Bewertung von Kreditportfolios - eine vergleichende Analyse kommerzieller Anwendungssysteme


Diplomarbeit, 2000

140 Seiten, Note: sehr gut


Leseprobe


I. Inhaltsverzeichnis

II. Anhangsverzeichnis

III. Abbildungsverzeichnis

IV. Tabellenverzeichnis

V. Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Gründe für die Entwicklung quantitativer Kreditrisikomodelle
1.2 Problemstellung
1.3 Aufbau der Arbeit

2 Kreditrisikomodelle: Grundlagen und Anforderungen
2.1 Grundlagen
2.1.1 Kreditgeschäfte und Kreditrisiko
2.1.2 Die Parameter des Kreditrisikos : Expected Loss und Unexpected Loss
2.1.3 Ökonomisches versus regulatorisches Eigenkapital
2.1.3.1 Credit- Value-at-Risk und Allokation von ökonomischem Kapital
2.1.3.2 Eigenkapitalunterlegungsvorschriften und regulatorisches Kapital
2.1.4 Bepreisung von Krediten
2.1.4.1 Inkonsistente Bepreisung und Adverse Selection
2.1.4.2 Notwendige Bestandteile des Kreditzinses
2.1.5 Portfolio-Management-Prozess im Kreditgeschäft
2.2 Anforderungen
3 Contingent Claims-Analysis I (CCA I):
3.1 Strukturformmodelle der ersten Generation
3.2 Das Grundmodell von Merton (1974)
3.3 Kritische Annahmen im Asset Value-Model von Merton
3.4 Erweiterungen durch Black/Cox (1976)
3.5 Erweiterungen durch Geske (1977)

4 KMV's Portfolio Manager™ : Portfolioansatz auf Basis der CCA I
4.1 Kreditrisiko-Analyse einzelner Kredite
4.1.1 Parameterschätzungen
4.1.2 Berechnung von Ausfallwahrscheinlichkeiten
4.1.2.1 Risikoneutrale vs. tatsächliche Ausfallwahrscheinlichkeiten
4.1.2.2 Ermittlung der Expected Default Frequency (EDF) bei KMV
4.1.3 Loss Given Default und Verlustverteilung zum Zeithorizont
4.1.4 Berechnung des Kreditrisikos
4.1.5 Bepreisung von Krediten
4.1.5.1 Bepreisung im Merton-Modell
4.1.5.2 Bepreisung bei KMV
4.2 Berechnung von Ausfallkorrelationen
4.2.1 Zur Unterscheidung von Ausfall-und Asset Value-Korrelation
4.2.2 Asset Value-Korrelationen und gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeiten
4.2.2.1 Gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeiten
4.2.2.2 Schätzung der Asset Value-Korrelationen
4.3 Kreditrisikoanalyse von Kredit-Portfolios
4.3.1 Die Risikoparameter Expected Loss und Unexpected Loss
4.3.2 Credit-Value-at-Risk und ökonomisches Kapital
4.4 Kritische Beurteilung
4.4.1 Zur Schätzung von Ausfallwahrscheinlichkeiten
4.4.2 Zum Bewertungsmodell
4.4.3 Zur Schätzung von Ausfallkorrelationen

5 Mögliche Erweiterungen von Portfolio Manager™
5.1 CCA- Modelle der zweiten Generation: SFM mit stochastischer Zinsstruktur
5.1.1 Einführung von stochastischer Zinsstruktur und exogener Recovery Rate
5.1.2 Einführung einer kontinuierlichen Ausfallschranke
5.1.3 Bewertung von fixed-rate-bonds
5.1.4 Bewertung von floating-rate-bonds
5.1.5 Implikationen des L/S-Modells für die Bewertung von fixed-rate-bonds
5.1.6 Zusammenfassung
5.2 Mark-to-Market- Ansatz: Implizite Marktbewertung zum Zeithorizont
5.2.1 Berechnung von impliziten "forward-Q's"
5.2.2 Herleitung der Wahrscheinlichkeitsverteilung der zukünftigen EDF
5.2.2.1 Empirische Ermittlung
5.2.2.2 Analytische Herleitung
5.2.3 Zusammenfassung

6 J.P. Morgan’s Credit Metrics™ : Portfolioansatz auf Basis von Ratings und Aktienrenditen
6.1 Voraussetzungen für die Anwendung von Credit Metrics™ auf Kredite
6.1.1 „Matching“ zwischen (internem) Kredit-Rating-System und Bond-Rating-Systemen von Ratingagenturen:
6.1.2 Äquivalentes Schuldnerverhalten:
6.1.3 Liquidität
6.2 Kreditrisikoanalyse einzelner Kredite
6.2.1 Übergangs- und Ausfallwahrscheinlichkeiten
6.2.2 Bewertung zum Zeithorizont
6.2.3 Verlustverteilung zum Zeithorizont
6.2.4 Berechnung des Kreditrisikos
6.3 Schätzung von gemeinsamen Übergangswahrscheinlichkeiten auf Basis von Aktienrenditekorrelationen
6.3.1 Das Asset Value-Model zur Schätzung gemeinsamer Übergangswahrscheinlichkeiten
6.3.2 Berechnung der Aktienrenditekorrelation bei CM
6.3.3 Berechnung der gemeinsamen Übergangsmatrix
6.4 Kreditrisikoanalyse von Kreditportfolios
6.4.1 Kreditrisiko des Zwei-Schuldner-Portfolios
6.4.2 Kreditrisiko bei mehr als zwei Schuldnern
6.4.2.1 Analytische Berechnung von EL und UL eines Kredit-Portfolios
6.4.2.2 Monte-Carlo- Simulation der Portfolio-Verlustverteilung
6.5 Kritische Beurteilung
6.5.1 Zur Verwendung durchschnittlicher Übergangswahrscheinlichkeiten
6.5.1.1 These: „Der Ratingprozess der Ratingagenturen ist zeitstabil“
6.5.1.2 These: „Rating- und Bonitätsveränderungen sind identisch“
6.5.1.3 These: „Die Übergangswahrscheinlichkeiten sind nicht autokorreliert“
6.5.1.4 These: „Die Schätzungen der historischen Übergangswahrscheinlichkeiten sind unverzerrt“
6.5.1.5 These: „Alle Schuldner innerhalb eines „grades“ haben identische Ausfall- und Übergangswahrscheinlichkeiten. Diese entsprechen ihren historischen Durchschnittswerten“
6.5.1.6 Zur Stabilität der Übergangsmatrix
6.5.2 Zum Bewertungsmodell
6.5.3 Zur Berechnung gemeinsamer Übergangswahrscheinlichkeiten

7 Mögliche Erweiterungen von Credit Metrics™
7.1 Verwendung von (konjunktur-) bedingten Übergangswahrscheinlichkeiten
7.1.1 Grundidee des Makro-Modells
7.1.2 Prognose der Ausfallwahrscheinlichkeit
7.1.3 Die bedingte Übergangsmatrix
7.1.4 Zusammenfassung
7.2 Marktbewertung mit Modellen der CCA III
7.2.1 Grundkonzept von Modellen der reduzierten Form (RFM)
7.2.2 Eine Auswahl bekannter RFM
7.2.3 Zusammenfassung

8 Performancevergleich
8.1 Das Datenset von Nickell et al. (1999)
8.2 Modellapproximationen
8.3 Korrektur von Bewertungsfehlern
8.4 Performancemessung und Ergebnisse

9 Komplementaritäten im Kredit-Portfolio-Management-Prozess
9.1 Risikobeiträge
9.2 Limitstrategien auf Basis des Marginal Unexpected Loss
9.3 Markowitz’ Portfolio-Selection im Kredit-Portfolio-Management
9.4 Risikoadjustierte Performancemessung (RAPM)

10 Zusammenfassung und Ausblick

VI. Literaturverzeichnis

VII. Anhang

II. Anhangsverzeichnis

Anhang A: Ratingsymbole und deren Definition

Anhang B: Herleitung der Optionspreisformel nach Black/Scholes

Anhang C: Unterstellte Korrelationsmatrix im Beispielportfolio (4.3.)

Anhang D: Berechnung bedingter Wahrscheinlichkeiten für die Ausfallszenarien im Beispiel-Portfolio (4.3.)

Anhang E: Verlustverteilung der A-Anleihe im Zwei-Schuldner- Beispiel-Portfolio (6.3.)

Anhang F: Verlustverteilung der Anleihen im Drei-Schuldner-Beispiel-Portfolio (6.4.2.)

Anhang G: Zur Stabilität der Übergangsmatrix (Tab. 6.12) XXIII

Anhang H: Herleitung der Generator-Matrix im Modell von Jarrow / Lando / Turnbull (Jarrow et al. (1997)) (7.2.2.)

III. Abbildungsverzeichnis

Abb. 1.1: Allgemeine Modellstruktur bei der Bewertung von Kreditportfolios

Abb. 1.2: Aufbau der Arbeit

Abb. 2.1: Typische Form einer Portfolio-Verlustverteilung

Abb. 2.2: Inkonsistente Bepreisung von Krediten

Abb. 2.3: Kreditportfolio-Management-Prozess

Abb. 2.4: Durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeiten im Zeitverlauf

Abb. 3.1: Abb. 3.1: Die Contingent Claims-Analysis im Rahmen der Kreditrisiko-Analyse

Abb. 3.2: Alternativen der Anteilseigner bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten

Abb. 4.1: Erwartete Ausfallwahrscheinlichkeit im einfachen Merton-Modell

Abb. 4.2: Mapping zw. DD und EDF für einen gegebenen Zeithorizont

Abb. 4.3: Sensitivität der Risikoparameter auf Misspezifikation des LGD

Abb. 4.4: Gemeinsame Ausfallwahrscheinlichkeit im Asset-Value-Model

Abb. 4.5: Kombinationen von Ausfall/Nicht-Ausfall eines Kreditportfolios im Alternativenbaum

Abb. 4.6: Implizite Marktbewertung zum Zeithorizont (I)

Abb. 4.7: Implizite Marktbewertung zum Zeithorizont (II)

Abb. 6.1: Verlustverteilung zum Zeithorizont (1 Jahr) am Beispiel der betrachteten BBB-Anleihe

Abb. 6.2: Der Firmenwert als „underlying-factor“ für Ratingmigrationen

Abb. 6.3: Einjährige Assetrendite-Verteilung mit entsprechenden Ratingmigrationsschranken am Beispiel eines BBB-Schuldners

Abb. 6.4: Portfolio-Verlustverteilung im Zwei-Schuldner-Beispiel

Abb. 9.1: Limitstrategien für die Aufnahme neuer Kredite in ein großes Portfolio

Abb. 9.2: Portfolio-Selection und Effizienzlinie

IV. Tabellenverzeichnis

Tab. 2.1: Zeitinstabilität von durchschnittlichen Recovery Rates für Anleihen

Tab. 3.1: Auszahlungsstruktur vor- und nachrangigen Fremdkapitals

Tab. 4.1: Berechnung der EDF am Beispiel von Federal Express

Tab. 4.2: Verlustverteilung im Default-Mode-Model

Tab. 4.3: Mapping von EDF und modifiziertem Rating

Tab. 4.4: Risiko-Analyse auf Portfolioebene mit KMV’s Portfolio Manager™ - ein einfaches Beispiel (I): Inputdaten

Tab. 4.5: Risiko-Analyse auf Portfolioebene mit KMV’s Portfolio Manager™ - ein einfaches Beispiel (II): Risiko-Analyse einzelner Kredite

Tab. 5.1: EDF-Übergangsmatrix

Tab. 6.1: Einjährige Übergangsmatrix

Tab. 6.2: Implizite i-jährige forward-Zinssätze f1,i zum Zeitpunkt t1 in Abhängigkeit des Rating

Tab. 6.3: Verlustverteilung zum Zeithorizont (1 Jahr) am Beispiel der betrachteten BBB-Anleihe

Tab. 6.4: Berechnung impliziter Assetrendite-Schwellenwerte

Tab. 6.5: Volatilitäten und Korrelationskoeffizienten von Indexrenditen im Beispielfall

Tab. 6.6: Gemeinsame Übergangsmatrix für ein Schuldnerpaar (BBB;A)

mit einer unterstellten Aktienrendite-Korrelation von 0,3

Tab. 6.7: Portfolioverlust in Abhängigkeit der Ratingkombinationen im Zwei-Schuldner-Beispiel

Tab. 6.8: Portfolio-Verlustverteilung im Zwei-Schuldner-Beispiel

Tab. 6.9: Monte-Carlo-Simulation für die Verteilung der mittleren Ausfallwahrscheinlichkeiten

