Gebrauchstexte und ihre Funktion beim Erwerb von Lesekompetenz


Hausarbeit (Hauptseminar), 2003

27 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitende Überlegungen zur begrifflichen Klärung
1.1 Was ist ein Gebrauchstext?
1.2 Der Lesekompetenz- Begriff
1.2.1 Der kompetente Leser / die kompetente Leserin nach PISA

2. Gebrauchstexte im Deutschunterricht
2.1 Kulturelle Rahmenbedingungen
2.1.1 Abriss zur Geschichte des Lesens
2.1.2 Gebrauchstexte als fester Bestandteil der Lesesozialisation
2.2 Chancen und Möglichkeiten einer Didaktik der Gebrauchstexte
2.2.1 Mögliches Curriculum und Lernziele
2.2.2 Zur besonderen Stellung von Sach- und Informationstexten
2.3 Gebrauchstext vs. Literatur – Von der Schwierigkeit klarer Grenzziehung

3. Weiterführende Überlegungen im Zuge der modernen (Schul-)kultur
3.1 Printmedien im Kampf mit der Technik
3.1.1 Wie verändern die „Neuen Medien“ das Leseverhalten?
3.1.2 Gebrauchstexte im Medienzeitalter
3.2 Didaktik der Gebrauchstexte als (inter)disziplinäre Aufgabe

Anhang

Literaturverzeichnis

1. Einleitende Überlegungen zur begrifflichen Klärung

In diesem Einleitungsteil soll es zunächst darum gehen zwei zentrale Begriffe aus dem Titel der Arbeit näher zu beleuchten. Im Zuge der unklaren Verwendung von Begriffen wie Sach-, Informations- und Gebrauchstexten sowie der Rede von funktionalen Texten erscheint es unbedingt notwendig die unterschiedlichen Bezeichnungen genauer zu differenzieren, um ein deutlicheres Bild von der hier zu verhandelnden Gattung „Gebrauchstexte“ zu erhalten.

In Bezug auf deren Funktion für den Erwerb oder die Förderung von Lesekompetenz gilt es schließlich auch diese genauer begrifflich zu klären. Hierzu wird zwischen verschiedenen Beschreibungsansätzen unterschieden, was bereits deutlich werden lässt, dass es sich nicht um eine prototypische Kompetenz handeln kann, auf die zugesteuert werden muss.

1.1 Was ist ein Gebrauchstext?

Wie die Bezeichnung bereits erahnen lässt, handelt es sich bei Gebrauchstexten um Texte, die für den Gebrauch bestimmt sind. Damit ist sicherlich nicht allein der Selbstzweck des Lesens gemeint, der sicherlich auch eine Art von Gebrauch darstellt, sondern eine darüber hinausführende Intention. Jedoch kann als Unterscheidungsmerkmal unterschiedlicher Textarten nicht ausschließlich der Inhalt gelten, da auch Gebrauchstexte gemeinhin nicht frei von ästhetischen Anteilen sein müssen (z.B. Werbetexte). Ebenso erschöpfen sich auch Texte, die als literarisch angesehen werden (Zum Problem der genauen Unterscheidung siehe 2.3), inhaltlich nicht auf der rein literarästhetischen Ebene. Als klare Unterscheidungsmerkmale der Gebrauchstexte von sogenannten literarästhetischen Texten nimmt man viel mehr die zugrunde liegende Intention der Texte an. So dienen Gebrauchstexte im Allgemeinen einem bestimmten Zweck und weisen einen unmittelbaren Bezug zur Realität auf, was von anderen Texten als Intention nicht behauptet werden kann, selbst wenn sich diese Merkmale bei der Rezeption einstellen sollten. Als weiteres spezifisches Merkmal von Gebrauchstexten wurde lange Zeit auch deren Öffentlichkeitscharakter angenommen. Diese Zuordnung konnte jedoch auf Dauer nicht aufrecht erhalten werden, weil auch Texte aus dem privaten Bereich, wie beispielsweise Briefe oder auch Tagebucheinträge, den funktionalen Charakter von Gebrauchstexten erfüllen. (vgl. Lieberum (1998), S. 853 f.)

