Alfred de Musset im Licht seiner beiden Novellen "Emmeline" und "Les deux Maîtresses"


Hausarbeit (Hauptseminar), 2006

37 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Zwei Novellen im Vergleich
2.1 Inhalt
2.2 Figuren
2.2.1 Figuren in Emmeline
2.2.2 Figuren in Les deux Maîtresses
2.3 Handlung und Themen
2.3.1 Emmeline
2.3.2 Les deux Maîtresses
2.4 Erzählkontext
2.4.1 Erzähler
2.4.2 Fiktive Leserin
2.4.3 Zeit und Ort
2.4.4 Redewiedergabe
2.5 Sprache und Stil

3. Interpretation der Novellen
3.1 Biographie Alfred de Mussets
3.2 Musset und die Frauen
3.3 Die Frauen in seinen Novellen

4. Zusammenfassung

Literatur

1. Einleitung

Mussets Novellen wurden von der Literaturwissenschaft bisher wenig beachtet. Sie wurden als eher unwichtiger Teil seines Gesamtwerkes betrachtet, was auch damit zusammenhängen mag, dass Musset selbst ihnen diese Rolle zuschrieb. Er sah sich gezwungen Novellen zu schreiben, um sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen, empfand diese Art des Schreibens jedoch nicht als Kunst, obwohl die Novellen seine Leser, insbesondere seine Leserinnen, über einen langen Zeitraum faszinierten und immer wieder neu aufgelegt wurden.

Musset schrieb als einer der Ersten für ein intelligentes Publikum, für eines, das zwischen den Zeilen lesen konnte und ohne viele Worte verstand, was gemeint war.[1]

Emmeline und Les Deux Maîtresses waren unter Mussets ersten Novellen und erschienen beide im Jahre 1837 in der Revue des Deux Mondes. Beide Novellen sind durch die Ähnlichkeit ihrer Thematik verbunden. In beiden geht es um eine Entscheidung für den einen oder anderen Liebhaber bzw. Geliebte, die zugleich eine Entscheidung für die eine oder andere Spielart der Liebe bedeutet.

Auch die Erzählsituation scheint die gleiche zu sein: Ein Erzähler erzählt einer Frau eine Geschichte aus Paris, die sich in der gleichen Gesellschaftsschicht zuträgt, der auch eben diese Frau angehört, nämlich der „Haute Bourgeoisie“.

Beide Geschichten spielen um 1825. In der Novelle Emmeline scheint der Ton ernsthafter zu sein und der Gefühlskonflikt führt zu dramatischen Szenen. In der Novelle Les Deux Maîtresses scheinen die Ereignisse weniger bedeutsam und die Atmosphäre ist ausgeglichener.

Da in beiden Novellen zweifellos autobiographische Züge zu erkennen sind, wie auch Mussets Bruder Paul mehrfach bestätigt hat, ist es nahe liegend, nach einer ersten Annäherung an die Texte durch einen Vergleich beider Novellen, diese in einem weiteren Durchgang auf die Person Mussets zu beziehen. Es könnte sich auf diese Weise zeigen, dass die Novellen doch mehr sind, als nur eine flüchtige Beschäftigung Mussets um seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

2. Zwei Novellen im Vergleich

Die beiden Novellen Emmeline und Les deux Maitresses sind nicht nur im selben Jahr kurz hintereinander entstanden, insbesondere ihre gemeinsame Thematik, eine Entscheidung in der Liebe, bietet sich für einen Vergleich an. Im Vergleich soll sich erweisen, ob sich trotz unterschiedlicher Konstellationen Einsichten eröffnen, die eine Interpretation beider Texte ermöglichen.

