Planung und Durchführung einer Prozessoptimierung an einem Praxisbeispiel

Prozessoptimierung am Beispiel der Fakultät V TU Berlin


Studienarbeit, 2006

116 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einführung

2 Six Sigma
2.1 Stand der Wissenschaft
2.1.1 Begriffsklärungen
2.1.1.1 Statistik und Wahrscheinlichkeit
2.1.1.2 Maßzahlen bzw. Kenngrößen
2.1.1.3 Verteilungen
2.1.2 Der DMIAC-Zyklus
2.1.3 Zusammenfassung/Vorteile von Six Sigma
2.1.3.1 Die Kundenzufriedenheit
2.1.3.2 Die Fehlerkosten
2.1.3.3 Prozessorientierung
2.2 Stand der Praxis
2.2.1 Six Sigma im sekundären Sektor
2.2.1.1 Die Fallstudie „FG Wilson“
2.2.2 Six Sigma im tertiären Sektor
2.2.2.1 Das Beispiel Krankenhaus
2.2.3 Qualitätsmanagement im öffentlichen Dienst
2.2.3.1 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess in der Stadt Mannheim
2.2.3.2 Der Offenbacher Weg bei Einführung des QM
2.2.3.3 QM im Bundesverwaltungsamt
2.2.3.4 QM am Beispiel der Polizeidirektion Offenburg
2.2.3.5 QM an der Schnittstelle von Wirtschaft und Verwaltung (IHK Franfurt Oder)
2.3 Grenzen von Six Sigma

3 Prozessmanagement
3.1 Begriffliche Grundlagen
3.1.1 Was ist ein Prozess?
3.1.2 Bausteine und Elemente eines Prozess
3.1.3 Topologie eines Prozess
3.1.4 Arten von Prozessen
3.1.5 Morphologie von Prozessen
3.1.6 Prozesse in Unternehmen
3.1.6.1 Entwicklung
3.1.6.2 Ansatz des Prozessmanagements
3.1.6.3 Analyse bestehender Prozesse
3.1.6.4 Integrierte Methoden zur Unternehmensmodellierung
3.1.6.5 ARIS
3.1.6.6 Ermittlung von Verbesserungsbereichen
3.1.6.7 Neugestaltung der Prozesse und Anpassung der Organisatonsstruktur
3.1.6.8 Beteiligung der Mitarbeiter
3.1.7 Prozessmanagement in den öffentlichen Verwaltungen u. Dienstleistungsstellen
3.1.7.1 Beispiel Krankenhaus
3.1.7.2 Beispiel: Innovative Verwaltung in Kooperation mit Deutsche Post
3.1.7.3 Optimierungen in der Landesverwaltung am Bsp. des Saarlandes
3.1.7.4 Kfz-Zulassungsstelle
3.1.7.5 Grenzen des Prozessmanagements in Bezug auf Öffentlichen Sektor

4 Integration des Prozessmanagement in Six Sigma
4.1 Kombination von PM u. Six Sigma am Beispiel einer Bank

5 Praxisprojekt
5.1 Prozessveränderungen durch Projektmanagement
5.1.1 Begriffliche Grundlagen
5.1.1.1 Was ist ein Projekt?
5.1.1.2 Aufgaben und Ziele des Projektmanagements
5.2 Das Projekt
5.2.1 Projektorganisation
5.2.2 Projektinhalt
5.3 Probleme in der Projektarbeit
5.3.1 Motivationsprobleme
5.3.2 Zeitprobleme
5.3.3 Qualitätsprobleme

6 Zusammenfassung

Literaturliste

Anhang

Forschungsanzeige

Dienstreisen

Lehraufträge

Absolventenfeier

Einnahmen

Umbuchungen

Einstellungsauftrag

Promotionsangelegenheiten.

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Normalverteilungen

Abbildung 2: Der DMIAC-Zyklus

Abbildung 3: Kosten der Fehlerentstehung und -behebung

Abbildung 4: Zehnerregel der Fehlerkosten

Abbildung 5: Ablauf der Einführung von priMA

Abbildung 6: Anzahl der priMA-Projekte

Abbildung 7: Standardisierter Ablauf der Projekte

Abbildung 8: Dimensionen von Veränderungsprozessen

Abbildung 9: Dynamische Entwicklung des Dienstleistungszentrums BVA

Abbildung 10: Flexible Arbeitszeit - Fazit

Abbildung 11: Mitarbeiterbefragung 2003 Bewertung

Abbildung 12: Prozessbestandteile

Abbildung 13: Prozessmodell

Abbildung 14: Beschreibung des Prozesses Umbuchung als Flussdiagramm

Abbildung 15: Schema der ARIS-Architektur

Abbildung 16: Methoden zur Ermittlung von Maßnahmen zur Prozessverbesserung

Abbildung 17: Prozessmanagement im Krankhaus

Abbildung 18: Einsparungspotential durch Outsourcing

Abbildung 19: Digitaler Posteingangs-Service der Deutsche Post AG

Abbildung 20: Internetportal zum Bürgerservice im Saarland

Abbildung 21: Isolierte Anwendung des Business Process Managements

Abbildung 22: Isolierte Anwendung der Six Sigma

Abbildung 23: Darstellung der Stückkosten gegen den Grad der Arbeitsteilung

Abbildung 24: Beispiel eines Projektstrukturplan

Abbildung 25: Netzplantechnik

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: σ-Werte eines zweiseitigen Tests

Tabelle 2: Typologie von Prozessen.

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einführung

Prozessorientierung ist seit Anfang der 90er eines der wichtigsten Ziele der Unternehmensgestaltung. Die Aufnahme und Dokumentation aller Ist-Prozesse eines Unternehmens und die mögliche sich daran anschließende Verbesserung der Arbeitsabläufe sind Tätigkeiten die jedes Unternehmen, das Prozessorientierung verfolgt, als Grundfunktionen des Prozessmanagement betreiben sollte. Allerdings ist es bisher nicht allen Unternehmen gelungen, den wissenschaftlichen Stand ent­sprechend in die Praxis umzusetzen.

Als besonderes Beispiel sind hier öffentliche Einrichtungen zu nennen. Ein wichtiger Grund liegt hierfür in der Begründung und Verkettung dieser mit dem Gesetz. Öffentliche Verwaltungseinheiten werden daher auch heutzutage noch von ihren Kunden als schwer zu durchschauende Einrichtungen empfunden.[1] Zudem werden ihre Arbeitsweisen als schwerfällig und unlogisch wahrgenommen. Das ständige Ausfüllen all möglicher Formulare und die penible Darlegung eines Sachverhaltes bei einer Antragsstellung wirkt auf den in Anspruchnehmenden oftmals als überflüssig und sinnlos. Es ist folglich nicht schwer zu erkennen, dass für die Kunden öffentlicher Einrichtungen (Bürger) ein großer Handlungsbedarf hinsichtlich der Arbeitsabläufe besteht.