Tab. 6.10: EDF-Intervalle innerhalb von Ratingklassen

Tab. 6.11: EDF-basierte vs. S&P-Übergangsmatrix

Tab. 6.12: Mittelwert (M), Standardabweichung(s) und (5%;95%)- Quantile der Übergangswahrscheinlichkeiten im Zeitverlauf XXIII

Tab. 6.13: Empirische Untersuchungen zur Stabilität der Übergangsmatrix

V. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1 Einleitung

1.1 Gründe für die Entwicklung quantitativer Kreditrisikomodelle

In der Beurteilung von Kreditrisiken hat sich in den vergangenen Jahren ein grundlegender Wandel vollzogen. Während früher die Beurteilung der Bonität eines potentiellen Kreditnehmers vorwie- gend auf Basis von qualitativen Merkmalen stattgefunden hat, arbeiten die Banken heutzutage mehr und mehr mit quantitativen Modellen zur Einschätzung des Kreditrisikos. Der steigende Be- darf an quantitativen Modellen führte in den letzten Jahren zu einer wahren "Flut" von Veröffentli- chungen in der akademischen Literatur auf dem Gebiet der Modellierung von Kreditrisiken und zeigt sich auch an den hohen Entwicklungskosten, die die Banken für die praktische Umsetzung solcher Modelle in Kauf nehmen. Laut einer Studie von Meridien-Research betrugen diese 1999 750 Millionen US-Dollar, für 2004 wird ein Betrag von ca. 2 Milliarden US-Dollar erwartet.1

Als möglichen Grund für diesen Wandel ist zunächst die Insolvenzentwicklung in den neunziger Jahren zu nennen, die durch kontinuierliche Steigerungsraten geprägt ist. Alleine im Zeitraum von 1990 bis 1999 ist für Deutschland eine Steigerung der Unternehmensinsolvenzen um ca. 150% festzustellen.2 Im europäischen Vergleich sind ähnlich hohe Wachstumsraten wie in Deutschland zu beobachten.3 Eine Langzeitstudie von Unternehmensausfällen seit 1974 lässt vermuten, dass sich nach jeder Rezession ein höherer „Sockel“ an Insolvenzfällen etabliert.4 Der mit der kontinuierlichen Steigerung der Unternehmensausfälle verbundene Anstieg der Verluste im Kreditgeschäft veranlasst die Kreditinstitute, die Entwicklung von komplexen, hochentwickelten Kreditrisikomodellen zu forcieren.

Desweiteren hat der Globalisierungsprozess auch im Kreditgeschäft zu steigendem Wettbewerbs- druck geführt. Die rasante Entwicklung der Finanzmärkte und der damit verbundene Trend der De- sintermediation eröffnen zudem insbesondere großen Unternehmen immer mehr die Möglichkeit, sich auf diesen Märkten Fremdkapital zu beschaffen. Beides führte im Kreditgeschäft zu einer Ver- engung der Kreditmargen, weshalb die risikoadäquate Bepreisung der Kredite an Bedeutung ge- winnt. Auch die sehr dynamisch wachsenden Sekundärmärkte für Kredite erfordern Modelle, die das Kreditrisiko quantitativ messen können, um somit "faire" Marktpreise berechnen zu können.

Weiterhin sind Banken mit der zunehmenden Verwendung von Derivaten mit neuartigen Ausfallrisiken konfrontiert. Bei OTC-Kontrakten5besteht das Ausfallrisiko darin, dass die Gegenpartei ausfällt, bei Optionen auf Anleihen darin, dass der Emmittent der Anleihe ausfällt. Zur Erfassung solcher Ausfallrisiken und deren Berücksichtigung bei der Preisfindung von Derivaten mit Ausfallrisiko werden Modelle benötigt, die das Kreditrisiko quantitativ bewerten.

Außerdem erfordert die Entwicklung von Kreditderivaten, bei denen das Kreditrisiko selbst das Basisobkjekt (Underlying) des Kontraktes ist, die Modellierung des Kreditrisikoverhaltens über die Zeit, um auch hier die Marktpreisfindung zu unterstützen.

Ein weiterer Grund besteht darin, dass die Quantifizierung des Kreditrisikos eine Verbesserung der Effizienz bei der Allokation des knappen Faktors Eigenkapital ermöglicht. Dieses muss eine Bank „bereithalten“, weil sie bei Vergabe von Krediten immer mit dem Risiko extemer Verluste und damit mit einem substantiellen Existenzrisiko konfrontiert ist.

Zudem hat die Bank für internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) eine Reform des Basle Capital Accord von 1988 angekündigt, an dem sich die nationalen Regulierungsbehörden bei der gesetzli- chen Bestimmung der Mindestanforderungen für die Hiterlegung von Eigenkapital für das Kredit- geschäft mehrheitlich orientieren. Die BIZ hat in ihren Reformplänen deutlich gemacht, dass lang- fristig die Eigenkapitalhinterlegung auf Basis von internen Modellen angestrebt wird, wie es im Be- reich der Marktrisiken schon seit längerer Zeit der Fall ist. Unter diesem Aspekt sind die hohen In- vestitionen für die Entwicklung quantitativer Kreditrisikomodelle sicher auch mit dem Anreiz zu be- gründen, in Bereich der Eigenkapitalhinterlegung eine Art "Benchmark" zu schaffen, die von der BIZ akzeptiert wird.

Schließlich besteht ein weiteres Motiv für die Entwicklung quantitativer Kreditrisikomodelle darin, Diversifikationschancen auf Portfolioebene "aufdecken" zu können. Für die strategische Orientierung des Neugeschäftes bedeutet die quantitative Modellierung von Kreditrisiken auf Portfolioebene, dass die Entscheidung über die Vergabe eines Kredites neben seinem Einzelrisiko auch davon abhängig gemacht werden kann, wie gut dieser Kredit in das Risikoprofil des bereits bestehenden Kreditportfolios "hineinpasst". Die wachsende Liquidität der Kreditmärkte sowie Finanzinnovationen wie Asset-Backed-Securities oder Kreditderivate lassen zudem darauf hoffen, in Zukunft auch im Kreditgeschäft Portfoliomanagement betreiben zu können.

1.2 Problemstellung

Die vorliegende Arbeit analysiert den gegenwärtigen Entwicklungsstand kommerziell angebotener Kreditportfoliomodelle. Untersuchungsobjekt ist dabei die Art und Weise, wie mit solchen Modellen eine Bewertung von Kreditportfolios vorgenommen wird. Im folgenden Abschnitt möchte ich zu- nächst kurz den Begriff der „Bewertung“ erläutern, um eventuelle Sprachverwirrungen zu vermei- den. Dabei wird insbesondere auf den Unterschied zwischen diesem Begriff und dem der „Beprei- sung“ eingegangen. Im Anschluss daran wird die Auswahl der analysierten Anwendungssysteme begründet.

Bewertung von Kreditportfolios

Bei der Vergabe eines Kredites geht eine Bank das Risiko ein, dass der Kreditnehmer diesen Kredit gar nicht oder nur zum Teil zurückbezahlen kann. Darin besteht das Ausfallrisiko dieses Kredites. Die Bank möchte natürlich für dieses Risiko entschädigt werden und wird deshalb bei der Bestimmung des Kreditzinses eine Ausfallrisikoprämie einkalkulieren. Die Bestimmung des risikogerechten Kreditzinses nennt man auch die "Bepreisung" von Krediten.

Mit der risikoadäquaten Bepreisung der Kredite werden sich die Risikomanager einer Bank jedoch nicht zufrieden geben. Für sie ist es weiterhin von Bedeutung, welchen Wert ein Kredit am Ende eines bestimmten Zeitraumes (z.B. in einem Jahr) aufweist. Das Kreditrisiko der Bank besteht darin, dass ein Kredit innerhalb dieses Zeitraumes an Wert verliert. Mit dem Begriff "Bewertung" ist in diesem Sinne die Bestimmung des zu erwartenden Kreditwertes zum Zeithorizont gemeint. Wenn also von Bewertung gesprochen wird, geschieht dies immer in Verbindung mit der Vorgabe eines Zeithorizontes. Da die Entwicklung der Bonität eines Schuldners in der Zukunft unsicher ist, müssen bei der Bewertung zu einem gegebenem Zeithorizont auch immer Wahrscheinlichkeiten für das Eintreten bestimmter zukünftiger Bonitätszustände bestimmt werden.

Die Betonung des Portfolioaspektes bei der Modellierung von Kreditrisiken ist in der Erkenntnis begründet, dass die Kreditrisiken zweier Schuldner nicht unabhängig voneinander sind. Deshalb ist eine Bewertung von Kreditportfolios nur möglich, wenn diese Abhängigkeiten quantitativ erfasst werden können. In der Erfassung dieser Abhängigkeiten liegt zugleich die Chance, im Neugeschäft mögliche Diversifikationsvorteile auszunutzen.

Die Bewertung auf Portfolioebene ermöglicht dem Risikomanagement die quantitative Einschätzung ihres gesamten Kreditrisikos. Für die Festlegung von Rückstellungen oder die Allokation von freiem Eigenkapital ermöglicht dies Antworten auf Fragestellungen wie z.B.

"Mit welchem Verlust muss die Bank mit dem bestehenden Kreditportfolio innerhalb des nächsten Jahres rechnen ?"

"Welchen Verlust wird das Kreditportfolio mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit innerhalb des nächsten Jahres nicht überschreiten ?"

Zur Lösung all dieser Problemstellungen muss (i) ein Bewertungsmodell zur Bepreisung und Bewertung von Krediten bzw. Kreditportfolios zum Zeithorizont entwickelt werden, wofür zusätzlich (ii) Wahrscheinlichkeiten über die Entwicklung der Schuldnerbonität in der Zukunft und (iii) gegenseitige Abhängigkeiten bei dieser Entwicklung geschätzt werden müssen. In Abb.1.1 sind diese Zusammenhänge graphisch dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1.1: Allgemeine Modellstruktur bei der Bewertung von Kreditportfolios (Eigene Darstellung)

Vergleich kommerzieller Anwendungssysteme

Da mittlerweile eine Vielzahl kommerziellen Modelle angeboten wird, musste für die Analyse im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine Auswahl vorgenommen werden. Das Kriterium für diese Auswahl war an erster Stelle der Zugriff auf Dokumente, die diese Modelle detailliert beschreiben. Aus diesem Grund schieden beispielsweise die Modelle CreditRisk+™ der schweizer Bank Credit Suisse und KRM™ der amerikanischen Firma Kamakura aus.6 Die Auswahl traf schließlich die Modelle von KMV (Portfolio Manager™) und J.P. Morgan (Credit Metrics™). Ein Vergleich dieser beiden Anwendungssysteme ist gerade deshalb interessant, weil die Grundstruktur dieser Modelle sehr unterschiedlich ist. Während das Modell von KMV theoretisch fundiert ist und das Kreditrisiko schuldnerspezifisch auf Basis von Finanzmarktdaten modelliert wird, verfolgt J.P. Morgan einen sehr pragmatischen Ansatz, der auf einen theoretischen Unterbau weitesgehend verzichtet. Bei J.P. Morgan's Credit Metrics™ handelt es sich vielmehr um einen Ansatz, der das Kreditrisiko ei- nes Schuldners (auf aggregierter Ebene) mit Hilfe von Ratings modelliert.

1.3 Aufbau der Arbeit

Um bei der Analyse der ausgewählten kommerziellen Modelle auf eine gemeinsame Plattform zu- rückgreifen zu können, werden in Kapitel zwei zunächst einmal die wesentlichen Grundlagen bei der Modellierung von Kreditrisiken dargelegt. Dazu gehören sowohl Begriffsbestimmungen als auch grundlegende Konzepte. Desweiteren wird auch erklärt, wie die Ergebnisse der betrachteten Modelle in ein umfassendes Portfolio-Management im Kreditgeschäft einzuordnen ist. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden allgemeine Anforderungen an Kreditrisikomodelle formuliert, die sich aus empirischen Beobachtungen ergeben. Diese Anforderungen werden bei der kritischen Ausei- nandersetzung der betrachteten Modelle als Beurteilungsmaßstab herangezogen.

