Mode, Masken und Kleidung in 'A Clockwork Orange' von Stanley Kubrick


Hausarbeit, 2005

26 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Gliederung

1.Einleitung
Miriam Bauer und Florian Groß

2.Die Mode der 60er und70er Jahre
Miriam Bauer

3.Design bestimmt das Bewusstsein-Look und Charaktere in A Clockwork Orange
Florian Groß

4.Die narrative Funktion der Kleidung in A Clockwork Orange
Florian Groß

5.Die Darstellung der Geschlechter- Rollen in A Clockwork Orange
Miriam Bauer

6.Exkurs: Masken bei Stanley Kubrick
Miriam Bauer

7.Zusammenfassung
Miriam Bauer und Florian Groß

8.Verwendete Literatur

1. Einleitung

Miriam Bauer und Florian Groß

Einer der am wenigsten verstandenen und umstrittensten Filme[1] des Filmgenies Stanley Kubrick ist der 1971 gedrehte A Clockwork Orange. Die Abenteuer eines jungen Mannes, dessen Hauptinteressen Vergewaltigung, Verbrechen und Beethoven sind, wie es provokativ auf dem Filmplakat hieß. Der Film knüpft direkt an den großen Erfolg 2001 – a space odyssee an: das Auge des Sternenkindes in der letzten Einstellung kann direkt mit dem Auge des Protagonisten Alex in der ersten Einstellung von A Clockwork Orange verbunden werden.

Die Vison einer grausamen Zukunft, in der die Menschen sich noch immer nicht von der Urhorde aus 2001 entfernt haben, schlägt sich auch in den Kostümen und im Produktionsdesign des Films nieder. In dieser Arbeit gehen wir zunächst auf den modischen Hintergrund zur Zeit der Dreharbeiten ein. Wie war die politische Stimmung zu dieser Zeit? Welche modischen Trends wurden gesetzt, und von welchen Designer wurden sie kreiert? Im Anschluss folgt eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Kostümen des Films, wie prägen Sie die Charaktere? Welche Stilmittel fließen in sie ein, wobei der diabolische Alex im Mittelpunkt der Betrachtungen steht. Weiterhin soll auf die Funktion der Kleidung für die filmische Erzählung eingegangen werden, vertieft durch eine Betrachtung der Geschlechterkonstruktion Kubricks, um dann in einem Exkurs die Bedeutung von Masken für den Film und das Werk des Regisseurs abzuschließen.

Es ist die Natur des Menschen, die mit dem System einer totalitären Gesellschaft in Konflikt gerät, der dionysische Alex lebt seine Triebe aus um dafür vom System gemaßregelt zu werden. Dieser Widerstreit ist auch ein Konflikt der Mode, der extravagante performance Künstler, als den mal Alex betrachten kann, trifft auf uniformierte und Anzugträger. Das freie Individuum wird durch ein System, das um zu funktionieren, keine „Ausbrecher“ dulden kann, schließlich handlungsunfähig gemacht, wobei es auch seinen freien Willen und seine Kreativität verliert..

„Es ist für ein Menschen notwendig, zwischen Gut und Böse wählen zu können, selbst wenn er das Böse wählt. Ihm das zu entziehen hieße, ihn weniger menschlich zu machen – ein mechanischer Mensch bzw. ein 'Clockwork Orange.'“[2]

2. Die Mode der 60er und70er Jahre

Miriam Bauer

Nach den Studentenunruhen der 68er Jahren und der Friedensbewegung, die Ende der 60er Jahre durch die Hippies weltweit ausgelöst wurde, waren die 70er Jahre politisch durch terroristische Anschläge geprägt. International kam es zu Flugzeugentführungen, Bombenanschlägen, Geiselnahmen und kaltblütigen Morden. Betroffen waren sowohl unschuldige Kinder und Bürger als auch politisch und wirtschaftliche Führungskräfte, die stellvertretend für das ganze Volk bedroht, entführt und ermordet wurden. Mittels des terroristischen Kampfes sollten gesellschaftliche Ungleichheiten bekämpft und ausgeglichen werden, was jedoch meist wieder in neue Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten führte. Die Gewaltbereitschaft unter Jugendgruppen ist, wie es auch in „A Clockwork Orange“ gezeigt wird, besonders hoch, und wenn diese dann auf ideologische Ziele trifft, können leicht terroristische Bewegungen entstehen.