Dass die zuletzt genannten Textsorten früher keine Rolle spielten, was das Merkmal der Öffentlichkeit zu rechtfertigen schien, wird deutlich, wenn man die curricularen Textsorten alter Lehrpläne zum Thema Gebrauchstexte näher betrachtet. So werden zum Beispiel 1977 Sachbücher, Lexika, Zeitungen, Zeitschriften, Gebrauchsanweisungen, Bedienungsanleitungen sowie Rundfunk- und Fernsehprogramme fest zu den Gebrauchstexten gerechnet. Als weitere Möglichkeiten werden zudem Kochrezepte, Anleitungen jeglicher Art, Gesetzestexte, Katalogtexte, Reiseprospekte und Werbeanzeigen aufgeführt. (vgl. Geiling (1977), S. 122)

Texte aus dem Privatbereich wurden gänzlich ausgelassen, was natürlich dazu führte, dass solche Texte im Deutschunterricht gänzlich fehlten, da sie schließlich auch nicht zum „Literaturkanon“ zählten. Lange Zeit wurde zudem gemeinhin zwischen Belletristik und Sachprosa unterschieden. Da sich Letztere jedoch umgangsprachlich ausschließlich auf informierende Texte zu beziehen scheint, hat man sich auf die übergeordnete Bezeichnung Gebrauchstexte geeinigt. (vgl. Gerth (1974), S. 14)

Hingegen der einseitigen Beschreibung von Gebrauchstexten als Sachprosa kommt es bis in heutige Zeit auch zur Vereinheitlichung in Form von Einschränkung des Begriffs Gebrauchstexte auf Texte, die dazu anleiten etwas herzustellen. (vgl. Borchers (2000), S. 11)

Dennoch scheint allerdings eine Binnendifferenzierung vonnöten zu sein. Man spricht hierbei von einer „Differenzierung nach den unterschiedlichen Funktionen von literarischen Gebrauchsformen“ (Lieberum (1998), S. 854).

In dieser Unterscheidung knüpft man an das Organon- Modell der Sprache nach Karl Bühlers Sprachtheorie an und gliedert Gebrauchstexte nach den Funktionen des Informierens, Wertens und Appellierens. Später wurde zudem noch die Funktion des Regulierens ergänzt. Diese vier pragmatischen Grundfunktionen, die genau wie Bühlers Sprechakte selten isoliert anzutreffen sind, überlagern sich zwar, bilden jedoch auch Hierarchien aus, die dazu führen, dass in bestimmten Fällen eine Funktion überwiegt und die anderen in deren Dienst stehen.

(vgl. ebd., S. 854 f.)

Den vier benannten Funktionen werden unter anderem folgende Textsorten zugeordnet:

Lexikonartikel, Nachrichtentexte, Sachbuchtexte, Lehrbuchtexte, Protokolle, Fragebögen, Reiseführer, Gebrauchsanweisungen, Bastelanleitungen, Wetterbericht, Beipackzettel in Arzneimittelpackungen und so weiter (informierende Texte), Theater- und musikkritische Rezensionen, Warentests, Zeugnisse, Kommentare, Glossen und vieles mehr (wertende Texte), Werbeanzeigen, Werbespots im Fernsehen, Flugblätter, Reiseprospekte, Katalogtexte und Ähnliches (appellierende Texte) und Gesetze, Vereinssatzungen, Hausordnungen, Schulordnungen, Kaufverträge, politische Vertragstexte und andere (regulative Texte).

(vgl. Lieberum (1998), S. 855 f.)

Wie schwierig dabei die genaue Zuordnung fällt und wie schwammig diese zum Teil auch immer noch ist, wird an einigen der benannten Beispiele recht deutlich. So ist beispielsweise kaum zu bestreiten, dass Fragebögen, Gebrauchsanweisungen, Bastelanleitungen oder auch der Beipackzettel neben ihrer informierenden Funktion auch zu einer weiterführenden Handlung wie der exakten Einnahme eines Medikaments animieren wollen (Appell). Ebenso wird man keinem der aufgeführten Textsorten absprechen können, dass sie einen gewissen Informationsgehalt besitzen. Festzuhalten bleibt jedoch die klare Eigenart aller Gebrauchstexte einen bestimmten Zweck zu verfolgen und in unmittelbarem Bezug zur Realität zu stehen.

