Studienkreditmärke der OECD-Länder


Studienarbeit, 2007

39 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis II

Abkürzungsverzeichnis III

1 Die Bedeutung des BAföG für Studenten

2 Studienkreditmärkte

3 Studienkreditsysteme ausgewählter Industrieländer
3.1 Studienkredite in Schweden
3.2 Studienkredite in Australien
3.3 Studienkredite in England und Wales
3.4 Studienkredite in Kanada
3.5 Studienkredite in den USA
3.5.1 Vertrieb der Studienkredite
3.5.2 Organisation der Risikoübernahme
3.5.3 Rückzahlung der Studienkredite
3.6 Schlussfolgerungen aus dem Ausland

4 Studienkredite in Deutschland
4.1 Studienkredit der Sparkassen
4.2 Studienkredit der Deutschen Bank
4.3 Die KfW als Unternehmen
4.4 Der Studienkredit der KfW-Förderbank
4.4.1 Vorteile des Studienkredites
4.4.2 Nachteil des Studienkredites
4.5 Privatkredite zur BAföG-Ablöse
4.6 Bildungsfonds in Deutschland

5 Bewertung der deutschen Studienkredite

Literaturverzeichnis.. IV

Abbildungs- und Tabellenverzeichnis

Abbildung 1: 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes

Abbildung 2: Zwei Büros 1948 in der Gutleut- Strasse

Abbildung 3: KfW in Frankfurt / Main

Tabelle 1: Studienkreditsysteme in ausgewählten Industrieländern

Tabelle 2: Studienkredite in Deutschland

Tabelle 3: Struktur der KfW Bankengruppe

Tabelle 4: Tilgungsplan unter Annahme konstanter Zinsen

Tabelle 5: db BAföG Rückzahlung

Tabelle 6: db BAföG Ablöse, Beträge in Euro

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zu einer erfolgreichen Idee gehören immer zwei: Einer, der sie hat. Und einer, der sie fördert.

1 Die Bedeutung des BAföG für Studenten

Das deutsche Hochschulwesen ist in jüngster Zeit wiederholt in die Kritik geraten. Die Studienzeiten sind im internationalen Vergleich mit sechs Jahren überdurchschnittlich lang (OECD-Durchschnitt: 4,8 Jahre, Frankreich 5,5, Niederlande 3,9 Jahre) und die Abbrecherquoten mit rund 30 % recht hoch. Zudem nimmt in Deutschland ein nur vergleichsweise geringer Anteil eines Altersjahrgangs (32 %) ein Studium auf (OECD- Durchschnitt 47 %). Insgesamt betrachtet, wird dem deutschen Hochschulsystem ein Problem sowohl in der Masse als auch in der Klasse der Absolventen attestiert. Eine Reihe von Industrieländern scheint dagegen bessere Erfolge bei der Universitätsausbildung zu erzielen. Es stellt sich daher die Frage, ob und was man von diesen Ländern lernen kann. Denn gerade für ein rohstoffarmes Land wie die Bundesrepublik Deutschland gewinnt die Ausbildung junger Menschen zunehmend an Bedeutung, nicht zuletzt vor dem Hintergrund des Wandels von der Industrie zur wissensbasierten Dienstleistungsgesellschaft und der anstehenden demographischen Entwicklung. Es ist unabdingbar, dass jeder - unabhängig von seinem sozialen Umfeld - eine seiner Leistungsfähigkeit und seinen Neigungen entsprechende Ausbildung genießen kann. Soziale Barrieren im Bildungssystem sind nicht nur aus gesellschaftspolitischer Sicht bedenklich sondern ebenso eine Verschwendung von Humanressourcen. Im Folgenden soll mit der Studienfinanzierung ein spezieller Aspekt des Hochschulwesens beleuchtet werden.