Die Analyse der beiden kommerziellen Systeme findet in den Kapiteln drei bis fünf (Portfolio Ma- nager™) und sechs bis sieben (Credit Metrics™) statt, die Vorgehensweise der Analyse ist bei bei- den Modellen identisch: Zunächst wird die theoretische Basis abgehandelt, auf dem das jeweilige Modell beruht. Dieser Schritt entfällt bei Credit Metrics™, da dort auf einen theoretischen Unterbau verzichtet wird. Im zweiten Schritt wird jeweils die Funktionsweise des Modells vorgestellt und kritisch analysiert. In einem letzten Schritt werden sodann Verbesserungsmöglichkeiten diskutiert. Diese sind teilweise praktischer Art, teilweise wird auch erläutert, welche Theorieansätze eine Verbesserung des Modells versprechen.

Für die Einschätzung der Leistungsfähigkeit eines Modells ist es für einen potenziellen Käufer neben der Beurteilung anhand allgemeiner Anforderungen von entscheidender Bedeutung, wie gut das Modell in der Praxis arbeitet. Deshalb wird in Kapitel acht eine Untersuchung vorgestellt, in der die beiden Modelle mit einem real existierenden Kreditportfolio gegenübergestellt wurden.

Da die Anwendung der besprochenen Kreditrisikomodelle nicht auf die Bewertung von Kreditportfolios beschränkt ist, wird in Kapitel neun kurz erläutert, wozu diese Modelle innerhalb eines KreditPortfolio-Management-Prozesses außerdem eingesetzt werden können.

In Kapitel zehn werden die in der Arbeit gewonnenen Erkenntnisse abschließend zusammengefasst sowie ein Ausblick auf kommende Entwicklungen gegeben.

Zur besseren Übersicht wird in Abb.2.1 die Grundstruktur der Arbeit graphisch dargestellt; die in der Abbildung farblich unterlegten Ziffern kennzeichnen das jeweilige Kapitel.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1.2: Aufbau der Arbeit

2 Kreditrisikomodelle: Grundlagen und Anforderungen

2.1 Grundlagen

2.1.1 Kreditgeschäfte und Kreditrisiko

Unter einem Kredit versteht man im Allgemeinen die Zurverfügungstellung einer Leistung für einen vertraglich bestimmten Zeitraum. Der Kreditgeber (auch Kreditor oder Gläubiger) erhält für seine zur Verfügung gestellte Leistung vom Kreditnehmer (auch Obligor oder Schuldner) eine vorher vereinbarte Gegenleistung, die zu einem im Kreditvertrag bestimmten Zeitpunkt fällig wird.7

Handelt es sich bei der zur Verfügung gestellten Leistung um die Übertragung der Kreditwürdigkeit eines Dritten an den Kreditnehmer, so spricht man von „Kreditleihe“. Formen von Kreditleihe sind z.B. Garantien oder Bürgschaften.

Von „Geldleihe“ spricht man dagegen, wenn es sich bei der zur Verfügung gestellten Leistung um die Überlassung von Liquidität handelt. Typische Formen von Geldleihe sind Bankkredite oder Schuldverschreibungen (Anleihen). Bei beiden besteht die Gegenleistung des Kreditnehmers in der Rückzahlung des Kredites zuzüglich einer vereinbarten Zinszahlung. Der Zins ist somit als „Preis für die zeitweise Überlassung von Liquidität“ zu verstehen.8

Schließlich sei noch darauf hingewiesen, dass im Folgenden bei der Verwendung des Begriffes „Kredit“ immer Bankkredite gemeint sind. Die Bewertung von Bankkrediten auf Portfolioebene ist der Hauptuntersuchungsgegenstand dieser Arbeit.

Das Kreditrisiko stellt für den Kreditgeber die Gefahr dar, dass er innerhalb eines bestimmten Zeitraumes aufgrund von Bonitätsverschlechterungen bis hin zum Schuldnerausfall des Kreditnehmers einen (unerwarteten) Verlust erleidet.

Unter einem Schuldnerausfall (Default) wird der vollständige oder teilweise Ausfall einer zwischen Kreditgeber und Kreditnehmer vereinbarten Leistung oder eine nicht termingerechte Zahlung dieser Leistung verstanden.9

Der Verlust, den der Kreditgeber im Falle eines Default erleidet, wird Loss Given Default (LGD) genannt. Er berechnet sich wie folgt: Loss Given Default = Kreditäquivalent ·(1-Recovery Rate), wobei in den meisten Modellen davon ausgegangen wird, dass Kreditäquivalent, Recovery Rate (und Ausfallwahrscheinlichkeit) voneinander unabhängig sind. Das Kreditäquivalent wird auch Ex- posure zum Zeithorizont genannt und bezeichnet den Zeitwert der Forderungen, die die Bank zu diesem Zeitpunkt aus dem betreffenden Engagement hat. Die Recovery Rate (auch Wiederein- bringungsquote) bezeichnet den Anteil des Exposures, der im Konkursverfahren wieder an die Bank zurückfließt.

Hinsichtlich der Bewertung des Kreditrisikos innerhalb eines bestimmten Zeitraumes kann man bei Kreditrisikomodellen zwischen zwei Risikokonzepten unterscheiden, den sog. default-mode- und mark-to-market-Models.10

Bei den default-mode-models (DM) kommt es nur dann zu einem Verlust, wenn der betreffende Schuldner innerhalb des Zeithorizontes ausgefallen ist. Die Bewertung eines Kredites zum Zeitho- rizont berücksichtigt somit nur zwei Zustände: Entweder der betreffende Schuldner ist innerhalb des Zeithorizontes ausgefallen oder eben nicht. Folglich müssen solche Modelle für die Bewertung eines Kredites zum Zeithorizont nur zwei Parameter schätzen: Die Ausfallwahrscheinlichkeit und den LGD. Default-mode-Models sind allerdings nur dann ein adäquates Konzept zur Messung von Kreditrisiken, wenn die betreffenden Kredite nicht liquide sind. Andernfalls kann es auch dann zu einem Verlust kommen, wenn sich die Kreditqualität des Schuldners verschlechtert hat, es aber noch nicht zu einem Schuldnerausfall gekommen ist.11 Sofern die Akteure auf den Kreditmärkten diese Verschlechterung der Kreditqualität antizipieren können, wird sich für einen solchen Kredit ein niedrigerer Marktpreis herausbilden.12

Die Berücksichtigung eventueller Marktpreisverluste ohne Schuldnerausfall findet bei den mark-to- market-models (MTM) statt. In diesen Modellen werden zunächst alle zukünftig möglichen Umweltzustände definiert, die durch die mögliche Kreditqualität des Schuldners in der Zukunft bestimmt sind. Der Schuldnerausfall ist somit nur einer von mehreren Zuständen, die eine Wertveränderung zur Folge haben. Für jeden Umweltzustand wird sodann dessen Eintrittswahrscheinlichkeit (Übergangswahrscheinlichkeit) und der entsprechende Marktpreis geschätzt.

2.1.2 Die Parameter des Kreditrisikos : Expected Loss und Unexpected Loss

Das Verlustrisiko einer Bank im Kreditgeschäft besteht aus zwei Dimensionen, dem erwarteten Verlust (Expected Loss [EL]) und dem unerwarteten Verlust (Un-expected Loss [UL]).

Mit dem EL wird versucht, aufgrund von Wahrscheinlichkeiten der zukünftigen Kreditqualität eines Schuldners und den aus dieser Kreditqualität resultierenden Verluste das einem Kredit inhärente Verlustrisiko zu antizipieren.13Das statistische Maß für den EL ist der Erwartungswert der Verlustverteilung. Auf Portfolioebene ergibt sich der ELP als Summe der einzelnen EL:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Das eigentliche Kreditrisiko einer Bank besteht darin, dass die tatsächlich realisierten Verluste hö- her sind als die erwarteten Verluste. Mit dem UL wird dieser Unsicherheit Rechnung getragen. Das statistische Maß für die Variabilität der zukünftigen Verluste ist die Standardabweichung der Verlustverteilung. Da die Kreditrisiken verschiedener Schuldner nicht voneinander unabhängig sind, lässt sich der UL des Portfolios nicht einfach aus den einzelnen UL aggregieren. Die Abhängigkeiten zwischen den Kreditrisiken, die mit der Verlust- Korrelation zum Ausdruck gebracht werden, müssen folgendermaßen berücksichtigt werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Korrelation ρ zwischen den UL zweier Schuldner ist der Schlüsselfaktor bei der Bewertung von Kreditportfolios. Im Vergleich mit der Schätzung von Korrelationen zwischen Aktienkursrenditen ist die Modellierung von Verlustkorrelationen ungleich schwieriger, da historische Daten kaum vorhanden sind. So ist z.B. die historische Ausfallkorrelation zweier Schuldner in aller Regel immer gleich Null, denn keiner der beiden Schuldner wird bis dahin Konkurs gegangen sein.14

Die Modellierung von Korrelationen zwischen den Kreditrisiken verschiedener Schuldner ist auch deshalb von so großer Bedeutung, weil sie im Neugeschäft Diversifikationschancen aufzeigt. Je niedriger die Korrelation zwischen dem UL eines potentiellen Neugeschäftes und den UL der bereits im Portfolio vorhandenen Kredite ist, umso größer ist der Diversifikationseffekt durch die Hinzunahme des fraglichen Kredites. Neben dem Einzelrisiko eines Kredites wird es folglich im Neugeschäft auch wichtig sein, mögliche Diversifikationseffekte zu berücksichtigen.

2.1.3 Ökonomisches versus regulatorisches Eigenkapital

2.1.3.1 Credit- Value-at-Risk und Allokation von ökonomischem Kapital

Hat eine Bank die aus dem Kreditgeschäft zu erwartenden Verluste antizipiert, sind auf der Grundlage des EL eines jeden Kredites Rückstellungen in Höhe dieser erwarteten Verluste zu bilden. Da jedoch die Gefahr besteht, dass die tatsächlich eintretenden Verluste um vieles höher sind als die erwarteten, muss die Bank zusätzlich einen Risikopuffer in Form von Eigenkapitalreserven aufbauen, um im Falle von Extremverlusten nicht Gefahr zu laufen, selbst Konkurs zu gehen. Dieses zusätzliche Eigenkapital wird auch ökonomisches Kapital genannt.

Aufgrund der hohen Kosten von Eigenkapital entsteht nun bei der Bestimmung des ökonomischen Eigenkapitals der Zielkonflikt, dass mit einer zu geringen Allokation von ökonomischem Kapital die Existenz der Bank selbst auf dem Spiel steht, bei zu hoher Allokation jedoch die Rentabilität des Kreditgeschäftes nicht mehr zufriedenstellend ist. Deshalb wird der Risikopuffer Ökonomisches Kapital so gewählt, dass die möglichen Verluste bis zu einem bestimmten Prozentsatz abgedeckt werden; das residuale Existenzrisiko für die Bank wird bewusst in Kauf genommen. Als Maßstab für die Bemessung des ökonomischen Kapitals gilt der Credit- Value-at-Risk (Credit-VaR) des Kreditportfolios, der folgendermaßen definiert ist:

Der Credit-VaR eines Kreditportfolios ist der Betrag, den der tatsächliche Portfolioverlust innerhalb des Betrachtungszeitraumes mit einer vorgegebenen Vertrauenswahrscheinlichkeit voraussichtlich nicht überschreiten wird. Die meisten Banken wählen eine Vertrauenswahrscheinlichkeit (Konfidenz-intervall) von 99-99,98%.15

Das Konzept des VaR ist Vielen aus dem Bereich der Marktrisiken bekannt. Aufgrund der Annahme normalverteilter Renditen stellt dort die Ermittlung des VaR kein Problem dar, da aus den Parametern Erwartungswert und Standardabweichung jedes beliebige Quantil der Renditeverteilung berechnet werden kann.

