Storytelling in der Grundschule. Methodische Möglichkeiten zum Umgang mit dem Storybook 'Elmer's new Friend'


Examensarbeit, 2007

66 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Überlegungen zum Storytelling
2.1 Begriffsklärung
2.2 Begründung für das Storytelling im frühen Fremdsprachenunterricht
2.2.1 Entwicklung des Hörverstehens
2.2.2 Spracherwerb
2.2.3 Ganzheitliche Aufnahme sprachlicher Strukturen
2.2.4 Motivation und Freude am Fremdsprachenlernen
2.2.5 Interkulturelles Lernen
2.3 Kriterien für die Auswahl von Geschichten im Englischunterricht
2.3.1 Persönliche Auswahlkriterien
2.3.2 Inhaltliche Auswahlkriterien
2.3.3 Formale Auswahlkriterien
2.4 Veränderung von Geschichten
2.5 Präsentationsformen
2.5.1 Vorlesen
2.5.2 Erzählen
2.5.3 Einsatz eines Tonträgers
2.6 Erzähltechniken
2.7 Möglichkeiten zum Umgang mit Geschichten im Unterricht
2.7.1 pre-listening activities
2.7.2 while-listening activities
2.7.3 post-listening activities
2.8 Zusammenfassung und Verknüpfung

3 Planung und Durchführung der Unterrichtseinheit „Elmer’s new friend“
3.1 Lernziele
3.2 Lernvoraussetzungen
3.2.1 Informationen zur Schulsituation
3.2.2 Informationen zum altersgemischten Lernen im Englischunterricht
3.2.3 Information zur Lerngruppe
3.2.4 Analyse der Lernausgangslage
3.3 Sachanalyse
3.4 Didaktische Überlegungen
3.5 Methodische Überlegungen
3.6 Tabellarische Übersicht über die Einheit

4 Ausführliche Darstellung zweier Unterrichtsstunden
4.1 Begründung der Auswahl der Unterrichtsstunden
4.2 Storytelling: „Elmer’s new friend“
4.2.1 Lernziele
4.2.2 Sachanalyse
4.2.3 Didaktische Überlegungen
4.2.4 Methodische Überlegungen
4.2.5 Geplanter Unterrichtsverlauf
4.2.6 Reflexion
4.3 Interview with a friend in my class
4.3.1 Lernziele
4.3.2 Sachanalyse
4.3.3 Didaktische Überlegungen
4.3.4 Methodische Überlegungen
4.3.5 Geplanter Unterrichtsverlauf
4.3.6 Reflexion

5 Gesamtreflexion
5.1 Reflexion der Unterrichtspraxis
5.2 Reflexion des Lehrer- und Schülerverhaltens
5.3 Zusammenfassung und Ausblick

6 Literaturverzeichnis

Anlagenverzeichnis

1 Einleitung

Words are best learned as a part of something larger: something that tells you about the words, something that makes up a story“.[1]

Als ich zu Beginn meines betreuten Unterrichts einer Englisch-Stunde beisaß, in der die Lehrkraft eine Geschichte erzählte, dachte ich, es sei unmöglich, dass die Kinder etwas verstanden haben. Umso mehr erstaunte mich das Mit- und Nachsprechen nach nur kurzer Zeit. Die darauf folgenden Stunden verdeutlichten zunehmend, wie sehr selbst fremdsprachliche Geschichten, angemessen aufbereitet, sich in das Gedächtnis der Kinder einprägen können.

Geschichten üben einen großen Reiz auf Kinder aus. Kinder lieben Geschichten, diese sind Teil ihrer Welt. Durch Geschichten wird die Fantasie der Kinder angeregt, zugleich stellen sie auch eine Verbindung zur realen Welt her und greifen die Erfahrungen der Kinder auf.

Dieses Wissen zu nutzen und eine Geschichte zu einem Unterrichtsgegenstand zu machen, der das Sprachenlernen fördert, ohne der Geschichte selbst ihre Faszination zu nehmen, ist das Ziel der von mir dargestellten Unterrichtseinheit. Meines Erachtens ist die Thematisierung einer Geschichte im Englischunterricht sehr bedeutsam, da Sprache erst von dem Gebrauch in Sinnzusammenhängen lebt. Das zusammenhängende Sprechen kann durch das Storytelling in besonderer Weise erfahrbar und erlernbar gemacht werden.

Der gesamte Unterricht an der Laagbergschule findet in altersgemischten Lerngruppen statt. Aufgrund dieser besonderen Herausforderung stellt sich mir für die Planung und Durchführung meiner Unterrichtseinheit die Frage , inwiefern sich die von mir ausgewählten methodischen Möglichkeiten im Umgang mit dem Storybook „Elmer`s new friend“ eignen, um in einer altersgemischten Lerngruppe die Ziele des Storytelling umzusetzen?

Da ich plane, ein Storybook im Fremdsprachenunterricht zu thematisieren, dessen Zielgruppe bisher ausschließlich englischsprachige Kinder waren, ergibt sich die Frage , inwiefern sich das gewählte Buch zur Vermittlung der Ziele des Storytelling, die in der Theorie angeführt werden, in einer altersgemischten Lerngruppe, eignet?

Zu Beginn meiner Arbeit gehe ich auf den Begriff des „Storytelling“ ein und begründe dessen Einsatz im Unterricht in Bezug auf die Ziele des Frühen Fremdsprachenlernens. Des Weiteren zeige ich auf, welche Kriterien bei der Auswahl eines geeigneten Storybooks für den Englischunterricht berücksichtigt werden sollten. Anschließend gebe ich einen Überblick über die möglichen Präsentationsformen einer Geschichte, um danach geeignete Erzähltechniken aufzuzeigen. Darauf folgt eine Beschreibung der einzelnen Phasen des Storytelling und derer Funktionen, um nach einer Zusammenfassung zur Planung und Durchführung der Unterrichtseinheit überzugehen. In dieser nutze ich die Erkenntnisse aus der Theorie, indem ich versuche, mittels ausgewählter Methoden des Storytelling die bedeutendsten Fertigkeiten des Frühen Fremdsprachenlernens zu fördern. Diese Methoden sollen schließlich zu dem Ziel, die Kommunikationsmöglichkeiten der Kinder auszubilden, führen.

