Die Frage des Herodes, Mk 6,14-16

Verschiedene Analyseansätze


Seminararbeit, 2006

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Text

2.. Übersetzung und Textkritik

3.. Situationsanalyse

4. Kontextanalyse

5. Formanalyse

6. Gattungsanalyse

7.. Motivanalyse

8 Traditionsanalyse
8.1.Synoptischer Vergleich

9.. Redaktionsanalyse

10.Interpretation

Literaturverzeichnis

1. Text

Vorgenommene Änderungen am Text sind hier bereits aufgenommen.

14 Καί ηκούσεν ο βασιλεύς 'Ηρώδης, φανερόν γάρ εγένετο τό δνομα αύτοΰ, καί ελεγον δτι Ιωάννης ο βαπτιζων εγηγερται εκ νεκρών καί δια τούτο ενεργούσιν αί δυναμεις εν αύτώ. 15 αλλοι δε ελεγον οτι Ήλιας εστίν αλλοι δε ελεγον οτι προφητης ως είς των προφητών. 16 ακούσας δε ο 'Ηρώδης ’ελεγεν ον εγω απεκεφαλισα Ίωαννην, ούτος ηγερθη.

2. Übersetzung und Textkritik

14 Und der König Herodes hörte es, denn sein Name war offenbar geworden, dass sie sagten: „Johannes der Täufer ist aus den Toten auferstanden und deswegen wirken die Wunderkräfte in ihm“. 15 Andere aber sagten: „Er ist Elia“, andere aber: „Er ist ein Prophet, wie einer der Propheten“. 16 Als es aber Herodes hörte, sagte er: „Den ich geköpft habe, Johannes, dieser wurde auferweckt.“ V14: Nach Blass/Debrunner/Rekopf, § 44213 kann και, statt Ptz., οτι oder AcI stehen, sodass hier mit „dass“ übersetzt werden kann. Die Kodizes Sinaiticus (Majuskel a, IV. Jh.), Alexan- drinus (A, V. Jh.), Ephraemi Syri rescriptus (C, V. Jh.), Coridethianus (Θ, IX Jh.), Regius (L, VIII Jh.) und die Majuskel 0269 (IX. Jh.) sowie die Minuskelfamilien f (XII. Jh.) und f 13 , Minuskel 33 (IX. Jh.), Mehrheitstext (M, Mehrheit aller Handschriften einschließlich der Koi- nehandschriften), lat (Vulgata und ein Teil der altlateinischen Überlieferungen), die gesamte syrische und koptische Überlieferung lesen ελεγεν. Vaticanus (B, IV. Jh.), Freerianus (W, V. Jh.), Minuskel 2427 (XIV. Jh.) bezeugen den in Nestle/Aland271 vorliegenden Text. Codex Be- zae Cantabrigiensis (D, V. Jh.), der oft von den alten Überlieferungen abweicht, bezeugt als einzige Handschrift ελεγοσαν, was wegen der einmaligen Belegung eine Ursprünglichkeit die­ser Lesart ausschließt. Zu bedenken ist aber, dass auch sie in der dritten Person Plural steht, was ein Indiz dafür ist, dass der vorliegende Text wahrscheinlicher ist. Die altlateinischen Handschriften a (IV. Jh.), b (V. Jh.), ff2 (V. Jh.) und einzelne von der Vulgata abweichende Vulgatahandschriften (vg“ss) und eine sahidische Handschrift (sams) weichen von M ab. Die Textgrundlage ist hier schwierig. Einerseits ist die Zahl der Kodizes und Überlieferungen mit ελεγεν erdrückend. Andererseits ließe sich der Plural ελεγον von Vers 15 her erklären und eine 1 In Folge N/A27. Aussage des Herodes über die Auferweckung des Täufers kommt in V 16, so dass hier eine Doppelung vorliegen würde, wenn erstgenannte Zeugen recht haben. Zudem weichen die ge­wichtigen Handschriften in diesem Punkt voneinander ab. Die oben genannten Gründe lassen m. E. eine Änderung von a, A, C usw. her nicht zu, so dass der in N/A27 vorliegende Text bei­zubehalten ist. Schließlich bietet N/A27 die schwierigere Lesart.