Leider kann die Normalverteilungsannahme bei Kreditrisiken nicht getroffen werden, die Verlust-verteilung ist vielmehr rechtsschief (linkssteil) (Abb.2.1.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.1.: Typische Form einer Portfolio-Verlustverteilung (Eigene Darstellung)

Der Grund für die Asymmetrie in der Verlustverteilung liegt darin, dass bei Krediten extrem hohe Verluste möglich sind (Total-Ausfall), die Wahrscheinlichkeit für solche Verluste jedoch relativ ge- ring ist. Aufgrund der positiven Ausfallkorrelationen zwischen den einzelnen Krediten bleibt dieser Effekt selbst bei großen (diversifizierten) Kreditportfolios immer noch persistent.16 Die Portfolio- Verlustverteilung weist typischerweise hohe Wahrscheinlichkeiten für geringe Verluste und niedri- ge Wahrscheinlichkeiten für hohe Verluste auf. Die Folge dieser schiefen Verlustverteilung ist, dass die tatsächlichen Verluste zu ca. 80% geringer sein werden als der erwartete Verlust EL, da aufgrund des Potentials für sehr hohe Verluste der EL nach oben „gedrückt“ wird. Versucht man nun, alleine aus den Parametern EL und Ul ein Gefühl für das Verlustrisiko des Portfolios zu be- kommen, läuft man Gefahr, dieses Potential zu missachten, denn bei der schiefen Verlustvertei- lung von Kreditportfolios existieren selbst für Verluste, die sechs Standardabweichungen vom EL entfernt sind, immer noch signifikante Wahrscheinlichkeiten, während eine Normalverteilung schon für Werte, die vier Standardabweichungen vom Erwartungswert entfernt sind, keine signifikanten Wahrscheinlichkeiten mehr aufweist.17 Die Berechnung des Credit-VaR unter Annahme normalver- teilter Verluste führt deshalb zu einer signifikanten Unterschätzung des notwendigen ökonomi- schen Kapitals, wie in Abb.2.1 gut zu sehen ist. Das 99%- Konfidenzintervall ist bei einer Normal- verteilung 2,328 Standardabweichungen rechts vom Erwartungswert, während bei der tatsächli- chen Verlustverteilung in Abb.2.1 das 99%-Intervall ca. 4,5 Standardabweichungen vom EL ent- fernt liegt. Die Inadäquanz der Normalverteilungsannahme bedeutet, dass für die Ermittlung des Credit-VaR die Parameter EL und UL des Portfolios nicht ausreichen, sondern vielmehr die ge- samte Wahrscheinlichkeitsverteilung zukünftiger Verluste hergeleitet werden muss.

2.1.3.2 Eigenkapitalunterlegungsvorschriften und regulatorisches Kapital

Die im sog. „Basle Capital Accord“ 1988 formulierten Mindestanforderungen für die Hinterlegung von Eigenkapital bei Kreditrisiken gelten bis heute noch als Standard für die nationalen Regulierungsbehörden. Der Basle Capital Accord schlägt für alle Firmenkredite eine Eigenkapitalhinterlegung in Höhe von 8% des gegenwärtigen Exposures vor.18

Diese 8%- Regel wurde im wesentlichen aus drei Gründen kritisiert19: Erstens, weil alle Kredite in ihrem Risiko gleichgewichtet werden, ungeachtet ob diese von hoher oder niedriger Kreditqualität sind. Zweitens, weil das Diversifikationspotential in großen Kreditportfolios von Banken nicht berücksichtigt wird. Drittens, weil den Banken der Anreiz gegeben wird, beim regulatorischen Kapital Arbitrage zu betreiben, indem jene Exposures , für die die interne Allokation von ökonomischem Kapital niedriger ist als das regulatorische Kapital, durch Verbriefung (z.B. in Form von Asset Backed Securities) aus der Bilanz genommen werden. Die Folge dieser Arbitrage ist, dass das verbleibende Durchschnittsrisiko der Banken ansteigt und gleichzeitig die Mindestanforderungen für die Hinterlegung von Eigenkapital schrumpfen.20

Im Juni 1999 kündigte die BIS in einem Konsultationspapier an, dass der Basle Capital Accord von 1988 noch im Jahre 2000 reformiert werden soll21. Die Reform soll in drei zeitlich aufeinanderfolgenden Phasen erfolgen:

In der ersten Phase werden für extern geratete Kredite Risikogewichte definiert.22 Für Kredite von Firmen, deren externes Rating zwischen AAA und AA liegen23, wird die 8%-Quote mit einem Risi- kogewicht von 20% multipliziert, so dass die neue Kapitalquote 0,2·8%=1,6% beträgt. Für Ratings zwischen A+ und B- beträgt der Gewichtungsfaktor 100%, so dass die 8%-Quote unverändert bleibt. Für Schuldner, deren Rating schlechter als B- ist, wird ein Risikogewichtungsfaktor von 150% eingeführt, woraus sich ein Kapitalquote von 1,5·8%=12% ergibt.24Für Kredite, deren Schuldner nicht geratet sind, gilt allerdings weiterhin die generelle 8%-Regel von 1988.

In der zweiten Phase sollen sich die Kapitalanforderungen an den internen Ratingsystemen der Banken orientieren, sobald diese Systeme ausgereift genug sind.

In der dritten Phase sollen die 8%-Quote und die Risikogewichtungsfaktoren nach Rating schließ- lich gänzlich von internen Kreditrisikomodellen der Banken abgelöst werden. Auch hier behält sich die BIS vor, den Zeitpunkt dieser Phase davon abhängig zu machen, inwieweit die entwickelten in- ternen Modelle den eigenen Ansprüchen genügen, um als Standard für die Kapitalallokation ak- zeptiert zu werden.

2.1.4 Bepreisung von Krediten

2.1.4.1 Inkonsistente Bepreisung und Adverse Selection

Untersuchungen zeigen, dass Kredite zum größten Teil nicht risikoadäquat „bepreist“ wurden.25 Ein Vergleich mit Anleihepreisen gleicher Bonität zeigt, dass insbesondere Kredite mit höheren Risiken zu tief bepreist werden, während für „gute“ Risiken ein zu hoher Kreditzins verlangt wird.26

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.2: Inkonsistente Bepreisung von Krediten. Quelle: Wuffli/Hunt (1993), S.2.

Diese Inkonsistenz im Bepreisen von Krediten kann für das Kreditportfolio einer Bank jedoch lang- fristig dazu führen, dass das Kreditgeschäft nicht mehr profitabel ist, weil eine sog. „negative Aus- lese“ (Adverse Selection) stattfindet.27 Wenn nämlich die Schuldner mit schlechter Bonität antizi- pieren, dass sie eine unterproportionale Risikoprämie im Vergleich zu Anleihen gleicher Bonität entrichten müssen, haben sie einen Anreiz, zuzuwandern, während die zu hoch bepreisten Schuldner abwandern werden, sobald sie die Möglichkeit haben, sich auf anderem Wege Fremd- kapital billiger zu beschaffen. Dieser Abwanderungsprozess hat bereits begonnen und ist unter dem Schlagwort „Desintermediation“ bekannt: Große Unternehmen mit guter Bonität finanzieren sich immer mehr direkt am Kapitalmarkt, weil dort ihre Finanzierungskosten geringer sind. Der Effekt der Adverse Selection führt dazu, dass im Kreditportfolio der Banken Kredite mit hohen Risiken immer häufiger zu finden sind. Dieser Effekt wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass Banken den Anreiz haben, durch Verbriefung von „guten“ Risiken Arbitrage beim regulatorischen Eigenkapital zu betreiben (vgl. 2.1.3.2.).

Das Kreditgeschäft kann folglich nur dann profitabel bleiben, wenn Kreditrisiken korrekt erfasst und anschließend bei der Konditionenpolitik entsprechend berücksichtigt werden.

2.1.4.2 Notwendige Bestandteile des Kreditzinses

Wie eingangs erwähnt geht es bei der Bepreisung von Krediten um die Berechnung des risikoadäquaten Kreditzinses. Der Kreditzins ist dann risikoadäquat, wenn die Bank für das eingegangene Kreditrisiko entsprechend entlohnt wird.28

Risikolose Geschäfte werden mit dem risikolosen Zins entlohnt. Kredite mit Ausfallrisiko müssen zusätzlich mit einer Risikoprämie entlohnt werden, ohne die eine Bank keinen Anreiz hätte, das Geschäft einzugehen. Die Differenz von Kreditzins und risikolosem Zins nennt man auch „Credit Spread“.

Ein erster notwendiger Bestandteil dieser Prämie ist der erwartete Verlust aus dem Geschäft. Einer Bank mit vielen Schuldnern werden die EL-Prämien langfristig gerade die tatsächlichen Verluste abdecken.

Das bedeutet aber, dass sie ohne weitere Prämie im langfristigen Durchschnitt gerade den risikolosen Zins verdienen würde. In Jahren, in denen keine Verluste auftreten, wird sie zusätzlich zum risikolosen Zins die EL-Prämie verdienen, in Jahren mit hohen Verlusten wird sie dagegen weniger als den risikolosen Zins verdienen. Wenn sich Banken risikoavers verhalten, würden sie gegenüber einem Kreditgeschäft, das nur eine Prämie in Höhe des EL verspricht, immer das risikolose Geschäft bevorzugen, da die erwartete Rendite gleich hoch ist, sie aber für diese Rendite kein Risiko eingehen müssen. Das ist der Grund für die zweite Prämie, die eigentliche Risikoprämie. Was sind nun die Bestimmungsgrößen dieser Risikoprämie?

Für Kredite, die nicht an Kreditmärkten gehandelt werden, kann mit Risikokosten argumentiert werden. Wie in 2.1.3.1. erläutert wurde, muss die Bank für das Risiko, dass die tatsächlichen Ver- luste höher sind als der EL, ökonomisches Kapital alloziieren. Wenn die Bank über ein Modell ver- fügt, welches unter Berücksichtigung von Diversifikationseffekten im Kreditportfolio einem poten- tiellen Neugeschäft das für diesen Kredit notwendige zusätzliche ökonomische Kapital bestimmen kann, kann sie die Risikoprämie nach den (kalkulatorischen) Kosten dieses zusätzlichen Eigenka- pitals bestimmen. Die Kosten des Eigenkapitals entsprechen grundsätzlich den Renditeforderun- gen der Aktionäre. Diese erwarten mindestens die Rendite eines risikolosen Zinses zusätzlich ei- ner Risikoprämie, die sich proportional zum Risikogehalt der Aktien relativ zum Marktrisiko richtet.

Die theoretische Modellierung dieser Renditeforderung oder -erwartung findet im sog. Capital Asset Pricing Model (CAPM) statt.29

Wollen wir hingegen (hypothetische) Marktpreise für Kredite ermitteln, müssen wir uns fragen, wie der (Kredit-) Markt das Kreditrisiko entlohnt. Der Unterschied zur obigen Ableitung der Prämienbestandteile besteht in der Bemessung der Risikoprämie. Gehen wir davon aus, dass das Kreditportfolio einer Bank nicht perfekt diversifiziert ist, bedeutet das, dass das systematische (diversifizierbare) Kreditrisiko nicht vollständig eliminiert wurde. Folglich wird ein Teil des notwendigen ökonomischen Kapitals noch für diversifizierbares, systematisches Risiko alloziiert. Der Markt wird jedoch ausschließlich das unsystematische, nicht-diversifizierbare Kreditrisiko entlohnen. Ein Modell, das für Kredite Marktpreise schätzen möchte, muss folglich bei der Ermittlung der Risikoprämie immer den Marktpreis für das Kreditrisiko integrieren (vgl. 4.1.5.2.).

2.1.5 Portfolio-Management-Prozess im Kreditgeschäft

Mit dem Ansatz, Kreditrisiken auf Portfolioebene zu analysieren, wird zugleich die Möglichkeit eröffnet, Strategien für die operative Kreditpolitik auf Portfolioebene zu formulieren. In letzter Konsequenz bedeutet dies, dass auch im Kreditgeschäft versucht wird, die moderne Portfoliotheorie anzuwenden und somit Kreditportfolios proaktiv zu managen.

Da das Kredit-Portfolio-Management ein sehr weitreichendes Gebiet ist, kann es im Rahmen einer Diplomarbeit nicht erschöpfend behandelt werden. Die in dieser Arbeit dargestellte Bewertung von Kreditrisiken stellt nur einen Teil des umfassenden Managementprozesses dar. Wie dieser Teil in das Gesamtkonzept eingegliedert ist, soll in diesem Abschnitt kurz erläutert werden.

Nach Manz (1998) läuft ein umfassender Kredit-Portfolio-Management-Prozess in vier Phasen ab (Abb.2.3):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.3: Kreditportfolio-Management-Prozess Quelle: Manz (1998), S.207.

Die Bewertung der Kredite bzw. des Kreditportfolios ist in die Phase der Portfolio-Analyse einzuordnen. Desweiteren müssen in dieser Phase auch mögliche Neugeschäfte auf ihre Risikocharakteristika untersucht werden.

Aufbauend auf der Portfolioanalyse geht es bei der Portfolio-Selection darum, unter Berücksichtigung aller Umstrukturierungsmöglichkeiten eine aus Risiko/Rendite-Gesichtspunkten optimale Portfoliostruktur zu definieren, an der sich die Kreditpolitik ausrichtet.