Das zentrale Instrument, mit dem in Deutschland der Benachteiligung Studierender aus einkommensschwachen Familien begegnet wird, sind Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, dem so genannten BAföG. Die Gewährung der Förderung erfolgt nach dem Subsidiaritätsprinzip, dass heißt die Höhe der individuellen BAföG-Leistung orientiert sich in der Regel am Einkommen der Eltern und des Ehepartners, an der Vermögenssituation sowie am eigenen Einkommen, wobei eigener Verdienst bis zu einer bestimmten Bemessungsgrenze nicht angerechnet wird. BAföG-Zahlungen sind an entsprechende Studienfortschritte gekoppelt und zeitlich begrenzt, wobei sich die Förderungshöchstdauer an der Regelstudienzeit orientiert. In der Regel wird die Hälfte der Leistungen als Zuschuss, die andere Hälfte als unverzinsliches Darlehen herausgelegt. Die Rückzahlungsmodalitäten sind ebenfalls sehr studentenfreundlich gestaltet, ein Beispiel ist hier der Rückzahlungsbeginn erst 3 Jahre nach Abschluss des Studiums wenn eine Beschäftigung vorliegt.

Auslands-BAföG erhält man aufgrund der höheren Kosten eines Auslandssemesters oder Studiums im Ausland Zuschlagsweise zum normalen Inlands-BAföG, wobei die Zuschläge nicht zurückzuzahlen sind. Allerdings muss die Dauer des Auslandsaufenthaltes mindestens drei Monate betragen und maximal ein Jahr Auslandsaufenthalt wird gefördert. Die Studienzeit an der ausländischen Hochschule wird auf die Förderungshöchstdauer angerechnet.

Eine Teilfinanzierung des Auslandsstudiums durch Förderprogramme der europäischen Union wie Sokrates, Erasmus oder Leonardo ist eine weitere Möglichkeit, realisiert wird diese durch Bewerbungsverfahren und Auswahlprinzipien. Studenten werden hier folglich zu sehr günstigen Konditionen gefördert, welche in der Privatwirtschaft derzeit nicht denkbar sind. Bei derart vielen Vorteilen besteht jedoch generell kein Anspruch auf Bewilligung des BAföG, und wenn das Einkommen der Eltern bei in elterlicher Wohnung lebenden Studenten eine Grenze übersteigt oder Zinsvorteile aus dem Vermögen der Eltern zu ziehen sind bzw. eigenes Vermögen von mehr als 5.000 Euro vorhanden ist, wird der Förderanspruch in der Höhe von maximal 500 Euro pro Monat sehr schnell reduziert bzw. aufgehoben.1 Wenn man ein Studium erstmals im März 2001 oder später aufgenommen hat, profitiert man von der Begrenzung der Darlehensschuld auf 10.000 Euro. Die erste Rückzahlungsrate des Darlehens wird fünf Jahre nach Ende der Förderungshöchstdauer (bei Bachelor/Master- Studiengängen bezogen auf den Bachelor) fällig. Die Förderungshöchstdauer kann nur durch ein Auslandsstudium von mindestens 6 Monaten oder durch Mitarbeit in einem offiziellen Gremium der Hochschule verlängert werden, um bis zu zwei Semester über die Regelstudienzeit. Ist die Verzögerung des Studiums durch Schwangerschaft oder Kindererziehung eingetreten, so ist die Förderung, die über die Regelstudienzeit hinausgeht, ein Vollzuschuss, der nicht zurückzuzahlen ist. Die Dauer dieses Vollzuschusses ist nach Alter der Kinder gestaffelt.