2 Theoretische Überlegungen zum Storytelling

2.1 Begriffsklärung

Der Begriff „Storytelling“ bedeutet wörtlich „Geschichten erzählen“. Für den fremdsprachlichen Unterricht ist damit eine Methode zur Erschließung fremdsprachlicher Texte gemeint. Dies geschieht, indem die Lehrkraft den Kindern eine zusammenhängende Geschichte in der Fremdsprache erzählt und dies mimisch, gestisch und visuell unterstützt, um ihnen das Verständnis zu erleichtern. Oftmals wird die Geschichte auch in Form eines Bilderbuches oder mit Hilfe von Realien und Geräuschen präsentiert, so auch in dem Buch, das Gegenstand meiner Unterrichtseinheit ist.

Das Storytelling benötigt einen Erzähler und Zuhörer, die die Geschichte hören möchten. Dabei besteht die Herausforderung darin, die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu erregen und ihr Interesse zu wecken. Dies kann sowohl durch verschiedene Erzähltechniken[2] als auch durch Methodenvielfalt und das Aktivieren verschiedener Sinne geschehen.

Beim Storytelling geht es nicht um die Vermittlung und Festigung einzelner Wörter[3]. Vielmehr ist dessen primäres Ziel, das Erschließen des übergeordneten Sinnzusammenhangs der Geschichte zu ermöglichen, auch wenn einzelne Wörter der Geschichte unbekannt sind[4].

Die Methode des Storytelling beinhaltet nicht bloß den reinen Geschichtsvortrag, sondern umfasst darüber hinaus um ihn herum inszenierte Lernsituationen, die es dem Lerner ermöglichen, die Geschichte inhaltlich zu verstehen und zu memorieren, seine Satzstrukturen einzuprägen und in ähnlichen oder veränderten Sprechsituationen anzuwenden. Dies geschieht durch Aktivitäten, die vor, während und nach dem Storytelling selbst stattfinden (s. Kap.2.7).

Ein wichtiges Prinzip des Storytelling ist das aktive Einbeziehen der Lernenden über verschiedene Lernkanäle. Sie können Gegenstände oder Figuren darstellen, Fragen beantworten, Vermutungen anstellen, Bilder hochhalten, mitsprechen, nonverbal reagieren u.v.m. . Der Kreativität der Lehrkraft sind dabei keine Grenzen gesetzt, um die Methode abwechslungsreich zu gestalten.

2.2 Begründung für das Storytelling im frühen Fremdsprachenunterricht

Um den Einsatz einer Methode im Englischunterricht zu rechtfertigen, ist es wichtig zu prüfen, welche der Ziele und Fertigkeiten des Fremdsprachenlernens durch die Methode erreicht werden können.

Für das Storytelling im Unterricht sprechen vielerlei Gründe, da es verschiedenen Lernzielen des Fremdsprachenunterrichts dient und alle vier Fertigkeiten, die mündlichen und schriftlichen, die sprachverstehenden sowie die sprachproduzierenden, angemessen fördert[5]. Im Folgenden werden die bedeutendsten Funktionen des Storytelling für den Fremdsprachunterricht angeführt und erläutert.

2.2.1 Entwicklung des Hörverstehens

Das Hörverstehen ist eine der vier Fertigkeiten (Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben) im Englischunterricht. Es bildet die Grundlage allen Spracherwerbs[6] und der weiteren Fertigkeiten und hat daher eine sehr hohe Bedeutung im Fremdspracherwerb. Dabei ist es keine Fertigkeit, die man von Grund auf besitzt, sondern sie entwickelt sich kontinuierlich und durch ständiges Üben[7]. Diese Entwicklung ist ein „aktiver, mentaler Prozess“[8], sie bedeutet immer „Dekodieren, Konstruieren von Bedeutung und Interpretieren von Gemeintem oder Inferieren[9] “. Auch kann das Hörverstehen nicht gelehrt werden. Stattdessen muss die Lehrkraft Situationen konstruieren, in denen es entwickelt werden kann. Solche Situationen entstehen beim Storytelling. Dort sollte dem Lernenden zuerst einmal die Möglichkeit gegeben werden, sich in die Fremdsprache „einzuhören“, mit ihrem Lautsystem und ihrem Klang vertraut zu werden. Hörverstehen einer Fremdsprache meint, zugunsten eines globalen Verständnisses von Inhalten einzelne, bisher unbekannte Wörter aus dem Kontext zu erschließen, ein „listening for gists (ein auf das Wesentliche der Geschichte gerichtetes Hörverstehen)“[10]. Dies ist auch das primäre Ziel des Storytelling. Zu dessen Erreichen bedarf es laut Wright zweier Voraussetzungen, „a positive attitude to not understanding everything [and] the skills of searching for meaning, predicting and guessing“[11]. Dies wird beim Geschichten erzählen gefördert, denn dabei liegt der Fokus des Hörers auf dem Verstehen des inhaltlichen Zusammenhangs der Geschichte, nicht einzelner Wörter. So wird bei ihm der Prozess aktiviert, aus den gehörten bekannten und unbekannten Wörtern und Strukturen, kombiniert mit Bildern oder Realien und unter Zuhilfenahme von Mimik und Gestik der Lehrkraft, einen Gesamtsinn zu erschließen. Dieser Sinn variiert zwischen einzelnen Wortbedeutungen und kleinen oder bereits größeren Bedeutungseinheiten. Oftmals werden erst beim zweiten oder dritten Hören der Geschichte diese Bedeutungseinheiten verknüpft und so der Sinn der Geschichte vollends erschlossen[12].

Ebenso umfasst das Hörverständnis auch das „listening for details“, das bewusste Achten auf bestimmte Wörter. Dies wird durch Bilderbücher gefördert, die sich von Seite zu Seite durch einen Aspekt unterscheiden.

Während aller Phasen des Storytelling findet also ein aktiver Hörverstehensprozess, verpackt in eine spannende Geschichte, statt.