An ideologischen Zielen mangelte es in den 60er und 70er Jahren keineswegs, da war einerseits die überstandene Kuba-Krise und der Vietnamkrieg, gegen dessen blutige Gewaltszenen sich Jugendlichen idealistisch verbündeten. Im Zuge dieser Entwicklung kam eine neue Generation der Kriegsdienstverweigerer auf, die eine andere soziale Einstellung in sich trugen, welche im Grunde auf eine negative Bewertung der Konsumgesellschaft hinauslief. Andererseits führten die ökonomischen Schwierigkeiten und die zunehmende Arbeitslosigkeit, mit den sich verschlechternden Berufsaussichten, zu einer sehr pessimistischen Grundstimmung, vor allem unter Jugendlichen, sodass viele zu Drogen griffen oder sich heilversprechenen Sekten anschlossen.[3]

Aus dieser ambivalenten Stimmung heraus, zwischen Gewalt, Drogen und blindem Anhängertum, aber auch zwischen Idealismus, Eigeninitiative und kritischem Bewusstsein entwickelte sich die Gesellschaft der 70er Jahre, welche die Basis des, 1971 gedrehten, Films A Clockwork Orange von Stanley Kubrick bildet.

Die Mode der 70er Jahre ist freilich nicht losgelöst von den politischen und gesellschaftlichen Ereignissen. Die Gesellschaft wurde offener, vielschichtiger und auch die Mode unterlag nicht mehr so sehr einem einheitlichem Trend. Vieles konnte nebeneinander existieren, originell kombiniert werden und unkonventioneller getragen werden. Insgesamt wurde die Mode in den 70er Jahren lässiger, unkomplizierter, legerer und individueller.

Schon in den sechziger Jahren begann diese emanzipatorische Entwicklung der Mode. Mit „The swinging sixties“ und den „Revolutionaires“, trug die junge Mode endgültig den Sieg davon. Es war nicht mehr die reife Frau mit der konventionellen Garderobe, die als Vor- und Leitbild der Modetrends galt, sondern Teens und Tweens diktierten ab den 60er Jahren die Modewelt.

Das neue Schönheitsideal der 60er Jahre wurde von Englands Mannequin Twiggy verkörpert, die mit ihrer knabenhaften Figur, zur „teuersten Bohnenstange der Welt“ erklärt wurde. Sie trug sehr knappe, körperbetonte Kleidung, jugendlich, sexy und modern. Das Zeitalter extravaganter Schnörkel und komplizierter Verzierungen war vorerst vorbei, es dominierten geometrische schwarz-weiß Op-Art Muster, die unter anderem von Designern wie Yves Saint Laurent, Courrèges und Féraud entworfen wurden.

1965 erfand die junge, englische Modedesignerin Mary Quant mit dem Mini-rock, den nach­haltigsten Modetrend der Damengarderobe. Der neue Rock revolutionierte die Modewelt, und setze sich über die Ländergrenzen hinweg, in allen sozialen- und gesellschaftlichen Schichten mit großem Erfolg durch.

Die Entwicklung der Weltraumfahrt Mitte der 60er Jahre und die erste Mondlandung der Amerikaner 1969, inspirierte auch die Modebranche. Vor allem der Designer André Courrèger sorgte mit seiner futuristischen Modekollektion für Aufsehen. Seine Modelle waren eine kreative Mischung aus Op-Art-Mode und Weltraum-Look. Klare Linien und konstruktivistischen Formen bestimmten seinen Stil, sowie die vorherrschenden Astronauten Farben Silber und Weiß.