In der Optimierungsphase wird versucht, die angestrebte Portfoliostruktur zu realisieren. Zum Instrumentarium zur Umstrukturierung des Kreditportfolios gehören u.a. die Aquisition von Neugeschäften, Kündigung oder Verkauf von Krediten, die Verbriefung von gepoolten Kreditforderungen (Securitization) bzw. deren Kauf, die Verbriefung von Kreditrisiken (Kredit-Derivate) bzw. deren Kauf oder auch das Hedging von gesamtwirtschaftlichen Risiken. Eine ausführliche Erläuterung dieser Instrumente findet sich bei Manz (1998), S.264-303.30

In der Phase des Portfolio-Controlling wird anhand quantitativer Kennzahlen die risikoadjustierte Performance des Kreditgeschäfts überprüft. Desweiteren wird anhand eines Soll/Ist- Vergleichs der Zielerreichungsgrad bzgl. der angestrebten optimalen Portfoliostruktur gemessen. Damit beginnt von neuem die Portfolio-Analyse.

2.2 Anforderungen

Die Beurteilung von Modellen findet immer auf zwei Ebenen statt: ex-ante und ex-post. Ex-ante versucht man zu analysieren, ob ein Modell in der Lage sein wird, die Realität richtig zu beschreiben. Um dies zu beurteilen, können wir Beobachtungen der Realität heranziehen. Aus diesen Beobachtungen werden sodann Anforderungen abgeleitet, die in den Grundannahmen eines Modells erfüllt bzw. berücksichtigt sein sollten. Die Ableitung solcher Anforderungen für die Bewertung von Kreditportfolios ist Gegenstand dieses Abschnittes.

Ex-post beurteilt man die Leistungsfähigkeit eines Prognosemodells daran, inwieweit die vorausgesagten Ereignisse in der Realität eingetroffen sind. Die ex-post- Analyse ist Gegenstand von Kapitel 9 (Performancevergleich).

Beobachtung 1: Liquidität an Sekundärmärkten für Kredite steigt

In den letzten Jahren ist eine sehr dynamische Entwicklung der Kreditmärkte zu beobachten. Das Emmissionsvolumen am Markt für syndizierte Bankkredite wuchs in den USA zwischen den Jahren 1991-1997 um knapp 500% von 264 Mrd. US-Dollar auf 1,1 Billionen US-Dollar an.31Auch die Sekundärmärkte, auf denen Kredite ähnlich wie Anleihen gehandelt werden, weisen eine steigende Liquidität auf. Dies zeigt sich in dem rasch zunehmenden Handelsvolumen auf den Sekundärmärkten, das in den USA 1999 schon 60 Mrd. US-Dollar betrug.32

Wie stark diese Entwicklung eingeschätzt wird zeigt sich auch daran, dass große Ratingagenturen wie Standard & Poor’s oder Moody’s seit 1995 auch Ratings für große Bankkredite erstellen, um dem Informationsbedarf auf den Kreditmärkten nachzukommen.33

Anforderung 1: Vor dem Hintergrund steigender Liquidität auf den Kreditmärkten erscheint es für die Anbieter von kommerziellen Anwendungssystemen sinnvoll, für die Bewertung von Krediten (zumindest alternativ) ein mark-to-market- Modell zu entwickeln.

Beobachtung 2: Zusammenhang zwischen Zinsrisiko und Kreditrisiko

Eine Verschlechterung der Kreditqualität eines Schuldners schlägt sich am Markt in einem sinkenden Marktpreis bzw. steigendem Credit Spread nieder. Darin haben wir das Verlustrisiko von gehandelten Krediten oder Anleihen erkannt.

Eine weitere Ursache für die Veränderung des Marktpreises wurde bisher ignoriert. Sie besteht darin, dass auch der risikolose Zins sich verändern kann. Steigt der risikolose Zins an, ist bei Anleihen regelmäßig ein Marktpreisverfall zu beobachten. Das Interessante an diesem Aspekt ist jedoch, dass empirische Untersuchungen ergaben, dass Credit Spreads sensitiv auf Veränderungen des risikolosen Zinses reagieren. Veränderungen des risikolosen Zinses scheinen somit am Markt für Anleihen einen Einfluss auf die Beurteilung der Schuldnerbonität auszuüben.

Longstaff/Schwartz (1995, S.807-813) untersuchen diesen Zusammenhang am amerikanischen Anleihemarkt im Zeitraum 1977-1992. Die untersuchten Unternehmensanleihen wurden nach den Kriterien Rating und Branchenzugehörigkeit in Gruppen eingeteilt. Die verwendete Schätzgleichung lautet wobei ΔS die durchschnittliche Veränderung des Credit Spreads der untersuchten Unternehmensanleihen, ΔY die Veränderung der 30-jährigen US-Staatsanleihe und I den relevanten Branchen-Aktienindex bezeichnet. Für alle Gruppen ergaben sich für die Koeffizienten b und c (signifikant) negative Werte. Die Ergebnisse von Longstaff/Schwartz (1995) werden von anderen Untersuchungen bestätigt.34

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ein Ansteigen des risikolosen Zinses ging also einher mit sinkendem Credit Spread. Wie groß der Einfluss des risikolosen Zinses auf Credit Spreads ist, zeigt sich darin, dass der Koeffizient b Wer- te bis zu (-82%) aufweist. Auf den ersten Blick scheint dieses Ergebnis kontra-intuitiv, da mit steigenden Zinsen die Finanzierungskosten der Unternehmen steigen und somit eigentlich eher eine positive Beziehung zwischen Zins- und Credit-Spread- Veränderungen zu erwarten war. Steigende Zinssätze sind aber andererseits v.a. im konjunkturellen Aufschwung/Boom zu beobachten. Da ein gutes konjunkturelles Umfeld mit einer verbesserten Ertragslage der Unternehmen einhergeht, ist der Zusammenhang von steigenden Zinsen mit gleichzeitig sinkenden Credit Spreads durchaus plausibel. Interessant ist die Beobachtung, dass sich die Zinssensitivitäten des Credit Spread innerhalb derselben Ratingkategorie zwischen Branchen erheblich unterscheiden und innerhalb derselben Branche mit abnehmender Kreditqualität zunehmen.

Anforderung 2: Da die Veränderung des risikolosen Zinses einen signifikanten Einfluss auf die Veränderung von Credit Spreads hat, muss dies bei der Bewertung von Krediten berücksichtigt werden.

An den verschiedenen Werten für c lässt sich erkennen, dass auch hier der Zusammenhang zum Credit Spread mit abnehmender Kreditqualität stärker wird. Für Schuldner schlechter Bonität scheint also der Verlauf der Aktienkurse eine größere Rolle zu spielen. Die bei allen Untersu- chungsgruppen negative Korrelation zwischen Credit Spread und Aktienindex ist intuitiv einleuch- tend, wenn man steigende Aktienkurse als Indikator für ein gutes konjunkturelles Umfeld der Un- ternehmen interpretiert. Dies lässt uns ein weiteres mal vermuten, dass der Konjunkturverlauf ein wichtiger Einflussfaktor für die Entwicklung der Kreditqualität von Schuldnern ist. Diese Intuition bringt uns direkt zu

Beobachtung 3: Systematisches Kreditrisiko existiert

Untersucht man durchschnittliche Ausfallquoten von Anleihen über die Zeit, erkennt man, dass diese v.a. für Schuldner niedriger Kreditqualität eine sehr große Schwankungsbreite aufweisen. Abb.2.5 zeigt den Plot der durchschnittlichen Ausfallquoten von Standard & Poor’s gerateten Unternehmen im Zeitraum 1981-1999. Die hohe Zeitinstabilität ist zumindest für die sog. speculativegrade- Anleihen (BB-CCC Rating) deutlich zu sehen (obere Linie).

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Abb.2.5: Durchschnittliche Ausfallwahrscheinlichkeiten im Zeitverlauf (Quelle: Standard & Poor’s (1999))

Da die Gruppe der untersuchten speculative-grade- Anleihen aus einer großen Anzahl von Unternehmen aus den unterschiedlichsten Branchen besteht, sollte man eigentlich davon ausgehen, dass ein solches „Portfolio“ von Anleihen recht gut diversifiziert ist und eine relativ konstante Ausfallquote aufweist. Die große Variabilität des (Ausfall-) Risikos lässt darauf schließen, dass ein systematisches (Ausfall-) Risiko existiert, das nicht diversifizierbar ist.

Eine empirische Untersuchung von Wilson (1998) zeigt dann auch, worin dieses systematische Ri- siko zu bestehen scheint. In dieser Untersuchung konnte der zeitliche Verlauf der Ausfallwahr- scheinlichkeiten mit einem Konjunkturindex relativ gut abgebildet werden; ähnliche Ergebnisse werden für Übergangswahrscheinlichkeiten von einem Ratingzustand zu einem anderen abgelei- tet. Die Ausfallwahrscheinlichkeit wird mit einer Logit-Funktion auf den gebildeten Konjunkturindex geschätzt. Dieser enthält makroökonomische Variablen wie die Arbeitslosenrate, die Wachstums- rate des Bruttosozialproduktes, langfrisige Zinssätze, Wechselkurse, Staatsausgaben und die ag- gregierte Sparquote.35 Wilson erhält für alle untersuchten Länder (darunter Deutschland, Frank- reich, Großbritannien, USA) einen sehr guten „fit“ der Ausfallwahrscheinlichkeit; das korrigierte Be- stimmtheitsmaß betrug mit einer Ausnahme mindestens 82%.36 Die Aussagekraft dieser Ergebnis- se wird allerdings dadurch eingeschränkt, dass Wilson es versäumt hat, die verwendeten Variablen auf Kointegration zu testen.37

Anforderung 3: Bei der Modellierung von Wahrscheinlichkeiten bzgl. der zukünftigen Entwicklung der Schuldnerbonität ist zu berücksichtigen, dass makroökonomische Faktoren einen signifikanten Einfluss auf diese Entwicklung ausüben. Insbesondere die Verwendung von durchschnittlichen Wahrscheinlichkeiten, die über mehrere Konjunkturzyklen hinweg ermittelt wurden, ist abzulehnen.

Beobachtung 4: Auch Recovery Rates sind zeitinstabil

Kommt es zu einem Schuldnerausfall, so verliert der Gläubiger in der Regel nicht den gesamten Betrag seiner Zahlungsansprüche. Der prozentuale Anteil, der im Rahmen des Konkursverfahrens an ihn zurückfließt, wurde als Recovery Rate eingeführt. Für die Bestimmung der Recovery Rates werden in den meisten Modellen historische Durchschnittswerte angesetzt, die sowohl für Kredite als auch für Anleihen publiziert werden. Empirische Untersuchungen zeigen jedoch, dass die durchschnittlichen Recovery Rates im Zeitverlauf eine große Schwankungsbreite aufweisen. Tab. 2.1 zeigt die Ergebnisse von zwei Studien , die sich mit der Zeitinstabilität von Recovery Rates für Unternehmensanleihen befasst haben. Die jährlichen Durchschnittswerte stammen von der Ratin- gagentur Moody’s. Sie werden jährlich differenziert nach dem Rang der Anleihen veröffentlicht.

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Tab. 2.1: Zeitinstabilität von durchschnittlichen Recovery Rates für Anleihen

Die beträchtliche zeitliche Instabilität der Recovery Rates bei Anleihen lässt vermuten, dass es neben dem Rang der Anleihe noch weitere Determinanten gibt.

Zum einen muss man damit rechnen, dass sich durchschnittliche Recovery Rates verschiedener Länder aufgrund des international sehr unterschiedlichen Konkursrechts stark unterscheiden.38

Eine sehr umfangreiche Analyse der Determinanten durchschnittlicher Recovery Rates stellten Altman/Kishore (1996) an. Sie konnten im Untersuchungszeitraum 1971-1995 nach Anpassung an den Rang der Anleihen signifikante Branchendifferenzen bei Recovery Rates nachweisen. Andere potentielle Einflussfaktoren wie Ausgangsrating (ein Jahr vor Ausfall), Alter der Anleihe oder Em- missionshöhe hatten dagegen keinen signifikanten Einfluss auf die Recovery Rates.39 Alt- man/Kishore erklären Branchenunterschiede damit, dass sowohl die Vermögensstruktur als auch die Wettbewerbsbedingungen innerhalb verschiedener Sektoren sehr unterschiedlich sein können. So wird die Recovery Rate im Konkursfall umso höher sein, je höher der Anteil liquidierbarer Ver- mögensbestände ist. Außerdem werden die zukünftigen Erträge des zu liquidierenden Unterneh- mens umso höher sein, je weniger Wettbewerb in der betreffenden Branche herrscht.40 Mitunter wird in der Literatur auch der Konjunkturzyklus als Determinanten der Recovery Rate- Schwan- kungen vermutet, statistische Untersuchungen dieses Zusammenhangs waren jedoch nicht zu fin- den.41 Für einen Konjunktureffekt könnte sprechen, dass während eines Konjunkturaufschwungs die Investitionen ins Anlagagevermögen zunehmen, sodass der Liquidationswert des Unterneh- menvermögens in konjunkturellen Aufschwung- und Hochphasen höher ist als in Rezessionen.