Gehört man bezüglich der Leistung zu den Besten 30 % eines Jahrganges wird studienzeitabhängig 25% des Rückzahlbetrages erlassen falls der Abschluss innerhalb der Förderungshöchstdauer erlangt wurde oder 20% falls er innerhalb von 6 Monaten nach dem Ende der Förderungshöchstdauer erlangt wurde. Weiterhin werden 15% erlassen, falls der Abschluss innerhalb von 12 Monaten nach dem Ende der Förderungshöchstdauer erreicht wurde.2

Auch gibt es eine Erlassmöglichkeit aufgrund eines besonders schnellen Studiums. Hierbei werden Erlasspauschalen von 2.560 Euro, wenn der Abschluss mindestens 4 Monate früher oder 1.025 Euro, wenn der Abschluss 2 Monate vor Ende der Förderungshöchstdauer erlangt wurde.

Zahlt man in einer Summe zurück so werden zum Beispiel von 10.000 Euro Rückzahlungs- rate 28,5% erlassen, von 23.500 Euro 50%.3Manchmal kann es durchaus sinnvoll sein, die Darlehensschuld nach dem Studium durch Ablösen mittels eines Privatkredites in einer Summe zurückzuzahlen. Darauf wird im Kapitel 4.5 noch näher eingegangen. Regulär ist das Darlehen ist in Raten von 315 Euro vierteljährlich zurück zu zahlen. Man kann von der Rückzahlung auf Antrag jeweils für ein Jahr zurückgestellt werden, wenn man nur geringes Einkommen hat.4In den letzten Jahren wurden insbesondere die Regelungen zur Anrechnung eigenen Verdienstes und des Kindergeldes gelockert und die Förderungsbeträge erhöht. Laut 17. Sozialerhebung machen sich die Auswirkungen dieser Reformen bereits in der Einkommenssituation bemerkbar: Dabei treten etwa seit dem Jahr 2000 BAföG- Leistungen bei der Studienfinanzierung offenbar vermehrt an die Stelle von Elternzuschüssen und eigenem Einkommen, wobei vor allem letzterer Anteil dennoch nach wie vor auf hohem Niveau verbleibt.5Betrachtet man die Einkommenszusammensetzung so kann man feststellen, dass das BAföG einen wichtigen Beitrag leistet, vor allem Studierende aus bildungsferneren und finanzschwächeren Schichten mit Studenten aus mittleren Schichten im Hinblick auf ihre verfügbaren Mittel gleichzustellen.

Trotz BAföG verbleibt eine Reihe ungelöster Probleme, denen mit ergänzenden Konzepten begegnet werden muss: Exemplarisch seien hier vier Felder genannt, auf denen über das BAföG hinaus Handlungsbedarf besteht:

Erstens wäre eine Förderung derjenigen Studierenden anzustreben, die kein BAföG erhalten, und von ihren Eltern nur unzureichend unterstützt werden.

Wünschenswert wäre zweitens die Verringerung des Anteils an Abiturienten, die trotz BAföG aus materiellen Gründen kein Studium aufnehmen, weil ihnen die Bewilligung zu ungewiss ist oder die elterliche Unterstützung fehlt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: 17. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerkes6

Drittens fällt auf, dass in allen Schichten eigener Verdienst einen hohen Anteil an den Einnahmen der Studenten ausmacht (Abbildung 1). Erwerbstätigkeit ist jedoch für den Studierenden zeitraubend, geht zu Lasten des Zeitbudgets und steht einem zügigen und zielorientierten Studium eher im Wege. Eine alternative Finanzierungsquelle würde hier sicherlich auf entsprechende Nachfrage treffen und dazu beitragen, die durchschnittlichen Studienzeiten zu verringern.

Viertens ist die Bereitstellung eines geeigneten Finanzierungsinstrumentes für den Fall, dass Studiengebühren flächendeckend eingeführt werden, dringend geboten. Denn durch das am 26.1.2005 vom Bundesverfassungsgericht verkündete Urteil, dass die im 6. Gesetz zur Änderung des Hochschulrahmengesetzes festgeschriebene Verpflichtung der Länder auf Gebührenfreiheit des Studiums nichtig sei, ergibt sich die Option der Länder Studiengebühren zu erheben. Es ist also davon auszugehen, dass sich hiermit die Kosten für ein Studium künftig noch erhöhen werden. Dann würde die gegenwärtige Förderung nach dem BAföG voraussichtlich von ihrem Umfang her schon für heutige Leistungsempfänger unzureichend sein und nur einen erheblich zu kleinen Personenkreis berücksichtigen.

