Die Ethik der Governance


Seminararbeit, 2007

25 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Die Grundidee der Ethik der Governance
2.1 Theoretische Voraussetzungen der Governanceethik
2.1.1 Gegenstandsbereich der Governanceethik
2.1.2 Bedeutung für die Anwendung

3 Management der Werte
3.1 Triebkräfte des Wertemanagements
3.1.1 Corporate Governance und Wertemanagement
3.1.2 Wertekategorien
3.2 Das WerteManagementSystemZfW
3.2.1 Institutionalisierung des WerteManagementSystemsZfW
3.2.1.1 Stufe 1: Kodifizieren
3.2.1.2 Stufe 2: Kommunizieren
3.2.1.3 Stufe 3: Implementieren
3.2.1.4 Stufe 4: Organisieren

4 Enron Corperation
4.1 Die Geschichte Enrons
4.2 Enron Ethics und das WerteManagementSystemZfW
4.2.1 Enron Ethics
4.2.2 WerteManagementSystemZfW

5 Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1:Koeffizientenmatrix der Governanceethik

Abbildung 2:Mindestanforderung an eine Führungsethik

Abbildung 3:Steuerungsmatrix der Corporate Governance

Abbildung 4:Kategorisierung der Unternehmenswerte

Abbildung 5:Prozessstufen des WerteManagementSystemsZfW

Abbildung 6: Koeffizientenmatrix der Governanceethik bei Enron

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

Die Frage nach Moral und Ethik in einer globalisierten Wirtschaft stellt sich immer häufiger. Der Staat verliert mehr und mehr an Einfluss und es ist kaum möglich länderübergreifende Regeln für einen fairen und humanen Wettbewerb aufzustellen.

In den Medien wird über Korruption und Massenentlassungen trotz steigender Gewinne beinahe täglich berichtet. Die Unternehmen, hier besonders die Großen, haben mit einem extremen Vertrauensverlust zu kämpfen, der sich neben Imageschäden deutlich in der Bilanz niederschlägt.[1]

Wie ist diesem Werteverfall in der Wirtschaft nun zu begegnen?

Ist es überhaupt möglich in einem gewinnmaximierenden System moralisch zu handeln?

Die Relevanz von Ethik und Moral in der Wirtschaft lässt sich an verschiedenen Beispielen deutlich machen. Bei Shell, die Mitte der 90iger Jahre des letzten Jahrhunderts mit den Folgen der langwierigen Diskussion über das „Nichtversenken“ der Ölplattform „Brent Spar“ zu kämpfen hatten, oder bei Nike, die aufgrund von Kinderarbeit bei ihren Zulieferern unter enormen Druck gerieten.

Durch moralisches, ethisches Handeln hätten sich diese Unternehmen den Problemen nicht aussetzten müssen. Doch ist moralisches Handeln immer möglich? Diese Frage ist nicht Gegenstand dieser Arbeit und soll hier nicht erörtert oder beantwortet werden.

Im Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensethik gibt es im deutschsprachigen Raum verschiedene Ansätze. Im Rahmen meiner Seminararbeit werde ich die „Theorie der Governanceethik “ von Josef Wieland vorstellen und sie auf den wohl bekanntesten Fall der Wirtschaftskriminalität anwenden: den Fall Enron.

Der Ansatz von Josef Wieland gilt als der praxisorientierteste Ansatz im Bereich der Wirtschafts- und Unternehmensethik. Interessant ist besonders, ob es mit diesem Ansatz möglich ist, selbst extreme Formen von unmoralischem Handeln zu verhindern.

Ich gehe so vor, dass ich im zweiten Kapitel die Ethik der Governance vorstelle, im dritten Kapitel daraus das Wertemanagementsystem des Zentrums für Wirtschaftsethik (ZfW) ableite und im vierten Kapitel dies auf den Fall Enron anwende.