D, W, Θ, Minuskelfamilie f3, die Minuskeln 28 (XI. Jh.), 33, 579 (XIII. Jh.), 700 (XI. Jh.),2542 (XIII. Jh.) und einige sahidische Handschriften bezeugen βαπτιστής. Diese Bezeich­nung für den Täufer findet sich auch in Mk 6,25 und 8,28, zudem in den Parallelstellen in Mt 14,1f und Lk 9,7-9, so dass hier eine Angleichung an die Parallelstellen angenommen werden kann. Die Erwähnung des Namens des Täufers in Verbindung mit einem Partizip von βαπτίζω taucht im Evangelium noch zwei Mal auf, Mk 1,4 wo es m. E. prädikativ zu verstehen ist und 6,24, wo es in gleicher Weise wie in 6,14 als „Berufsbezeichnung“ dient. Es ist also typisch für Mk die Bezeichnung des Täufers in dieser Konstruktion darzubieten. Dem ist entgegenzu­halten, dass der Täufer in 6,25 und 8,28 in Verbindung mit βαπτιστής erwähnt wird. Unklar ist zunächst aber, ob der Verfasser in 6,17ff einen vorliegenden Text aufgenommen hat und βαπτιστής beibehalten hat (vgl. Gnilka). 8,28 enthält die Antwort der Jünger auf eine Frage Je­su. Für eine Änderung des in N/A27 vorliegenden Textes gibt es nicht genügend Gründe, zu­mal D und W für ihre Eigenwilligkeiten bekannt sind und andere wichtige Textzeugen fehlen. Daher ist anzunehmen, dass genannte Handschriften eine Angleichung an die genannten Par­allelstellen vorgenommen haben und N/A27 beizubehalten ist.

Statt έγήγέρται έκ νέκρων bezeugen die Majuskeln C und Θ ήγέρθή έκ νέκρων. Im Zusam­menhang mit der Auferstehung begegnet ήγέρθή bei Mk noch einmal in 16,6, hier aber bei der Auferstehung Jesu. Als passiver Infinitiv Aorist steht έγέίρω in 14,28 bei Jesu Ankündigung, nach seiner Auferstehung nach Galiläa voranzugehen. ήγέρθή erscheint aber in Vers 16 noch einmal, so dass angenommen werden kann, dass C und Θ eine Angleichung vorgenommen ha­ben und eine Änderung des Textes nicht zu begründen ist.

Die Minuskeln 579, 1241 (XII. Jh.), 1424 (IX./X. Jh.) und einige wenige Handschriften wei­chen geringfügig von C und Θ ab, indem sie ήγέρθή απο των νέκρων schreiben. Diese Vari­ante ist zu verwerfen, da sie kaum belegt ist und eine längere und erklärende Lesart darstellt. Eine Umstellung (έκ νέκρων ήγέρθή) nehmen zudem W, 0269,/лз und M vor, die aus oben schon genannten Gründen zu verwerfen ist.

A und K (Codex Cyprius, IX. Jh.) und andere Handschriften lesen έκ νέκρων ανέστή. Diese Lesart ist zu verwerfen, da bei Mk im Zusammenhang der Totenauferweckung fasst im- mer eine Form von εγείρω verwendet wird und die Lesart sehr wenig belegt ist.

Schließlich ist der Text in N/A27 sehr gut belegt: x, B, C, L, D(Codex Sangallensis, IX. Jh.) so­wie die Minuskeln 33, 565 (IX. Jh.), 700 und 892 (IX. Jh.). 2427 weicht ab, indem sie από tWn schreibt und ist aus oben genannten Gründen (vgl. Erläuterung zu 579, 1241, 1424) zu verwerfen.

Zur Übersetzung der Form εγηγερται siehe Blass/Debrunner/Rekopf, § 3424 und Anm. 13.

V16: P45vid, A, D, W, 0269,/лз, M und syh (Harklensis, 616, syrische Übersetzung des ganzen NT) lesen είπεν, x, B, C, L, Δ, Θ, 33, 892, 2427 und wenige bohairische Handschriften bezeu­gen aber den in N/A27 vorliegenden Text. Die Verwendung des Aorists είπεν beruht wahr­scheinlich auf einer Anpassung, da sämtliche Verben des Satzes im Aorist stehen. Da die Mehrheit der gewichtigen Zeugen ελεγεν lesen behalte ich den vorliegenden Text bei.

P45, A, C, W, 0269, Minuskelfamilie f13, M und syh lesen zudem nach ειπεν ότι. Dies ist nicht zu übernehmen, da es den Text verlängert und die Lesart vereinfacht. Zudem stehen gewichti­ge Zeugen dagegen (die z. T. auch schon gegen είπεν standen): x, B, D, L, Θ, ƒ, 28, 33, 565, 700, 892, 2427, wenige von M abweichende und die gesamte lateinische Überlieferung bezeu­gen die vorliegende griechische Lesart sowie sys.p (Syrus Sinaiticus und Peschitta, syrische Übersetzungen).