2.1 Inhalt

In Emmeline erzählt Musset im Plauderton und mit viel Einfühlungsvermögen von der Liebe zwischen dem jungen Gilbert und der reichen Emmeline, der Frau des verarmten Grafen de Marsan. Diese Liebesbeziehung ist allerdings nicht von langer Dauer. Nach nur zwei Wochen trennen sie sich, nachdem Emmelines Ehemann die Wahrheit erfahren hat. Durch ihre seelische Erschütterung und ihr schlechtes Gewissen ihrem Ehemann gegenüber, wird Emmeline sehr krank. Letztendlich findet sie zu ihrem Gatten zurück und bittet Gilbert schweren Herzens, seine geplante Reise anzutreten und das Land zu verlassen. Dieser fügt sich ihrem Wunsch und zieht nach einigem Zaudern von dannen. Der Ehebruch führt also doch nicht zu dem mehr oder weniger erwarteten tragischen Ende. Es handelte sich nur um eine kleine Affäre, ohne größere Konsequenzen.

In Les deux Maîtresses spielt die Handlung im Jahre 1825. Valentin, ein außergewöhnlicher Jüngling von 25 Jahren mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten, verliebt sich in zwei Frauen gleichzeitig. Die eine ist die Marquise de Parnes, eine verheiratete und reiche Frau, die dem wohlhabenden, alten Adel angehört und eine gute Bildung genossen hat. Die andere ist Mme Delaunay, eine junge Witwe, die aus bescheidenen, kleinbürgerlichen Verhältnissen stammt.

Beide ähneln sich äußerlich wie Zwillingsschwestern. Da Valentin nicht fähig ist, sich für eine von beiden zu entscheiden, teilt er sich zwischen den beiden Frauen auf. Als Mme de Parnes Valentin ein besticktes Kissen schenkt, erkennt er in diesem eins von Mme Delaunays Werken. Er vermutet hinter diesem Geschenk eine Intrige seiner beiden Geliebten und um dieser zuvorzukommen, stellt er Nachforschungen an, die ihn auf die soziale Ungerechtigkeit aufmerksam machen, der Mme Delaunay zum Opfer gefallen ist. Letztendlich trennt er sich von Mme de Parnes, ein Entschluss, der auch im Sinne seiner Mutter erfolgt.

2.2 Figuren

Im Folgenden werden alle in den beiden Novellen auftretenden Personen als Figuren im Einzelnen beschrieben und charakterisiert.

2.2.1 Figuren in Emmeline

Da ist zunächst Emmeline, die gleich von den ersten Seiten an sehr detailliert gezeichnet wird. Sie ist spontan und ihre Gedanken sind leicht zu erraten. Auf Wunsch ihrer Mutter hat sie eine sehr freie Erziehung genossen. Ihre ganze Erziehung, ihre Kindheit und ihr Leben als junge Frau spielen sich fern von der Stadt und der mondänen Welt ab.[2]

Emmeline verbringt ihre Schulzeit, bis zu ihrem 18. Lebensjahr, in einem Kloster. Als Kind wird sie als turbulentes, strebsames, eigensinniges und kränkliches Wesen dargestellt. Ihre Figur repräsentiert in Mussets Novelle die Spontaneität der Kindheit. In den ersten zwei Kapiteln wird sie folgendermaßen beschrieben: Sie liebt den Wind, die Sonne, den Regen, das ländliche Leben und die Bewegung. Sie rennt, klettert auf Bäume, rutscht die Treppen auf dem Geländer hinab und läuft viel in der Natur. Sie macht Spazierfahrten mit dem Boot, ohne sich Gedanken darüber zu machen, wo sie hinfährt. Außerdem lacht sie gerne und macht sich mit Vorliebe, allerdings auf nette Art und Weise, über ihre Mitmenschen lustig, vor allem über jene, die ihr nahe stehen, so z. B. auch über ihren alten Onkel.

Als junge Frau wird sie als gebildet, humorvoll, intelligent, freiheitsliebend, wissbegierig, lebensfroh und bescheiden geschildert und sie hat einen sehr unabhängigen Charakter. Im Alter von sechzehn Jahren unternimmt sie mit ihrem Onkel eine Reise in die Schweiz, von der sie vollkommen begeistert wiederkehrt. Der Erzähler betont, dass Emmeline überhaupt nichts von der für Damen ihres Standes üblichen Koketterie hat und dass sie auch noch völlig unerfahren in Liebesdingen ist.