Die Untersuchung von Recovery Rates bei Bankkrediten erweist sich ungleich schwieriger als für Anleihen, da Informationen über die tatsächlichen Verluste von Banken aus ausgefallenen Kredi- ten meist nicht erhältlich sind. Asarnow/Edwards (1995) untersuchten durchschnittliche Recovery Rates von Bankkrediten an Unternehmen im Zeitraum 1970-1993. Die Ergebnisse implizieren, dass für Bankkredite höhere Recovery Rates zu erwarten sind; der Mittelwert betrug ca. 66%. Wei- terhin ist interessant, dass die zeitliche Instabilität bei kommerziellen Bankkrediten nicht so groß zu sein scheint; die Standardabweichung beträgt 9,7%. Eine alternative Untersuchung von Recovery Rates für an Sekundärmärkten gehandelte Kredite geben Carty/Lieberman (1996b) für den Zeit- raum 1989-1996 und Carty et al. (1998) für den Zeitraum 1986-1997. Auch diese Studien kommen zum Ergebnis, dass Recovery Rates (z.T. für denselben Schuldner) bei Krediten höher ist als bei Anleihen; der Mittelwert beträgt 71% bzw. 70%. Die berechnete Standardabweichung von 21% in beiden Untersuchungen implizieren allerdings, dass die Recovery Rates bei Bankkrediten keines- falls besser voraussagbar ist als bei Anleihen. Für nicht gehandelte Kredite berechnen Carty et al. (1998) durchschnittliche Recovery Rates von 86,7% für vorrangige bzw. 79,4% für nachrangige Bankkredite; die Standardabweichung beträgt 22,8% bzw. 26,6%. Desweiteren erkennen Carty et al. (1999) neben dem Bedienungsrang in der Art der Besicherung (collateral) eine zweite wichtige Determinante für Recovery Rates bei Bankkrediten.42 Je liquider die Besicherung, desto höher war im Durchschnitt die Recovery Rate.

Zu den Ergebnissen dieser beiden Studien ist allerdings hinzuzufügen, dass beide mit einem sehr dünnen Datenset arbeiten. Bei Asarnow/Edwards wurden in einigen Jahren für weniger als zehn ausgefallene Kredite durchschnittliche Recovery Rates ermittelt, bei Carty/Lieberman (1996b) standen über den gesamten Untersuchungszeitraum lediglich 58 Recovery Rates ausgefallener Bankkredite zur Verfügung, bei Carty et al. (1998) 98 Recovery Rates von gehandelten Krediten und 200 Recovery Rates von Bankkrediten.

Anforderung 4: Werden zur Bestimmung der Recovery Rate historische Durchschnittswerte verwendet, muss berücksichtigt werden, dass zum einen Branchenunterschiede exisitieren, zum anderen, dass die für Anleihen ermittelten Durchschnittswerte für Bankkredite nicht unbedingt aussagekräftig sind. Außerdem sollten bei Bankkrediten je nach Liquiditätsgrad der Besicherung Zu- o- der Abschläge bei der verwendeten Recovery Rate gemacht werden.

Neben den eben aus empirischen Erkenntnissen abgeleiteten Anforderungen ist für die Beurtei- lung der Modelle von Bedeutung, dass die einzelnen Modellkomponenten (Bewertungsmodell, Prognose von Wahrscheinlichkeiten, Schätzung von Korrelationen) separat auf ihre Prognoseleis- tung untersucht werden können, um eventuelle Verbesserungsmöglichkeiten sichtbar zu ma- chen.43

3 Contingent Claims-Analysis I (CCA I):

3.1 Strukturformmodelle der ersten Generation

Die sog. Contingent Claims- Analysis (CCA) befasst sich mit der Bewertung von bedingten Forderungen. Unter bedingten Forderungen versteht man Zahlungsansprüche, die dem Grunde nach eindeutig charakterisiert sind, deren Höhe jedoch von bestimmten zukünftigen Umweltzuständen abhängt.44Zur Gruppe bedingter Zahlungsansprüche gehören z.B. Aktienoptionen, da die Höhe des Zahlungsanspruches zum Ausübungszeitpunkt von der Höhe des betreffenden Aktienkurses abhängt. Das bekannteste Modell zur Bewertung von Optionen ist wohl das von Frank Black und Myron Scholes (1973). Schon damals weisen die Autoren darauf hin, dass die für Aktienoptionen entwickelte Bewertungsformel prinzipiell auch auf Unternehmenskredite angewendet werden kann, die auch eine Form von bedingten Forderungen darstellen:45

Ein Unternehmen wird seine Zahlungsverpflichtungen nur dann vollständig erfüllen, wenn zum Fälligkeitszeitpunkt der Wert des Unternehmens höher ist als die Verbindlichkeiten. Ist der Firmenwert jedoch niedriger, so wird das Unternehmen seine Verbindlichkeiten nicht begleichen (können), die Gläubiger erhalten den Firmenwert. Dies entspricht einem Schuldnerausfall.

In diesem Grundgedanken spiegelt sich der Optionscharakter von Krediten wider: Die Eigenkapital-Inhaber des Unternehmens besitzen quasi die Option, zum Fälligkeitszeitpunkt entweder die Verbindlichkeiten zu bezahlen (und somit das Unternehmen zu behalten) oder das Unternehmen dem Gläubiger zu übergeben.46Die analytische Einbettung dieser Überlegung in den Modellrahmen der Optionspreistheorie erfolgte schließlich von Robert C. Merton (1974).

Die Anwendung der CCA auf die Bewertung von Krediten hat im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Erweiterungen erfahren, die sich in zwei Untergruppen gliedern lassen, den sog. Modellen der „Strukturform“ (structural-form models) und den Modellen der „reduzierten Form“ (reduced-form models).

Strukturform-Modelle (SFM) versuchen, den Ausfall eines Schuldners kausal zu modellieren. Zu einem Schuldnerausfall kommt es dann, wenn der Unternehmenswert unter einen bestimmten Wert sinkt. Aufgrund der Beziehung zum Unternehmenswert werden diese Modelle auch Asset Value-Model genannt.47Zu diesen Modellen gehört der Ansatz von Merton (1974), der schon in den 70er Jahren erste Erweiterungen erfuhr. Die wichtigsten Erweiterungen erfolgten jedoch erst in den 90er Jahren (z.B. Longstaff/Schwartz (1995)).

Modelle der „reduzierten Form“ (RFM)) hingegen verzichten auf die ökonomische Kausalkette zwi- schen UW und Schuldnerausfall. RFM stützen sich auf die Annahme, dass ein Schuldnerausfall ein unvorhersehbares Ereignis ist, gelenkt von einem Zufallsprozess. RFM modellieren den Zeitpunkt des Schuldnerausfalls.48

In Abb.3.1 ist die Untergliederung der CCA-Modelle graphisch aufgearbeitet. Gleichzeitig werden darin auch die im Rahmen dieser Arbeit relevanten Ansätze in die entsprechenden Untergruppen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3.1: Die Contingent Claims- Analysis im Rahmen der Kreditrisikoanalyse (in Anlehnung an Hayt (2000), S.87)

Die Modelle der ersten Generation sind Gegenstand dieses Kapitels, da der Ansatz von KMV im wesentlichen auf diesen Arbeiten beruht. Modelle der zweiten Generation werden in Kapitel 5, Modelle der dritten Generation in Kapitel 7 besprochen.

3.2 Das Grundmodell von Merton (1974)

Ausgangspunkt für die Übertragung der Optionspreisformel von Black/Scholes auf die Bewertung von risikoinhärenten Schuldtiteln ist folgende Grundannahme bzgl. der Kapitalstruktur eines Unter- nehmens49:

Das betrachtete Unternehmen finanziert sich ausschließlich durch sein EK und durch FK in Form eines Zero-Bonds. Der Unternehmenswert entspricht der Summe aus EK und FK.

Dann sind die EK-Inhaber im Besitz zweier verschiedener Optionspositionen50:

(1) Zum einen kann das EK des Unternehmens als Kaufoption auf den UW interpretiert werden. Dahinter steckt die Vorstellung, dass die EK-Inhaber bei FK-Aufnahme das Unternehmen an die Gläubiger „verkauft“ haben und gleichzeitig die Option erworben haben, bei Fälligkeit das Unter- nehmen „zurückzukaufen“, indem die Verbindlichkeiten bezahlt werden. Andernfalls bleibt das Un- ternehmen im Besitz der Gläubiger, die dann aber die Forderungen nicht erhalten. Diese Wahl-

Contingent Claims-Analysis I (CCA I) 23

möglichkeit entspricht der Struktur einer europäischen Kaufoption.51Die Bewertung dieser Kaufoption (european call) erfolgt mit der Originalformel von Black/Scholes, wobei der aktuelle Aktienkurs und seine Volatilität durch den aktuellen UW und dessen Volatilität ersetzt werden, der Ausübungspreis (strike price) wird durch den Betrag der Verbindlichkeiten substituiert.52

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die EK-Inhaber werden die Kaufoption genau dann ausüben, wenn zum Zeitpunkt der Fälligkeit der UW höher ist als die Verbindlichkeiten. In diesem Fall werden sie die Verbindlichkeiten bezahlen und das Unternehmen „zurückkaufen“. Die Wahrscheinlichkeit für diese Situation ist N(d2).53Ist der Firmenwert hingegen niedriger als F, werden sie die Option verfallen lassen und die Verbindlichkeiten nicht zurückbezahlen; dies kommt einem Schuldnerausfall gleich.

(2) Gleichzeitig besitzen die EK-Inhaber auch eine (europäische)Verkaufsoption: Sie haben die Möglichkeit, bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten das Unternehmen an die Gläubiger zu "verkaufen". Dahinter steckt die Vorstellung, dass die Gläubiger beim Kauf der Zero-Bonds den EK-Inhabern eine Verkaufsoption auf den UW verkauft haben. Der Wert der Verbindlichkeiten entspricht dann dem Wert eines risikolosen Zero-Bonds in gleicher Höhe abzüglich dem Wert dieser europäischen Put-Option. Auch hier kann zur Bewertung die modifizierte Black/Scholes- Formel angewandt wer- den54:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Verkaufsoption wird dann ausgeübt, wenn bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten der UW niedriger ist als die Verbindlichkeiten. Diese Situation charakterisiert wiederum den Schuldnerausfall: Die Verbindlichkeiten werden nicht zurückbezahlt; stattdessen erhalten die Gläubiger den UW. Die Wahrscheinlichkeit für die Ausübung der Verkaufsoption beträgt N(-d2).55

Die Anteilseigner des Unternehmens besitzen also zwei Optionen, eine Kauf- und eine Verkaufsoption auf den Wert des Unternehmens mit gleicher Laufzeit und gleichem Ausübungspreis, der dem Rückzahlungspreis der Verbindlichkeiten entspricht. Je nach Verhältnis von Firmenwert und Verbindlichkeiten bei Fälligkeit wird eine dieser Optionen ausgeübt (Abb.3.2).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3.2: Alternativen der Anteilseigner bei Fälligkeit der Verbindlichkeiten Quelle: Hüttemann (1997), S.79.