2 Die Grundidee der Ethik der Governance

Josef Wieland sieht die Grundgedanken der Ethik der Governance in der Überlegung begründet: „ …dass sich alle herkömmlichen Probleme der Wirtschafts- und Unternehmensethik mikroanalytisch darstellen lassen als die moralische Dimension distinkter wirtschaftlicher Transaktionen.“[2] Mit distinkter (abgrenzbarer) wirtschaftlichen Transaktionen sind z.B. Arbeitsverträge, Verträge mit Lieferanten gemeint, jedoch auch der Umgang, die Beziehung zu den Kunden. Die moralische Dimension einer Transaktion lässt sich in einer Funktion darstellen, die sich aus: “...der individuellen Selbstbindung der involvierten Personen, der formalen und informalen Institutionen…und der Beschaffenheit der Koordinations- und Kooperationsmecha-nismen einer wirtschaftlichen Organisation“[3] zusammen setzt.

Der Begriff: „…der Governance bezeichnet dabei eine Steuerungsmatrix zur Abwicklung wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Transaktionen.“[4]

2.1 Theoretische Voraussetzungen der Governanceethik

Im Rahmen der Governaceethik wird nur eine distinkte wirtschaftliche Transaktion betrachtet, dadurch soll stets der Anwendungsbezug und die Integration der Governanceethik in den institutionen- und organisationsökonomischen Ansatz sichergestellt werden.

Josef Wieland legt bei der Entwicklung bzw. Weiterentwicklung seiner Theorie den Fokus ganz deutlich darauf, dass sein Konzept in der Wirtschaft angewendet werden kann, denn nur so nutzt es der “…wissenschaftlichen Etablierung und Institutiona-lisierung der Wirtschafts- und Unternehmensethik…“[5] Bisher fehlt es in der unternehmensethischen Diskussion im deutschsprachigen Raum an der praktischen Relevanz der Theorien. Die Ethik der Governance umgeht dieses Problem durch eine starke mirkoanalytische und mirkopolitische Orientierung (Betrachtung).

Da bei der Governanceethik, wie auch bei der Transaktionskostentheorie die Transaktion im Mittelpunkt der Betrachtung steht, lässt sie sich der Neuen Institutionen- und Organisationenökonomik zuordnen. Durch diese Zuordnung ist es möglich die moralische Dimension einer wirtschaftlichen Transaktion herzuleiten, denn im Rahmen der Neuen Institutionen- und Organisationenökonomie wird stets von unvollständigen Verträgen zwischen den Wirtschaftssubjekten ausgegangen. Dies ist die Vorraussetzung, dass die Handlung eine moralische Dimension bekommt, denn bei vollständigen Verträgen gibt es z.B. keine Informationsasymmetrien, die ein Partner auf Kosten des Anderen ausnutzen kann.

So ist zu jedem Zeitpunkt der Transaktion, Anbahnung, Durchführung und Kontrolle ein moralisches Moment vorhanden, dass von der Organisation durch die ihr immanenten moralischen Ressourcen bewältigt werden muss.

Moralisches Handeln darf nicht nur auf die möglicherweise entstehenden Restriktionen reduziert werden, sondern es müssen auch die Kooperationsmöglichkeiten die tatsächlich entstehen, mit in die Bewertung einbezogen werden.

Durch einen konsequenten Aufbau eines Wertemanagementsystems können große Teile der Transaktionskosten eingespart werden. Das Unternehmen gewinnt an Reputationskapital, womit es sich wesentlich von den anderen Unternehmen abhebt und es für potenzielle Partner interessanter macht.

2.1.1 Gegenstandsbereich der Governanceethik

Um den Anwendungsbezug der Governanceethik hervorzuheben, wird der Ansatz mit Hilfe einer Funktion dargestellt. Die formale Schreibweise lautet:

Tmi = f(aISi, bFIij, cIFij, dOKKi)[6]

(a…d=-1, 0, 1; i= spezifische Transaktion; j= spezifischer Ort)

Tm steht für die moralische Dimension einer distinkten wirtschaftlichen Transaktion. Die moralische Dimension kann hier als der moralische Anspruch an die wirtschaftliche Transaktion verstanden werden. Dieser Anspruch leitet sich aus einer Selbstverpflichtung der beteiligten Personen oder aus gesellschaftlich akzeptierten moralischen Überzeugungen ab. Um dies zu verdeutlichen soll folgendes Beispiel dienen: Ein Unternehmen schließt einen Lieferantenvertrag (distinkte Transaktion) mit einem Zulieferer nur unter der Bedingung ab, dass keine Kinder für den Lieferanten arbeiten (moralische Dimension).