2 Studienkreditmärkte

Da das bestehende BAföG also nicht ausreicht um die Lebenshaltung und Studiengebühren zu decken ist ein Blick auf den privaten Kreditmarkt notwendig. Derzeit gibt es aber nur sehr wenige private Kreditangebote in Deutschland, wie auch in der Abbildung 1 zu erkennen ist. Daher stellt sich die Frage, woran die Entwicklung eines flächendeckenden Studienkreditmarkts bislang gescheitert ist. Verschiedene Gründe können die bestehende Lücke in der privaten Bereitstellung von Studienkrediten erklären. Ein wichtiger Aspekt ist, dass sich Studienkredite von anderen Krediten wie Immobilien- oder Konsumentenkrediten unterscheiden: Der Kreditnehmer, also der Studierende, kann keine Sicherheiten bieten, weil Humankapitalinvestitionen nicht beleihbar sind. Er verschuldet sich vielmehr in Erwartung eines hohen Zukunftseinkommens. Die erwartete Rückzahlungsquote beruht auf der Fähigkeit der Kreditnehmer den aufgenommen Kredit durch die anschließende Nutzung der Bildungs- investition zurück zu zahlen. Die individuelle Prognose dieses Zukunftseinkommens ist jedoch mit hoher Unsicherheit behaftet. Der Kreditgeber kennt zudem weder die Fähigkeiten noch die Motivation des Studierenden hinreichend genau. Deshalb muss er fürchten, dass der Kredit von dem Studierenden nach Studienende nicht zurückgezahlt werden kann. Ein Studienkredit wird daher nur mit entsprechend hohem Risikoaufschlag vergeben, und im Zweifel wird es der Kreditgeber vorziehen, gar kein Kreditangebot zu machen. Letztendlich kommt es bei einem rein privaten Angebot zu einer Differenzierung der Konditionen. Die Entscheidung über den Kredit, die Kredithöhe und dem Zinssatz hängen vom studierten Fach und den verfügbaren Sicherheiten ab. Diese wiederum hängen in erster Linie von der sozialen Herkunft bzw. dem Einkommen und Vermögen der Eltern ab. Es entsteht so genanntes Rosinenpicken (cherry picking) also ein Ausschluss bestimmter Gruppen von Studierenden aufgrund deren Bonität, ihrer sozialen Herkunft oder des gewählten Studienfachs.

Auch der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (SVR) kommt zu dem Ergebnis, dass Marktversagen auf den Bildungskreditmärkten besteht: „Sowohl unter Effizienzgesichtspunkten als auch im Hinblick auf die Erhöhung der Bildungsbeteiligung sind (...) wegen dieses angebotsseitigen Versagens der Kreditmärkte Studienkreditsysteme im internationalen Vergleich bei der Beleihung von Humankapitalinvestitionen staatliche Impulse und Kreditbürgschaften erforderlich.“7

Vertreter von Banken und Sparkassen diagnostizieren ebenfalls, dass eine flächendeckende Bereitstellung von Studienkrediten im eigenen Risiko nicht möglich ist.