Die vorliegende Variante Ίωάννην, όΰτός ηγερθη ist in x2 (2. Korrektor, ca. ab 7.Jh.), B, L, W, Δ, 33 mit geringer Abweichung, 892* (ständiger Zeuge erster Ordnung, IX. Jh.), 2427 und allen koptischen Versionen geboten. Verschiedene Handschriften weichen davon ab, bieten aber verschiedene Versionen. όΰτός Ιωάννης ήγερθη überliefert x* (ständiger Zeuge erster Hand, IV. Jh.) und x1 (1. Korrektor, 4.-6. Jh.) ergänzt άΰτός. Beides verwerfe ich, da sich das Relativpronomen im Akkusativ auf Ίωάννην bezieht, was daher beizubehalten ist und άΰτός eine längere und unverständliche Variante darbietet. D, f13, 28, mit geringfügiger Ab­weichung s892c (Korrektur und nachträgliche Ergänzung), wenige von M abweichende Schrif­ten, lat und eine bohairische Handschrift bezeugen Ίωάννην, όΰτός εκ νεκρωιν ηγερθη, was also eine nähere Erläuterung zum besseren Verständnis gibt und zum nachfolgenden Text überleiten will. Eine weitere Variante, όΰτός εστίν Ιωάννης άΰτός εκ νεκρων ηγερθη, die nicht nur wegen des Nominativs Ιωάννης (siehe oben), sondern auch wegen ihrer Länge zu verwerfen ist, bietet Θ, ƒ mit geringen Abweichungen, 565, 700, wenige von M abweichende Handschriften und it (Itala, fasst alle oder die Mehrheit der altlateinischen Zeugen zusammen). A, C mit geringen Abweichungen, 0269, und M bieten die gleiche Varianten, nur mit dem Akkusativ Ίωάννην und werden aus genannten Gründen verworfen.

Der Text aus N/A27 wird aufgrund der textkritischen Entscheidungen nicht geändert, da nach Abwägung der stichhaltigen Argumente der Text der Herausgeber am weitesten an den ur­sprünglichen Text heranreicht. Es ist die schwierigere und kürzere Lesart, abweichende Les­arten lassen sich aus ihr erklären.

3. Situationsanalyse

Wie die drei anderen Evangelien des Neuen 1Testaments nennt das älteste bekannte Evangeli­um keinen Verfasser. Papias von Hierapolis erwähnt um 130 n. Chr. einen Johannes Markus, der Dolmetscher Petri (vgl. 1. Petr. 5, 13) gewesen war und der dessen Worte aufschrieb. Der Verfasser war also kein Augenzeuge Jesu. Dies berichtet Euseb im 4. Jh. Einen Hinweis auf petrinische Theologie findet man bei Mk aber nicht. Euseb verteidigt die scheinbar fehlende Ordnung im Text damit, dass Petrus Jesu Reden aus dem Kopf zu bestimmten Anlässen er­zählt hat, dies aber in korrekter Weise. Wahrscheinlich war „Markus“ aber schon durch die Tradition fest mit dieser Schrift verbunden, da sie keinem der Jünger zugeschrieben wurde.

Der Herkunft nach war Markus wahrscheinlich Nichtjude. Sein Griechisch entspricht dem Stil der Volksliteratur und der literarischen Koine. Sein Sprachstil weist keinen semitischen Ein­fluss auf. Trotzdem war er des aramäischen bzw. hebräischen mächtig, was die korrekte Wie­dergabe und Übersetzung von Worten dieser Sprachen belegt (5,41; 7,34; 15,22.34 u. ö.).

Der Abfassungsort ist unklar. Einige Forscher vermuten Rom, was zahlreiche Latinismen be­gründen könnten (4,21; 5,9.15; 6,27; 12,42 u. ö.) sowie die Verbindung Markus - Petrus. Die Probleme des älteren Römerbriefes spielen aber keine Rolle (νόμος wird bei Markus nicht er­wähnt). Andere nennen die Dekapolis, Antiochia, Syrien, Galiläa oder verzichten auf eine nä­here Bestimmung.

Als Entstehungszeit wird die Zeit um das Jahr 70 vermutet. Entscheidend ist hierfür die Inter­pretation von 13,2.14. Umstritten ist, ob sie eine Zerstörung aufgrund der gespannten politi­schen Lage vorhersagen oder auf die Zerstörung Jerusalems und des Tempels im jüdischen Krieg 70 zurückblicken.