Aber auch die Verwaltungen selbst sehen die Notwendigkeit der Prozessaufnahme und -verbesserung. Oftmals sind öffentliche Verwaltungen überlastet und es dauert ungeheure Zeiten, um Anliegen der Kunden zu bearbeiten. Es sind zwar festgefahrene Bearbeitungsabläufe gegeben, die aber nicht irgendwo klar definiert dokumentiert sind. Des Weiteren müssen Anliegen von Kunden zu oft durch mindestens einen Vorgesetzten kontrolliert und abgezeichnet werden; den Sachbearbeitern obliegt zu wenig Entscheidungsmacht. Ein Wandel scheint dringend erforderlich. Denn die Forderungen der Bürger nach einer ver­besserten Qualität der angebotenen Dienst­leistungen nehmen zu. Ziel ist es nun die Bearbeitung von Anträgen transparent zu gestalten, zu beschleunigen und damit kostengünstig zu machen. Der Nutzen, der sich ergeben könnte, liegt klar in der reduzierten Anzahl an Bearbeitungsfehlern und in der Flexibilität. Die aktuelle Situation des öffentlichen Dienstes soll hinsichtlich des Prozessmanagements anhand der Verwaltung der Fakultät 5 an der Technischen Universität Berlin dargelegt und analysiert werden.

2 Six Sigma

2.1 Stand der Wissenschaft

Der Begriff „Six Sigma“ hat sehr viele Facetten. Zum ersten ist „Sigma“ σ ist ein Buchstabe des griechischen Alphabets. Zum anderen repräsentiert er in der Statistik einerseits eine Messgröße andrerseits eine Einheit. Sigma ist die Einheit der Streuung der Ergebnisse einer Messung um den Mittelwert, die so genannte Standart­abweichung. σ ist folglich ein Indikator für die Streuung von Werten. Als statisches Konzept, misst 6 σ das Ergebnis eines Prozess im Sinne von Fehlern, in dem ein Vergleich der realen Ergebnisstreuung mit einem vorgegebenen Toleranzbereich, d. h. ein Soll-Ist-Vergleich, durchgeführt wird. Six Sigma markiert eine Prozessleistung, bei der in einer Million Fehlermöglichkeiten nur 3,4 Fehler erwartet werden; es sollen folglich die Prozesse derart geändert werden, dass sie zu 99,9997% fehlerfreie Produkte erbringen[2]. Des Weiteren ist Six Sigma ein Synonym für ein Qualitäts­förderungsverfahren. Das bietet eine standardisierte Methode mit einer Anleitung zur Durchführung von Projekten sowie eine Anleitung zur Auswahl und Einsatz von Werkzeugen für Prozessverbesserungen. Das Six Sigma - Verfahren wurde 1986 von Bill Smith, einem leitenden Ingenieur beim Unternehmen Motorola entwickelt. Er fand mit Six Sigma ein neues Verfahren zur standardisierten Kontrolle der Qualität von Produkten und Prozessen. Sie ermöglicht die Reduktion der Fehlerquoten in der Produktion. Six Sigma ist allein auf Prozesse beschränkt. Für strategische oder politische Probleme ist es völlig ungeeignet. Dagegen ist Six Sigma mit dem Ziel der absoluten Kundenzufriedenheit einem Steuerungsinstrument für Qualität im gesamten Unternehmen, über die Produktionsabteilungen hinaus, so dass es in den letzten Jahren immer stärker im Service- und Dienstleistungsbereich eingesetzt worden ist, insbesondere in Verwaltungen des medizinischen Bereichs. Heute hat Six Sigma innerhalb großer US-amerikanischer und europäischer Firmen einen festen Platz als effiziente Methode für Qualitätskontrolle und Prozessmanagement. Zu den Unter­nehmen, die mit der Six Sigma-Methode arbeiten, zählen z. B. General Electric, Allied Signal oder Citibank oder Bosch. Die Zukunftssicherheit von Six Sigma ist gewiss sicher, da eine globale Gemeinschaft existiert, die das Thema ständig erweitert und pflegt.

2.1.1 Begriffsklärungen

2.1.1.1 Statistik und Wahrscheinlichkeit

Die Statistik ist eine wissenschaftliche Disziplin, die sich mit den Methoden zum Umgang mit quantitativen Daten beschäftigt. Ein Teilbereich der Statistik ist die Wahrscheinlichkeitsrechnung. In der Wahrscheinlichkeitsrechnung werden zufällige Ereignisse betrachtet. Ein Ereignis ist dann zufällig, wenn es unter gegebenen Bedingungen entweder eintritt oder nicht eintritt, wobei das Eintreten oder Nicht­eintreten nicht vorhersagbar ist. Die Wahrscheinlichkeit ist dabei das Maß für das Eintreten eines Ereignisses.

2.1.1.2 Maßzahlen bzw. Kenngrößen

Maßzahlen dienen unter anderem der Beschreibung von Verteilungen. Sie ergeben verschiedene grafische Formen, durch welche die Verteilungen klassifiziert werden. Dazu zählen Größen wie Lage-, Streuungs- oder Schiefeparameter.

a) Der Erwartungswert µ ergibt sich aus der Durchschnittsbildung der

Realisationen xi multipliziert mit ihren Wahrscheinlichkeiten pi:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

b) Die Varianz σ2 wird aus der gemittelten quadrierten durchschnittlichen Abweichung vom arithmetischen Mittel gebildet:

2.1.1.3 Verteilungen

Eine Verteilung beschreibt den Zusammenhang zwischen den Werten von Zufallsgrößen und ihrer so genannten Eintrittswahrscheinlichkeit.[3] Verteilungen werden durch verschiedene Größen wie Lage-, Streuungs- oder Schiefeparameter charakterisiert.

Die Normalverteilung ist eine häufig benutzte Verteilung, da nach dem zentralen Grenzwertsatz unabhängig von der Ausgangsverteilung bei einer ausreichend großen Stichprobe eine Normalverteilung approximiert werden kann.

Sie bildet sich nach der Formel:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

mit dem Erwartungswert µ und der Varianz σ².