„Studenten (...) haben kein laufendes Einkommen. Die Sparkassen müssten hohe Risikoaufschläge verlangen, so dass der Kredit nicht mehr attraktiv wäre. Kredite könnten Studenten nur erhalten, die Sicherheiten hinterlegten. Doch die brauchen meist keinen Kredit.“ In der Deutschen Bank gab es Überlegungen, Kredite vor allem an die Studenten zu vergeben, die sich kurz vor Abschluss befinden. Dann wären bisher erbrachte Leistungen bekannt, und die Studenten können sich während des Examens ganz auf das Studium konzentrieren, ohne nebenher noch arbeiten zu müssen.8

Wegen der genannten Gründe, fehlende Sicherheiten und cherry picking kann eine sozial gerechte und flächendeckende Kreditversorgung aller Studierenden (unabhängig von Fachrichtung und sozialem Hintergrund) durch den privaten Banksektor nur dann sichergestellt werden, wenn eine weitgehende Entlastung beim Risiko vorgenommen wird. Wenn diese Notwendigkeit akzeptiert wird, stellt sich die Frage, wie eine Risikoübernahme des Staates ausgestaltet sein könnte.

Es ergeben sich 2 Möglichkeiten: Neben einer 100%-igen Risikoübernahme durch den Staat besteht die Möglichkeit, die privaten Anbieter nur von einem Teil des Risikos zu entlasten. Im Falle einer 100%-igen Risikoübernahme kommt es zu einem Problem. “Bei staatlichen Bürgschaften für Bildungskredite haben die Banken nur noch einen verringerten Anreiz, die Seriosität des Studierenden zu überprüfen.“9So genanntes moral hazard kann entstehen: Den Banken fehlt ein echter Anreiz, sich um potenziell Not leidend gewordene Kredite zu bemühen.

Das Beispiel Kanada zeigt, dass solche Anreizprobleme tatsächlich existieren, wenn den Banken das Risiko zu 100 % abgenommen wird. Die Erfahrungen der USA zeigen wiederum, dass eine solche Überwachung grundsätzlich möglich ist, wenn eine staatliche Instanz das Servicing der privaten Kreditgeber insbesondere in der Rückzahlungsphase kontrolliert. Dieses Vorgehen ist allerdings sehr aufwendig.

Eine andere Möglichkeit, das moral hazard Problem abzumildern, besteht darin, den privaten Anbieter an den Ausfällen zu beteiligen. Auch dies ist nicht unproblematisch, denn bei einer teilweisen Risikoübernahme ist meist zu erwarten, dass es wieder zum Rosinenpicken kommt. Die Banken werden, wenn auch abgemildert, die Tendenz haben, auch die staatlich ver- bürgten Kredite primär an Studierende mit geringer Verlustwahrscheinlichkeit zu vergeben.

Als Fazit lässt sich also festhalten: Übernimmt der Staat einen sehr hohen Teil des Risikos, besteht die Gefahr massiven moral hazards in der Rückzahlungsphase des Kredits.

Übernimmt der Staat die Ausfälle dagegen nur teilweise, wird das Marktversagen nur gemildert, aber nicht verhindert: Denn je niedriger die Ausfallbürgschaft ist, desto größer ist die Gefahr des cherry-pickings zu Lasten der Studierenden.

Neben der Risikoübernahme ist die Bearbeitung von Studienkrediten von entscheidender Bedeutung. Aufgrund der spezifischen Eigenschaften von Studienkrediten dürfte es erheblich aufwändiger sein als bei anderen Kreditarten. Es handelt sich um ein sehr kleinteiliges Geschäft mit niedrigen Beträgen, hoher Auszahlungsfrequenz und langer Laufzeit. Studien- kredite können deshalb nur dann mit vertretbarem Prozess- und Verwaltungsaufwand angeboten werden, wenn sie weitestgehend standardisiert sind und hohe Stückzahlen realisiert werden. „Auf Deutschland übertragen bedeutet dies, dass Insellösungen, beispielsweise in einzelnen Bundesländern, wegen der zu geringen Stückzahlen und der daraus folgenden hohen Durchschnittskosten zu erheblich höheren Bearbeitungskosten führen würden.“10Dies gilt insbesondere bei einem, vom Volumen betrachtet, eher kleinen Markt.