Mit der Hippie-Welle, die ebenfalls Mitte der 60er Jahre von Amerika auf Europa überschwappte, kristallisierte sich eine farbenfrohe, romantische und nostalgische Mode heraus, die den Gegenpart zu der funktionellen Plastikkleidung des Weltraum-Looks darstellte. Der Kleidungsstil der Hippies charakterisierte sich vor allem bei den Frauen, durch weite und lange Röcke, bequeme Jeans und Blumenschmuck im Haar. Die unkonventionelle Lebenseinstellung der Hippie-Generation wurde durch den lässigen und bequemen Look nach Außen verkörpert. Der Blue Jeans verhalfen sie damit in den 70er Jahren zum endgültigen Durchbruch von der bloßen Freizeitkleidung zur selbstverständlichen Alltagskleidung. Anfänglich wurden die blauen, verwaschenen Hosen von der Elterngeneration als schäbig und hässlich abgetan, aber allmählich überzeugte die Jeans durch ihre unkomplizierte Pflege und praktische Handhabung, und hielt Einzug in alle Gesellschaftsschichten.

Arbeiter, Mittelstandsbürger, Studenten, Intellektuelle, Großindustrielle, Playboys, Weltstars und Adlige ziehen bis heute die Hosen der gleichen Machart und gleichen Farbe an.

Neben den Hippies waren die Punks etwas später in den 70er Jahren eine einflussreiche alternative Jugendbewegung, die ebenfalls die Mode veränderte. Die Vorreiter kamen aus England, und setzten mit abschreckenden Outfits wie die schwarze Lederkluft mit zerschlissenem T-Shirt, grell bunt gefärbten Haaren und Sicherheitsnadeln im Ohr, einen Trend, der zunächst eher schockierend und abschreckend auf die Öffentlichkeit wirkte. Erst in den 80er Jahren setzte sich die Punk-Mode auch außerhalb ihrem eigenen, kleinen, subkulturellen Bereich durch.

Rückblickend kann festgehalten werden, dass in den 60er und70er Jahren ein enormer Befreiungsschub für die Modewelt stattfand, und das viele Trends die wir auch heute immer wieder feiern, ihren Ursprung in dieser Zeit hatten. Mit dem Mini-Rock und der Jeans angefangen bis zum Retro-Punk haben sich die Klamotten etabliert, immer aktuell gehalten und mittlerweile nicht mehr aus der Modebranche wegzudenken.

Auch in Stanley Kubricks Film „A Clockwork Orange“ lassen sich einige, der in den 60er und 70er neu auf gekommenen, Modetrends wiederfinden.[4] In wieweit der berühmte Regisseur zusammen mit der Kostümdesignerin Milena Canonero die Personen in dem Film durch die Kleidung charakterisierte, und wie viel die Mode dazu beitrug um die Handlung voran zu treiben wird in den folgenden Kapiteln erläutert.

3. Design bestimmt das Bewusstsein - Look und Charaktere in A Clockwork Orange

Florian Groß

London 1983 von 1971 aus gedacht. Das ist die Basis des Looks der A clockwork Orange ausmacht. Nicht eine ferne Zukunft, sondern eine nahe und umso bedrohlichere, weil näher an der Lebensrealität der Zuschauer angesiedelte, Vision einer Zeit, auf die Menschheit zusteuert, eine Zeit der Gewalt. Es gibt unterschiedliche Ausprägungen dieser Gewalt im Film, strukturelle Gewalt durch den Staat - angedeutet einmal durch den Obdachlosen und später durch den Schriftsteller - doch vor allem geht Gewalt von Jugendbanden aus. Eine dieser aggressiven Horden bildet das Zentrum des Films, Alex DeLarge und seine Droogs, Alex ihr Anführer der Protagonist und Erzähler zugleich ist.