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Normalverteilungen

In Abbildung 1 sind drei Graphen unterschiedlicher Normalverteilungen abgebildet. Wegen ihrer charakteristischen Form heißen die Graphen auch Gauß’sche Glocken­kurven. Glockenkurven haben unter anderem folgende Eigenschaften: Der Erwartungs­wert ist das Maximum; Achsensymmetrie; asymptotische Annäherung an die Abszisse; gleicher Flächeninhalt, das heißt ein Integral mit einem Wert von einer Flächeneinheit. Sie bestimmen sich über den Erwartungswert und die Varianz. Der Erwartungswert bestimmt die Stelle an der das Maximum liegt. (Einfach gesagt, wie weit der Graph entlang der Abszisse verschoben ist.) Mit einer höheren Varianz wird die Glockenkurve einerseits flacher, andererseits nimmt das Maximum einen geringeren Wert an.

Bei der Durchführung von Stichproben bei denen einzuhaltende Grenzen kontrolliert werden sollen, ergibt sich eine Verteilung, die mit einer Normalverteilung approximiert werden kann, können die Grenzen als Vielfaches von σ angegeben werden. Ein hoher σ-Wert wird dabei angestrebt, da dies bedeutet, dass ein geringer Anteil der Stichprobe außerhalb der Grenzen liegt.

Tabelle 1: σ-Werte eines zweiseitigen Tests[4]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Tabelle zeigt den Anteil der außerhalb der Grenzen liegenden Werte in Abhängigkeit von σ. Mit steigendem σ sinkt der Anteil der Grenzüberschreitungen. Der 6σ-Begriff stammt aus diesem Zusammenhang, da ein Fehleranteil von 3,4 pro Million angestrebt wird.

2.1.2 Der DMIAC-Zyklus

Die Einführung und Anwendung der Six Sigma-Methode muss als ein ganzheitliches Konzept verstanden werden, d. h. alle Bereiche eines Unternehmens, auch Ver­waltungs- und Servicebereiche, werden unter der Bedingung ihrer Qualität und mit dem Ziel der absoluten Kundenzufriedenheit betrachtet. Allgemein umfasst das Six Sigma Management-Konzept fünf Schritte, die durch das Akronym DMAIC beschrieben werden. Die Bewertung der vorhandenen Prozesse, die Analyse der Problemursachen, die Konzeption einer Lösung, die Implementierung neuer Lösungen und eine Kontrollphase zur Überprüfung der Ergebnisse:

- D = Definition (define). Die Define-Phase ist die erste Phase, die in einem Projekt durchlaufen wird. In dieser Phase werden Projektzweck und -umfang festgelegt sowie Informationen zum Prozess und zu den Kunden (insbesondere Qualitätsmerkmale aus dessen Sicht) gesammelt und dargestellt. Des Weiteren werden auch Problembereiche identifiziert. Dabei ist es sehr wichtig, dass das Projekt und dessen Ziel von allen Teilnehmern richtig verstanden und mit dem Auftraggeber korrekt abgestimmt wird. Ergebnisse des ersten Abschnitts sind eine Beschreibung der beabsichtigten Verbesserungen und ein entsprechender Maßstab, an dem diese gemessen werden, z. B. die Geschäftssituation.[5]

Darüber hinaus wird der Prozessfluss ermittelt und die wichtigsten Kundenbedürfnisse festgehalten. Insbesondere der finanzielle Nutzen wird hier ermittelt.

Weiterhin wird in dieser Phase der Projektauftrag klar eingegrenzt und der Zeitrahmen sowie Aufwand der Projektarbeit abgeschätzt. In diesem Zusammenhang spielt die Festlegung von sog. Meilensteinen eine große Rolle. Denn vorgeschriebene Meilensteine ermöglichen, dass jedes Teammitglied zielorientiert im Projekt arbeitet. Schließlich wird in einem verbindlichen „Vertrag“ das Ergebnis der Verhandlungen festgehalten.[6]

- M = Messen (Measure). Als zweite Phase des Zyklus dient sie zum Sammeln von Daten zur Feststellung der gegenwärtigen Prozessleistung, von Basisdaten, die das Problem beschreiben, um ein Kriterium für den Ist-Zustand und den erwünschten Zustand zu entwickeln. Wichtig dabei ist die Entwicklung einer Strategie um die Datenerhebung durchzuführen. Ein Hauptziel dieser Phase ist die Definition von Messstellen zum Quantifizieren des Problems. Dabei wird auch probiert die Entstehung eines Problems zu begründen. Dies geschieht mittels Hypothesen. Dafür wird ein genauer Plan zur Verifizierung der aufgestellten Hypothesen erstellt. Falls Messsysteme bestehen, werden sie auf Vertrauenswürdigkeit geprüft und gegebenenfalls verbessert. Anschließend werden die Daten erhoben.[7]

- A = Analyse. Der Measure-Phase schließt sich die Analyze-Phase an. Hier werden die eigentlichen Ursachen des Problems identifiziert sowie analysiert und anhand von Daten verifiziert. Hierbei wird versucht die Ursache für Streuungen im Prozess zu erkennen. Wichtig ist, dass hier Ursachen von Symptomen getrennt werden. Der Prozessablauf wird durch die Analyse genauer erfahren, dadurch wird auch ein Verständnis für Zuständigkeiten und Schnittstellen entwickelt. Mit den erhobenen Daten werden die gesammelten Hypothesen bestätigt bzw. verworfen.[8]

- I = Verbesserung (improve). Diese Phase dient der Verbesserung der Prozesse/der Qualität anhand der Ursachen, die durch den vorhergehenden Schritt analysiert wurden. Es werden Lösungen für das Problem erarbeitet und eingeführt. Somit wird folglich ein Sollkonzept entwickelt.

Aufbauend auf den vorherigen Phasen, werden hier Implementierungen von Lösungen zur Prozessverbesserung erstellt, selektiert und geplant. Es folgt anschließend eine pilothafte Umsetzung. In der Improve-Phase werden durch Einsatz von Kreativitätstechniken mögliche Lösungen für die festgestellten Problemursachen generiert.