Adressaten sind Heiden- und Judenchristen, was durch die Übersetzung hebräischer Worte und durch die Erläuterung jüdischer Bräuche deutlich wird (2,19; 7; 14,12; 15,42). Jesu Ver­kündigung und Handeln bei Markus beziehen Nichtjuden mit ein (Mk 5,1-20; 7,24-30; 8,1-7). Verschließt sich ein Großteil der Juden Jesus, öffnen sich ihm die Heiden (12,9; 13,10; 14,9; 15,39).

Die Perikope in Verbindung mit den folgenden Versen nutzt Markus, um den Tod des Täufers und die Umstände seines Todes zu schildern und baut sie in den Zusammenhang seiner Schrift ein. Ob der Text in Kreisen der Johannesjünger entstanden ist, muss die weitere Analyse erst noch zeigen.

4. Kontextanalyse

Das Markusevangelium wurde in 16 Kapitel eingeteilt. Conzelmann/Lindemann2gliedern die Schrift grob in vier Hauptteile: Einleitung (1,1-13), zwei Hauptabschnitte (1,14-8,26 und 11,1-16,8) und einem Zwischenstück (8,27-10,50).

Schnelle3teilt das Evangelium wie folgt ein: Jesu Wirken innerhalb und außerhalb Galiläas (1,1-8,26), Jesu Weg zur Passion (8,27-10,52) und Jesus in Jerusalem (11,1-16,8).

Feldmeier4teilt es in zwei Hauptabschnitte ein, die nach dem Prolog 1,1-15 das vollmächtige Wirken Jesu 1,16-8,26 und die Passion des Gottessohnes 8,27-16,8 beinhalten.

Die Perikopen des sechsten Kapitels stellen den Abschluss der Verkündigung Jesu in Galiläa dar. 6,14-16 ist inhaltlich deutlich vom Kontext abzugrenzen. König Herodes5wird als neuer Akteur im Evangelium eingeführt. Unmittelbar voraus geht ihr die auf Unglaube stoßende Predigt Jesu in seiner Heimatstadt Nazareth (6,1-6) und die Aussendung der zwölf Jünger (6,7-13). In 6,17-29 folgt eine breite Ausführung über den Grund der Inhaftierung und der Hinrichtung des Täufers als Erklärung für 14-16 (V. 17 begründendes γάρ), bevor Markus6die Jünger in Vers 30f zurückkommen lässt. Es folgen ein Speisungswunder (Speisung der 5000), Jesu Seewandel und Heilungswunder. Die Verse 14-16, die wie eine Einleitung für 6,17-29, mit denen sie inhaltlich verbunden sind, wirken, sind im nahen Kontext durch die Aussendung und Rückkehr der zwölf Jünger gerahmt. Mk schiebt die Erzählung ein und überbrückt die

[...]


1 In der Situationsanalyse beziehe ich mich auf: Conzelmann/Lindemann, S. 314 - 325 und Schnelle, S. 240 - 247.

2 Conzelmann/Lindemann, S. 314.

3 Schnelle, S. 248.

4 In: Niebuhr, Grundinformation, S. 99-108.

5 Die Bezeichnung als König ist weder historisch richtig, noch für den Verlauf der Erzählung wichtig. Gemeint ist Herodes Antipas, einer der Tetrarchen. Seit 4 v. Chr. regierte er Galiläa und Peräa, war also Landesfürst Jesu. Er residierte in Tiberias, im Umfeld Jesu Wirkbereichs. Es ist möglich, dass er vom Volk König genannt wurde. Er ließ sich scheiden um seine Schwägerin zu heiraten (vgl. 17ff). Die Hauptrolle seiner Person liegt in 6,14-29. Er muss hier eingeführt werden, um die Erzählung über den Tod des Täufers sinnvoll erklären zu können. Außerdem muss die Verbindung zu 3,6 und 8,15 hergestellt werden. Vgl. Lührmann, S.114 u. a.

6 In Folge Mk; markinisch wird mit mk wiedergegeben.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Die Frage des Herodes, Mk 6,14-16
Untertitel
Verschiedene Analyseansätze
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin
Veranstaltung
Proseminar Einführung in die Methoden der neutestamentlichen Wissenschaft
Note
1,0
Autor
Jahr
2006
Seiten
20
Katalognummer
V71738
ISBN (eBook)
9783638630184
ISBN (Buch)
9783638740296
Dateigröße
544 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Frage, Herodes, Proseminar, Einführung, Methoden, Wissenschaft
Arbeit zitieren
Michael Schuft (Autor:in), 2006, Die Frage des Herodes, Mk 6,14-16, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71738

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