2.2.2 Spracherwerb

Der Spracherwerb ist die Voraussetzung zur Kommunikation. Er ist ein vieldimensionaler Prozess, dessen Bereiche miteinander in Wechselwirkung stehen[13]. Der Weg des Spracherwerbs führt dabei „vom Verstehen über das Nachsprechen zum gelenkten und schließlich zum freien Sprechen“[14]. Sprachenlernen kann nur in der Interaktion mit Sprache stattfinden, nicht getrennt davon. Die Bedeutung einzelner, unbekannter Wörter wird erst in einem Sinnzusammenhang deutlich. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, schafft das Storytelling ideale Bedingungen zum Erlernen einer Sprache. Es ermöglicht über bekannte Wörter und Strukturen der Erzählung, verbunden mit Bildern, Tonfall, Mimik und Gestik der Lehrkraft, eine Erschließung der bisher unbekannten Wörter. Während einer Geschichte sollte der Lerner bereits einige Wörter oder Strukturen verstehen, um eine Handlung zu erkennen und zum Zuhören motiviert zu werden. Da sein Ziel das Erfassen des Inhalts der Geschichte ist, wird er beim Hören eines unbekannten Wortes versuchen, es zu diesem Zweck aus dem Kontext zu erschließen. Es bedarf jedoch ausreichender Wiederholungen und verschiedener Kontexte, um das gehörte Wort seiner letztendlichen Bedeutung zuzuschreiben. Daher wird die Geschichte mehrmals erzählt. So vergewissert der Lerner sich, ob die zugeschriebene Bedeutung inhaltlich passend ist, und es erfolgt deren Übernahme in den rezeptiven Wortschatz. Die neuen Strukturen und Wörter sollten nun in einem veränderten Kontext kennen gelernt werden, um ihre Bedeutung zu festigen und ihre Anwendung zu ermöglichen. Dadurch wird der rezeptive Wortschatz in den produktiven übernommen.

Durch diese Vorgehensweise beim Storytelling wird der Spracherwerb des Kindes gefördert. Laut Piepho sollte in jeder Unterrichtseinheit als fester Bestandteil eine kleine Geschichte erzählt werden. „Dieser extensive meaningful comprehensible input ist die wichtigste Voraussetzung eines erfolgreichen Spracherwerbs“[15].

2.2.3 Ganzheitliche Aufnahme sprachlicher Strukturen

„Young children do not come to the language classroom empty handed. Children are already very good at interpreting meaning without necessarily understanding the individual words.“[16]

In besonderer Weise fördert das Storytelling die ganzheitliche Aufnahme sprachlicher Strukturen. Eine für den Frühen Fremdsprachenunterricht geeignete Geschichte enthält einige Schlüsselsätze, immer wiederkehrende, nahezu unveränderte Satzstrukturen. Die Schülerinnen und Schüler hören diese während der Geschichte schnell heraus. Bei deren wiederholtem Auftreten kommt eine Freude und Motivation des Wiedererkennens auf. Die Satzstruktur prägt sich als Ganzheit („comprehensible chunk“, d.h. Verstehensinsel) bei den Kindern ein und wird als solche in den rezeptiven Wortschatz übernommen. Beim nächsten Erzählen der Geschichte können sie diese aufgenommene Satzstruktur möglicherweise schon in Gedanken oder gar laut mitsprechen. Dieser für die Lerner motivierende Lernzuwachs erfährt seinen Höhepunkt, wenn sie diese sprachlichen Strukturen in einem Rollenspiel reproduzieren[17] oder in neuen Kommunikationssituationen, diesen ggf. angepasst, produzieren können[18].

Die Ergebnisse eines bei Schmid-Schönbein beschriebenen bayrischen Schulversuchs, der das Lernen durch einzelne Sätze mit dem Lernen durch Geschichten vergleicht, zeigen, dass „die Lehrer (…), die (…) sehr viel mit Geschichten arbeiten, oft zu ihrer eigenen Überraschung gesehen [haben], dass ihre Klassen früher mehr verstehen, als sie es erwarteten“[19].

Durch das ganzheitliche Lernen, welches beim Storytelling ermöglicht wird und von der Lehrkraft gefördert werden sollte, werden für den Spracherwerb notwendige kommunikative Kompetenzen erworben, wohingegen laut Bleyhl „Einzelwörter und Einzelerfahrungen (…) den Lerner in der Regel nicht weiter[bringen]“[20].

2.2.4 Motivation und Freude am Fremdsprachenlernen

Eine der Aufgaben und Ziele des Fremdsprachenlernens in der Grundschule ist das Wecken von Freude am Umgang mit anderen Sprachen[21]. Die Freude an der Fremdsprache schafft wiederum eine Motivation zu deren Erlernen. Motivation beeinflusst den Spracherwerb enorm. Sie bestimmt Anstrengung und Durchhaltevermögen des Lerners und ist daher entscheidend für den Lernerfolg.[22]

Schon Schmidt-Schönbein bezeichnet eine positive Einstellung zur Fremdsprache als übergeordnetes Ziel, welches es in der Grundschule anzustreben gilt[23]. Hier werden die Grundlagen für die Motivation zum weiteren Lernen der Fremdsprache und darüber hinaus auch zum Erlernen anderer Sprachen geschaffen. Als Lehrkraft hat man die Aufgabe, diese Motivation zu wecken, zu erhalten und weiter aufzubauen.

Geschichten haben für Kinder einen hohen Aufforderungscharakter. Kinder sind interessiert an deren Inhalt, Verlauf, Ende und Pointe. Das Storytelling nimmt dieses jahrhundertealte Wissen auf und verknüpft die Freude an Geschichten mit Vermittlung von Sprache. Es sollte in einer angenehmen, besonderen Atmosphäre stattfinden, um die Neugierde der Kinder zu wecken bzw. zu verstärken. Die Kinder sind, angeregt durch Bilder, Realien, Geräusche oder allein durch den Tonfall der Lehrkraft, motiviert und bemüht, die Geschichte zu verstehen. Dabei nehmen sie Mimik und Gestik der Lehrkraft zur Hilfe. Sobald sie einige Strukturen oder Wörter erkannt haben, bereitet es ihnen Freude, ihr Wissen durch nonverbale oder verbale Reaktionen kund zu tun. Diese Motivation des aktiven Einbringens hält auch beim zweiten und dritten Erzählen der Geschichte an, besonders wenn die Lehrkraft vor den entsprechenden Stellen kurz innehält und die Kinder - in der Sicherheit des Chorsprechens - reagieren können[24]. Sobald die Lernenden einiges verstehen und ggf. auch sprechen können, stellt sich ein Gefühl des Erfolgs ein, eine weitere Möglichkeit zum Kommunizieren in der Fremdsprache entdeckt zu haben. Dieses Gefühl bewirkt eine intrinsische Motivation zum weiteren Lernen der Sprache. Wichtig ist hierbei die Unterstützung der Lehrkraft durch ausreichende Hilfen, um allen Kindern diesen Erfolg zu ermöglichen.