Die ermittelten Lösungsideen werden strukturiert und bewertet. Lösungsvorschläge, die bevorzugt werden, werden vor der Implementierung simuliert. Mit einem Umsetzungsplan wird die vollständige Umsetzung der Lösungsvorschläge geplant.[9] [10]

- C = Kontrolle (control). Die Control-Phase als Abschluss eines Six Sigma Projekts stellt permanente Lösungen im Prozess ein und sichert sie langfristig. Die implementierten Lösungen der Improve-Phase werden anhand von Datenmaterial bewertet. Dazu wird ein Überwachungssystem für den Process Owner entwickelt und eingeführt. Um die erzielten Verbesserungen weiterhin zu gewährleisten, müssen diese standardisiert in die Prozesse einfließen, was zum Abschluss des Projekts dokumentiert wird. Dies dient dem Zweck zukünftige Prozessverbesserungsteams Informationen der Prozesse bereitzustellen. Schließlich wird innerhalb dieser Phase das Projekt an den Process Owner übergeben.[11] [12]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Der DMIAC-Zyklus[13]

2.1.3 Zusammenfassung/Vorteile von Six Sigma

2.1.3.1 Die Kundenzufriedenheit

Six Sigma berücksichtigt das Einfließen der Kundenforderung in das Produkt (bzw. in den Prozess) von der Entwicklungsphase über die Fertigung bis zum Verkauf und Service.[14]

Das erforderliche Meßsystem und die Prozessgestaltung werden aufgrund der Kundenwünsche gestaltet. Dabei werden die bedeutenden Aspekte für die Kundenzufriedenheit identifiziert. Auch können die für den Kunden bedeutsamen Outputs des problembehafteten Prozesses ermittelt werden.

Auch die nicht ausgesprochenen Kundenbedürfnisse können erforscht und dadurch bei der angestrebten Prozessverbesserung berücksichtigt werden.

Im Rahmen des Six Sigma Verfahren wird somit ermittelt, was die Kunden des Unternehmens wirklich wollen, um so zielgerichtet Produkte, Dienstleistungen und die Prozesse dorthin zu entwickeln und nachhaltig zu verbessern.

2.1.3.2 Die Fehlerkosten

Erfahrungen der USA zeigen, dass sich Fehlerkosten in Industrieunternehmen auf bis zu 30 % des Jahresumsatzes belaufen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Kosten der Fehlerentstehung und -behebung[15]

In Dienstleistungsunternehmen machen Fehlerkosten bis zu 30 % der Gesamtkosten aus. 80% aller Fehler, die während der Produkterstellung und im Produkteinsatz entstehen, haben ihre Ursache in unzureichender Planung, Entwicklung und Konstruktion (siehe Abbildung 3 und 4).[16]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Zehnerregel der Fehlerkosten[17]

Durch Six Sigma können frühzeitig mögliche Fehlerursachen, Fehler und Fehlerfolgen lokalisiert und erkannt werden. Kritische Produktkomponenten werden auch identifiziert. Risiken können abgeschätzt und beurteilt werden. Die Fehlervermeidung in den Entwicklungsprozessen führt zu störungsärmeren Serienanläufen und der Senkung der Bauteiländerungen nach Serienanlauf. Die Garantie- und Kulanzkosten können auch durch die Steigerung der Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit von Produkten reduziert werden.

2.1.3.3 Prozessorientierung

Der Prozessfokus von Six Sigma identifiziert qualitätskritische Prozesse aus Sicht der Kunden und strebt nach kontinuierlichen Verbesserungen.

Six Sigma schafft Transparenz der zu verbessernden Prozesse. Durch die Prozessorientierung kann die Prozessleistung besser gemessen werden. Die Verbesserungspotentiale können ebenfalls einfacher und effektiver erkannt werden.

2.2 Stand der Praxis

Die Six-Sigma-Methode genießt in letzter Zeit verbreitete Popularität. Sie stellte unter Beweis, dass sie nicht nur erfolgreich Qualität verbessert, sondern dass sie dabei vor allem auch zu erheblichen Kosteneinsparungen führt. Deshalb wird Six Sigma nicht mehr nur in der Industrie Anwendung sondern auch in Dienstleistungen. Im Folgenden werden einige Beispiele beschrieben, die zeigen wie weit das Qualitätsmanagement und Six Sigma in der Praxis sind.

2.2.1 Six Sigma im sekundären Sektor

2.2.1.1 Die Fallstudie „FG Wilson“

FG Wilson produziert im irischen Larne Stromgeneratoren. Das Unternehmen exportiert 99% der Generatoren nach Übersee. Mit jedem Generator wird eine Bedienungsanleitung ausgeliefert, die den Käufer mit allen nötigen Informationen für den Betrieb und die erforderliche Wartung des Gerätes ausstattet. Häufig fordern Kunden zusätzliche Schriftstücke an, um die verlorenen oder beschädigten Bücher zu ersetzen. Da FG Wilson in verschiedenste Länder exportiert, müssen auch die Handbücher in mehreren Sprachen produziert werden. Mit technologischer Weiterentwicklung und der Einführung neuer Modelle ändert sich der Text der Broschüren fortlaufend. Das Unternehmen ist gesetzlich verpflichtet, Handbücher in allen Sprachen der Europäischen Union zu erstellen.

Ursprünglich wurden die Druckaufträge an spezialisierte Dienstleister ausgelagert und die im Offsetdruck produzierten Materialien von den verschiedenen Zulieferern manuell zu den erforderlichen Dokumentationen zusammengestellt. Insgesamt waren bei FG Wilson 10 Mitarbeiter mit den Handbüchern befasst, und bis zu 17 verschiedene Zulieferer waren in den Produktionsprozess eingebunden. Die Verwaltung dieses Prozesses beanspruchte enorme Zeit und Ressourcen. Die Kompliziertheit dieses Prozesses führte dazu, dass ein großer Teil der Generatoren mit teilweise oder ganz fehlender Dokumentation, veralteten Dokumentationsteilen oder falschen Sprachversionen ausgeliefert wurden. “Es gab ein Qualitätsproblem, das wir beheben mussten, wenn wir unseren hohen Kundendienststandard aufrecht erhalten wollten” erklärte John Stewart, Six Sigma-Projektmanager bei FG Wilson.

So war beispielsweise ein Mitarbeiter anderthalb Tage in der Woche nur damit befasst, neue Dokumentationen bei den Zulieferern zu bestellen. Der ganze Prozess bei FG Wilson war sehr kosten- und zeitaufwändig.

Angesichts der Verschwendung von Zeit, Ressourcen und Produktivität durch den alten Prozess entschied sich FG Wilson für eine Veränderung. Das Unternehmen initiierte ein Six Sigma Projekt, um die Problemprozesse und Lösungen zu analysieren, Probleme zu beseitigen und die Qualität sowie den Service der Dokumentationsabteilung zu verbessern. FG Wilson wandte sich dabei an Xerox, einem Dokumenten-Management-Dienstleister.