Nulle trace de coquetterie n’avait encore paru en elle, lorsqu’elle entra dans le monde.[3]

Emmeline était encore fort ignorante quant à l’amour. Bien sûr, elle avait lu des romans, mais s’en moquait un peu et n’essayait surtout pas de ressembler aux héroines.[4]

Erst durch die Gespräche mit einer Tante entdeckt Emmeline die Liebe, so wie sie in jener Epoche und in jenen Gesellschaftskreisen gesehen und verstanden wird. Sie lebt in dem jeweiligen Augenblick ohne jegliche Hintergedanken. Il y a quelque chose de rousseauiste en elle que Musset souligne en faisant référence au désert d’enfant d’Ermenonville.[5]

Enfant idéale proche de la nature, Emmeline se distingue par sa gaieté et sa franchise.[6]

In regelmäßigen Abständen werden Emmeline mögliche Freier vorgestellt und man versucht sie zu verkuppeln. Emmeline überlegt immer lange, bevor sie sie zurückweist. Allerdings nutzt sie diese Bedenkzeit vor allem, um die möglichen Kandidaten lächerlich zu machen und ihre Freundinnen zum Lachen zu bringen. Dieses Verhalten endet jedoch abrupt und sie wird traurig, merkwürdig abwesend und interessiert sich zum ersten Mal für einen Mann. Dieser Mann reitet oft an ihrem Haus vorbei. Es handelt es sich um den Graf de Marsan. Emmeline fügt sich nicht den Konventionen und lässt sich weder einengen noch unter Druck setzen. Kurz, sie macht was ihr gefällt. Der relativ unzähmbare Charakter Emmelines handelt zum ersten Mal entgegen aller sozialen Konventionen, als sie sich nach einem Jahr in den Kopf setzt, gegen den Willen ihrer Familie, den mittellosen Graf de Marsan zu heiraten.

Kaum verheiratet, kehrt ihr lebenslustiges und unbeschwertes Wesen wieder zurück: «[elle] riait de tout sans songer à rien»[7].

Sie lebt fernab von Paris und profitiert auch weiterhin von der Natur. Nach vier Jahren Ehe scheint sie noch genauso glücklich und verliebt wie am ersten Tag und als ein Freund ihres Mannes versucht sie zu verführen, reagiert sie sehr

überrascht und ruft ihre Dienstboten, um ihn hinauswerfen zu lassen. Der Freund verlässt daraufhin sehr schnell, allerdings aus eigenen Stücken, das Haus und ward nicht mehr gesehen.[8]

Die Zeit vergeht und das friedliche Zusammenleben auch. Inzwischen ist das Paar nach Paris gezogen und der Graf Marsan entfernt sich langsam aber sicher von seiner Frau. Eines Abends findet Emmeline keinen Schlaf und denkt über ihre Ehe nach:

En cherchant dans son cœur, elle n’y trouva qu’un jour où elle eût vécu, celui où elle avait senti qu’elle aimait.[9]

Daraufhin stürzt sie in eine Krise und verfällt in Hoffnungslosigkeit. Einmal bricht sie sogar beim Klavierspielen ganz unvermittelt in Tränen aus. Spätestens an dieser Stelle weiß der Leser, dass etwas geschehen wird. Er ist nun gut darauf vorbereitet und das Drama kann nun seinen Lauf nehmen.

Der Graf de Marsan ist ein gut aussehender, stolzer Mann. Er ist ein ehemaliger Offizier und wirkt selbstbewusst und dominant. Er ist sehr ernsthaft und manchmal scheint er düstere Gedanken zu hegen:

Le comte [...] gêné peut-être par sa position nouvelle, promenait assez tristement sa jeune femme, qui riait de tout sans songer à rien. […] La réputation de M. de Marsan n’était pas celle d’un homme à marier, mais était très bonne pour un mari.[10]