IS steht für die individuelle Selbstbindung, in diesem Zusammenhang wird auch von der Selfgovernance gesprochen. Sie geht zurück auf Prinzipien der Tugend, der Moral oder auch auf rationale Vorteilskalküle.

Die individuelle Selbstbindung ist von Person zu Person und von Transaktion zu Transaktion verschieden. Dies wird durch den Indikator i verdeutlicht. Für die Governanceethik ist IS von Bedeutung, um festzustellen, ob und wie die individuelle Selbstbindung einen Beitrag zu Tm leisten kann, d.h. in welcher Weise sie zur moralischen Dimension der Transaktion beiträgt.

FI steht in dieser Funktion als Argument für die formalen Institutionen einer Gesellschaft. Mit anderen Worten, FI ist der ordnungspolitische Rahmen, die Gesetze einer Gesellschaft j, in der die Transaktion i durchgeführt werden solle. j ist der spezifische Ort, die zu betrachtende Gesellschaft. Durch die Globalisierung der Wirtschaft verlieren die nationalen Gesetze stetig an Bedeutung. Somit wäre ein funktionales Äquivalent für FI für die Governanceethik äußerst zweckdienlich.

IF steht für die informellen Institutionen der Gesellschaft j, welche bei der Durchführung der wirtschaftliche Transaktion von Bedeutung sein könnten. Religiöse oder moralische Überzeugungen gehören zu diesem Teil der Governanceethik. Es wird hier nicht nur auf die Kultur einer Gesellschaft abgestellt, sondern IF wird um die Unternehmenskultur erweitert. Als Beispiel dient hier die Korruption. Sie ist tief in der Kultur einer Gesellschaft, einer Organisation verankert und wird moralisch unterschiedlich bewertet: Sie ist entweder als Geschäftmodell legitimiert oder verboten.

OKK, die Koordinations- und Kooperationsmechanismen einer Organisation stellen die zentrale Variable in der Governanceethik dar. Die OKK sind dafür verantwortlich, wie wirtschaftliche Transaktionen in einer Organisation durchgeführt, gesteuert und kontrolliert werden. Genauer: Unter den OKK sind die Leitlinien und Verfahren der geschäftlichen Prozesse zu verstehen. Es werden die moralischen Überzeugungen und Werte einer Organisation in die Prozesse implementiert und verankert.

Um die Bedeutung zu unterstreichen, ein Zitat von Josef Wieland: „Ohne ihre Existenz und Wirkung gibt es keine Wirtschafts- und Unternehmensethik jenseits von universitären Seminaren.“[7]

Die Koeffizienten der Governanceethik a, b, c, d können jeweils den Wert -1, 0, 1 annehmen. Die Vorzeichen der Koeffizienten signalisieren in welcher Weise die Argumente IS, FI, IF, und OKK die distinkte wirtschaftliche Transaktion Tm beeinflussen.

- Wert -1: Negative Wirkung auf die moralische Dimension der Transaktion
- Wert 0: Es wird keine Wirkung angenommen
- Wert 1: Positive Wirkung auf die moralische Dimension der Transaktion

2.1.2 Bedeutung für die Anwendung

Aus der bisherigen Analyse der Governanceethik lassen sich nun die ersten möglichen Beispiele ableiten. Wie das folgende Schaubild zeigt, ist es möglich mit der Ethik der Governance verschiedene Bereiche der Wirtschafts- und Unternehmensethik darzustellen und voneinander abgrenzen:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1:Koeffizientenmatrix der Governanceethik ( Nach Wieland 2005a, S.40)

Es handelt sich hier jeweils um die reine Form der jeweiligen Ethik. Bei einer wirtschaftlichen Transaktion sind die moralischen Probleme nicht so einfach den verschiedenen Ethikformen zu zuordnen.