Die von Xerox vorgeschlagene Lösung war die einzige, die es FG Wilson ermöglichte, die Druckerei unternehmensintern zu kontrollieren. Zugleich war diese Lösung die kosteneffizienteste und flexibelste, denn bei Bedarf konnten Änderungen sofort vorgenommen werden. Nachdem Xerox Global Services ausgewählt worden war, begann in enger Zusammenarbeit mit FG Wilson die Implementierungsphase des Six Sigma Projekts. Xerox Global Services analysierte gemeinsam mit FG Wilson die Ist-Prozesse und schlug eine maßgeschneiderte Kombinationslösung vor. Diese Lösung ermöglichte es, den bestehenden Dokumentenprozess auf ein 'Just In Time' - System umzustellen, das mehr Flexibilität bei der Handbuchproduktion ermöglichte und die Ausgabe personalisierter Materialien auf CDROM sowie im traditionellen Digitaldruckformat erlaubte. Es wurden zwei Drucksysteme installiert, die bis zu 135 Seiten pro Minute in Schwarzweiß drucken können und FG Wilson die Nutzung des Print-on-Demand-Verfahrens ermöglichten.

Die Dokumentationen wurden neu gestaltet, um sie für Produktion, Digitaldruck und Endverarbeitung zu optimieren. Bestellungen können direkt über das SAP-System des Kunden eingegeben werden. Heute kümmern sich fünf Xerox-Mitarbeiter bei FG Wilson vor Ort darum, dass die Serviceleistungen gemäß Vereinbarung erbracht werden. Alle Teammitglieder sind in allen Aufgaben geschult, so dass die Rollen ausgetauscht werden können und maximale Produktivität gewährleistet ist. Das von beiden Unternehmen zusammen­gestellte Projektteam legte den zeitlichen Rahmen des Projekts und die Meilensteine in Abstimmung mit dem Six Sigma - Prozess fest und erarbeitete einen Implementierungs­plan mit mehreren Phasen – von der Genehmigung der Lösung bis zur Integration und Implementierung. FG Wilson und Xerox arbeiteten bei der Implementierung der verschiedenen Projektphasen eng zusammen. FG Wilson war beeindruckt von dem Engagement, das Xerox Global Services an den Tag legte, um den Auftrag mit größtmöglicher Wirkung durchzuführen. Das Projekt dauerte vom Konzept bis zur Fertigstellung insgesamt neun Monate. Die Integrationsphase von Xerox Global Services entfiel auf die letzten drei Monate dieses Zeitraums.[18]

2.2.2 Six Sigma im tertiären Sektor

2.2.2.1 Das Beispiel Krankenhaus

Die Entwicklung des Qualitätswesens in Krankenhäusern begann später als in der Industrie. Allerdings ist die Linie dieselbe. Im Krankenhaus lassen sich die Anfänge der Qualitätssicherung auf das Berufsverständnis der Ärzte zurückführen. Ärzte streben seit jeher eine hohe Qualität der medizinischen Behandlung an. Es existieren eine Vielzahl von traditionellen internen Maßnahmen zu Qualitätssicherung, wie: Zweitgutachten, Assistenten, Visiten etc. Diese Maßnahmen sind einzig auf die Qualität der medizinischen Behandlung gerichtet. Des Weiteren existieren natürlich auch externe Richtlinien wie z.B. die Röntgenverordnung.

Auch die präventive Fehlervermeidung und Mitarbeiterorientierung ist in Kranken­häusern sehr wichtig. So sollen in Qualitätszirkeln, die Mitarbeiter dahin­gehend geschult werden, um Fehler zu vermeiden und Qualität zu erhöhen. In diesen Zirkeln wird sich in erster Linie mit Pflegestandards (speziell für pflegepersonal) und Arbeitsorganisation beschäftigt. Die Zirkel werden häufig durch Befragungen der Mitarbeiter und der Patienten ergänzt. Diese Ergebnisse werden auch im medi­zinischen Bereich für eine statistische Qualitätssicherung genutzt.

Dieses ist ein neuer Aspekt im Qualitätsmanagement des medizinischen Bereichs. Während früher nur die Qualität der medizinischen Leistung gesichert und gesteigert wurde, hat das Qualitäts­management hier zu Folge, dass der Patient in den Mittelpunkt des Interesses rückt. Damit wurde das Qualitätsmanagement auf alle direkten und indirekten Bereiche des Krankenhauses ausgedehnt. Bisher gibt es nur wenige Krankenhäuser in Deutschland mit einem realisierten, umfassenden Qualitäts­management. Allerdings ist es zurzeit eins der meistgesprochenen Themen im medizinischen Bereich.

Das Modellvorhaben „Vertrauen durch Qualität“ in München umfasst fünf städtische Krankenhäuser und versucht in diesen, ein TQM-Ansatz zu implementieren.[19]

2.2.3 Qualitätsmanagement im öffentlichen Dienst

2.2.3.1 Kontinuierlicher Verbesserungsprozess in der Stadt Mannheim

Der Umbau der Verwaltung in der Stadt Mannheim begann Anfang der 90er. Zunächst wurde versucht mit Managementmethoden die Verwaltung zu modernisieren; der Bürger wurde als Kunde definiert und seine Erwartungen an die Stadt sollten zum Maßstab werden. Doch allein die Kenntnis von Zahlen, die durch Einführung eines Controllings vorlagen, brachte keinen Fortschritt.[20] Deshalb wurde der Fokus anschließend auf die Leistungserstellungsprozesse gelegt. Insbesondere war dabei der Brennpunkt, das seit Jahren stetig wachsende Aufgabenspektrum. Als Ursache dafür wurde die Verlagerung der Aufgaben vom Bund zu den Städten und der stetig wachsende Anspruch der Bürger identifiziert. Demgegenüber stehen steigende Ausgaben und steigender Personalabbau.

Aufgabe in Mannheim war es nun mit immer weniger Personalressourcen mehr Arbeiten zu bewältigen bei möglichst gleich bleibender Qualität. Dazu wurde 1995 ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess (KVP) namens „priMA – Prozessverbesserung in Mannheim“ eingeführt. Der KVP betreibt eine Optimierung von Prozessen in kleinen Schritten und schafft dabei eine Verbesserung von 20-30%. Die Einführung von priMA wurde strategisch geplant und als Projekt nach dem Projektmanagement angelegt. Zunächst wurde eine Projektgruppe durch den Oberbürgermeister beauftragt, die prüfte, ob KVP in der Verwaltung überhaupt anwendbar sei. Die Projektgruppe bestand aus Beschäftigten aller Bereiche der Stadtverwaltung. Sie erstellte ein methodisches Konzept und ein Einführungskonzept. In zwei Fachbereichen (Fachbereich Bildung und Abfallwirtschaft) wurden dann Pilotprojekte durchgeführt und ausgewertet. Letztendlich wurden die Konzepte flächendeckend in allen Fachbereichen der Stadtverwaltung eingeführt. Damit solch eine Einführung auch reibungslos funktioniert ist es wichtig Transparenz, Information und Kommunikation der Ziele und des Nutzens zu schaffen.