2.2.5 Interkulturelles Lernen

„Will man eine Fremdsprache erfolgreich erlernen, so darf sie nicht von der Kultur getrennt werden, in die sie eingebettet ist“[25].

Beim Storytelling im Englischunterricht werden Geschichten aus dem anglophonen Raum thematisiert. Laut Stefanova erfüllt diese Methode dadurch eines der wichtigen Ziele des Fremdsprachenunterrichts, „das Kind in Berührung mit anderen Kulturen zu bringen und dadurch zur Entdeckung, Bewusstmachung und Akzeptanz der Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen und der Muttersprache und der eigenen Kultur“[26] beizutragen.

In der heutigen Gesellschaft leben verschiedene Kulturen nebeneinander. Daher ist es wichtig, die Lerner mit anderen Kulturen vertraut zu machen und eine Neugierde in ihnen zu wecken. Dadurch wird der Sinn des Beherrschens einer Fremdsprache verdeutlicht.

Das Erzählen von Geschichten ist eine kindheitsspezifische Erfahrung, die Kinder aller Kulturen und Länder untereinander teilen und gemeinsam haben, „sind [Geschichten] doch auch für die Kinder des jeweils anderen Landes bedeutsam. Im Sinne interkultureller Verständigung lässt sich über diese Bedeutsamkeit eine Brücke schlagen.“[27]

Ausländische Bilderbücher erlauben oftmals einen Einblick in die jeweilige Kultur, ihre Themen und Sprache beziehen sich auf die Welt und Erlebnisse der Kinder des jeweiligen Landes. Durch Geschichten erfahren Kinder, dass Kinder in anderen Ländern Freude und Interesse an denselben Dingen, Situationen und Erlebnissen haben wie sie. Dadurch entsteht Nähe. Sobald sie jedoch auf Unterschiede stoßen, entsteht Fremdheit oder Neugierde. Zwischen dieser Fremdheit und Nähe ist es laut Niemann Aufgabe der Lehrkraft, eine Balance herzustellen, ist diese doch die Grundlage für interkulturelles Lernen.[28]

2.3 Kriterien für die Auswahl von Geschichten im Englischunterricht

Bei der Auswahl einer Geschichte für den Englischunterricht spielen verschiedene Kriterien eine Rolle, die man beachten sollte. Ich beziehe mich in dieser Arbeit auf die Kriterien für die Auswahl eines Storybooks, also einer Geschichte in Bilderbuchformat, da die von mir geplante Unterrichtseinheit ein solches Storybook zur Grundlage hat.

2.3.1 Persönliche Auswahlkriterien

Ein wichtiges Kriterium für die Wahl eines Storybooks ist, dass die Lehrkraft selbst eine positive Einstellung zu ihm hat, denn sie vermittelt dessen Inhalt. Wenn sie von dem Storybook überzeugt ist, es sowohl illustrativ als auch inhaltlich ansprechend und als sinnvoll für den Unterricht empfindet, wird sie diese Geschichte auch entsprechend weitergeben. „Choose books which you have really enjoyed for yourself! Enthusiasm is catching!“[29] Gerade beim Storytelling ist die Unterstützung von Tonfall, Mimik und Gestik sehr wichtig, und diese sind von der Stimmung der Lehrkraft beeinflusst. Wie bedeutsam der Erzähler einer Geschichte für die Vermittlung von deren Inhalt ist, ist wahrscheinlich aus der eigenen Kindheit bekannt. Ein begeisterter Geschichtenerzähler reißt sein Publikum mit und bindet es an seine Worte, ein uninteressierter hingegen langweilt es. Eine Geschichte, welche die Lehrkraft überzeugt, wird von ihr mit vollem körperlichem Einsatz erzählt, denn ihr Ziel ist es, die Kinder ebenso von der Geschichte zu überzeugen. Schließlich soll diese eine Motivation der Kinder zum Englisch lernen darstellen, ihr Inhalt soll sie begeistern und sich bei ihnen einprägen. „Choosing a story is always a very personal matter (…). I have seen would-be storytellers try to tell a story which they had chosen as suitable in theory but which they did not themselves enjoy. The result is inevitably disastrous. If you really like a story and are eager to share it, you will be halfway to success“[30] .

Trotz dieses wichtigen Aspekts sollte die Lehrkraft darauf achten, sich für die Vielfalt von unterschiedlichen Bilderbuchtypen zu öffnen, um den Kindern eine Abwechslung zu bieten.

2.3.2 Inhaltliche Auswahlkriterien

Die inhaltlichen Auswahlkriterien eines Storybooks umfassen Gattung, Themengebiete und damit verbunden auch den vermittelten Wortschatz.

Gattungsbezogen unterscheidet man zwischen Umwelt-, Fantasie-, Tier-, Abenteuer-, Märchen- und Sachdarstellung[31]. Diese Unterscheidung soll als Hilfe dienen, um Bücher aus verschiedenen Bereichen einzusetzen und so die Bilderbuchvielfalt aufzuzeigen.

Ein Storybook muss, soll es im Unterricht behandelt werden, inhaltlich der Erfahrungswelt der Kinder entsprechen und sprachlich zugänglich sein[32]. Wichtig ist dabei die Berücksichtigung der unterschiedlichen Interessen von Mädchen und Jungen. Daher sollte ein Thema gewählt werden, welches beide Geschlechter anspricht, oder es sollte zumindest darauf geachtet werden, den unterschiedlichen Geschlechtern und Interessen bei der Wahl der Bilderbücher abwechselnd und dadurch gleichermaßen gerecht zu werden. Hierbei kann es auch hilfreich sein, den Kindern mehrere Bücher zur Auswahl bereitzustellen und sie so mit in die Entscheidung für ein Buch einzubeziehen[33].