1.2 Der Lesekompetenz- Begriff

Nachdem nun einigermaßen klar geworden ist, was sich hinter der Bezeichnung Gebrauchstext verbirgt, gilt es nun zu fragen, was hinter dem Begriff der Lesekompetenz steckt, um schließlich im Hauptteil der Arbeit beides in Verbindung setzen zu können. In der Forschung beschäftigte man sich in Bezug auf das Lesen bis in die späten siebziger Jahre mit der sogenannten „literarischen Sozialisation“ und versuchte herauszufinden was Kinder und Jugendliche optimalerweise lesen sollten. Inzwischen hat sich der Begriff „Lesesozialisation“ durchgesetzt und die Betrachtung hat sich in Richtung der Frage verschoben, was unternommen werden kann, damit Kinder und Jugendliche überhaupt lesen. (vgl. Eggert u.a. (1995), S. 8)

Um dabei zu einem Ergebnis kommen zu können, muss man sich zunächst einmal damit beschäftigen, welche Komponenten überhaupt zum Lesen gehören beziehungsweise welche Leistungen vollbracht werden müssen, um zu lesen. Als basale Komponenten der Leseleistung nennt Rolf Oerter neben der rein visuellen Leistung der Augen auch das Worterkennen, mit welchem er die phonologische Vermittlung des visuellen Erkennens meint, und das sogenannte „Leseverständnis“, wie er den informationsverarbeitenden Prozess bezeichnet.

(vgl. Oerter (1999), S. 28 ff.)

Letzteres geht also bereits über den eigentlichen Prozess des informationsaufnehmenden Lesens hinaus und bezieht sich auf einen Prozess der Verarbeitung von Texten. Genau so muss man auch an den Begriff der Lesekompetenz herantreten. Lesen kann demnach nicht nur den Prozess der Aufnahme von Text durch physische und psychische Techniken bezeichnen, sondern meint auch die Verarbeitung des Aufgenommenen. An dieser Stelle kann man den Unterschied zwischen Lesefertigkeit und Lesekompetenz erkennen. Lesefertigkeit unterscheidet schlicht und einfach zwischen Lesern und Nicht- Lesern, grob gesagt also zwischen alphabetisierten Menschen und Analphabeten. Lesekompetenz hingegen bezeichnet den Unterschied zwischen geübten und ungeübten Lesern. Während es sich also bei Lesefertigkeit lediglich um Lesen als Kommunikationsmittel (Medium) handelt, bezieht sich der Lesekompetenz- Begriff auch auf das Verarbeiten von Information und demnach darauf, wie einzelne Menschen mit Texten umgehen, welche Haltung sie gegenüber einem Text einnehmen. Man unterscheidet hier verschiedene Lesehaltungen, wie zum Beispiel das überfliegende, das informierende, das unterhaltende, das einprägende, das utilitaristisch auswählende, das studierende oder erarbeitende, das kritische, das distanzierte, das schöpferische und das korrigierende Lesen. Je nachdem welche Haltung bezüglich des Lesens eingenommen wird, variieren natürlich auch Leseabsicht und –ziel. Erst wenn sich bestimmte Lesestrategien mit der zugehörigen Motivation eigenständig beim Leser verknüpfen, kann man eigentlich von so etwas wie Lesekompetenz sprechen. Es ist dann auch möglich adaptiv zu lesen, das heißt Lesestrategien an situative und institutionelle Gegebenheiten (z.B. die Schule) anzupassen. Neben Lesefertigkeit und Lesekompetenz tritt häufig noch die Beschreibung einer „literarischen Rezeptionskompetenz“. Darunter versteht man speziell die Kompetenzen, die zur Teilhabe an der literarischen Kultur einer Gesellschaft befähigen. Die Verwendung literarisch- fiktionaler Texte zum Erwerb von Lesekompetenz muss dabei jedoch nicht automatisch auch zu literarischer Rezeptionskompetenz führen. (vgl. Eggert u.a. (1995), S. 9 ff.)

Lesekompetenz besteht also aus zahlreichen Teilfähigkeiten. Zum einen sind dies die kognitiven Fähigkeiten wie Worterkennung, Satzidentifikation und vielem mehr, die besonders abhängig von Arbeitsgedächtnis und allgemeinen Denkfähigkeiten sind, zum anderen sind es Motivationen wie Zielstrebigkeit, Ausdauer und so weiter. Zu diesen beiden Dimensionen ergänzt Hurrelmann noch die Emotionen, die sich zum Beispiel in der Fähigkeit der bedürfnisgerechten Lektüreauswahl zeigen, die Dimension der Reflexionen, die vor allem die Kompetenz der Einordnung von Texten in historische, intertextuelle und persönliche Kontexte und Erfahrungen sowie deren Bewertung und möglicherweise sich anschließende Handlungsänderungen bezeichnet, und die Perspektive der Anschlusskommunikation, die darauf bedacht ist Texte interaktiv und produktiv zu verarbeiten. (vgl. Hurrelmann (2002a), S. 285 f.)