Er - genau wie Emmeline - liebt die Natur und lange Ausritte. Auf dem Land ist er ein guter Ehemann, in der Stadt jedoch langweilen ihn Empfänge und Bälle und er beginnt sich von seiner Frau zu entfernen. Allerdings ist sein Interesse zumindest noch so stark vorhanden, dass er merkt, wie sie sich verändert und sich sogar darüber Gedanken macht, ob sie nicht eine Affäre mit einem anderen Mann hat. Er will die Wahrheit wissen und ist nicht an ihrem Vermögen interessiert. Er hat vor der Hochzeit sogar akzeptiert, dass er nicht als Verwalter für ihren Besitz eingesetzt wurde.[11] Aus diesem Grund beschließt er, Emmeline nach ihrem Geständnis zu verlassen, da es sonst für die Gesellschaft den Anschein hätte, als bliebe er nur wegen des Geldes bei ihr. Emmeline versteht seine Situation und verbrennt, um ihm zu beweisen, dass sie sich nichts aus den Konventionen macht, den Ehevertrag. Danach wird sie sehr krank und der Graf entscheidet vorerst zu bleiben.

Gilbert verkehrt in den gleichen gesellschaftlichen Kreisen wie Emmeline. Sie sind in etwa im gleichen Alter. Er verhält sich ganz und gar nicht wie ein forscher Liebhaber, sondern ist im Gegenteil eher sehr zurückhaltend, möglicherweise sogar ein wenig schüchtern. Er schreibt zum richtigen Zeitpunkt ein schönes Gedicht, denn er scheint Emmelines Gefühle und ihre Sehnsucht nach Liebe gespürt zu haben. Er spricht nicht viel, sondern beschränkt sich darauf zu schreiben und zu lieben, zu umarmen und zu küssen. Es ist ein Gedicht von ihm, das Emmeline zutiefst berührt und seine Liebe für sie zu etwas Realem und somit greifbar macht. Seine Handlungen basieren generell auf den Reaktionen Anderer und er handelt genauso, wie man es von ihm erwartet, selbst als darum geht, von der Bildfläche zu verschwinden, so tut er dieses und zieht von dannen, nachdem er von Emmelines Schwester darum gebeten wird.

2.2.2 Figuren in Les deux Maîtresses

Valentin hat Rechtswissenschaften studiert und ist nun ein Anwalt ohne Aufträge.

Er kann sich nur mit der finanziellen Hilfe seines Vaters über Wasser halten. Die Figur Valentin setzt sich aus zwei Teilen zusammen. Einerseits hat er einen Mangel an Glück und andererseits eine großen Vorliebe für das Vergnügen. Er leidet unter diesem Zwiespalt, äußerlich geht es dabei um den Kontrast zwischen Reichtum und Armut. Valentin kommt aus ärmlichen Verhältnissen, hat aber den Geschmack eines Sprösslings reicher Eltern. Dieser Umstand zwingt ihn zu einem Leben von der Hand in den Mund.

Aujourd’hui il roulait carrosse et jetait l’argent par les fenêtres; demain il allait dîner à quarante sous.[12]

Er hat eine ganz spezielle Vorliebe für Gold, die sich schon in seiner frühsten Kindheit bemerkbar macht. Außerdem lebt er nach folgender Philosophie:

Il prétendait qu’à chaque créature vivante revient de droit une certaine somme de jouissance; il comparait cette somme à une coupe pleine que les économes vident goutte à goutte, et qu’il buvait, lui, à grands traits. Je ne compte pas les jours, disait-il, mais les plaisirs […].[13]

Valentins Mutter spielt eine entscheidende Rolle in seinem Leben. Schon als Kind hat sie ihn verwöhnt und ihm deutlich gemacht, dass auch kleine Dinge glücklich machen können.

Die Marquise de Parnes ist sehr kokett, selbstbewusst und lebhaft. Sie weiß, wie sie ihren Charme und ihre Schönheit einsetzen muss, um einen Mann zu beeindrucken. Sie genießt ihre Freiheit, da ihr Mann aus geschäftlichen Gründen in Holland ist.