Im ersten Fall, der Tugendethik, wirkt nur die Selfgovernance, d.h. die individuelle Selbstbindung der Person, während FI, IF und OKK neutral (0) sind bzw. entgegengesetzt wirken(-1).

Bei der Ordnungsethik stellen die formalen Institutionen den systematischen Ort der Wirtschaftsethik dar, während die globale Ethik von der Dominanz der verschiedenen Moralkulturen ausgeht. So kann es im letzteren Fall sein, dass FI und IF entgegengesetzt wirken, was dazu führt, dass geltende Gesetze für die Handlung der Menschen keine Rolle spielen.

Im Fall der Unternehmensethik, die hier im Fokus steht, spielen die OKK eine entscheidende Rolle. Von den Koordinations- und Kooperationsmechanismen gehen die entscheidenden Impulse für moralisch einwandfreie Transaktionen aus.

Fazit diese Exkurses zu den verschiedenen Formen und Betrachtungsweisen der Ethik im Bereich der Wirtschaftswissenschaften ist, dass mit der Ethik der Governance verschiedene Entscheidungssituationen charakterisiert werden können, die in ihrer Reinform jedoch nur höchst selten eine Problemsituation in der Realität darstellen.

Um zum Anwendungsbezug des Ansatzes von Josef Wieland zurückzukommen, ist eine grundlegende Überlegung notwendig: Welche Voraussetzungen müssen mindestens gegeben sein, damit Moral und Kapital sich in die gleiche Richtung bewegen?

„Die Mindestanforderung an eine realistisch durchhaltbare Managementethik im Sinne einer Führungsethik lautet daher:“[8]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2:Mindestanforderung an eine Führungsethik ( Nach Wieland 2005a, S.41)

Die Mindestanforderung an eine Führungsethik verdeutlicht, dass ohne die „richtigen“, im Sinne von moralisch korrekten, Governancestrukturen in einem Unternehmen nur schwer ethisch korrekt gehandelt werden kann.

IS muss zwingend positiv sein. Werden jedoch die Anreize im Unternehmen so gesetzt, dass z.B. die korrupte Person besser da steht, als diejenige, die moralisch integer handelt, wird das Unmoralische in der Unternehmenskultur verankert und so als legitim angesehen. Dieses Phänomen werde ich später im Kapitel 4, beim Fall Enron deutlich herausarbeiten.

Um diese Dilemmasituation lösen zu können, bedarf es der Implementierung von Wertemanagementsystemen, die IS stützen oder es sogar fördern können.

[...]


[1] vgl. hierzu Von Oetinger, B. und Reeves, M. (2007): Grösse verpflichtet, S.60

[2] vgl. hierzu Wieland, J. (2001): Eine Theorie der Governanceethik, S.8

[3] vgl. hierzu Wieland, J. (2001): Eine Theorie der Governanceethik, S.8

[4] vgl. hierzu Wieland, J. (1999): Die Ethik der Governance, S.7

[5] vgl. hierzu Wieland, J. (2001): Eine Theorie der Governanceethik, S.11

[6] vgl. hierzu Wieland, J. (2005a): Normativität und Governance, S.29

[7] vgl. hierzu Wieland, J. (2001): Eine Theorie der Governanceethik, S.10

[8] vgl. hierzu Wieland, J. (2005a): Normativität und Governance, S.41

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Die Ethik der Governance
Hochschule
Universität Hohenheim  (Institut für Kulturwissenschaften)
Note
1,3
Autor
Jahr
2007
Seiten
25
Katalognummer
V73228
ISBN (eBook)
9783638881685
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ethik, Governance
Arbeit zitieren
Matthias Kuhlmann (Autor:in), 2007, Die Ethik der Governance, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/73228

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