„Zum prototypischen Kern von ,Lesekompetenz’ gehören [...] vor allem die kognitiven Fähigkeiten der Bildung kohärenter mentaler Textrepräsentation unter Einschluss von (Vor-) Wissen, die motivationalen und emotionalen Fähigkeiten zur Stützung dieses Prozesses, die Fähigkeiten zu seiner Reflexion und die Fähigkeiten zur Anschlusskommunikation.“

(ebd., S. 286)

Je mehr dieser Merkmale bei einem Leser zusammentreffen, desto ausgeprägter ist demnach seine Lesekompetenz. Der normative Kern von Lesekompetenz ist also in diesen Kompetenzen zu sehen und entspricht in der aktuellen Diskussion nicht mehr den spezifisch literarästhetischen und historischen Kompetenzen, die man nun vielmehr unter den Begriff der „literarästhetischen Rezeptionskompetenz“ (s.o.) fasst.

Abstufungen im Bereich der Lesekompetenz sind grundsätzlich zwar möglich, können aber nicht in klarer Grenzziehung zwischen Lesekompetenz und –inkompetenz erfolgen.

(vgl. ebd., S. 286)

Dass es jedoch Unterschiede in der Ausprägung unterschiedlicher Kompetenzen gibt, die zur Lesekompetenz beitragen, ist zumindest seit PISA 2000 nicht mehr zu bestreiten. Unterschiedliche Theorien versuchen deshalb Erklärungen für diese Unterschiede zu finden. Eine davon ist die „Theorie der verbalen Effizienz“ (Perfetti), welche als Ursache der interindividuellen Unterschiede unterschiedliche Prozesse auf der Wortebene verantwortlich macht. Der sichere und schnelle lexikalische Zugriff gilt als Grundvorrausetzung guter Lesefähigkeiten. Die „Kapazitätstheorie des Verstehens“ (Just und Carpenter) sieht die Ursache der teils eklatanten Unterschiede schlicht und ergreifend in der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses begründet, welches für die Bewältigung zahlreicher Prozesse auf Satz- und Textebene zuständig ist, indem es Teilinformationen speichert und vereinigt. Während das „Interaktiv-kompensatorische Modell“ (Stanovich) wie Perfettis Theorie der verbalen Effizienz (s.o.) von Defiziten im lexikalischen Zugriff ausgeht, allerdings deren Ausgleich durch Nutzung des Satzkontextes nicht ausschließt, macht ein weiterer Ansatz von Oakhill und Garnham globale Kohärenzbildungs- Fähigkeiten für Unterschiede in der Lesekompetenz verantwortlich. Globale Kohärenzbildung meint dabei das Anreichern von Textinformationen, sowie das Erkennen der übergeordneten Textstruktur und das Extrahieren von Textinformation. Kurz gesagt gilt hier das Vorwissen des Lesers als ausschlaggebender Faktor.

(vgl. Christmann u.a. (2002), S. 46 ff.)

Bei allen Theorien ist auffällig, dass Ursachen für Unterschiede in der Lesekompetenz ausschließlich auf kognitiver Ebene, also im Bereich der Lesefertigkeiten (s.o.) gesucht werden und die anderen von Hurrelmann aufgeführten vier Dimensionen scheinbar keine Rolle spielen. Dies liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass sich Defizite bezüglich der Anschlussfähigkeit von Kommunikation und der Reflexion leicht auf die beschriebenen kognitiven Prozesse zurückführen lassen. Lesemotivation schriftsprachliche Texte als etwas Bedeutungsvolles anzusehen wäre jedoch ebenfalls evaluierbar und somit ein möglicher Faktor, der Lesende voneinander unterscheidet. Auch die emotionale Dimension einen Text bedürfnisgerecht auszuwählen bleibt leider auf der Strecke. Könnte aber nicht auch in der „falschen“ Textauswahl (z.B. in der Schule) eine mögliche Begründung für Unterschiede in der Lesekompetenz zu finden sein? So wie die vier zuvor benannten Ansätze auch beschränkte sich PISA allerdings rein auf die kognitive Komponente.