Alex Blick fängt uns direkt zu Beginn, ein stilisierter Blick, mit künstlicher Wimper und geschminkten Augen, von unten herauf mit schief gestelltem Kopf. Eine Geste des Demuts, doch genau diese kennt Alex nicht. Alex ist hochmütig, er weiß, dass er schlecht ist und erfreut sich daran, er ist intelligent und eloquent, doch weder sich noch andere muss er über sein Wesen belügen. Dies unterscheidet Alex auch von einem anderen Gewalttäter der Kulturgeschichte, mit dem er sonst viel gemeinsam hat: Richard Herzog von Gloster – später Richard III.

Alex, like Richard, is a character whom you should dislike and fear, and yet you find yourself drawn very quickly into his world and find yourself seeing things through his eyes. It's not easy to say how this is achieved, but it certainly has something to do with his candor and wit and intelligence, and the fact that all the other characters are lesser people, and in some way worse people.[5]

Auch Richard ist intelligent und auch er spricht sein Publikum direkt an, offenbart seine Pläne

„Bin ich gewillt, ein Bösewicht zu werden Und feind den eitlen Freuden dieser Tage.“[6]

Doch Richard ist zu anderen unaufrichtig, er ist der spätere Alex, der sich beim Gefängnispfarrer einschleimt, Alex der Gangführer muss sich nicht verbiegen, er steht zu seiner Gewalt. Er ist in gewisser Weise integer, da er weder sich noch sein Publikum belügen muss, anders als alle anderen, falsch erscheinenden Charaktere des Films. Alex steht hochgewachsen und frech, auch dies ein Gegensatz zum hässlichen Krüppel Richard. Alex sticht mit seinen 1,79 heraus, er überragt sowohl seine Opfer als auch die meisten seiner Mitgefangenen. Und dieses Hervorstechen betont er zusätzlich durch sein extravagantes Kostüm. Die Kostüme stammen von der Italienerin Milena Canonero[7], die anschließend auch an Barry Lyndon und The Shining beteiligt war.

[...]


[1] Nelson, Thomas Allen: Kubrick. Inside a film artist's maze. Bloomington 2000. S. 156

[2] Stanley Kubrick, zitiert nach: Duncan, Paul: Stanley Kubrick. Visueller Poet. Köln 2003. S. 136.

[3] Vgl. Loschek, Ingrid: Mode im 20. Jahrhundert : eine Kulturgeschichte unserer Zeit. München 1995. 5. Auflage.

[4] Vgl. Buovolo, Marisa: Masken der Gewalt. Die Sprache der Kleidung in A Clockwork Orange. In:Kinematograph 19. Stanley Kubrick. Frankfurt 2004. S. 152.

[5] Kubrick, Stanley. Aus: Nelson, Thomas Allen: Kubrick. Inside a film artist's maze. Bloomington 2000. S.143.

[6] Shakespeare, William: Richard III. Übersetzt von A. W. v. Schlegel. Stuttgart 1971. Erster Aufzug, Erste Szene.

[7] Vgl. Buovolo, S. 149.

Ende der Leseprobe aus 26 Seiten

Details

Titel
Mode, Masken und Kleidung in 'A Clockwork Orange' von Stanley Kubrick
Hochschule
Universität Lüneburg
Veranstaltung
Film und Mode
Note
1,0
Autoren
Jahr
2005
Seiten
26
Katalognummer
V71877
ISBN (eBook)
9783638815338
ISBN (Buch)
9783638919265
Dateigröße
554 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mode, Masken, Kleidung, Clockwork, Orange, Stanley, Kubrick, Film, Mode
Arbeit zitieren
Jens-Florian Groß (Autor:in)Miriam Bauer (Autor:in), 2005, Mode, Masken und Kleidung in 'A Clockwork Orange' von Stanley Kubrick, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71877

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