Der trinitarische Personenbegriff innerhalb der theologiegeschichtlichen Entwicklungen unter Einbezug der Trinitätsmodelle von Augustinus von Hippo und Richard von St. Viktor


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

25 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Die Frage nach Gott

2. Monotheismus – der eine Gott

3. Trinität – der dreieinige Gott
3.1 Die Problematik des trinitätstheologischen Personenbegriffs
3.2 Die Problematik der Wesenseinheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist
3.3 Die Eigenarten der trinitarischen Personen hinsichtlich der innertrinitarischen Hervorgänge
3.4 Heilgeschichtliche Sendungen innerhalb der Trinitätslehre

4. Das Trinitätsmodell von Augustinus von Hippo

5. Das Trinitätsmodell von Richard von St. Viktor

Zusammenfassung

Einleitung

Der christliche Glaube basiert auf dem Bekenntnis zum dreieinigen Gott. Doch gerade diese trinitarische Gotteslehre ist bei vielen Christen beschränkt auf einen „Ein-Gott-Glauben“, die Trinität scheint in ihrem Verständnis zu komplex zu sein. Was oder wer ist überhaupt Gott und wie können sich Christen den dreieinigen Gott vorstellen? In dieser Arbeit wird in Bezug auf die trinitarischen Modelle von Augustinus von Hippo und Richard von St. Viktor versucht darzulegen, welche Personen in der Einheit Gottes zu finden sind und welche Funktionen sie untereinander und zum Menschen haben.

1. Die Frage nach Gott

Das griechische Wort Theologie ist mit „Lehre von Gott“ (logos = Lehre / theós = Gott) zu übersetzen. Danach kann Gott als der Hauptinhalt dieser Wissenschaft gelten, insbesondere der Dogmatik. Diese beschäftigt sich mit der systematischen Darstellung der christlichen Glaubenslehre und mit grundlegender Bezugnahme auf die Heilige Schrift sowie mit Glaubensentwicklung (Tradition), lehramtliche Verlautbarungen, der wissenschaftlichen Theologie und den Glaubenssinn der Gläubigen. Die Dogmatik soll herausstellen, wie Gott dabei im Zentrum als Ursprung und als Ziel stehen kann.[1] Dies kann nur erfolgen, wenn bekannt ist, wer und was Gott überhaupt ist. Das Christentum geht davon aus, dass Gott sich selbst als Ursprung und Ziel darstellt und damit Bedingung für die Wissenschaft Theologie ist. Doch ist die Gewissheit Gottes nicht analog mit Tatsachen aus dem heutigen Alltag vergleichbar, vielmehr ist Gott ein verborgener Gott. Nur durch sein Handeln, der Offenbarung, und den Glauben allein wird er Christen ersichtlich. Sein Wirken zieht sich bis in die Gegenwart hinein und kann dadurch erkannt werden, da sich Offenbarung und die historische Überlieferung an die Vernunft eines jeden Menschen wenden.

Das Erste Vatikanische Konzil im Jahr 1870 bringt den für Christen obligatorischen Glaubenssatz hervor: Gott, der Anfang und das Ziel aller Dinge, kann durch das „natürliche Licht“ der menschlichen Vernunft aus den geschaffenen Dingen mit Sicherheit erkannt werden (DS 3004, DB 1785).[2] Dem Konzil geht es dabei weniger um die Feststellung der wirklichen Erkenntnis Gottes aus den geschaffenen Dingen, sondern vielmehr um das Können des Menschen in der Gottesfrage. Desweiteren will das Konzil das Verhältnis zwischen göttlicher Offenbarung und dem natürlichen Vernunftvermögen des Menschen bestimmen. Die Lehre der katholischen Tradition geht davon aus, dass sowohl die Wortoffenbarung Gottes als auch die Gottesbeweise geeignete Formen zur Erkenntnis Gottes sind. In Gottesbeweisen kommt nur die Seite der geistigen Existenz zum Vorschein, also eine abstrakte Begriffsformulierung. Diese Erkenntnis bezieht sich auf etwas, dass nicht näher bestimmt werden kann, aber eigentlich jedem Menschen bekannt und bewusst ist: es ist in der geistigen Existenz des Menschen und somit auch in dessen Handeln und Urteilen integriert.[3]