3 Studienkreditsysteme ausgewählter Industrieländer

Ein Blick auf das Ausland zeigt, wie dort Studienkreditmärkte organisiert sind, und welche Rollen Staat und private Anbieter einnehmen. Studienkredite werden dabei in vielen Ländern nicht nur zur Finanzierung von Lebenshaltungskosten, sondern auch von Studiengebühren eingesetzt. Die skandinavischen Länder bilden hiervon jedoch eine Ausnahme: Obwohl das Studium gebührenfrei ist, gibt es ein flächendeckendes und intensiv genutztes Studienkredit- angebot.

3.1 Studienkredite in Schweden

Wie in allen skandinavischen Ländern gibt es in Schweden keine Studiengebühren. Zur Finanzierung des Studiums spielen Studienkredite jedoch eine wichtige Rolle, 80 % der Studierenden erhalten sie. Die Studierenden bekommen von dem staatlichen Swedish National Board of Student Aid11jährlich einen festgesetzten Betrag, der sich in einen Zuschuss und einen Kredit aufteilt. Der Zuschussanteil beträgt 34,5 %. Die maximale Förderdauer beläuft sich auf 240 Wochen. Die Zinsen fallen von Beginn der ersten Auszahlungsperiode an, werden aber gestundet. Der Zinssatz lag im Jahre 2004 bei 3,1 %. Die Rückzahlung beginnt nach Ende des Studiums und ist auf 25 Jahre angelegt, wobei die zurück zu zahlenden Beträge jedes Jahr ansteigen.

3.2 Studienkredite in Australien

Seit 1989 gilt in Australien das „Higher Education Contribution Scheme“ (HECS). Demnach sind die Studierenden zur Zahlung von Studiengebühren, je nach Studienrichtung variierend, in Höhe von bis zu 3.500 EUR pro Jahr verpflichtet. Zur Finanzierung der Gebühren wird den Studierenden durch den Staat ein Kredit in gleicher Höhe angeboten. Dieser Kredit muss nach Studienende zurückgezahlt werden, wenn ein bestimmtes Mindesteinkommen erzielt wird. Alternativ können die Gebühren zu Beginn des Studienjahres komplett bezahlt werden, wobei ein Rabatt von 25 % gewährt wird. Der Kredit wird nicht verzinst, allerdings wird die Kredithöhe um die Inflationsrate angepasst. Die Rückzahlung erfolgt einkommensabhängig im Rahmen der Besteuerung. Sobald das Einkommen des Absolventen einen Mindestbetrag überschreitet, muss der Absolvent 4 bis 8 % seines Einkommens zur Tilgung verwenden. Er hat zudem die Möglichkeit, ohne die Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung sein Darlehen ganz oder teilweise zurückzuzahlen. Ihm wird in diesem Fall zudem ein Teil des Kredites erlassen. Die durchschnittliche Rückzahlungsdauer beträgt 10 Jahre, die Ausfallraten liegen um 4 %. Mittlerweile tragen die durch HECS erwirtschafteten Einnahmen zu mehr als der Hälfte des Gesamtbudgets der australischen Hochschulen bei. Bemerkenswert ist, dass die Einführung der Studiengebühren nicht zu einem sinkenden Anteil der Studierenden aus Familien mit geringem Einkommen geführt hat. Vielmehr konnte die Bildungsbeteiligung dieser Studierenden erhöht werden.12

3.3 Studienkredite in England und Wales

Seit 1998 zahlen die Studierenden in England und Wales Studiengebühren bis maximal 1.250 Pfund pro Jahr. Ab dem Jahr 2006 sollen sie auf bis zu 3.000 Pfund pro Jahr erhöht werden.

