Nationbuilding im Kontext von Krisenprävention


Seminararbeit, 2006

17 Seiten, Note: 1,9


Leseprobe


Inhalt

1. Einleitung

2. Der Begriff der Nation

3. Nation- Building -Begriff, Konzept, Elemente
3.1 Der Begriff des Nation-Building
3.2 Entwicklung des Konzepts
3.3 Die Elemente des Nation-Building

4. Staatlichkeit
4.1 Der Staat und seine Funktionen
4.2 Fragile Staatlichkeit

5. Prävention und Nation-Building
5.1 Phasen der Prävention
5.2 Nation-Building und Krisenprävention

6. Externes Nation-Building
6.1 Nation-Building -Möglichkeiten und Mechanismen
6.2 Nation-Building – Grenzen und Gefahren

7. Schlussbemerkung

8. Literatur

1. Einleitung

„Um die neuen Herausforderungen zu bewältigen, braucht es mehr als Einsatz von Polizei und Militär. Es braucht eine langfristig angelegte politische und wirtschaftliche Strategie, die sich gerade mit den vergessenen Konflikten, fehlgeschlagenen Staaten, den failing states, schwarzen Löchern der Ordnungslosigkeit auf unserem Planeten, befasst. Einen Staat neu aufzubauen, Nation-Building, wird für uns zu einer strategischen Aufgabe werden. Hierzu hat Europa, hat auch Deutschland einen wichtigen Beitrag zu leisten“[1]

Nation-Building ist zunächst ein umfassender Prozess, der zur Entstehung von

Nationen und (National)- Staaten führt. Dieser Prozess entwickelt sich in der Regel in einem historischen Kontext und über einen langen Zeitraum hinweg.

Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird dieser Prozess jedoch vor allem aus der Perspektive externer Akteure untersucht, die versuchen, ihn in Post-Konflikt-Situationen und Fällen schwacher bzw. gescheiterter Staatlichkeit herbeizuführen.

Zunächst wird der Versuch unternommen eine Definition und Begriffsbestimmung von „Nation“ zu unternehmen. Des Weiteren wird auf den Begriff, das Konzept und die Elemente von Nation-Building eingegangen. Dann soll es um den Staat und die Merkmale fragiler Staatlichkeit gehen. Weiterhin wird der Begriff und die Phasen der Prävention erläutert und das Nation-Building hier kontextual eingeordnet. Auch die Möglichkeiten, Mechanismen und Grenzen von Nation- Building werden aufgezeigt.

Es soll versucht werden Nation- Building soweit wie möglich begrifflich zu bestimmen, um es dann in das Feld der Krisenprävention einzuordnen. Deutlich werden sollen die Möglichkeiten und auch die Grenzen von externen Versuchen, Nation-Building zu betreiben. Auch die Gründe für externe Aktivitäten sollen zum Thema werden.

2. Der Begriff der Nation

Der Begriff "Nation" wurde aus dem Französischen übernommen und leitet sich von lat. "nasci" (geboren werden) und "natio" (Stamm) ab. In der Antike bezeichnet er sowohl einen Volksstamm als auch eine Gruppe innerhalb eines Volkes, etwa die Angehörigen einer gesellschaftlichen Klasse (Bozay 2005: 60). Dem Mittelalter ist das Konzept der Nation noch unbekannt. Hier waren die kirchlichen und dynastischen Bindungen im Vergleich zu den nationalen noch die stärkeren. Wenn eine größere Gemeinschaft mit „ethnischen“ Merkmalen bezeichnet wurde, verwendete man eher die Begriffe „gens“ oder „populus“. Der Begriff „natio“ konnte sowohl einen Heimatort, als auch den sprachlichen oder sozialen Herkunftsort einer oder mehrerer Personen bedeuten. Im 19. ten Jahrhundert bezieht sich der begriff Nation auf ethnische Kollektive, die ein ethnischen Gemeinschaftsgefühl aufweisen und politisch verbandlich in Staaten organisiert sind (Heckmann 1992: 51).

Eine eindeutige und allgemein anerkannte Definition für „Nation“ lässt sich nicht finden. Der Grund für diese Definitionsschwierigkeiten liegt zum einen darin, dass der Begriff Nation sich mit anderen Begriffen wie Volk und Staat überschneidet und zum anderen darin, dass es im Rahmen der Nationalismusdiskurse verschiedene Erscheinungs- - und Definitionsformen gibt (Bozay 2005: 58).

Häufig bezieht sich der Begriff „Nation“ auf Kriterien wie das Gemeinsamkeitsbewusstsein, die staatliche und politische Organisation und ein gemeinsames Territorium wie folgende Definitionen deutlich machen sollen:

„Zur Nation wird das Kulturvolk, das an sich politisch amorph ist, dadurch dass es sein Zusammengehörigkeitbewusstsein zu einem politischen Willenszusammenhang entwickelt. Keineswegs genügt zur Konstituierung der Nation das bloß ethnische Gemeinsamkeitsgefühl“ (Heller 1963: 261).

„Eine Nation ist ein Volk im Besitz eines Staates. Um einen Staat in Besitz zu nehmen, müssen einige Mitglieder dieses Volkes den Hauptteil der Führungskräfte dieses Staates stellen, und eine größere Zahl von Volksangehörigen muss sich mit diesem Staat irgendwie identifizieren und ihn unterstützen“ ( Deutsch 1972: 204 ).

„Nations –that is to say, communities of shared values, traditions and historical memory” (Fukuyama 2006: 3).

Im sozialwissenschaftlichen Kontext wird der Begriff auf sehr unterschiedlicher Weise verwendet, so z. B. als vorgestellte Gemeinschaft[2],als historisch Kontingentes Konzept[3] oder auch als Kombination vorstehender Begriffe[4].