Eine solche Form der Gotteslehre, die insbesondere von den so genannten Gottesbeweisen handelt, wird „affirmative“ Gotteserkenntnis genannt. Anselm von Canterbury, der sich in seinen Äußerungen im Wesentlichen an Augustinus orientiert, fasst diese in einer Form zusammen, die auch heute noch gültig ist. Diese Gedanken gehen von der Selbsterfahrung und Gotteserkenntnis aus, wobei es dem Verstand des Menschen schwierig erscheint, Gottes Wirklichkeit klar zu charakterisieren. Nach Canterburys Aussage ist Gott etwas, über das hinaus keine größere Einheit gedacht werden kann und sowohl im Verstand als auch in Wirklichkeit existiert. Diese Zusammenfassung zeigt, dass die Wirklichkeit Gottes das menschliche Denken übersteigt und aus diesem Grund nicht genau definiert werden kann.[4] Gott gilt vielmehr als ein Geheimnis: „Das Wort Gott kann mithin nur als Näherungsbegriff für eine Wirklichkeit verwendet werden, die sich unserer Verfügung entzieht.“ (Breuning, Wilhelm. S.206).

Gotteserkenntnis setzt immer Offenbarung voraus, welche nicht mit einer ausschließlich von außen kommenden Information bzw. einem Eingriff Gottes, der den Menschen sittliche Pflichten auferlegt, verglichen werden kann. Vielmehr ist der Mensch für die Aufnahme der Weisung Gottes selbst verantwortlich, damit er in der Lage ist, Gott selbst zu erkennen und zu verstehen. Diese Beziehung macht deutlich, dass Mensch und Gott nicht auf der gleichen Ebene stehen, sondern die einzigartige Beziehung zu Gott durch den Menschen erst erschlossen werden muss. Im Christentum wird in diesem Fall von der „Gnade Gottes“ gesprochen: durch die Nähe zu Gott wird die eigene Identität der Person in besonderer Weise hervorgehoben. Bei diesem Geschehen wird nicht eine Information an die Menschen weitergegeben, sondern Gott gibt sich selbst, damit sie Gott wahrnehmen und tatsächlich an ihn glauben können.[5] Er gilt als ein Geheimnis, der sich zwar in seinem Wort miteilt, aber sich selbst niemals zeigt. Die Offenbarung Gottes kann somit weniger als eine Selbstoffenbarung gelten, vielmehr als ein Machterweis. Gottes Geist vollendet seine Selbstoffenbarung in der Hinsicht, wie Gott sich selbst den Menschen gegenüber gibt.[6] Das Geheimnis Gottes entzieht sich zwar unserer Erkenntnis, aber gerade dies ist der fundamentale Gegenstand der Offenbarung Gottes: „Gerade als der Verborgene ist Gott der Offenbare.“ (Sattler. Dorothea /Schneider, Theodor: Gotteslehre. In: Schneider, Theodor: Handbuch der Dogmatik. S.109). In der Geschichtlichkeit der Offenbarung wendet er sich mit seiner unableitbaren Liebe an den Menschen und offenbart ihnen diese. Die Selbstmitteilung Gottes ist durch die Person Jesus Christus vollendet worden: „In Jesus ist die gnadenhafte Mitteilung Gottes an die Menschen und die Selbstauslegung dieser Mitteilung in der Dimension der des leibhaftig Greifbaren und Gesellschaftlichen zu ihrem Höhepunkt gekommen, zur Offenbarung schlechthin.“ (Vorgrimler, Herbert. S.37).

Christen glauben demnach an den Gott der biblischen Offenbarung, der sich dem Volk Israel gezeigt hat. Er tritt dabei als der einzige Gott auf, der durch das Geschehen um Jesus Christus jedoch zeigt, dass seine Existenz trinitarisch ist: in ihm sind Vater, Sohn und Heiliger Geist verbunden. Gott richtet sich selbst nach dem Zweck aus, sein Innerstes zu präsentieren, ob nun in der Vergangenheit oder in der Gegenwart. Unser einziger Gott ist demnach der Vater Christi und der Spender des heiligen Geistes.[7] Doch gerade die Lehre vom dreieinigen Gott bereitet große Schwierigkeiten, zu komplex erscheint der Glauben an einen Gott in drei Personen. Sie beschreibt die Verbindung der Christologie und der Pneumatologie an die Gotteslehre, in der die Einheit und Einzigartigkeit Gottes betont wird.

2. Monotheismus – der eine Gott

Das Christentum gehört zu einer Religion, die nur einen allumfassenden Gott kennt und auch anerkennt. Der Glaube an nur einen Gott als höchste Einheit bedeutet, dass damit zugleich der Polytheismus, der Glaube an mehrere Götter, verneint wird. Nach dem Ersten Vatikanischen Konzil 1870 (DS 3001; NR 315) wird „Gott als das absolut heilige, das höchste, überweltliche, persönliche, absolut notwendige, unverursachte, von sich seiende, daher ewige und unendlich vollkommene Wesen“ angesehen. (Vorgrimler, Herbert. S.38).