Bezüglich des Inhalts eines Storybooks ist darauf zu achten, dass er gut memorierbar ist. Des Weiteren sollte er die Vorstellungskraft der Kinder anregen, eine positive Haltung zur fremden Kultur und Interesse an dieser erzeugen. Je nachdem, was die Lehrkraft mit dem Buch bewirken möchte, muss sie entscheiden, ob es die angloamerikanische Kinderkultur widerspiegeln und welches Kindheitsbild es aufgreifen soll, „heile“ oder realistische Darstellung[34].

Im Hinblick auf die Weiterarbeit mit dem Buch sollte geprüft werden, wofür sich dieses eignet, ob sich beispielsweise einzelne Szenen spielerisch darstellen lassen. Im Falle meiner leistungsheterogenen Lerngruppe (s. Kap. 3.2.1) ist es wichtig zu beachten, ob Kinder mit unterschiedlichen Sprachkenntnissen einbezogen werden können.

Ein wichtiges Kriterium bezüglich des Textes im Buch ist, ob dieser sich in seiner ursprünglichen Form anbietet oder ob er an die Lerngruppe bzw. die angestrebten Ziele angepasst werden muss. In diesem Zusammenhang soll auch die Auswahl zwischen authentischen und didaktisierten Bilderbüchern erwähnt werden. Authentische Bilderbücher richten sich an englischsprachige Kinder. Der Wortschatz des originalen Textes erweist sich oftmals als zu komplex für die deutschen Grundschülerinnen und –schüler. Daher werden die Texte einiger englischer Bilderbücher speziell für Lerner im Fremdsprachenunterricht bzgl. ihres Wortschatzes und des Textumfangs vereinfacht, also didaktisiert. Der Gebrauch dieser hat den Vorteil, dass sie ohne den Aufwand einer Textveränderung im Unterricht eingesetzt werden können, jedoch weisen sie einfache Satzmuster auf und entsprechen damit nicht mehr dem authentischen Sprachgebrauch. Unbestreitbar spiegeln authentische Bücher die Kultur ihres Herkunftslandes auch durch typische Redewendungen und sprachliche Mittel wider. Die Entscheidung für ein authentisches oder didaktisiertes Buch sollte die Lehrkraft in Abhängigkeit von ihren Zielen bezüglich des Einsatzes des Storybooks treffen.

Bei der Betrachtung des im Buch vermittelten Wortschatzes ist zu beachten, dass die Handlung Sprechanlässe bietet, um diesen einzuführen, zu vertiefen oder zu erweitern. Des Weiteren sollte dieser zum Mitsprechen und zum freien Sprechen auffordern, also von Wiederholungen der Redemittel und Satzstrukturen geprägt sein. Dies erfordert ein angemessenes Niveau von Wortschatz und Satzstrukturen.

Um einen Lernzuwachs ebenso wie eine anhaltende Motivation zu erreichen, muss das Storybook ein sprachliches Angebot machen, das über das bisher Gelernte hinausgeht[35].

2.3.3 Formale Auswahlkriterien

Zu den formalen Auswahlkriterien eines Bilderbuches gehören Illustrationen, Textumfang, Text-Bildverhältnis, Schriftgröße und –typ, wobei Letztere hier unerwähnt bleiben, da die Kinder nicht mit dem Ursprungstext konfrontiert werden.

Bezüglich der Illustrationen sollte die Lehrkraft prüfen, ob sie klar und übersichtlich gestaltet sind. Sie sollten für alle gut erkennbar und daher auch groß genug und nicht überfrachtet sein. Die Größe des Buches ist besonders in einer größeren Lerngruppe wichtig, um allen Kindern gleichermaßen ein Verfolgen der Geschichte zu ermöglichen. Zu diesem Zweck kann man Illustrationen großformatig kopieren. Ebenso ist zu beachten, ob die Illustrationen wichtige Elemente der fremden Kinderkultur repräsentieren und so das interkulturelle Lernen fördern. Darüber hinaus sollte die Lehrkraft darauf achten, dass die Illustrationen attraktiv und, je nach Thematik der Geschichte, farbenfroh gestaltet sind. Dieser Faktor bestimmt die Motivation der Kinder.[36]

Bei der Auswahl eines geeigneten Bilderbuches sollte auch darauf geachtet werden, dass der Textumfang angemessen für die Lerngruppe ist, wobei Bilderbücher sich generell durch einen hohen Bild- und einen geringen Textanteil auszeichnen. Ein umso wichtigeres Kriterium ist daher das Zusammenspiel von Sprache und Illustration. Die Illustrationen können einerseits so aussagekräftig sein, dass sie den Text überflüssig machen. Dies ist sinnvoll, wenn die Lehrkraft die Geschichte frei erzählen oder den Text bezüglich des Schwierigkeitsgrades oder Umfangs verändern möchte. Anderseits können Illustrationen auch eine Brücke zum Text bilden, welcher erst die Handlung erklärt. Bilder und Text können einander ergänzen, aber ebenso können Illustrationen weit über den Text hinausgehende detaillierte Aussagen machen.[37] Diese laden zum längeren Betrachten ein, wenn der Text unverändert bleibt.

2.4 Veränderung von Geschichten

Da ich ein authentisches Bilderbuch für den Einsatz in meiner Lerngruppe ausgewählt habe, welches jedoch ein hohes sprachliches Anforderungsniveau aufweist, ist eine Auseinandersetzung mit den Möglichkeiten und Grenzen der Veränderung und Vereinfachung von Geschichten unabdingbar.