3. Nation- Building –Begriff, Konzept, Elemente

Der Begriff Nation-Building ist nicht klar abgegrenzt und oftmals wird er mit State-Building oder Peace- Building gleichgesetzt. Im Folgenden soll versucht werden den Begriff, das Konzept und die Elemente von Nation-Building darzustellen.

3.1 Der Begriff des Nation-Building

Nation- Building ist zunächst ein Prozess sozi-politischer Entwicklung. Über einen längeren Zeitraum wird aus verschiedenen locker verbundenen Gemeinschaften eine zusammenhängende Gesellschaft mit einem Nationalstaat. Es gibt in diesem Zusammenhang friedliche und gewaltsame Prozesse der Herausbildung eines Nationalstaats (Hippler 2004a: 18).

Zudem kann Nation- Building eine externe Strategie zur Erreichung politischer Ziele sein. Hierbei versuchen externe Akteure durch die Förderung von Nation- Building Prozessen eigene Interessen und Ziele zu verwirklichen. Die Förderung der Bildung eines nationalstaatlich verfassten politischen Systems kann in diesem Zusammenhang spezielle Interessen der internen oder externen Akteure fördern, da der Nationalstaat einen besseren Rahmen für die Durchsetzung dieser Ziele bilden kann. In diesem Sinne hat das externe Nation-Building weniger einen prozessualen als konzeptionellen Charakter. Interne oder externe Akteure können hier aus verschiedenen Gründen handeln. Neben dem Vorhaben gesellschaftliche Stabilität oder Entwicklungschancen zu erhöhen kann es sich bei der Förderung von Nation- Building auch um eine imperiale Strategie handeln, bei der es um Dominanz, Macht und Kontrolle geht. In diesem Sinne kann zwischen imperialem und friedens- oder entwicklungspolitischen Nation-Building unterschieden werden (Hippler 2004a:19).

3.2 Entwicklung des Konzepts

Schon in den 1950er und 1960er war Nation-Building ein wichtiges Konzept in der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik. Gesellschaften sollten im Sinne der Modernisierungstheorie strukturell den Industriestaaten angepasst werden.

Aus „tribalen“ oder „traditionellen“ Gesellschaften sollten „moderne“ Nationalstaaten werden (Hippler 2004a: 16).

Im Kontext des Ost-West Konflikts war Nation- Building eine Strategie zur Hemmung des Sozialismus und der Sowjetunion in der Welt. Im Verlauf der 70ger Jahre verlor das Nation- Building als Konzept an Bedeutung. Seine Betonung im Zusammenhang mit dem Vietnamkrieg und seine Verbindung mit militärischen Strategien machten das Konzept unbeliebt (Hippler 2004a: 17) .

In der zweiten Hälfte der 1990er Jahre hat sich der Begriff Nation-Building in politischen und wissenschaftlichen Debatten etabliert. Hintergrund war die Erkenntnis, dass Staatszerfall und Fragmentierung von Gesellschaften Gewaltkonflikte entweder auslösen oder unlösbar werden lassen können. Nation-Building wird als präventive Politikoption, als Alternative zum militärischen Eingriff, als Bestandteil militärischer Interventionen oder als Element der Konfliktnachsorge diskutiert (Hippler 2004a: 15).

Das Konzept Nation-Building bleibt dabei jedoch weitgehend im Unklaren. In keiner Wissenschaft oder intellektuellen Schule wird der Begriff Nation-Building klar definiert und entsprechend verwendet. Es gibt jedoch einige zentrale Merkmale von Nation-Building, die nun dargestellt werden sollen.

3.3 Die Elemente des Nation-Building

Es sind drei wichtige Elemente zu unterscheiden, die für ein erfolgreiches Nation-Building wichtig sind: eine gemeinschaftsbildende Ideologie, die Integration der Gesellschaft und ein funktionsfähiger Staatsapparat.

Die Bildung der Nation entspringt aus einer integrativen Ideologie oder bringt im Prozess eine solche hervor. Für ein erfolgreiches Nation-Building und die soziale Mobilisierung bedarf es einer Legitimierung der Umstrukturierung von Politik und Gesellschaft. Diese Legitimierung liegt in der integrativen Ideologie, die eine Umstrukturierung im Sinne und zum Wohle der Nation nachvollziehbar und wünschenswert werden lässt.

[...]


[1] Der damalige Staatsminister im Auswärtigen Amt Ludger Vollmer in einer Rede im Juni 2002, zitiert nach: Hippler (2004c): 245.

[2] Vgl. Benedict Anderson

[3] Vgl. Rogers Brubaker

[4] Vgl. Anthony D. Smith

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Nationbuilding im Kontext von Krisenprävention
Hochschule
Universität Hamburg
Note
1,9
Autor
Jahr
2006
Seiten
17
Katalognummer
V72723
ISBN (eBook)
9783638730556
ISBN (Buch)
9783638755078
Dateigröße
423 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
'Um die neuen Herausforderungen zu bewältigen, braucht es mehr als Einsatz von Polizei und Militär. Es braucht eine langfristig angelegte politische und wirtschaftliche Strategie, die sich gerade mit den vergessenen Konflikten, fehlgeschlagenen Staaten, den failing states, schwarzen Löchern der Ordnungslosigkeit auf unserem Planeten, befasst. Einen Staat neu aufzubauen, Nation-Building, wird für uns zu einer strategischen Aufgabe werden.
Schlagworte
Nationbuilding, Kontext, Krisenprävention
Arbeit zitieren
Rieke Leemhuis (Autor:in), 2006, Nationbuilding im Kontext von Krisenprävention, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72723

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