Der monotheistische Gott hat die Welt erschaffen und ist ihr auch überlegen. Zwar ist Gott für den Menschen als ein Gegenüber nicht greifbar, aber er teilt sich dem Volk durch sein Handeln und seine Liebe mit. Jahwe, der Name der Gottgestalt des Volkes Israel, kann in die Exoduszeit eingeordnet werden. Zwar standen ihm zunächst auch andere Götter als Gruppe gegenüber, aber nur er galt als Individuum und hatte deshalb auch einen Namen.[8] Stetig gewann er die alleinige Zuständigkeit für das Volk. Die Bibelstellen Dtn 5, 6-10 sowie Ex 20, 2-6 zeigen, dass Gott eine innige Liebe zum Volk pflegt und er aufgrund seiner „Eifersucht“ keine anderen Götter neben sich duldet. Gott ist das höchste Gut, nach ihm richten sich alle anderen Dinge und Menschen. Dtn 6,4f zeigt ebenfalls das Bekenntnis zum Monotheismus: „Höre Israel! Jahwe, unser Gott, Jahwe ist einzig. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit ganzer Kraft.“ Die Geschichtserfahrung zeigt, dass Gott sein Volk selbst geschaffen hat, ihm Pflichten auferlegt und sich diesem in seinem Wesen als einziger Gott offenbart. Der transzendente Gott ist seinem Volk nahe und eröffnet diesem seine Wünsche, er hält die Welt zusammen und ordnet sie.[9]

3. Trinität – der dreieinige Gott

Im vorausgegangenen Kapitel wurde die Einzigartigkeit Gottes herausgestellt. Im nächsten Schritt wird erläutert, inwiefern dieser Glaube an einen Gott eigentlich ein Glaube an einen Gott ist, der drei Personen beinhaltet. Die Trinitätslehre muss dennoch als Monotheismus verstanden werden, keinesfalls als Tritheismus. Trinitarischer Monotheismus bedeutet: „Das Bekenntnis zum dreieinigen Gott bringt zur Sprache, wie Gott sich den Menschen als der Urheber ihres Heiles erschließt; als der Gott, von dem man konkret nur sprechen kann, wenn man ihn als Gott für die Menschen zur Sprache bringt.“ (Werbick, Jürgen. S.481-482).

[...]


[1] vgl. Breuning, Wilhelm: Gotteslehre. In: Beinert, Wolfgang (Hrsg.): Glaubenszugänge. Lehrbuch der Katholischen Dogmatik. Band 1. 1995. S.201

[2] vgl. Vorgrimler, Herbert: Theologische Gotteslehre. 1987. S.22

[3] ebenda. S.24

[4] ebenda. S.27-28

[5] ebenda. S.35

[6] vgl. Werbick, Jürgen: Trinitätslehre. In: Schneider, Theodor (Hrsg.): Handbuch der Dogmatik. Band 2. 1992. S.486

[7] vgl. Breuning, Wilhelm. S.202

[8] ebenda. S.236

[9] vgl. Werbick, Jürgen. S.486

Ende der Leseprobe aus 25 Seiten

Details

Titel
Der trinitarische Personenbegriff innerhalb der theologiegeschichtlichen Entwicklungen unter Einbezug der Trinitätsmodelle von Augustinus von Hippo und Richard von St. Viktor
Hochschule
Universität Osnabrück  (Katholische Theologie)
Veranstaltung
Gotteslehre
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
25
Katalognummer
V72813
ISBN (eBook)
9783638738811
ISBN (Buch)
9783638739047
Dateigröße
471 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Personenbegriff, Entwicklungen, Einbezug, Trinitätsmodelle, Augustinus, Hippo, Richard, Viktor, Gotteslehre
Arbeit zitieren
Benjamin Lonnemann (Autor:in), 2006, Der trinitarische Personenbegriff innerhalb der theologiegeschichtlichen Entwicklungen unter Einbezug der Trinitätsmodelle von Augustinus von Hippo und Richard von St. Viktor, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72813

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Blick ins Buch
Titel: Der trinitarische Personenbegriff innerhalb der  theologiegeschichtlichen Entwicklungen unter Einbezug  der Trinitätsmodelle von Augustinus von Hippo und Richard von St. Viktor



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden