diese hatten auch eine oberste Macht, bloß war die unabhängig vom Präsidenten. Das Resultat war, daß sie ihre Entscheidungen beschlossen, wie es ihnen beliebte, ohne Absprache mit dem Präsidenten. Daraus resultierte eine ständige Krise des politischen Systems, indem sich die Machtzentren gegenseitig bekämpften. Noch ein weiteres Element kam hinzu: Jelzin wurde mit den Jahren immer schwächer und hatte Mühe, die Amtsgeschäfte zu leiten. In dieser Zeit war es nicht so entscheidend, ob man einen hohen Posten in dem Staatsapparat besaß, sondern dass man Kontakt zum Präsidenten hatte und somit Einfluss nehmen konnte auf Entscheidungen, die er treffen mußte. Jelzins „graue Eminenzen“ wurden oft gewechselt, am Ende entstand ein Kartell, „die Familie“ (in Anlehnung an die italienische Mafia). Dies hatte auch Folgen auf die Gesellschaft.

- Dies führt zu einer Legitimierungskrise der Macht. Die früheren Machtstrukturen hatten Auflösungstendenzen. Auch die alte Nomenklatura konnte sich diesem nicht entziehen. Sie zerfiel in Eliteclans, die versuchten möglichst viele Eigenschaften des Staates sich zu Eigen machen: D.h. ein Clan enthielt einen Führer, Gruppen für finanzielle und politische Unterstützung, eine Privatarmee, intellektuelle Mitglieder, kontrollierte Medien und Image- und Politikberater.
- Das Endresultat dieses Prozesses: Mit der Schwächung des föderalen Zentrums verloren auch seine Eliten ihre zentrale Rolle. Es kamen neue Eliten zum Vorschein, das waren die Geschäftseliten und die Regionalen Eliten. Diese Zeit war geprägt von dem Konflikt zwischen Zentrum und Regionen. Ein Kampf aller gegen alle.[6]

[...]


[1] Vgl. Wikipedia „Gussinski” http://de.wikipedia.org/wiki/Wladimir_Alexandrowitsch_Gussinski Stand: 12.03.2006

[2] Vgl. Wikipedia “Beresowskij” http://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Beresowskij Stand: 12.03. 2006

[3] Zit. nach Kerneck, Babara: Rußlands sicht auf die NATO und EU, S. 4.

[4] Perovic, Jeronim, Studies in Contemporary History and Security Policy Volume 6, “Die , Die Regionen Rußlands, Bern 2001”http://kms.isn.ch/serviceengine/FileContent?serviceID=PublishingHouse&fileid=E32D8B3A-AC8B-081E-2252-C8833D5B4789&lng=de Stand. 19.03.2006

[5] Zit. Kryschtanowskaja, S. 121.

[6] Ebd., S.119-124

Ende der Leseprobe aus 18 Seiten

Details

Titel
Putins 'gelenkte Demokratie' unter Berücksichtigung seiner rassistischen Elemente oder wie lange will der Westen noch schweigen?
Hochschule
Universität Duisburg-Essen  (Institut für Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar: Zur Konstruktion von Stereotypen: Antisemitismus in Europa.
Note
2,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
18
Katalognummer
V73341
ISBN (eBook)
9783638632904
ISBN (Buch)
9783640475186
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Putins, Demokratie, Berücksichtigung, Elemente, Westen, Seminar, Konstruktion, Stereotypen, Antisemitismus, Europa
Arbeit zitieren
Aleksandr Barskij (Autor:in), 2006, Putins 'gelenkte Demokratie' unter Berücksichtigung seiner rassistischen Elemente oder wie lange will der Westen noch schweigen?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73341

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