Zur Finanzierung der Gebühren und des Lebensunterhalts können die Studierenden Studienkredite von staatlicher Seite bekommen. 75 % des Studienkredits sind unabhängig vom eigenen Einkommen und dem der Eltern, 25 % wird dagegen einkommensabhängig gewährt. Ein Studierender erhält maximal 4.900 Pfund jährlich zur Deckung seines Lebensunterhalts. Gegenwärtig (seit 1.9.2004) beläuft sich der vom Staat subventionierte Zinssatz auf 2,6%. Bei einer Inflationsrate von knapp unter 2 % entspricht dies einem sehr geringen Realzins. Die Studienkredite werden direkt über die staatliche Student Loans Company (SLC) vertrieben.13Die Höhe des jährlich zurück zu zahlenden Betrags ist von der Höhe des Einkommens abhängig. Ab einem Mindesteinkommen von 15.000 Pfund ziehen die Arbeitgeber 9 % des Bruttoeinkommens für die Rückzahlung des Studienkredits für die Student Loans Company ein. Nach 25 Jahren wird der Restbetrag des zurückzuzahlenden Darlehens erlassen. Das englische Studienkreditsystem weist nach Ansicht von Beobachtern eine Reihe von Mängeln auf. Es wird dabei vor allem die ungezielte Zinssubvention kritisiert. Barr14zufolge fließt ein Drittel der vom Staat ausgegeben Kreditsumme durch die Zinssubventionen an die Kreditnehmer zurück, so dass dieses Drittel de facto als Zuschuss versickert. Diese Zinssubvention ist jedoch nicht nur teuer, sie ist auch ungezielt, weil sie allen Studierenden (erfolgreichen wie erfolglosen und reichen wie armen) gleichermaßen zu gute kommt. Da weitere 20 % nicht zurückgezahlt werden, weil die Studierenden das Mindesteinkommen nicht erreichen, erhält der Staat nur die Hälfte der ausgereichten Kredite zurück. Aufgrund des hohen Subventionswerts hat der englische Staat verständlicherweise ein Interesse daran, die ausgereichte Kreditsumme möglichst niedrig zu halten. Dies führt dazu, dass der maximal erhältliche Kreditbetrag zu niedrig ist, um die Kosten des Lebensunterhalts abzudecken. Die Studierenden sind daher trotz des Studienkredits auf finanzielle Unterstützung ihrer Eltern angewiesen oder müssen neben dem Studium arbeiten. Ab 2007 soll der maximal erhältliche Kredit für die Lebenshaltung erhöht werden.

3.4 Studienkredite in Kanada

Staatlich angebotene Studienkredite spielen in Kanada eine bedeutende Rolle (Canada Student Loans System, CSLS). 41 % der Studierenden nahmen 2001/2 Kredite auf. Die Höhe des Kredits unterscheidet sich von Provinz zu Provinz, rund 40 % der ausgezahlten Kreditsumme werden von den Provinzen bereitgestellt. Der durchschnittliche Kreditbetrag lag bei etwa 10.000 CAN $. Die Zinsen werden während der Auszahlungsphase auf Antrag erlassen. In der Rückzahlungsphase entspricht der Zinssatz dem marktüblichen Zins für Konsumentenkredite.15

[...]


1BAF04

2BAF06a

3BAF06b

4BAF06b

5vgl.: ISS04, S. 12

6ISS04, S. 124

7Zitat: SVR04, Ziffer 607

8vgl.: FTD05, S.48

9Zitat: BLA05, S.146

10Zitat: SVR04, Ziff. 611

11CSN06

12vgl.: ANU02

13vgl.: SLC06

14vgl.: HEF04, S. 37 ff

15vgl.: CAL06

Ende der Leseprobe aus 39 Seiten

Details

Titel
Studienkreditmärke der OECD-Länder
Note
2,0
Autor
Jahr
2007
Seiten
39
Katalognummer
V72164
ISBN (eBook)
9783638809412
ISBN (Buch)
9783638809665
Dateigröße
585 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Studienkreditmärke, OECD-Länder
Arbeit zitieren
Michael Günther (Autor:in), 2007, Studienkreditmärke der OECD-Länder, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72164

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