Die Einführung nach Abbildung 5 im Einzelnen: Zu Beginn gab es in allen Bereichen Infogespräche.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ablauf der Einführung von priMA

Wenn dann Bedarf zur Diskussion über die Einführung von priMA bestand, gab es Führungskräfteworkshops an dem alle Führungskräfte und die örtliche Personal­vertretung des Bereichs teilnehmen mussten. Dort wurde diskutiert, ob und wenn mit welchen Zielen priMa eingeführt werden sollte. Es wurden Regeln zur Unterstützung und Zusammenarbeit festgelegt. Anschließend wurde von der Leitung priMA-Promoter ausgewählt, die die priMA-Einführung koordinierten. Nachdem über die Einführung der priMA positiv entschieden wurde, wurden alle Mitarbeiter darüber informiert.

Des Weiteren erfuhren sie von Zielen und Methoden von priMAs.[21] Unter den Mitarbeitern aller Ebenen wurden Moderatoren des priMA gewählt und Ideen für Projektthemen gesammelt. Die Erfahrungen anderer Organisationen verdeutlichten schon im Vorfeld, dass die Einführung von priMA langfristig angelegt sein muss, um Erfolg zu haben. Deshalb wurde bei der Einführung und in der Zeit danach viele Extraressourcen und Sorgfalt geopfert.

Nach einiger Zeit pendelte sich nach Abbildung 6 die Zahl der durchgeführten Projekte auf 50 ein. Die Dauer der Projekte oder Workshops lag bei einem bis drei Tage.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Anzahl der priMA-Projekte

Die Themen ergaben sich aus Schwachstellen, Beschwerden und Problemen in Prozessen. Waren die Themen festgelegt, wurden Mitarbeiter für die Workshops angesprochen. Moderator war immer jemand, der nicht am Prozess beteiligt war, aber geschult war, was verhindern sollte, dass der Moderator es auf ein bestimmtes Ziel abgesehen hat. Zudem ist ein fachlich verantwortlicher anwesend gewesen und Beteiligte, die am Alltagsgeschäft teilhatten und somit Kenntnisse und Fachwissen verfügten. Das Team ermittelte zunächst den Ist-Zustand in Hinblick auf Schwach­stellen und Verbesserungsmöglichkeiten. Anschließend wurde über mögliche Lösungen nachgedacht, wobei galt „besser 80% umgesetzt, als 100% nachgedacht“. Dabei ist die sofortige Umsetzung der Ergebnisse ein entscheidendes Merkmal von priMA. Deshalb wurden alle ermittelten Maßnahmen sofort in einem Katalog niedergelegt und begonnen. Dabei war es wichtig allen Beschäftigten die Ergebnisse zu präsentieren und somit die Möglichkeit zu bieten, konstruktiv über diese zu reden. Ca. einen Monat nach dem Projekt fand ein Treffen statt, in dem geprüft wurde, wie weit die Umsetzung der angedachten Maßnahmen war.[22] Nach einem Jahr wiederholt sich dies, für eventuelle Nachbesserungen, ansonsten galt das Projekt als beendet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Standardisierter Ablauf der Projekte

Die Erfolgsbilanz von priMA liegt klar auf der Hand: von 1995 bis 2004 wurden über 400 Projekte von mehr als 2500 Mitarbeitern erarbeitet, welche nachhaltige Ver­besserungen der Qualität und Kundenzufriedenheit erbrachten. Mehr als 25 Bereiche arbeiten heute noch mit dieser Methode. Der Nutzen von priMA liegt in den effektiver gestalteten Prozesse, der höheren Wirtschaftlichkeit und der Qualitäts­verbesserung der Dienstleistungen. Dies erreicht priMA durch die zeitnahe Umsetzung der Lösungen und der Akzeptanz durch die Mitarbeiter.[23]

2.2.3.2 Der Offenbacher Weg bei Einführung des QM

Der Offenbacher Weg begann Ende der 80er Jahre. Offenbach war derart verschuldet, dass die kommunale Eigenständigkeit gefährdet war. Um den Haushalt wieder zu ent­lasten wurden Einrichtungen geschlossen, die kaum noch nachgefragt wurden (z.B. Schwimmbad), Stellen wurden abgebaut. Maßnahmen, um diese Situation zu ent­schärfen, waren Aufbau eines Personalmanagements mit Personalcontrolling und -entwicklung sowie die Ausgliederung von Organisationseinheiten in städtische Eigen­betriebe. Durch all diese Maßnahmen konnte Offenbach im Jahr 2000 wieder einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

Nach diesen überlebensnotwendigen Maßnahmen begann die Verwaltungs­modernisierung. Im Rahmen dieser sollten die Prozesse in und zwischen öffentlichen Ämtern verbessert werden.

Das Ziel war auch hier ein ausgeglichener Haushalt. Die Stadt entwickelte die „Leitlinie für Führung und Zusammenarbeit“, welche die Ziele Kundenfreundlichkeit, Wirtschaftlichkeit und Mitarbeiterorientierung näher beleuchtete. Diese sollten im übergeordneten Ziel der Zertifizierung nach DIN EN ISO 9001:2000 bis zum Jahr 2005 münden.

Diese Zertifizierung war aber nur die Grundlage für weitere Entwicklungen: Einführung des Beschwerdemanagements und Installierung eines Service-Feedback-Instruments, um die Kundenzufriedenheit zu erfassen.[24]

Im Folgenden soll die Prozessanalyse in Offenbach beschrieben werden. Bei der Ist-Aufnahme wurden Kernaufgaben und Hauptprozesse identifiziert und festgehalten. Beim Sollkonzept wurden Ziele und Wünsche beschrieben. Durch den Schritt des so genannten „Lernen“ sollte die Diskrepanz zwischen dem Ist und Soll aufgehoben werden (vgl. Abbildung 8). Das alte Wissen und Können wurde in Frage gestellt und in einigen Fällen durch neue Arbeitsweisen ersetzt (Umsetzungsphase). Deutlich wurde dabei dass früher kein großer Wert auf Trainings oder Schulungen gelegt, was nun intensiv betrieben wurde (psycho-soziale Prozesse).[25]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Dimensionen von Veränderungsprozessen

Da die Einführung eines QM-Systems tief in die bisherige Arbeitsweise eingriff, mussten feste Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine Basis für die Akzeptanz in der Gesamtverwaltung zu gewährleisten.

Dabei spielte die Makro- und die Mikrodidaktik eine große Rolle. Die Makrodidaktik zielte darauf ab, eine interne Kommunikation in der Gesamtverwaltung zu schaffen.