Diesbezüglich gehen die Meinungen der Fachdidaktiker auseinander. Während Dines seine Bedenken mit der Begründung äußert, dass jede Vereinfachung einer Geschichte gleichzeitig eine Verflachung und Verschlechterung darstelle, die jedoch das Verständnis der Lernenden erleichtert[38], führt Klippel an, dass Geschichtenerzähler schon immer „ihre Geschichten der Situation, den Zuhörern und ihren eigenen Zwecken angepasst“[39] haben und bzgl. der Sprache Veränderungen und Vereinfachungen erlaubt seien. Wichtig sei, dass die Geschichte für die betreffende Altersgruppe verständlich ist, damit ein Lernzuwachs entstehen könne. Auch Diekmann beschreibt die Haltung, auf den Originaltext eines authentischen Bilderbuches zu bestehen, als problematisch, da das originale Sprachniveau oftmals eine Überforderung für deutsche Kinder darstelle. Sie plädiert für eine Veränderung, wenn notwendig, um den Kindern Verständnis und Freude an der Geschichte zu ermöglichen.[40]

Krasher beleuchtet diesen Aspekt unter Hinweis auf die Wichtigkeit dessen, dass Texte einerseits interessant und anderseits verständlich sein müssen. Diese Kriterien könnten weder von authentischen noch von didaktisierten Texten automatisch erfüllt werden.[41]

Niemann schlägt bezüglich der Verwendung, Veränderung und Verkürzung eines Bilderbuchtextes vor, ihn je nach Bedürfnis für die Lerngruppe „als Angebot zu verstehen, an das sich nicht ,sklavisch’ gehalten werden muss, [denn dies] eröffnet den Weg für einen freien Umgang zu sehr unterschiedlichen Zielen“[42].

Verschiedene Möglichkeiten zur Vereinfachung von Geschichten zeigen Ellis und Brewster auf. So kann ein Text hinsichtlich seines Wortschatzes verändert werden, indem schwierig zu verstehende Wörter durch einfache ausgetauscht werden. Die Zeitformen könnten verändert oder vereinheitlicht werden. Ebenso kann man die Satzstrukturen vereinfachen oder hinsichtlich ihrer Anzahl reduzieren. Oftmals lassen sich komplexe Sätze aufteilen. Auch das Einfügen wörtlicher Rede stellt eine Vereinfachung dar. Manchmal bietet es sich an, einige Charaktere aus der Geschichte herauszunehmen, um sie zu kürzen.[43]

Die Art und der Umfang der Veränderung eines Textes hängen sowohl von der Lerngruppe als auch von den Zielen der Lehrkraft ab und müssen sorgfältig durchdacht werden.

Meines Erachtens ist eine Veränderung eines Buchtextes gerechtfertigt, insofern das Verständnis der Kinder erleichtert wird. Es wäre eine enorme Einschränkung, die Auswahl auf bereits didaktisierte Bücher im Unterricht zu begrenzen und die vielen Bücher außer Acht zu lassen, die sich mit ein wenig Fantasie und Zeitaufwand zu gut geeigneten Büchern für den Englischunterricht adaptieren lassen. Eine wichtige Bedingung für mich ist, dass der Text zu den Illustrationen passt. Dies schließt ein, dass der ursprüngliche Inhalt grob erhalten bleiben sollte. Die Einstellung, ein Bilderbuch an seine Zwecke anpassen zu können, lässt zu, dass eine große Vielfalt unterschiedlicher Bücher im Unterricht eingesetzt werden kann.

2.5 Präsentationsformen

Beim Storytelling ergibt sich die Frage, welche Präsentationsform am besten geeignet ist. Alle Formen haben ihre Vorzüge und Nachteile. Diese sollen nun herausgearbeitet werden, um in Bezug auf mein Vorhaben die am besten passende Form zu erkennen.

2.5.1 Vorlesen

Vorzüge des Vorlesens einer Geschichte sind zum Einen die kurze Vorbereitungszeit. Die Lehrkraft muss möglicherweise das Vorlesen üben, jedoch keine Passagen oder gar die ganze Geschichte auswendig lernen. Zudem enthält der Text keine Fehler. Ein wichtiger Punkt im Hinblick auf die Zuhörer ist, dass die Geschichte bei jedem Vorlesen exakt die Gleiche ist, so dass es ihnen möglich ist, vorherzusagen, was als Nächstes kommt. Jedoch birgt diese Präsentationsform auch einige Gefahren. Ein geschriebener Text könnte die Lehrkraft dazu verleiten, zu schnell zu lesen und die Zuhörerschaft dabei zu vergessen. Zudem ist ihr Fokus auf das Vorlesen gerichtet, so dass sie die Geschichte nur eingeschränkt gestisch unterstützen kann. Dies erschwert wiederum das Verständnis der Kinder[44].

Das Vorlesen eignet sich aufgrund der Sicherheit beim Lesen für die Lehrkräfte, die mit dem Englischunterricht in der Grundschule noch nicht so vertraut sind[45].

2.5.2 Erzählen

Das freie Erzählen einer Geschichte erfordert eine gründliche Vorbereitung der Lehrkraft. Die Geschichte muss mehrmals geübt und Kernsätze sowie ihre Handlung auswendig gelernt werden, um sie zu beherrschen und nicht stockend vorzutragen. Dabei konzentriert sich die Lehrkraft zuerst auf den Handlungsfaden, um nach dessen Verinnerlichung Mimik, Gestik und Stimmführung an ihn anzupassen.

Ein Vorteil des freien Erzählens ist, dass die Lehrkraft Blickkontakt zu den Kindern halten kann. So ist es ihr möglich, abzuschätzen, inwieweit die Kinder die Geschichte verstehen. Bei Schwierigkeiten kann sie sofort reagieren, indem sie ihr Sprechtempo verlangsamt oder einen Handlungsschritt noch einmal, möglicherweise deutlicher formuliert und gestisch unterstützt, wiederholt.[46] Die Lehrkraft kann ihre Geschichte jederzeit dem Sprachniveau der Lerngruppe anpassen. Auch kann sie sie mit vollem Einsatz von Mimik und Gestik erzählen, um das Verständnis und die Freude an der Erzählung zu verstärken. Dies bezieht die Kinder stärker in die Geschichte ein. „The children feel that you are giving them something very personal. The story is yours; it is not coming out of a book“.[47]

Ein Nachteil des freien Erzählens könnte auftreten, wenn die Lehrkraft nicht immer den gleichen Wortlaut benutzt. Dies würde das Mitsprechen der Kinder erschweren. Daher ist das Auswendiglernen von Schlüsselsätzen beim Erzählen umso wichtiger.