3.3 Kritische Annahmen im Asset Value-Model von Merton

- Übertragbarkeit der Black/Scholes-Formel: Eine grundlegende Annahme bei der Herleitung der Originalformeln von Black/Scholes ist die Möglichkeit der Bildung eines vollständig risikolosen Portfolios, auch "Hegdeportfolio" genannt.56Dann kann nämlich den Investoren Risikoneutralität unterstellt werden. In einer "risikoneutralen Welt" kann jedes Wertpapier ohne Berücksichtigung von Anlegerpräferenzen bewertet werden und die erwartete Rendite eines jeden Wertpapiers entspricht dem risikolosen Zins. Die Möglichkeit, jeden Kredit vollständig "hedgen" zu können, trifft zum jetzigen Zeitpunkt für den Kreditmarkt sicher nicht zu. Damit wird aber die Übertragung der Black/Scholes-Formel auf Kredite kritisch.
- Beobachtbarkeit des Unternehmenswertes: Merton geht davon aus, dass die betreffenden Unternehmen kontinuierlich an der Börse notiert sind, d.h. dass für das EK Marktwerte beobachtbar sind. Ist dies nicht der Fall, kann der Wert des EK nur approximativ ermittelt werden57Außerdem unterstellt Merton , dass die Unternehmen während der Laufzeit des Kredites keine weiteren FKMittel gleichen oder höheren Rangs aufnehmen können, so dass das relevante FK bekannt ist. Werden jedoch während der Kreditlaufzeit neue FK-Mittel gleichen oder höheren Rangs aufgenommen, wird dies externen Beobachtern erst mit Veröffentlichung von Monats-, Quartal- oder Jahresberichten bekannt. In diesen Fällen kann der Marktwert der Unternehmensaktiva auch nur periodisch ermittelt werden, auch wenn für das EK kontinuierlich Marktwerte in Form von Aktienkursen bekannt sind. Weiterhin unterstellt Merton, dass das Unternehmen während der Laufzeit weder Dividenden ausschütten noch neue Aktien emittieren kann.
- Merton unterstellt, dass die Veränderungen des UWes einem stationären Markov-Prozess un- terliegen: dV = µ·V·dt + σ·V·dz, wobei µ für die erwartete Asset Value-Rendite, σ für deren annua- lisierte Varianz steht, die zudem als konstant angenommen wird. Schon Black/Cox (1976) räumen ein, dass die Annahme einer zeitkonstanten Varianz möglicherweise nicht richtig ist, modifizieren jedoch diese Annahme in ihrem Modell nicht.58dz ist als Standard-Wiener-Prozess definiert, so dass der Asset Value einem Random Walk mit normalverteilten Renditen folgt. Dies stellt eine kritische Annahme dar. Schon für Aktienkurse wurde gezeigt, dass deren Renditen nicht normalverteilt sind. Verteilungen, die z.B. Kussprünge zulassen (sog. "Jump-Diffussion-Prozesse"), vermögen die Renditeverteilung besser zu beschreiben.59

Die eben dargestellte Annahme über den Asset Value-Prozess impliziert, dass es unmöglich ist, dass ein Schuldner plötzlich ausfällt, da aufgrund des diffusion-Prozesses der UW nicht sprunghaft sinken kann. Deshalb kündigt sich ein Schuldnerausfall immer durch den kontinuierlichen Verlauf des UWes an. Somit kann ein Schuldnerausfall nie unerwartet eintreten.60 Dies impliziert jedoch für kurzfristige Verbindlichkeiten eines Unternehmens, dessen UW sehr weit von seinem Ausfallni- veau entfernt ist, dass dessen Credit Spread gegen null tendiert Empirische Studien belegen je- doch, dass solche Credit Spreads signifikant von null abweichen.61 Die empirischen Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die Möglichkeit von Kurssprüngen von den Marktteilnehmern antizi- piert wird. Dies erklärt, warum Unternehmen, die im Modell von Merton eine implizite Ausfallwahr- scheinlichkeit von null aufweisen, signifikant von null verschiedene Credit Spreads bezahlen müs- sen. Jones/Mason/Rosenfeld (1984) kommen sogar zum Schluss, dass das Merton-Modell auf- grund der Vernachlässigung von "Sprüngen" in der Entwicklung des Asset Values Credit Spreads von Industrieanleihen generell unterschätzen.

- Deterministische Zinsstruktur: Im Asset Value-Model von Merton existiert ein bekannter risikoloser Zinssatz, der über die Zeit konstant ist. Ein realistischeres Modell wird aber diesen Zinsssatz stochastisch modellieren und im besten Fall Korrelationen mit Credit Spreads risikoinhärenter Schuldtitel zulassen.
- Vereinfachte Kapitalstruktur: Im Merton-Modell besteht das gesamte FK aus homogenen Zero- Bonds. Realistische Kapitalstrukturen mit Verbindlichkeiten verschiedener Form, Laufzeit, die zu- dem auch Kuponzahlungen während der Laufzeit aufweisen, werden im Grundmodell nicht abge- bildet.62 Durch die Annahme, dass die Verbindlichkeiten auch bzgl. ihres Ranges homogen sind, wird nicht berücksichtigt, dass vorrangige Verbindlichkeiten möglicherweise in vollem Umfang be- dient werden können, selbst wenn der UW bei Fälligkeit niedriger ist als der Betrag der gesamten Verbindlichkeiten. Dieser Mangel wurde schon 1976 im Modell von Black/Cox behoben.63
- Zeitpunkt des Ausfalls: Im Grundmodell kann der Zustand des Schuldnerausfalls nur am Ende der Laufzeit der Verbindlichkeiten auftreten. Modellerweiterungen berücksichtigen, dass dieser Ausfallzeitpunkt u.U. schon während der Laufzeit erfolgen kann.
- Implizite Recovery Rates bei Schuldnerausfall: Die impliziten Recovery Rates im Merton- Modell sind zu hoch, da annahmegemäß bei Ausfall der UW in voller Höhe an die Gläubiger über- geht. Dies bedeutet, dass implizit vom Fortbestehen des Unternehmens ausgegangen wird. In der Realität ist aber die Gläubigerstruktur heterogen, so dass die Aktiva liquidiert werden müssen. In diesem Fall ist damit zu rechnen, dass zum einen bei Liquidation der Vermögenswerte nicht deren Marktwerte erzielt werden, da sich aufgrund der Notwendigkeit, die Aktiva schnell zu verkaufen die Verhandlungsposition der Verkäufer verschlechtert. Zum anderen abstrahiert die Formel von even- tuellen Konkurskosten, die im Insolvenzfall die Rückzahlungsquoten erheblich verringern können.64

3.4 Erweiterungen durch Black/Cox (1976)

Hier werden die Auswirkungen dreier Aspekte untersucht, die bei Merton aufgrund der Modellannahmen ausgeschlossen sind, laut Black/Cox jedoch signifikante Auswirkungen auf den Wert der Verbindlichkeiten haben65:

(1) Heterogenität im Rang der emittierten Anleihen

Lässt man in der FK-Struktur sowohl vor- als auch nachrangige Verbindlichkeiten zu, müssen die- se separat bewertet werden: Bei Fälligkeit der Anleihen werden nachrangige Verbindlichkeiten nur dann bedient, wenn vorher alle Zahlungen an die Anleihen mit höherem Rang geleistet worden sind. Black/Cox leiten eine Formel zur differenzierten Bewertung von vor- und nachrangigen Zero- Bonds her, allerdings unter der Annahme, dass beide die gleiche Restlaufzeit aufweisen.66

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3.1: Auszahlungsstruktur vor- und nachrangigen Fremdkapitals Quelle: Black/Cox (1976), S.359.

(2) Restriktionen bzgl. der Finanzierung von Zinszahlungen

Während bei Merton der Schuldnerausfall nur bei Laufzeitende eintreten kann, ist bei Kupon- Anleihen auch ein Schuldnerausfall während der Laufzeit möglich. Möglicherweise sind die Unter- nehmensaktiva nicht in ausreichendem Umfang liquidierbar, um die Zinszahlungen begleichen zu können. Black/Cox weisen zudem darauf hin, dass bei Anleihen die vertragliche Ausgestaltung den Verkauf von Vermögenswerten zur Finanzierung der Zins- und Tilgungszahlungen oft begrenzen.67

Prinzipiell hat das Unternehmen bei vorübergehender Illiquidität auch die Möglichkeit, Zinszahlun- gen mit der Emission neuer Aktien oder Anleihen zu finanzieren. Für den Wert der bestehenden vorrangigen Anleihen ist es von großer Bedeutung, welche Art der Finanzierung gewählt wird. Um den Wert ihrer Forderungen zu beschützen, werden die Besitzer dieser Anleihen versuchen, in den Vertragsbestimmungen die Emmission gleich- oder höherrangiger Anleihen auszuschließen. Neu emmittierte Aktien oder Anleihen nur dann gekauft werden, wenn der UW nicht geringer ist als der Gegenwartswert der Verbindlichkeiten. Andernfalls würde das bedeuten, dass die in Höhe der anstehenden Zinszahlung emmittierten Wertpapiere nach der Zinszahlung weniger wert sind als diese Zahlung.68Kein Investor würde diese Wertpapiere kaufen.

Bei der Bewertung von Kupon-Anleihen muss also berücksichtigt werden, dass zum Zeitpunkt jeder Kuponzahlung der Schuldnerausfall eintreten kann, wenn der UW kleiner ist als der Wert der Verbindlichkeiten.

(3) Safety Convenants

Safety Convenants sind den Gläubigern vertraglich zugesicherte Rechte, bei bestimmten Ereignis- sen den Konkurs oder die Reorganisation des Unternehmens einzuleiten. So könnte z.B. festge- legt werden, dass dieses Ereignis im Unterschreiten eines bestimmten Grenzwertes für den UW besteht: Wenn der UW während der Laufzeit der Anleihen unter einen bestimmten Wert fällt, ha- ben die Gläubiger das Recht, den Unternehmenskonkurs zu forcieren und erhalten die Unterneh- mensaktiva. Sowohl die Zeitpunkte, zu denen die Gläubiger dieses Recht ausüben können, als auch der kritische UW sind im Schuldnervertrag spezifiziert.69 Bei Black/Cox (1976) sind die Zeit- punkte während der Laufzeit z.B. durch das Anstehen von Kuponzahlungen in bestimmten (diskre- ten) Zeitabständen bestimmt. Black/Cox räumen jedoch ein, dass die Zeitintervalle möglicherweise auch viel kleiner sind. Je kleiner man diese Zetintervalle definiert, umso besser ist die Approxima- tion an den stetigen Fall, bei dem die Gläubiger das Recht zur Einleitung des Konkurses bei Unter- schreiten von V unter K kontinuierlich über die gesamte Laufzeit innehaben.70 Neben der Berück- sichtigung von Zinszahlungen sind savety convenants ein weiterer Grund dafür, dass es schon während der Laufzeit der Verbindlichkeiten zu Schuldnerausfällen kommen kann.

Unter Berücksichtigung von Kuponzahlungen oder savety convenants wird der Wert einer Anleihe durch ein numerisches Lösungsverfahren berechnet: Der Wert jeder Zahlung wird hergeleitet unter der Bedingung, dass es bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu einem Schuldnerausfall gekommen ist, d.h. dass der kritische Wert bis zu diesem Zeitpunkt nicht unterschritten wurde.71 Dies erfordert ein rekursives Vorgehen bei der Bewertung, das bei Geske (1977) analytisch gelöst wurde und im Anschluss dargestellt wird.

3.5 Erweiterungen durch Geske (1977)

Geskes größter Beitrag für die Anwendung der Optionspreistheorie auf die Analyse von Kreditrisi- ken war die Bewertung von Kupon-Anleihen mit der Contingent Claims-analysis. Analog zu Merton haben die EK-Inhaber zum Zeitpunkt der Anleihenemission das Unternehmen an die Gläubiger "verkauft" und dafür eine Option erworben, bei Laufzeitende das Unternhemen mit der Bezahlung der ausstehenden Verbindlichkeiten "zurückzukaufen". Ebenso haben sie bei Fälligkeit einer Zah- lung die Option, diese zu bezahlen oder das Unternehmen an die Gläubiger zu übergeben (Ver- kaufsoption). Zum Zeitpunkt einer fälligen Kuponzahlung bedeutet die Bezahlung der Zinsen den Kauf einer weiteren Option. Diese gibt ihnen zum Zeitpunkt der nächsten anstehenden Kuponzah- lung wiederum das Recht, diese zu bezahlen oder das Unternehmen den Gläubigern zu überlas- sen und stellt somit quasi eine Option auf eine Option dar (compound option). Bezahlt ein Unter- nehmen Jahr für Jahr die fälligen Zinszahlungen, wird bei jeder Zahlung eine (Verkaufs-) Option nicht ausgeübt und eine andere neu erworben. Ein Jahr vor Laufzeitende bedeutet die Bezahlung der Zinsen schließlich den Kauf einer (Verkaufs-) Option auf das Unternehmen. Mit jeder Kupon- zahlung "wahren" die EK-Inhaber zudem ihre Chance, zum Laufzeitende das Unternehmen zu- rückzukaufen.