Sie verfügt trotz ihrer 25 Jahre bereits über ein ansehnliches Vermögen und ein kleines ‚Königreich’, über das sie herrschen kann. Sie besitzt eine kleine Stadtvilla, die sehr geschmackvoll eingerichtet ist und inmitten eines Hofes und einem schönen Park gelegen ist. In der Mitte des Parks steht ein kleiner runder Pavillon, den ihr Großvater errichten ließ. Dieser Pavillon hat einen sehr schlechten Ruf und eigentlich gibt Mme de Parnes vor, sich niemals dort aufzuhalten.

Mme Delaunay ist schön und jung. Sie gehört einer einfachen Gesellschaftsschicht an. Aus diesem Grund fühlt sie sich oft unsicher. Sie ist bescheiden, ehrlich und gefühlvoll. Sie liebt und genießt das gesellschaftliche Leben.

Mme Delaunay hat ihren Ehemann schon sehr früh verloren, zum Zeitpunkt des Geschehens ist sie 30 Jahre alt und lebt mit ihrer Mutter von einer kleinen Pension, die kaum ausreicht, um sich über Wasser zu halten, deshalb arbeitet sie noch nebenbei. Die Ehe mit Ihrem verstorbenen Mann war nur eine Zweckehe.

2.3 Handlung und Themen

Mussets Novellen behandeln die aktuellen Themen seiner Zeit, er versucht in ihnen eine getreue Abbildung seiner Generation zu schaffen. Der Autor beschäftigt sich in seinem Werk besonders mit der Beziehung zwischen Männern und Frauen. In seinen ersten Novellen behandelt er fast ausschließlich ein einziges Thema - die Liebe. Sie ist meistens mehr oder weniger unglücklich und zum Scheitern verurteilt. Der Grund dafür liegt vor allem in der Unfähigkeit einer schwachen Persönlichkeit, eine dauerhafte Beziehung zu führen, die gleichzeitig gefühlvoll und leidenschaftlich verläuft. Doch auch die folgenden Themen werden von dem Autor immer wieder aufgegriffen:

Die Leidenschaft, insbesondere die Leidenschaft für das Spiel, die durch die Leere der Existenz entsteht. Der Mann spielt, weil er nicht in der Lage ist, seine wahrhafte Leidenschaft auszuleben. So liebt M. de Marsan das Spiel, wie man die Musik liebt, um sich die Zeit zu vertreiben[14]. In der Leidenschaft für das Spiel spiegelt sich die ganze Wertekrise der Epoche wider.

Musset behandelt auch das Phänomen des Dandys. Ein Dandy ist gleichgültig, oder man könnte auch sagen gefühllos. Er ist ein sehr ich-bezogener Mensch, der nur sich selbst für voll nimmt. Die äußere Erscheinung eines Dandy zeigt, was er ist: nämlich nichts, gewissermaßen eine leere Hülle.

Auch das Thema der Jugend und der Kindheit wird von Musset aufgegriffen. Man verspürt in allen seinen Werken eine gewisse Nostalgie bezüglich der vergangenen Kindheit, in der noch Unschuld und Naivität herrschten.

Alle Hauptfiguren sind jung und besitzen eine gewisse Moralvorstellung, die bedroht zu sein scheint, denn die Geschichten geschehen zu einem Zeitpunkt, als diese im Begriff sind umzuschwenken und erwachsen zu werden.

Des Weiteren setzt er sich noch mit dem Geld, der Musik und Poesie, sowie mit dem Verfassen von Briefen und anderen schriftlichen Dokumenten auseinander. Musset erzählt in seinen Werken einerseits über Geschichten, die er selbst erlebt hat und andrerseits über solche, die er sich zu erleben wünschte.[15]

2.3.1 Emmeline

Die Novelle beginnt mit einem einleitenden Satz des Ich-Erzählers, mit dem er den Leser in eine fiktive Unterhaltung in einem Salon mit einbezieht:

Vous vous souvenez sans doute, Madame, du mariage de Mlle Duval.[16]

Mit diesem kurzen und lockeren Einstieg wird eine konkrete Erzählsituation festgelegt und das Signal für den Beginn der Binnenerzählung gegeben. Die Kernhandlung der Novelle beruht auf einem Erlebnis, das fast ausschließlich aus der Perspektive des erlebenden Ich geschildert wird.