2.5.3 Einsatz eines Tonträgers

Das Abspielen einer Geschichte von einem Tonträger kann ebenfalls im Unterricht eingesetzt werden. So wird es den Kindern ermöglicht, die englische Sprache in seiner originalen Form von einem „native speaker“ zu hören. Sie ist ein genaues Modell und eignet sich gut zur Gewöhnung an die originale Intonation der englischen Sprache. Daher sollten die Kinder ruhig zu deren Imitation aufgefordert werden. Ein weiterer Vorteil des Tonträgers gegenüber des Lehrervortrags ist das Sprechen der verschiedenen Rollen einer Geschichte von verschiedenen Personen. Ebenso kann die Geschichte durch Geräusche und musikalische Untermalung mehr Lebendigkeit und Spannung erzeugen. So wird eine Abwechslung zum Lehrervortrag geboten.[48]

Trotz dieser Vorzüge sollte ein Tonträger keinesfalls ein Ersatz für den Vortrag der Lehrkraft sein. Nur die Lehrkraft selbst kann die Kinder mit Mimik, Gestik, Zwischenfragen und while-listening activities[49] einbeziehen.

Vielmehr sollte der Einsatz des Tonträgers nach dem Vortrag der Lehrkraft erfolgen, wenn die Kinder die Geschichte bereits verstehen. So kann das Verstandene durch den Tonträger in der Originalsprache, also einer authentischen Sprechsituation, überprüft und erprobt werden.

Die dargestellten Präsentationsformen lassen sich meines Erachtens sehr gut miteinander kombinieren, so dass ihre jeweiligen Vorteile genutzt werden können. Die individuelle Entscheidung hängt von der Sprachsicherheit der Lehrkraft und von dem Grad der Verinnerlichung ab und sollte vor jeder Geschichte neu überdacht und getroffen werden.

Für die Darbietung der in meiner Einheit thematisierten Geschichte bietet sich meines Erachtens das freie Erzählen in besonderem Maße an, da zum Einen der Originaltext verändert werden soll und ich hinzukommend einen uneingeschränkten Blickkontakt zu meiner Lerngruppe haben möchte, um durch meine Mimik mehr Spannung erzeugen zu können und Verständnisschwierigkeiten zu erkennen.

2.6 Erzähltechniken

Um Kindern den Inhalt einer Geschichte auf interessante Weise vermitteln zu können, sollte die Lehrkraft angemessene Erzähltechniken einsetzen, die im Folgenden angeführt werden.

Bevor den Kindern eine Geschichte präsentiert wird, sollte sie gründlich vorbereitet werden. Der Umfang der Vorbereitung hängt davon ab, ob sie vorgelesen oder frei erzählt wird.[50] Wichtig ist in beiden Fällen, die Aussprache der Wörter zu üben und ihre Bedeutung zu kennen. Des Weiteren sollte man, auch beim Vorlesen einer Geschichte, Mimik und Gestik den Passagen anpassen. Dies erfordert eine gute Kenntnis der Geschichte und mehrmaliges Üben des Einsatzes der passenden Gestik und Mimik. Wright schreibt diesbezüglich, dass er das Erzählen einer Geschichte erst ab ihrer fünften Wiederholung wirklich beherrscht.[51]

Das Storytelling sollte in einer angenehmen Atmosphäre stattfinden. Daher sollte man erst beginnen, wenn die Kinder ruhig und entspannt sind. Stellt sich die Lernatmosphäre nicht von selbst ein, kann man ein Ritual für den Beginn des Erzählens kreieren, z.B. das Schlagen einer kleinen Glocke, das Aufsetzen eines „Erzähl-Huts“ oder das Anschreiben von „Storytime“ an die Tafel. So wird die Neugier der Kinder geweckt, die Geschichte kann beginnen.[52]

Eine große Bedeutung hat die Stimme des Erzählers. Mit der Veränderung der Stimme kann er verschiedene Charaktere darstellen und verschiedene Gefühle ausdrücken. Auch kann er eine Dramatik in seine Stimme setzen, um die Kinder mitzureißen. Seine Stimme kann in Lautstärke und Tempo variieren. Wichtig bei der Stimmführung ist, dass der Erzähler anders spricht als gewöhnlich. Möglicherweise spricht er etwas langsamer und mit Nachdruck und setzt an bestimmten Stellen Pausen ein, um danach dramatisch fortzufahren.[53] Erst „eindrucksvolles Erzählen erzeugt Freude an der Geschichte und Freude an der Sprache.“[54]

Um das Interesse aller Kinder während der Erzählung dauerhaft aufrecht zu erhalten, empfiehlt es sich, das Publikum mit einzubeziehen. Dies kann durch while-listening activities[55], Zwischenfragen an einzelne oder alle Kinder vor oder während der Erzählung sowie durch die Ausschmückung eines Details oder durch ein schnelleres Voranschreiten in der Handlung geschehen. Ein gespanntes Publikum erreicht man auch durch das abrupte Abbrechen der Geschichte an einer spannenden Stelle. Auf diese Weise beginnt die folgende Stunde ebenso spannend, und zugleich werden Sprechanlässe bezüglich der Geschichte geschaffen.[56]

Je öfter eine Lehrkraft Geschichten erzählt, desto größer wird ihr Repertoire an Erzähltechniken und deren Qualität sein. Dies hat ein stetig interessiertes Publikum zur Folge.

2.7 Möglichkeiten zum Umgang mit Geschichten im Unterricht

Die Methode des Storytelling beinhaltet nicht nur das Geschichten erzählen, sondern sie schafft zudem die Rahmenbedingungen für das Erreichen der in Kap. 2.2 genannten Ziele. Diese Rahmenhandlungen werden in pre-, while- und post-listening activities eingeteilt, deren Bedeutung im Folgenden erläutert werden soll.

2.7.1 pre-listening activities

Pre-listening activities bedeuten übersetzt Aktivitäten vor dem Hören. In diesem Begriff sind die Methoden zusammengefasst, die vor dem eigentlichen Erzählen der Geschichte Anwendung finden. Sie sollen den Umgang mit dem Bilderbuch / der Geschichte sprachlich und didaktisch vorbereiten.