Die Bewertung eines Kuponbonds ist deshalb so kompliziert, weil der Wert jeder compound option vom Wert der compound option im folgenden Zahlungszeitpunkt abhängt. Dieses Problem lässt sich nur rekursiv lösen: Zunächst bestimmen wir den Wert der Option zum Fälligkeitszeitpunkt. Dies geschieht mit der modifizierten Optionspreisformel für Zero-Bonds. Auf Basis dieses Opti- onswertes kann dann der Wert der compound option zum Zeitpunkt (T-1) berechnet werden. Die- ser Wert ist wiederum Input für die Berechnung des Wertes der compound option in (T-2), u.s.w. Der Wert einer Kuponanleihe ergibt sich dann als Barwert eines risikolosen Kuponbonds gleicher Struktur abzüglich des Wertes der Verkaufsoption in T und der Summe der Werte der compound options in t=1,2,..,(T-1). Die Kupon-Anleihe kann aber auch interpretiert werden als Portfolio von ri- sikobehafteten Zero-Bonds. Jede Kuponzahlung sowie der Rückzahlungsbetrag bei Fälligkeit wird als risikoinhärenter Zero-Bond betrachtet. Der Wert des Portfolios ergibt sich dann aus der Summe der einzelnen Zero-Bond-Werte.72

[...]


1Vgl. Meridien-Research (1999).

2 Vgl. Institut der deutschen Wirtschaft (2000), Tabelle 66. Für die alten Bundesländer ergibt sich eine Stei- gerung um 79%.

3Vgl. Weiss (1998), S.199.

4Vgl. Weiss (1998), S.197.

5 OTC = over the counter. OTC- Derivate werden nicht an Börsen gehandelt. Im Gegensatz zu börsenge- handelten Derivaten besteht bei diesen Kontrakten kein Marginsystem, welches das Erfüllungsrisiko der Derivate absichert.

6 Eine recht oberflächliche Beschreibung von CreditRisk+™ ist im Internet unter http://www.csfp.co.uk zu fin- den, ein Überblick über das Angebot von Kamakura unter http://kamakuraco.com.

7Definition in Anlehnung an Hüttemann (1997), S.5f.

8 Im weiteren Sinne beinhaltet der obige Kreditbegriff auch Forderungen, die einem Kreditinstitut gegenüber Gegenparteien im Markt aus gekauften Zins-, Aktien oder Währungsderivaten entstehen können. Im Un- terschied zu Bankkrediten oder Anleihen besteht bei diesen Finanzprodukten die Gegenleistung des Kre- ditnehmers nicht mehr unbedingt in einer Geldleistung, sondern kann auch in der Lieferung des Produk- tes bestehen, auf das sich die Option bezieht (underlying).

9 Vgl. Hüttemann (1997), S.7.

10Vgl. Basle Commitee on banking Supervision (1999a), S.4.

11Die Begriffe Bonität, Kreditwürdigkeit und Kreditqualität werden synonym verwendet.

12 Die vollständige Information an Kreditmärkten ist sicherlich eine sehr kritische Annahme. Allerdings wurde die Informationsasymmetrie an diesen Märkten in den letzten Jahren dadurch gemindert, dass immer mehr Großkredite von Ratingagenturen geratet werden. Vgl. auch 2.2.

13 Vgl. Manz (1998), S.155.

14 Vgl. Manz (1998), S.250.

15Vgl. Basle Commitee on Supervision (1999a), S.27. Die Wahl des Konfidenzintervalls hängt auch davon ab, welches Rating die Bank selbst erhalten möchte, da mit dem angestrebten Konfidenzintervall immer eine residuale Ausfallwahrscheinlichkeit für die Bank selbst korrespondiert, welche die Ratingagenturen berücksichtigen. Ein Absicherung von 99,98% aller möglichen Verluste entspricht z.B. einer eigenen Ausfallwahrscheinlichkeit von 0,02%, der durchschnittlichen Ausfallwahrscheinlichkeit einer BB+- Anleihe.

16 Vgl. Kealhofer (1997), S. 9.

17Vgl. Kealhofer (1997), S.9.

18 Für Schuldtitel von Staaten wird unterschieden zwischen OECD-Ländern, für die kein Eigenkapital hinter- legt werden muss, und den restlichen Ländern, für die ebenfalls die 8%-Quote gilt. Vgl. Basle Commitee on Supervision (1988).

19Vgl. Altman/Saunders (2000), S.3.

20 Vgl. Jackson/Perraudin (2000), S. 3. Zur Funktionsweise der Verbriefung (auch Securitization genannt) von Krediten in Form von Asset Backed Securities siehe auch Laternser (1997).

21 Vgl. Basle Commitee on Banking Supervision (1999b). Für eine kritische Auseinandersetzung mit dieser Reform siehe Altman/Saunders (2000).

22Vgl. Basle Commitee on Supervision (1999b), S.31.

23 Hier wurden die Ratingsymbole der Agentur Standard & Poor’s verwendet. Alternativ können auch die Klassifizierungen von anderen autorisierten Ratingagenturen verwendet werden. Ein Überblick über die Ratingsymbole verschiedener Agenturen ist im Anhang (A) zu finden.

24 Für Staats-Schuldtitel werden vier Klassen von Risikogewichtungen definiert, die sich ebenfalls nach de- ren Rating orientieren. Vgl. Basle Commitee on Supervision (1999b), S.31.

25Vgl. Teschner (1998), S.236; Wuffli/Hunt (1993), S.94; Wyman (1991), S.26f.

26Vgl. Teschner (1998), S.236.

27 Das Konzept der Adverse Selection geht zurück auf Akerlof (1970).

28 Von Bearbeitungsgebühren wird im folgenden abstrahiert.

29 Das CAPM wurde von Sharpe (1964), Lintner (1965) und Mossin (1966) entwickelt.

30 Dort wird als Instrument der Portfolio-optimierung auch der Leerverkauf von Aktien des Schuldners be- sprochen. Das sog. stock short selling ist jedoch in Deutschland nicht erlaubt.

31Vgl. Altman/Suggit (2000), S.234.

32Vgl. Dambach (2000), S.140; Carty et al. (1998), S.5.

33 Vgl. Altman/Suggit (2000), S.234.

34 Vgl. Duffee (1998a), S.32; Das/Tufano (1995), S.34.

35Vgl. Wilson (1998), S.276.

36 Das korrigierte Bestimmtheitsmaß wird bei ökonometrischen Schätzungen oft als Gütemaß herangezogen. Es drückt den Anteil der Varianz der abhängigen Variable (Ausfallwahrscheinlichkeit) aus, der von den Schätzparametern im Untersuchungszeitraum erklärt wird.

37 Die verwendeten Variablen sind vermutlich nicht stationär. Deshalb sollte in einem ersten Schritt die Stati- onarität bzw. der Integrationsgrad dieser Variablen untersucht werden. In einem zweiten Schritt muss dann geprüft werden, ob die jeweils nicht-stationären Variablen kointegriert sind und somit langfristig ein Zusammenhang zwischen Ausfallwahrscheinlichkeit und Konjunkturindex existiert (Zweistufiges Verfah- ren nach Engle und Granger [Engle/Granger (1987)]). Zum Konzept der Kointegration siehe auch Eckey et al. (1995), S.197-221.

38 Ein Überblick über internationale Unterschiede im Konkursrecht ist in J.P. Morgan (1997), S. 161 zu fin- den. Eine statistische Analyse von Länderdifferenzen war allerdings nicht zu finden.

39 Getestet wurde die Nullhypothese, dass z.B. durchschnittliche Branchen- Recovery Rates mit den aggre- gierten Durchschnitten übereinstimmen. Die Nullhypothese konnte bei einem Signifikanzniveau von 5% in allen Fällen abgelehnt werden (Siehe Altman/Kishore (1996), S.60-62).

40 Siehe Altman/Kishore (1996), S. 57. So ist z.B. die Recovery Rate öffentlicher Versorgungsunternehmen überdurchschnittlich hoch. (70,47%).

41Siehe z.B. Carty/Lieberman (1996a), S. 12; Berthault et al. (2000), S.19; Wilson (1998), S.303 f.

42 Vgl. Carty et al. (1998), S.5 ,12.

43 Vgl. Basle Commitee on Supervision (1999a), S.53. Zu diesen Untersuchungen zählen bspw. Sensitivi- tätsanalysen oder “stress testing” der Modelle auf makroökonomische Schocks.

44Vgl. Hüttemann (1997), S. 70.

45Vgl. Black/Scholes (1973), S. 649-652.

46Der Begriff Eigenkapital wird nachfolgend mit EK abgekürzt; FK entspricht dem Fremdkapital.

47 Die Begriffe Unternehmenswert und Asset Value werden fortan substitutiv verwendet.

48Vgl. Bohn (1999a), S.21.

49Vgl. Merton (1974), S.452 f.

50 Vgl. hierzu und auch zum folgenden Hüttemann (1997), S.77-79.

51 Europäische Optionen können nur am Fälligkeitsdatum ausgeübt werden; amerikanische Optionen hinge- gen während der gesamten Laufzeit.

52 Die Herleitung der Originalformel von Black/Scholes (1973) mit den zugrundeliegenden Annahmen sind im Anhang (B) zu finden.

53Vgl. Hull (1997), S.241. V· N(d1) ist der erwartete Wert einer Variable, die gleich Vt ist, wenn Vt>D, und null ist, wenn Vt<D ist..

54Auch über die Bilanzidentität V=EK+FK kommt man zu diesem Ergebnis.

55 Vgl. Hull (1997), S.241.

56 Das Hedgeportfolio wird bei Black/Scholes durch den Kauf einer Aktie und den Verkauf von Kaufoptionen auf diese Aktie realisiert. Die Anzahl der pro Aktie zu verkaufenden Calls -auch "Hedge-Ratio" genannt- wird so bestimmt, dass sich die Risiken aus Aktie und Optionen gegenseitig aufheben. Vgl. Black/Scholes (1974), S.641.

57 Z.B. mit Hilfe von Enterprise Multiples, die zur Bewertung des EK Marktwerte vergleichbarer Firmen (glei- che Technologie, gleiche Branche, gleiche Rechtsform, gleiche Kundenstruktur, etc.) heranziehen.

58Vgl. Black/Cox (1976), S.351 f.

59 Siehe Black/Cox (1976), S. 352. Zur Bewertung von Aktienoptionen bei unterstelltem Jump- Diffussion- Process für die Veränderung des Aktienkurses, siehe Cox/Ross (1976).

60Vgl. Zhou (1997), S.1.

61Vgl. Fons (1994), S.30; Sarig/Warga (1989).

62 Das Problem bei Kuponzahlungen während der Laufzeit entsteht dadurch, dass diese ebenfalls wieder als Option interpretiert werden müssen. Zur Problematik der Bewertung solcher "Optionen auf Optionen" (compound options) siehe z.B. Geske (1979).

63 Vgl. Black/Cox (1976), S. 358 f.

64 Vgl. Rolfes/Bröker (1999), S. 177; Kalaba et al. (1984). Zum Einfluss der Besicherung auf Recovery Rates vgl. 2.2.

65Vgl. Black/Cox (1976), S. 366.

66 Vgl. Black/Cox (1976), S. 359. Die Aufhebung dieser Annahme gelingt im nachfolgend beschriebenen Modell Geskes. Vgl. Geske (1977), S.550-552.

67 Vgl. Black/Cox (1976), S. 3 62.

68Vgl. Black/Cox (1976), S. 362.

69 Vgl. Black/Cox (1976), S. 355. Der kritische Wert wird dort dynamisch modelliert als Konstante multipliziert mit einem Abzinsungsfaktor. K=C·exp[-γt]. Die Konstanten C und γ sind im Kreditvertrag spezifiziert, t symbolisiert hier die Restlaufzeit.??

70Vgl. Black/Cox (1976), S. 354.

71 Vgl. Black/Cox (1976), S.355 f.

72 Vgl. Geske (1977), S. 545.

Ende der Leseprobe aus 140 Seiten

Details

Titel
Bewertung von Kreditportfolios - eine vergleichende Analyse kommerzieller Anwendungssysteme
Hochschule
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg  (Finanzwirtschaft und Banken)
Note
sehr gut
Autor
Jahr
2000
Seiten
140
Katalognummer
V7141
ISBN (eBook)
9783638144896
ISBN (Buch)
9783638697231
Dateigröße
1196 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
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Schlagworte
Kreditrisiko, Basel II, Portfoliomodelle
Arbeit zitieren
Michael Grass (Autor:in), 2000, Bewertung von Kreditportfolios - eine vergleichende Analyse kommerzieller Anwendungssysteme, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/7141

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