Die Ausgangssituation der Geschichte ist die Heirat zwischen einer wohlhabenden gebildeten jungen Dame und einem verarmten Grafen. Diese Heirat scheint nach außen hin sehr ungewöhnlich zu sein und sorgt für viel Tratsch und Klatsch. In der höheren Gesellschaft wird über den Grund für diese Eheschließung viel spekuliert.

Auf die Beschreibung dieser Ausgangslage folgt eine Analepse. Der Erzähler schaut auf die Kindheit und die Jugend im Kloster der jungen Frau namens Emmeline zurück. Die genauen Beschreibungen der Emmeline und ihres Charakters versetzen den Leser in die Lage, in ihre reiche innere Gedankenwelt hineinzublicken.

Im zweiten Kapitel nimmt die Geschichte ihren chronologischen Ablauf wieder auf. Es wird über das Leben der Hauptfigur nach der Heirat berichtet bis zu einem unbedeutenden Vorfall mit M. de Sorgues.

Im darauf folgenden Abschnitt wird der Leser mit der Gefühlswelt von Emmeline konfrontiert. Hier werden sehr detailliert ihre Sehnsüchte nach Veränderung und ihre Gedanken über den Sinn des Lebens geschildert.

Im vierten Kapitel lernt man Gilbert kennen und kann seine wachsende Zuneigung zu Mme Marsan verfolgen, bis hin zu seiner Liebeserklärung, die er schriftlich und zwar in Versform verfasst.

In den Kapiteln 5 und 6 trifft Emmeline die Entscheidung, Abstand zu Gilbert zu nehmen. Diese Entscheidung hält jedoch nicht lange an, da die Gefühle der beiden stärker sind als ihr Wille. Das erneute Glück ist aber nur von kurzer Dauer. Sie können ihre Liebe nur zwei Wochen lang genießen.

In Kapitel 7 verleiten Emmelines Gewissensbisse sie dazu, ihrem Mann ihr Verhältnis zu Gilbert zu gestehen.

[...]


[1] Vgl. Bens: Musset. S. 203.

[2] Der Bezug zu Rousseau ist hier sehr deutlich zu erkennen.

[3] Musset: Emmeline. S. 5.

[4] Musset: Emmeline. S. 5.

[5] Vgl. Musset: Emmeline. S. 5.

[6] Heyvaert: La transparence et l'indicible dans l'œuvre d'Alfred de Musset. S. 137.

[7] Musset: Emmeline. S. 8.

[8] Vgl. Musset: Emmeline. S. 14.

[9] Musset: Emmeline. S. 19.

[10] Musset: Emmeline. S. 5.

[11] In der «nouvelle société bourgeoise» war es durchaus möglich, dass diese Aufgabe nicht mehr automatisch dem Ehemann übertragen wurde.

[12] Musset: Les Deux Maîtresses. S. 322.

[13] Musset: Les Deux Maîtresses. S. 325.

[14] Vgl. Heyvaert: La transparence et l'indicible dans l'œuvre d'Alfred de Musset. S. 89ff.

[15] Vgl. Bens: Musset. S. 204.

[16] Musset: Emmeline. S. 1.

Ende der Leseprobe aus 37 Seiten

Details

Titel
Alfred de Musset im Licht seiner beiden Novellen "Emmeline" und "Les deux Maîtresses"
Hochschule
Philipps-Universität Marburg
Veranstaltung
Die Französische Novelle im 19. Jahrhundert
Note
1,3
Autoren
Jahr
2006
Seiten
37
Katalognummer
V72230
ISBN (eBook)
9783638720649
ISBN (Buch)
9783656564751
Dateigröße
537 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alfred, Musset, Licht, Novellen, Emmeline, Maîtresses, Französische, Novelle, Jahrhundert
Arbeit zitieren
Miriam Nieser (Autor:in)Lilia Valentin (Autor:in), 2006, Alfred de Musset im Licht seiner beiden Novellen "Emmeline" und "Les deux Maîtresses", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72230

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