1.2.1 Der kompetente Leser / die kompetente Leserin nach PISA

Die PISA- Studie ist seit 2000 in aller Munde. Aber welches Modell von Lesekompetenz setzt PISA eigentlich voraus und welche Komponenten wurden daraufhin überhaupt untersucht? Lesekompetenz nach PISA setzt sich aus zwei großen Komponenten zusammen. Eine davon ist das Nutzen von textinternen Informationen, was zum einen durch Betrachtung des Textes als Ganzes zu einem Allgemeinverständnis dessen führen soll, zum anderen aber auch Konzentration auf bestimmte Textteile verlangt, um unabhängige Einzelinformationen zu verstehen und diese zu ermitteln sowie Beziehungen nachzuvollziehen, um eine textbezogene Interpretation entwickeln zu können. Die zweite Komponente der Lesekompetenz nach PISA ist bestimmt durch das Heranziehen externen Wissens, das sich zum einen auf den Inhalt und zum anderen auf die Struktur des Textes bezieht und hilft über Text beziehungsweise Form des Textes zu reflektieren. (s. auch Abb. 1 im Anhang). Auch wenn des weiteren als Faktoren der Lesekompetenz nach PISA zu den kognitiven Grundfähigkeiten und der Decodierfähigkeit auch Lernstrategiewissen und Leseinteresse zählen, werden die beiden Letzteren nicht sehr eingehend untersucht. (vgl. Hurrelmann (2002b), S. 8 f.)

Zusammenfassend geht die PISA- Studie also davon aus, dass derjenige, der Informationen aus Texten entnehmen kann, Aussagen versteht und Inhalt sowie Form deuten und bewerten kann, lesen kann. (vgl. Baurmann (2002), S. 10)

Genau dort liegt jedoch ein Faktor, der möglicherweise zu dem schlechten Abschneiden deutscher SchülerInnen führte. In der deutschen, auf Buch und Schrift fixierten, Lehr- Lerntradition wurde das Lesen viel zu sehr als spezifische Aufgabe des Deutschunterrichts angesehen und dort oft schon nach dem elementaren Erwerb der Lesefähigkeit auf einen kulturellen Unterricht mit Literatur fixiert. PISA begreift Lesen jedoch als Basiskompetenz einer Gesellschaft, da es für persönliche und wirtschaftliche Lebensführung sowie die aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben von höchster Bedeutung ist. Bei dieser Bedeutung handelt es sich jedoch weniger um den kulturellen Faktor der Traditionen und der Ästhetik als um eine Grundfähigkeit, die Lernen in allen Bereichen erst möglich macht und zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben befähigt. Genau aus diesem Grunde, der auch eine interdisziplinäre Herangehensweise erforderlich macht (s. 3.2), spielten bei der PISA- Untersuchung Sachtexte eine wesentlich stärkere Rolle als literarische Texte. Es ging hauptsächlich darum Leseverstehen mit Wissensbeständen zu verknüpfen. Lesen wird dabei primär als Werkzeug zum Problemlösen angesehen und nicht als kreative Kompetenz. Wichtige Dimensionen des Lesens als kultureller Praxis blieben demnach bei den Untersuchungen außen vor. Deshalb war auch für die emotionalen, motivationalen und interaktiven Dimensionen, wie sie von Hurrelmann beschrieben wurden, kein Platz. Aus diesem Grund haben Leseforscher auch in Deutschland schon des öfteren stärkere Berücksichtung von Sachtexten im Deutschunterricht gefordert.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Gebrauchstexte und ihre Funktion beim Erwerb von Lesekompetenz
Hochschule
Pädagogische Hochschule Heidelberg  (Institut für deutsche Sprache und Literatur und ihre Didaktik)
Veranstaltung
fachdidaktisches Hauptseminar
Note
1,0
Autor
Jahr
2003
Seiten
27
Katalognummer
V71609
ISBN (eBook)
9783638815239
ISBN (Buch)
9783638816182
Dateigröße
1913 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
In der Arbeit wird die PISA- Diskussion der vergangenen Jahre diskutiert und der Textgattung Gebrauchstest besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Untersucht wird vor allem die Nützlichkeit von Sach- und Informationstexten für den Erwerb von Lesekompetenz bei Kindern und Jugendlichen.
Schlagworte
Gebrauchstexte, Funktion, Erwerb, Lesekompetenz, Hauptseminar
Arbeit zitieren
Ingo Stechmann (Autor:in), 2003, Gebrauchstexte und ihre Funktion beim Erwerb von Lesekompetenz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/71609

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