Um den Inhalt der Geschichte verstehen zu können, sollten die Kinder bei ihrem ersten Vortrag bereits ein Vorverständnis besitzen. Dies geschieht durch eine Vorentlastung des dort enthaltenen Wortschatzes, jedoch meint dies nicht die Einführung oder Erklärung aller unbekannten Wörter.[57] Vielmehr wird den Kindern nur ein Teil des Wortschatzes in den Stunden vor der Geschichte auf unterschiedliche Weise vermittelt oder bei ihnen reaktiviert. Daher sollte die Lehrkraft vor der Planung prüfen, welche Wörter wichtig für das Vorverständnis sind und welche Wörter vorerst unbekannt bleiben können[58].

Das Ziel der pre-listening activities besteht darin, dass die Lernenden den neuen Wortschatz in der Geschichte wiedererkennen und um ihn herum comprehensible chunks, kleine Verstehensinseln, bilden können. Diese Verstehensinseln sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis der gesamten Geschichte und zum Erschließen unbekannter Wörter und Strukturen.

Pre-listening activities beinhalten alle Methoden der Wortschatzeinführung oder –reaktivierung und –vertiefung. So können beispielsweise Wortbedeutungen durch Realien oder Bilder von Figuren und Gegenständen der Geschichte erlernt werden. Abstrakta können oftmals durch Mimik und Gestik verdeutlicht werden. In einem nächsten Schritt gilt es, dieses neue Wissen durch Spiele, Lernspiele, Songs, Reime oder andere Übungen zu vertiefen, welche in einem thematischen Zusammenhang zur späteren Geschichte stehen[59].

Direkt vor dem Storytelling kann die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler anhand von Schlüsselwörtern, dem Titelbild oder Realien vermuten lassen, worum es sich in der Geschichte handeln könnte. Auch hier könnte eine Reaktivierung von bereits bekannten Wörtern der Geschichte erfolgen.[60]

2.7.2 while-listening activities

Nach der Vorbereitung auf die Geschichte folgt nun das eigentliche Storytelling. Die hier angeführten Aktivitäten beinhalten Möglichkeiten, wie die Geschichte präsentiert werden kann und welche Tätigkeiten unmittelbar damit verknüpft sind. Manche der Aktivitäten können auch erst nach dem zweiten oder dritten Storytelling stattfinden.

[...]


[1] Kline/ Laurence 1986 in: Gerngross/ Puchta 2001, S.9

[2] Ausführlich hierzu s. Kap. 2.6

[3] vgl. Piepho 2000, S.43

[4] vgl. Klippel 2004, S.49 ff.

[5] Klippel 2004, S.50

[6] vgl. Schmid-Schönbein 2000, S.63

[7] Hermes 2005, S.221

[8] Wolff 1983, in: Hermes 2005, S.221

[9] Hermes 2005, S.221

[10] Schmid-Schönbein 2000, S.65

[11] Wright 1995, S.4

[12] Piepho 2002, S.20 f.

[13] Bleyhl 2000, S.9

[14] Klippel 2004, S.50

[15] Piepho 1996, S.87

[16] Halliwell in Niemann 2002, S.38

[17] Schmid-Schönbein 2000, S. 107 f.

[18] vgl. Klippel 2004, S.50

[19] Kubanek-German 1994 in: Schmid-Schönbein 2000, S.107

[20] Bleyhl 2000, S.17

[21] vgl. Der Niedersächsische Kultusminister 1995, S.9

[22] vgl. Böttger 2005, S.29

[23] vgl. Schmid-Schönbein 2000, S.51

[24] vgl. Klippel 2004, S.51

[25] Tings 2005, S.184

[26] Stefanova 2005, S.81

[27] Niemann 2002, S.10 f.

[28] vgl. Niemann 2002, S. 11

[29] Brockmann 2003, S.16

[30] Colwell 1980 in: Schmid-Schönbein 2001, S.109

[31] vgl. Grömminger 1990 in: Niemann 2002, S.18

[32] vgl. Schmid-Schönbein 2001, S.112

[33] vgl. Niemann 2002, S.19

[34] Hierzu und zum Folgenden: vgl. Gaffal u.a. 2003, S.18 f.

[35] vgl. Schmid-Schönbein 2001, S.112

[36] vgl. Gaffal u.a. 2003, S.19

[37] vgl. Niemann 2002, S.17 f.

[38] vgl. Dines 2002, S.41

[39] Klippel 2001, S.160

[40] Diekmann 2004, S.7

[41] vgl. Krasher in: Böttger 2005, S.74

[42] Niemann 2002, S.18

[43] vgl. Ellis/ Brewster 1991, S.12 f.

[44] vgl. Wright 1995, S.10

[45] vgl. Klippel 2001, S.161

[46] vgl. Klippel 2001, S.161

[47] Wright 1995, S.11

[48] Gaffal u.a. 2003, S.17

[49] Ausführliche Erläuterungen zu while-listening activities s. Kap.2.7.2

[50] Ausführlicher hierzu: s. Kap.2.5.2

[51] vgl. Klippel 2001, S.160

[52] vgl. Wright 1995, S.18 f.

[53] vgl. Ellis 2006, S.101

[54] Klippel 2004, S.52

[55] Ausführlicher hierzu: s. Kap.2.7.2

[56] vgl. Bleyhl 2002, S.15 f.

[57] vgl. Piepho 2000, S.47

[58] vgl. Wright 1995, S.23 f.

[59] vgl. Wright 1995, S.23 ff.

[60] vgl. Wrigth 1995, S.29 ff.

Ende der Leseprobe aus 66 Seiten

Details

Titel
Storytelling in der Grundschule. Methodische Möglichkeiten zum Umgang mit dem Storybook 'Elmer's new Friend'
Note
1,5
Autor
Jahr
2007
Seiten
66
Katalognummer
V72080
ISBN (eBook)
9783638625425
ISBN (Buch)
9783638801713
Dateigröße
1373 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Durchgeführt in einer altersgemischten Lerngruppe an einer Grundschule
Schlagworte
Storytelling, Möglichkeiten, Storybook, Elmer, Lerngruppe, Grundschule, altersgemischte Lerngruppe, Elmer's new Friend
Arbeit zitieren
Monika Reichard (Autor:in), 2007, Storytelling in der Grundschule. Methodische Möglichkeiten zum Umgang mit dem Storybook 'Elmer's new Friend', München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/72080

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