Die Mikrodidaktik sollte unmittelbar die Akteure der QM-implementiernden Ämter betreffen (Schulungen, regelmäßige Treffen in Arbeitsgemeinschaften etc.).[26] Die Einführung des QM-Systems lässt sich in folgende Phasen einteilen:

a) Vorbereitungsstadium
b) erste Begegnung mit der Veränderung
c) Anpassungsstadium
d) Stabilisierungsstadium

Im Vorbereitungsstadium wurden erste Entscheidungen gefällt, welche Ämter an der Zertifizierung teilnehmen und welche nicht. Anschließend kam der erste Praxisschock. Es wurden Kernprozesse aufgenommen und erste Erfahrungen bei der Einführung einzelner Aufgaben gemacht. Im Anpassungsstadium wurden schließlich erste Erfolgs­erlebnisse verzeichnet. Die Arbeitsprozesse waren nun modelliert und die Zertifizierung stand an (Stabilisierungsphase). Die Ziele und Politik zum Erreichen dieser sind be­schrieben und auch ausreichend kommuniziert.[27]

Mit Hilfe der QM-Einführung verlief die Verwaltungsmodernisierung in Offenbach sehr erfolgreich und Offenbach konnte auf diese Weise auch in den folgenden Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen.

2.2.3.3 QM im Bundesverwaltungsamt

Das Bundesverwaltungsamt ist 1959 errichtet worden, um Aufgaben verschiedener Bereiche unter einem Dach nach dem Schema in Abbildung 9 wirtschaftlich zu bündeln. Es hat 2200 Mitarbeiter, die über 100 verschiedene Aufgaben aus allen Ressorts erfüllen siehe Abbildung 9. Die Dienst­leistungen des Bundesverwaltungsamtes stehen auch verwaltungsexternen, vor allem Bürgern zur Verfügung.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Dynamische Entwicklung des Dienstleistungszentrums BVA

1993/94 beteiligte sich das Amt am Arbeitskreis der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung (AWV) zum Thema „Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung“. 1995 gab die AVW ein Dokument heraus, das ein Modell vorstellt, das sich an TQM anlehnt. Damit soll eine Behörde einerseits schnell und hochflexibel auf alle möglichen Situationen reagieren können. Andererseits soll sie durch Selbstkontrolle zu einer wandlungsfähigen lernenden Organisationseinheit werden. In der AWV werden alle Instrumente (alte und neu entstandene) daraufhin untersucht, ob sie dazu geeignet sind die Qualität zu verbessern. Ziel der Einführung des QM im BVA war es eine moderne, leistungsstarke Behörde zu schaffen, bei der Worte wie Ziel-, Prozess-, Mitarbeiter- und Kundenorientierung sowie Wirtschaftlichkeit gelebte Wirklichkeit im Alltag sind. Die Behördenleitung hat positiv über die Einführung entschieden und den Leiter einer großen Abteilung mit der Ausführung beauftragt sowie nach Ende eines Jahres ein Projektbericht gefordert.

1996 startete das Projekt „QM“ probeweise in einer Abteilung. Diese war die Abteilung für Einziehung von Ausbildungsdarlehen. Der Grund für die Auswahl war, dass die Abteilung eine einheitliche Aufgabe hat. In einer Abteilungsversammlung wurde das Projekt den Angestellten vorgestellt und löste dabei heftige Diskussionen über die Notwendigkeit des Projekts aus. Die Begründung lag vor allem darin, dass die Abteilung doch auch schon vorher gute Leistungen erbracht habe.

Es ergab sich die Erkenntnis, dass einige Gewohnheiten verändert werden mussten, dabei die vorhandene Qualität zu bewahren, aber neu auszurichten. Aus den Diskussionen und mehreren Workshops bildete sich das heute für das gesamte BVA gültige QM, das sich in folgendem Regelkreis bewegt:

a) Definition für welches Produkt welche Qualität erreicht werden soll.[28]
b) Das Personal muss die Aufgabe und die Qualitätsanforderungen kennen. Es muss durch Maßnahmen der Personalentwicklung in de Lage versetzt werden, die Anforderungen möglichst ganzheitlich und eigenverantwortlich erfüllen zu können.
c) Abschließend wird mit Hilfe eines ständig begleitenden Controllings gemessen in wie weit die definierte Qualität erreicht wird.

Schon während des Projektes waren Äußerungen über die betroffene Abteilung hinaus wahrzunehmen, sowohl positive als auch negative. Das durch die Einführung des QM entstandene Leitbild entspricht dem eines modernen Dienstleisters, der seine Aufgaben wirtschaftlich und leistungsfähig erfüllen will. Heute ist das BVA ein Dienstleister, der mehr als 100 Aufgaben für alle Bundesministerien bearbeitet. Es wird flexibel für ad-hoc Aufgaben und Pilotprojekte eingesetzt. Das grobe Leitbild für das gesamte BVA wird zurzeit noch für die einzelnen Abteilungen verfeinert.

Weiterhin wird die Mitarbeiterorientierung größer geschrieben denn je: Es existieren nun rund 500 Modellvarianten für flexible Arbeitszeiten und die Zahl der Telearbeitsplätze erhöht sich Jahr für Jahr, was Abbildung 10 verdeutlicht.[29]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 10: Flexible Arbeitszeit - Fazit

2.2.3.4 QM am Beispiel der Polizeidirektion Offenburg

Bei der Polizeidirektion in Offenburg war es Ziel aus den bereits vorhandenen Methoden zu lernen; es sollten folglich keine neuen entwickelt werden. In der Planungsphase waren demnach sämtliche Handlungsschwerpunkte berücksichtigt:

Unter dem ersten Schwerpunkt wurden Anforderungen an Führungskräfte und Kriterien für strategisches Handeln erarbeitet und verbindlich eingeführt. Die Anforderungen lassen sich in vier große Punkte einteilen. Zunächst sollten gemeinsame Visionen und Strategien entwickelt und kommuniziert werden. Anschließend sollten positive Veränderungsprozesse initiiert werden und die Mitarbeiter als Vertreter dieser zu überzeugen.[30] Durch erweiterten Wissenstransfer sollten die Standards an Höhe gewinnen und schließlich Mitarbeiterpotenziale erkannt und gefördert werden. Dabei wurden mehr als 120 Führungskräfte in Seminaren und Schulungen auf den neuen Kurs vorbereitet. Der Initialisierungsprozess des neuen Kurs’ dauert teilweise bis heute an. Heute verstehen sich die Führungskräfte eher als Mitarbeiterbegleiter und aktiv agierende Gestalter.

Im zweiten Schwerpunkt sollten u. a. durch Gespräche mit den Mitarbeitern eine Basis des Vertrauens geschaffen werden. Diese finden alle zwei Jahre statt. Die Angaben des Beschäftigten gelten als Soll-Wert und der Ist-Wert als Ausmaß der Verwirklichung im Alltag. Aus verschiedenen Auswertungen lassen sich Führungsdefizite und die Führungserwartung ermitteln. Ziel ist es, ein Feedback über die gesamte Führungskultur, nicht über einzelne Führungsstile zu erhalten.

Der dritte Schwerpunkt hatte das Motto „Wenig beschreiben – alles visualisieren“. Die weiterentwickelte, verbesserte Organisationskultur sollte möglichst reduziert dargestellt werden und zwar konzentriert auf die Frage „Wer sind wir und wo wollen wir hin?“

Als vierter Schwerpunkt wurde eine Bürgerbefragung und Medieninterviews durchgeführt und ausgewertet. In der Bürgerbefragung wurden Fragen zur Beurteilung der polizeilichen Arbeit und zum Ansehen der Polizei gestellt. Befragt wurden dabei Personen, die im unterschiedlichsten Verhältnis zur Polizei standen, z.B. Opfer, Beschuldigter, Anzeigenerstatter, Zeuge etc. Auch die Medien wurden zu Stärken, Schwächen und Verbesserungspotenzialen gehört.

Der fünfte Schwerpunkt enthielt die Einführung einer dezentralen Budgetverantwortung. Bis 1999 lag die Verantwortung für das Budget der Polizei im Haushaltssystem des Landes Baden-Württemberg.

Im genannten Jahr wurde die Budgetverantwortung schließlich dezentral auf die Polizeidirektion übertragen. 2004 hat die Direktion dann die größten Teile ihres Haushalts auf die untergeordneten Organisationseinheiten verlagert. Dabei wurden spezielle Verein­barungen zwischen dem Direktionsleiter und der Leiter der Einheiten getroffen. In Abständen von 2 bis 4 Wochen finden Besprechungen zum Haushalt statt.[31]

Als der letzte Schwerpunkt wurde ein Konzept für einen KVP vorbereitet. Dieser entstand aus bereits vorhandenen Qualitätszirkeln. Diese hatten allerdings den Nachteil, dass sich nur hoch engagierte Mitarbeiter an diesen beteiligten. Die Einführung des KVPs war mit dem Ziel verbunden alle Mitarbeiter in diesen einzubinden, zudem sollte er den Standard der Arbeitsprozesse kontinuierlich erhöhen. Der KVP brachte der Direktion hervorragende Ergebnisse wie Verkürzung der Bearbeitungszeiten, Sammlung elektronischer Formulare und die Möglichkeit auf bereits abgelegte Daten automatisiert zugreifen zu können. Mittels QM gelingt es in der Direktion nun Dienstleistungen zu optimieren und bürgerfreundlich zu erbringen.[32]

2.2.3.5 QM an der Schnittstelle von Wirtschaft und Verwaltung (IHK Franfurt Oder)

Die IHK Franfurt Oder ist eine von 81 IHKs in der BRD. Diese basieren auf dem IHK-Gesetz von 1956. Die Aufgaben einer IHK leiten sich aus diesem Gesetz ab: Vertreten des Gesamtinteresses der Wirtschaft, ausgleichende Förderung der Wirtschaft und Wahrung von Sitte und Anstand des ehrbaren Kaufmanns. Sie organisieren duale Berufsausbildungen und geben freiwillige Beratungen zur Unternehmensgründung. Nach § 2 des IHK-Gesetzes müssen alle Unternehmen in der IHK Mitglied sein. Diese Mitglieder zahlen Gebühren über die sich die IHK finanziert. Zu Kunden einer IHK gehören deren Mitgliedsunternehmen und Privatpersonen, in Form von Auszubildenden. Dies ergibt ein reich- und vielfältiges Aufgabenfeld, was eine effiziente Organisation, motivierte Mitarbeiter und auch eine besonders ausgeprägte Kommunikation erfordert. Ziel der Einführung eines QM - Systems in der IHK war die Aufgaben für die Kunden in gleich bleibender Qualität und in einem wirtschaftlich vertretbaren Aufwand zu bewältigen.

[...]


[1] vgl. Bretzinger, O.N. (1990), S.5

[2] vgl. Prof. Herrmann (2005), S.83

[3] vgl. Prof. Herrmann, J. (2005), S.50

[4] Eigene Darstellung

[5] vgl. Kaminske, G.F. (2005),S.79

[6] Töpfer, A. (2004), S.79f.

[7] Töpfer, A. (2004), S.81

[8] Töpfer, A. (2004), S.81f.

[9] vgl. Kaminske, G.F. (2005),S.79

[10] Töpfer, A. (2004), S.82f.

[11] vgl. Kaminske, G.F. (2005),S.79

[12] Töpfer, A. (2004), S.83f.

[13] in Anlehnung an Kaminske, G.F (2005), S.79

[14] vgl. Hermann, J. (2005), Berlin

[15] in Anlehnung an Kaminske, G.F (2005), Berlin, S.64

[16] In Anlehnung an Herrmann, J. (2005)

[17] in Anlehnung an Kaminske, G.F (2005), Berlin, S.64

[18] vgl. Xerox Coporation (2004): Fallstudie FG Wilson; Quelle: http://a1851.g.akamaitech.net/f/ 1851/2996/24h/cacheA.xerox.com/downloads/deu/de/x/xgs_FG_Wilson_deu.pdf#search=%22six%20sigma%20in%20verwaltungen%22; vom 10.09.2006 um 11.50 Uhr

[19] Gorschlüter, P. (1999)

[20] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.28

[21] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.29 - 33

[22] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S. 36 - 39

[23] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.41

[24] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.47 - 48

[25] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.51

[26] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.53

[27] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.61

[28] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.101 - 105

[29] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.108 - 110

[30] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.117 - 118

[31] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.119 - 120

[32] vgl. Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (2005), S.121

Ende der Leseprobe aus 116 Seiten

Details

Titel
Planung und Durchführung einer Prozessoptimierung an einem Praxisbeispiel
Untertitel
Prozessoptimierung am Beispiel der Fakultät V TU Berlin
Hochschule
Technische Universität Berlin
Veranstaltung
TQM
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
116
Katalognummer
V71807
ISBN (eBook)
9783638695268
ISBN (Buch)
9783638901765
Dateigröße
1624 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Planung, Durchführung, Prozessoptimierung, Praxisbeispiel
Arbeit zitieren
Nadja Kammerloch (Autor:in), 2006, Planung und Durchführung einer Prozessoptimierung an einem Praxisbeispiel, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71807

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